Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.Die Methode und die Technik der preußischen Verwaltung der großen Jnteressentenvereinigungen gegen die Staatsbehörden, mit denen sie An der Verwaltungstechnik tadelt man vor allem den Geschäftsgang oder Zunächst bedarf es aber doch noch sehr des Beweises, daß die Verwaltungs¬ Daß ferner unsre Verwaltungsbehörden im großen ganzen langsamer Grenzboten I 1910 27
Die Methode und die Technik der preußischen Verwaltung der großen Jnteressentenvereinigungen gegen die Staatsbehörden, mit denen sie An der Verwaltungstechnik tadelt man vor allem den Geschäftsgang oder Zunächst bedarf es aber doch noch sehr des Beweises, daß die Verwaltungs¬ Daß ferner unsre Verwaltungsbehörden im großen ganzen langsamer Grenzboten I 1910 27
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Die Methode und die Technik der preußischen Verwaltung
der großen Jnteressentenvereinigungen gegen die Staatsbehörden, mit denen sie
zu tun haben, herausnehmen können. Begünstigt wird das durch den leichten
Zutritt, den solche Herren über die unmittelbaren Vorgesetzten oder die Pro-
vinzialbehörden hinweg leider bei den Zentralbehörden finden. Mancher kleine
Provinzialbeamte erfährt so von den Absichten und Grundsätzen der Zentral¬
behörden früher etwas und Genaueres als sein vorgesetzter Regierungspräsident
und dessen Dezernenten. —
An der Verwaltungstechnik tadelt man vor allem den Geschäftsgang oder
den Gang, den die einzelne Sache bei einer Behörde von der ersten Anregung
bis zur vollständigen Erledigung zu gehn hat. Er soll langsam, schwerfällig,
ungelenk, umständlich, weitschweifig sein. Geheimer Rat von Massow hat aus¬
gerechnet, daß bei den Regierungen jedes Stück vom Eingang bis zur Beförderung
der Entscheidung auf die Post mindestens dreißig Stellen durchlaufen müsse.
Die Verwaltung stehe hier immer noch auf einen: Standpunkt, der wohl in die
Zeit der Postkutsche gepaßt habe, aber nicht in eine Welt, die unter dem Zeichen
des Verkehrs lebe. Unendlich lange, oft wochen- oder monatelang, müsse das
Publikum die Antwort auf seine Eingaben erwarten. Davon, daß Zeit Geld
sei und daß dies namentlich auch für die Personen gelte, die mit den Ver-
walümgsbehörden zu tun hätten und von ihren Entscheidungen abhingen, scheine
man in der Verwaltung keine Ahnung zu haben. Diese Langsamkeit steche auch,
wie Lotz behauptet, wesentlich ab von der schnellen Abwicklung der Geschäfte
in den deutschen Mittel- und Kleinstaaten und stehe vollends im schärfsten
Gegensatz zu der Schnelligkeit, mit der sich der Geschäftsbetrieb im gewerblichen
und wirtschaftlichen Leben vollziehe.
Zunächst bedarf es aber doch noch sehr des Beweises, daß die Verwaltungs¬
behörden der Mittel- und Kleinstaaten wirklich schneller gearbeitet hätten oder
arbeiteten als die preußischen. Nach dem, was ich davon kennen gelernt habe,
muß ich es bestreiten. So wurden, wie Ernst von Meier erzählt, in dem
Musterstaat Hannover Sachen, die „fördersamst" zu erledigen waren, frühestens
in einem halben, auch erst in einem ganzen Jahr zurückerwartet; für solche, die
»unverzüglich" abgemacht werden sollten, war die Erledigungsfrist mindestens
sechs Wochen; „angesichts dieses" bedeutete eine Frist von einer Woche. Er
behauptet in diesem Zusammenhang, daß der bekannte hannoversche Staatsmann
Rehberg Preußen wegen der guten Ordnung im innern Dienst der preußischen
Behörden gradezu gehaßt habe.
Daß ferner unsre Verwaltungsbehörden im großen ganzen langsamer
Zeiten als kaufmännische Geschäfte von annähernd ähnlichem Betrieb und
Anfang, ist freilich nicht zu bestreiten. Aber schon Lotz selbst hat in diesem
Zusammenhang gegen Klonau mit Recht darauf hingewiesen, daß zwischen der
Abwicklung eines Kaufgeschäfts, nach dem niemand mehr fragt, sobald es durch
Lieferung der Ware und deren Bezahlung erledigt ist, bei dem ferner zwei
rechtlich gleichstehende Parteien einander gegenübertreten, und zwischen obrig-
Grenzboten I 1910 27
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