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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr.

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Die Larbarina

sondern ich gewisse Nachrichten habe, daß sie noch gestern sich verlauten lassen, daß sie
den Winter hier bleiben mit die Lustbarkeiten abwarten wolle."

Zwei Tilge später, also am 6. August, schrieb der König wieder an den Grafen
v. Hmicke folgendermaßen:

"Mein Lieber u. s. w. Ich habe mit Mehreren ersehen, was Ihr unter dem 4ten
dieses Monats bei Gelegenheit der Euch zugesandten Ordre, den ältesten Sohn des
Groß-Cantzlers v. Cocceji betreffend, melden wollen. Worauf ich Euch denn hierauf in
Antwort ertheile, daß Ich allemal lieber sehen werde, wenn es nicht nöthig sein wird,
daß gedachter junger Cocceji arretirt und weggebracht werden dörffe, um den davon nicht
AU vermeydendon eclat zu evitiren und der Familie den Chagrin zu evitiren. Sollte
aber derselbe so unsinnig sein und echappiren wollen, um sich mit der Barbarina zu
verheirathen, wovon Ihr doch mit einiger Zuverlässigkeit inforiniret sein 'müsset, so ist
alsdann nichts anderes zu thun, als daß Ihr denselben gantz in der Stille arretiren
und weg bringen lasset, auf welchen salles Ich alsdann das Schloß zu Alten-Landsberg
am convenablesten finde, um ihn daselbst verwahren zu lassen, bis er sich die Thorheit
aus dein Kopfe geschlagen haben wird; zu dein Ende Ich Euch die verlangte Ordre
an den Capt. v. Denke von des Pr. von Preuß. Regt. Infanterie hierbei unter einem
Lacket volant übersende, von welcher Ihr aber nicht eher Gebrauch machen sollet, als
bis Ihr versichert seid, daß es die unumgängliche Nothwendigkeit erfordert mehrgedachten
v, Cocceji dahin zu schicken. Ihr habt also in der Sache mit sehr guter Ueberlegung
zu Werke zu gehen."

Die diesem Schreiben beigegebene I^clere 6e Lacmet an den Kapitän v. Daempke
in Alt-Landsberg lautet:

"Mein Lieberl -- Wann Euch der Gar.-Lieut. Gr. v. Haacke mit dieser Meiner
Ordre den ältesten Sohn des Groß-Cantzlers v. Cocceji zusenden wird, so ist eS Mein
Wille, daß Ihr denselben als einen Arrestanten annehmen und ihn auf das Schloß
zu Alt-Landsberg in eine verschlossene aber dennoch gute und gesunde Kammer bringen
und ihn daselbst dergestalt halten lassen sollet, wie Euch gedachter G. L. v. H. solches
schreiben und Euch deshalb nach Meiner ihm bekannt gemachten Intention mit um¬
ständlicher Instruktion versehen wird, welcher Ihr dann in allen Stücken ein eractes
Genüge thun müßet. Ich befehle Euch alsdann auf daß angelegentlichste, daß Ihr
so Wohl selbst von diesem Arrestanten Niemanden auf der Welt, er sey wer er wolle,
etwas sagen, zugleich aber auch Eure Anstalten dergestalt machen müßt, daß aller
Eclat auf das Menschenmöglichste verhütet werde. Ihr habt Euch hiernach auf das
genaueste zu richten. Ich bin u. s. w."

Es ist nicht bekannt, ob und wie lange der hartnäckige Liebhaber der Barbarina
von den: Kapitän v. Daempke in Alt-Landsberg "verwahret" worden ist. Zuverlässige
Nachrichten über ihn fehlen bis zum Jahre 1751. über die Barbarina verlautet
nur, daß sie sich ununterbrochen in Berlin als Privatperson aufhielt, zu des Königs
Mißvergnügen ein großes Haus machte und sich den Namen einer Frau von Cocceji
beigelegt hatte. Zur Führung dieses Namens war sie berechtigt, denn die Ver¬
mählung der beiden Verlobten hatte inzwischen wirklich stattgefunden, wahrscheinlich
zu Anfang des Jahres 1751. Wo und von wem sie vollzogen wurde, ist bisher
nicht ermittelt. An dein Umstände, daß das junge Paar aus seiner Eheschließung
gar kein Hehl machte, scheint die Familie des Großkanzlers großes Ärgernis
genommen und sich wieder an den König gewandt zu haben. Denn aus dem
November 1751 liegt eine "auf Königlichen Spezialbefehl" an den Geheimen Justizrat
und Generalfiskal Johann Christian Uhden erlassene Order des Staatsministers
von Bismarck vor, in der es heißt: "Da sicher verlauten will, ob führe die sich
hier aufhaltende ehemalige Täntzerin Barbarini so wohl in der Stadt öffentlich als
in ihren Briefen den Nahmen von Cocceji: So wird dem Königl. Geheimten Rath
und General Fisccü Uhden hiermit aufgegeben, dieselbe vor sich zu fordern und


Die Larbarina

sondern ich gewisse Nachrichten habe, daß sie noch gestern sich verlauten lassen, daß sie
den Winter hier bleiben mit die Lustbarkeiten abwarten wolle."

Zwei Tilge später, also am 6. August, schrieb der König wieder an den Grafen
v. Hmicke folgendermaßen:

„Mein Lieber u. s. w. Ich habe mit Mehreren ersehen, was Ihr unter dem 4ten
dieses Monats bei Gelegenheit der Euch zugesandten Ordre, den ältesten Sohn des
Groß-Cantzlers v. Cocceji betreffend, melden wollen. Worauf ich Euch denn hierauf in
Antwort ertheile, daß Ich allemal lieber sehen werde, wenn es nicht nöthig sein wird,
daß gedachter junger Cocceji arretirt und weggebracht werden dörffe, um den davon nicht
AU vermeydendon eclat zu evitiren und der Familie den Chagrin zu evitiren. Sollte
aber derselbe so unsinnig sein und echappiren wollen, um sich mit der Barbarina zu
verheirathen, wovon Ihr doch mit einiger Zuverlässigkeit inforiniret sein 'müsset, so ist
alsdann nichts anderes zu thun, als daß Ihr denselben gantz in der Stille arretiren
und weg bringen lasset, auf welchen salles Ich alsdann das Schloß zu Alten-Landsberg
am convenablesten finde, um ihn daselbst verwahren zu lassen, bis er sich die Thorheit
aus dein Kopfe geschlagen haben wird; zu dein Ende Ich Euch die verlangte Ordre
an den Capt. v. Denke von des Pr. von Preuß. Regt. Infanterie hierbei unter einem
Lacket volant übersende, von welcher Ihr aber nicht eher Gebrauch machen sollet, als
bis Ihr versichert seid, daß es die unumgängliche Nothwendigkeit erfordert mehrgedachten
v, Cocceji dahin zu schicken. Ihr habt also in der Sache mit sehr guter Ueberlegung
zu Werke zu gehen."

Die diesem Schreiben beigegebene I^clere 6e Lacmet an den Kapitän v. Daempke
in Alt-Landsberg lautet:

„Mein Lieberl — Wann Euch der Gar.-Lieut. Gr. v. Haacke mit dieser Meiner
Ordre den ältesten Sohn des Groß-Cantzlers v. Cocceji zusenden wird, so ist eS Mein
Wille, daß Ihr denselben als einen Arrestanten annehmen und ihn auf das Schloß
zu Alt-Landsberg in eine verschlossene aber dennoch gute und gesunde Kammer bringen
und ihn daselbst dergestalt halten lassen sollet, wie Euch gedachter G. L. v. H. solches
schreiben und Euch deshalb nach Meiner ihm bekannt gemachten Intention mit um¬
ständlicher Instruktion versehen wird, welcher Ihr dann in allen Stücken ein eractes
Genüge thun müßet. Ich befehle Euch alsdann auf daß angelegentlichste, daß Ihr
so Wohl selbst von diesem Arrestanten Niemanden auf der Welt, er sey wer er wolle,
etwas sagen, zugleich aber auch Eure Anstalten dergestalt machen müßt, daß aller
Eclat auf das Menschenmöglichste verhütet werde. Ihr habt Euch hiernach auf das
genaueste zu richten. Ich bin u. s. w."

Es ist nicht bekannt, ob und wie lange der hartnäckige Liebhaber der Barbarina
von den: Kapitän v. Daempke in Alt-Landsberg „verwahret" worden ist. Zuverlässige
Nachrichten über ihn fehlen bis zum Jahre 1751. über die Barbarina verlautet
nur, daß sie sich ununterbrochen in Berlin als Privatperson aufhielt, zu des Königs
Mißvergnügen ein großes Haus machte und sich den Namen einer Frau von Cocceji
beigelegt hatte. Zur Führung dieses Namens war sie berechtigt, denn die Ver¬
mählung der beiden Verlobten hatte inzwischen wirklich stattgefunden, wahrscheinlich
zu Anfang des Jahres 1751. Wo und von wem sie vollzogen wurde, ist bisher
nicht ermittelt. An dein Umstände, daß das junge Paar aus seiner Eheschließung
gar kein Hehl machte, scheint die Familie des Großkanzlers großes Ärgernis
genommen und sich wieder an den König gewandt zu haben. Denn aus dem
November 1751 liegt eine „auf Königlichen Spezialbefehl" an den Geheimen Justizrat
und Generalfiskal Johann Christian Uhden erlassene Order des Staatsministers
von Bismarck vor, in der es heißt: „Da sicher verlauten will, ob führe die sich
hier aufhaltende ehemalige Täntzerin Barbarini so wohl in der Stadt öffentlich als
in ihren Briefen den Nahmen von Cocceji: So wird dem Königl. Geheimten Rath
und General Fisccü Uhden hiermit aufgegeben, dieselbe vor sich zu fordern und


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[0135] Die Larbarina sondern ich gewisse Nachrichten habe, daß sie noch gestern sich verlauten lassen, daß sie den Winter hier bleiben mit die Lustbarkeiten abwarten wolle." Zwei Tilge später, also am 6. August, schrieb der König wieder an den Grafen v. Hmicke folgendermaßen: „Mein Lieber u. s. w. Ich habe mit Mehreren ersehen, was Ihr unter dem 4ten dieses Monats bei Gelegenheit der Euch zugesandten Ordre, den ältesten Sohn des Groß-Cantzlers v. Cocceji betreffend, melden wollen. Worauf ich Euch denn hierauf in Antwort ertheile, daß Ich allemal lieber sehen werde, wenn es nicht nöthig sein wird, daß gedachter junger Cocceji arretirt und weggebracht werden dörffe, um den davon nicht AU vermeydendon eclat zu evitiren und der Familie den Chagrin zu evitiren. Sollte aber derselbe so unsinnig sein und echappiren wollen, um sich mit der Barbarina zu verheirathen, wovon Ihr doch mit einiger Zuverlässigkeit inforiniret sein 'müsset, so ist alsdann nichts anderes zu thun, als daß Ihr denselben gantz in der Stille arretiren und weg bringen lasset, auf welchen salles Ich alsdann das Schloß zu Alten-Landsberg am convenablesten finde, um ihn daselbst verwahren zu lassen, bis er sich die Thorheit aus dein Kopfe geschlagen haben wird; zu dein Ende Ich Euch die verlangte Ordre an den Capt. v. Denke von des Pr. von Preuß. Regt. Infanterie hierbei unter einem Lacket volant übersende, von welcher Ihr aber nicht eher Gebrauch machen sollet, als bis Ihr versichert seid, daß es die unumgängliche Nothwendigkeit erfordert mehrgedachten v, Cocceji dahin zu schicken. Ihr habt also in der Sache mit sehr guter Ueberlegung zu Werke zu gehen." Die diesem Schreiben beigegebene I^clere 6e Lacmet an den Kapitän v. Daempke in Alt-Landsberg lautet: „Mein Lieberl — Wann Euch der Gar.-Lieut. Gr. v. Haacke mit dieser Meiner Ordre den ältesten Sohn des Groß-Cantzlers v. Cocceji zusenden wird, so ist eS Mein Wille, daß Ihr denselben als einen Arrestanten annehmen und ihn auf das Schloß zu Alt-Landsberg in eine verschlossene aber dennoch gute und gesunde Kammer bringen und ihn daselbst dergestalt halten lassen sollet, wie Euch gedachter G. L. v. H. solches schreiben und Euch deshalb nach Meiner ihm bekannt gemachten Intention mit um¬ ständlicher Instruktion versehen wird, welcher Ihr dann in allen Stücken ein eractes Genüge thun müßet. Ich befehle Euch alsdann auf daß angelegentlichste, daß Ihr so Wohl selbst von diesem Arrestanten Niemanden auf der Welt, er sey wer er wolle, etwas sagen, zugleich aber auch Eure Anstalten dergestalt machen müßt, daß aller Eclat auf das Menschenmöglichste verhütet werde. Ihr habt Euch hiernach auf das genaueste zu richten. Ich bin u. s. w." Es ist nicht bekannt, ob und wie lange der hartnäckige Liebhaber der Barbarina von den: Kapitän v. Daempke in Alt-Landsberg „verwahret" worden ist. Zuverlässige Nachrichten über ihn fehlen bis zum Jahre 1751. über die Barbarina verlautet nur, daß sie sich ununterbrochen in Berlin als Privatperson aufhielt, zu des Königs Mißvergnügen ein großes Haus machte und sich den Namen einer Frau von Cocceji beigelegt hatte. Zur Führung dieses Namens war sie berechtigt, denn die Ver¬ mählung der beiden Verlobten hatte inzwischen wirklich stattgefunden, wahrscheinlich zu Anfang des Jahres 1751. Wo und von wem sie vollzogen wurde, ist bisher nicht ermittelt. An dein Umstände, daß das junge Paar aus seiner Eheschließung gar kein Hehl machte, scheint die Familie des Großkanzlers großes Ärgernis genommen und sich wieder an den König gewandt zu haben. Denn aus dem November 1751 liegt eine „auf Königlichen Spezialbefehl" an den Geheimen Justizrat und Generalfiskal Johann Christian Uhden erlassene Order des Staatsministers von Bismarck vor, in der es heißt: „Da sicher verlauten will, ob führe die sich hier aufhaltende ehemalige Täntzerin Barbarini so wohl in der Stadt öffentlich als in ihren Briefen den Nahmen von Cocceji: So wird dem Königl. Geheimten Rath und General Fisccü Uhden hiermit aufgegeben, dieselbe vor sich zu fordern und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_314996/135>, abgerufen am 22.12.2024.