Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Landeskunde

für die verschiednen Seiten der Heimatkunde sein und die Anhänglichkeit an
die alte einst so verachtete Streusandbüchse fördern.

Der bisher vorliegende erste Band "Die Natur" ist 430 Seiten stark und
beginnt mit einer Abhandlung von Dr. G. Schwalbe über das Klima mit einer
Regenkarte nach Professor G. Hellmann. Der Verfasser gibt darin eine
Übersicht über die Witterungsverhältnisse in der Mark und fügt statistische
Tabellen zur Erläuterung bei. In dem folgenden Aufsätze behandelt Professor
or. Zache die geologischen Verhältnisse, und zwar an der Hand einer farbig
hergestellten geologischen Karte des rühmlichst bekannten Geheimen Bergrath
Professors or. Keilhack. Ein weiterer Abschnitt von or. Paul Gräbner
schildert die Pflanzenwelt der Provinz Brandenburg, jedoch nicht in der her¬
gebrachten Weise schematisch und klassenweise, sondern so, daß er zunächst über
die ausgestorbnen und seltnen Arten, sodann über besonders merkwürdige, neu
eingebürgerte, über Wanderpflanzen usw. berichtet und schlichlich zur gesamten
Flora übergeht, wie sie sich nach den Vegetationsformen im Walde, auf der
Wiese, im Wasser, auf dem Moor, in der Heide und an Salzquellen aus¬
gebildet hat. In ähnlicher Weise verfährt Professor Karl Eckstein in dem
letzten Abschnitt über die Tierwelt der märkischen Städte und Dörfer in Gärten,
Feld, Wasser und Wald. Dabei werden die Schädlinge der Laub- und Nadel¬
hölzer, die Verbreitung des Storches, Kranichs, Fischreihers, der Saatkrähe,
Forelle und des Zaubers genügend berücksichtigt und die Karpfenwirtschaft
dargestellt, sodaß auch vom rein wirtschaftlichen Standpunkt aus dieser Ab¬
schnitt beachtenswert ist. i

Der zweite Band soll die brandenburgische Geschichte enthalten, und zwar
auch vom wirtschaftlichen Standpunkte betrachtet. Neben einer Vorgeschichte
und den Grundzügen der äußern Entwicklung werden der Bevölkerungswechsel
und die Volksdichte, das Gewerbewesen, die Manufakturen und Industrien,
Ziegeleien, Gießereien, der Handel und die Verwaltungsgeschichte wissenschaftlich
nach dem neuesten Stande der Forschung beleuchtet werden. Im dritten Bande
soll die gesamte Kulturentwicklung (bildende Kunst, Dichtkunst. Musik, Wissen¬
schaft und Technik) eingehend behandelt werden, während der vierte Band die
Volkskunde und der fünfte die Sprache, insbesondre die Volkssprache und die
Mundarten zum Gegenstande der Erörterung haben soll.

Das Werk, das bis 1911 erscheinen soll, wird bahnbrechend für die
Landeskunde wirken: nicht allein wegen der ausführlichen Behandlung der
einzelnen Fächer, sondern mehr noch deshalb, weil sich jetzt auch die Männer
der Wissenschaft dazu entschlossen haben, an der Arbeit der Heimatkunde teil¬
zunehmen. Es hat lange gedauert, bis sich unsre Universitäts- und Schulpro¬
fessoren diesem Wissenszweige gewidmet haben: jahrzehntelang haben sie die
Bestellung des dankenswerten Feldes den Laien, Freunden der Heimatkunde und
den seminaristisch gebildeten Lehrern überlassen und sich für dergleichen For¬
schungen zu gut gehalten. Nun ist es besser geworden, und es konnte schon


Landeskunde

für die verschiednen Seiten der Heimatkunde sein und die Anhänglichkeit an
die alte einst so verachtete Streusandbüchse fördern.

Der bisher vorliegende erste Band „Die Natur" ist 430 Seiten stark und
beginnt mit einer Abhandlung von Dr. G. Schwalbe über das Klima mit einer
Regenkarte nach Professor G. Hellmann. Der Verfasser gibt darin eine
Übersicht über die Witterungsverhältnisse in der Mark und fügt statistische
Tabellen zur Erläuterung bei. In dem folgenden Aufsätze behandelt Professor
or. Zache die geologischen Verhältnisse, und zwar an der Hand einer farbig
hergestellten geologischen Karte des rühmlichst bekannten Geheimen Bergrath
Professors or. Keilhack. Ein weiterer Abschnitt von or. Paul Gräbner
schildert die Pflanzenwelt der Provinz Brandenburg, jedoch nicht in der her¬
gebrachten Weise schematisch und klassenweise, sondern so, daß er zunächst über
die ausgestorbnen und seltnen Arten, sodann über besonders merkwürdige, neu
eingebürgerte, über Wanderpflanzen usw. berichtet und schlichlich zur gesamten
Flora übergeht, wie sie sich nach den Vegetationsformen im Walde, auf der
Wiese, im Wasser, auf dem Moor, in der Heide und an Salzquellen aus¬
gebildet hat. In ähnlicher Weise verfährt Professor Karl Eckstein in dem
letzten Abschnitt über die Tierwelt der märkischen Städte und Dörfer in Gärten,
Feld, Wasser und Wald. Dabei werden die Schädlinge der Laub- und Nadel¬
hölzer, die Verbreitung des Storches, Kranichs, Fischreihers, der Saatkrähe,
Forelle und des Zaubers genügend berücksichtigt und die Karpfenwirtschaft
dargestellt, sodaß auch vom rein wirtschaftlichen Standpunkt aus dieser Ab¬
schnitt beachtenswert ist. i

Der zweite Band soll die brandenburgische Geschichte enthalten, und zwar
auch vom wirtschaftlichen Standpunkte betrachtet. Neben einer Vorgeschichte
und den Grundzügen der äußern Entwicklung werden der Bevölkerungswechsel
und die Volksdichte, das Gewerbewesen, die Manufakturen und Industrien,
Ziegeleien, Gießereien, der Handel und die Verwaltungsgeschichte wissenschaftlich
nach dem neuesten Stande der Forschung beleuchtet werden. Im dritten Bande
soll die gesamte Kulturentwicklung (bildende Kunst, Dichtkunst. Musik, Wissen¬
schaft und Technik) eingehend behandelt werden, während der vierte Band die
Volkskunde und der fünfte die Sprache, insbesondre die Volkssprache und die
Mundarten zum Gegenstande der Erörterung haben soll.

Das Werk, das bis 1911 erscheinen soll, wird bahnbrechend für die
Landeskunde wirken: nicht allein wegen der ausführlichen Behandlung der
einzelnen Fächer, sondern mehr noch deshalb, weil sich jetzt auch die Männer
der Wissenschaft dazu entschlossen haben, an der Arbeit der Heimatkunde teil¬
zunehmen. Es hat lange gedauert, bis sich unsre Universitäts- und Schulpro¬
fessoren diesem Wissenszweige gewidmet haben: jahrzehntelang haben sie die
Bestellung des dankenswerten Feldes den Laien, Freunden der Heimatkunde und
den seminaristisch gebildeten Lehrern überlassen und sich für dergleichen For¬
schungen zu gut gehalten. Nun ist es besser geworden, und es konnte schon


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0591" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314938"/>
          <fw type="header" place="top"> Landeskunde</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2602" prev="#ID_2601"> für die verschiednen Seiten der Heimatkunde sein und die Anhänglichkeit an<lb/>
die alte einst so verachtete Streusandbüchse fördern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2603"> Der bisher vorliegende erste Band &#x201E;Die Natur" ist 430 Seiten stark und<lb/>
beginnt mit einer Abhandlung von Dr. G. Schwalbe über das Klima mit einer<lb/>
Regenkarte nach Professor G. Hellmann. Der Verfasser gibt darin eine<lb/>
Übersicht über die Witterungsverhältnisse in der Mark und fügt statistische<lb/>
Tabellen zur Erläuterung bei. In dem folgenden Aufsätze behandelt Professor<lb/>
or. Zache die geologischen Verhältnisse, und zwar an der Hand einer farbig<lb/>
hergestellten geologischen Karte des rühmlichst bekannten Geheimen Bergrath<lb/>
Professors or. Keilhack. Ein weiterer Abschnitt von or. Paul Gräbner<lb/>
schildert die Pflanzenwelt der Provinz Brandenburg, jedoch nicht in der her¬<lb/>
gebrachten Weise schematisch und klassenweise, sondern so, daß er zunächst über<lb/>
die ausgestorbnen und seltnen Arten, sodann über besonders merkwürdige, neu<lb/>
eingebürgerte, über Wanderpflanzen usw. berichtet und schlichlich zur gesamten<lb/>
Flora übergeht, wie sie sich nach den Vegetationsformen im Walde, auf der<lb/>
Wiese, im Wasser, auf dem Moor, in der Heide und an Salzquellen aus¬<lb/>
gebildet hat. In ähnlicher Weise verfährt Professor Karl Eckstein in dem<lb/>
letzten Abschnitt über die Tierwelt der märkischen Städte und Dörfer in Gärten,<lb/>
Feld, Wasser und Wald. Dabei werden die Schädlinge der Laub- und Nadel¬<lb/>
hölzer, die Verbreitung des Storches, Kranichs, Fischreihers, der Saatkrähe,<lb/>
Forelle und des Zaubers genügend berücksichtigt und die Karpfenwirtschaft<lb/>
dargestellt, sodaß auch vom rein wirtschaftlichen Standpunkt aus dieser Ab¬<lb/>
schnitt beachtenswert ist. i</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2604"> Der zweite Band soll die brandenburgische Geschichte enthalten, und zwar<lb/>
auch vom wirtschaftlichen Standpunkte betrachtet. Neben einer Vorgeschichte<lb/>
und den Grundzügen der äußern Entwicklung werden der Bevölkerungswechsel<lb/>
und die Volksdichte, das Gewerbewesen, die Manufakturen und Industrien,<lb/>
Ziegeleien, Gießereien, der Handel und die Verwaltungsgeschichte wissenschaftlich<lb/>
nach dem neuesten Stande der Forschung beleuchtet werden. Im dritten Bande<lb/>
soll die gesamte Kulturentwicklung (bildende Kunst, Dichtkunst. Musik, Wissen¬<lb/>
schaft und Technik) eingehend behandelt werden, während der vierte Band die<lb/>
Volkskunde und der fünfte die Sprache, insbesondre die Volkssprache und die<lb/>
Mundarten zum Gegenstande der Erörterung haben soll.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2605" next="#ID_2606"> Das Werk, das bis 1911 erscheinen soll, wird bahnbrechend für die<lb/>
Landeskunde wirken: nicht allein wegen der ausführlichen Behandlung der<lb/>
einzelnen Fächer, sondern mehr noch deshalb, weil sich jetzt auch die Männer<lb/>
der Wissenschaft dazu entschlossen haben, an der Arbeit der Heimatkunde teil¬<lb/>
zunehmen. Es hat lange gedauert, bis sich unsre Universitäts- und Schulpro¬<lb/>
fessoren diesem Wissenszweige gewidmet haben: jahrzehntelang haben sie die<lb/>
Bestellung des dankenswerten Feldes den Laien, Freunden der Heimatkunde und<lb/>
den seminaristisch gebildeten Lehrern überlassen und sich für dergleichen For¬<lb/>
schungen zu gut gehalten. Nun ist es besser geworden, und es konnte schon</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0591] Landeskunde für die verschiednen Seiten der Heimatkunde sein und die Anhänglichkeit an die alte einst so verachtete Streusandbüchse fördern. Der bisher vorliegende erste Band „Die Natur" ist 430 Seiten stark und beginnt mit einer Abhandlung von Dr. G. Schwalbe über das Klima mit einer Regenkarte nach Professor G. Hellmann. Der Verfasser gibt darin eine Übersicht über die Witterungsverhältnisse in der Mark und fügt statistische Tabellen zur Erläuterung bei. In dem folgenden Aufsätze behandelt Professor or. Zache die geologischen Verhältnisse, und zwar an der Hand einer farbig hergestellten geologischen Karte des rühmlichst bekannten Geheimen Bergrath Professors or. Keilhack. Ein weiterer Abschnitt von or. Paul Gräbner schildert die Pflanzenwelt der Provinz Brandenburg, jedoch nicht in der her¬ gebrachten Weise schematisch und klassenweise, sondern so, daß er zunächst über die ausgestorbnen und seltnen Arten, sodann über besonders merkwürdige, neu eingebürgerte, über Wanderpflanzen usw. berichtet und schlichlich zur gesamten Flora übergeht, wie sie sich nach den Vegetationsformen im Walde, auf der Wiese, im Wasser, auf dem Moor, in der Heide und an Salzquellen aus¬ gebildet hat. In ähnlicher Weise verfährt Professor Karl Eckstein in dem letzten Abschnitt über die Tierwelt der märkischen Städte und Dörfer in Gärten, Feld, Wasser und Wald. Dabei werden die Schädlinge der Laub- und Nadel¬ hölzer, die Verbreitung des Storches, Kranichs, Fischreihers, der Saatkrähe, Forelle und des Zaubers genügend berücksichtigt und die Karpfenwirtschaft dargestellt, sodaß auch vom rein wirtschaftlichen Standpunkt aus dieser Ab¬ schnitt beachtenswert ist. i Der zweite Band soll die brandenburgische Geschichte enthalten, und zwar auch vom wirtschaftlichen Standpunkte betrachtet. Neben einer Vorgeschichte und den Grundzügen der äußern Entwicklung werden der Bevölkerungswechsel und die Volksdichte, das Gewerbewesen, die Manufakturen und Industrien, Ziegeleien, Gießereien, der Handel und die Verwaltungsgeschichte wissenschaftlich nach dem neuesten Stande der Forschung beleuchtet werden. Im dritten Bande soll die gesamte Kulturentwicklung (bildende Kunst, Dichtkunst. Musik, Wissen¬ schaft und Technik) eingehend behandelt werden, während der vierte Band die Volkskunde und der fünfte die Sprache, insbesondre die Volkssprache und die Mundarten zum Gegenstande der Erörterung haben soll. Das Werk, das bis 1911 erscheinen soll, wird bahnbrechend für die Landeskunde wirken: nicht allein wegen der ausführlichen Behandlung der einzelnen Fächer, sondern mehr noch deshalb, weil sich jetzt auch die Männer der Wissenschaft dazu entschlossen haben, an der Arbeit der Heimatkunde teil¬ zunehmen. Es hat lange gedauert, bis sich unsre Universitäts- und Schulpro¬ fessoren diesem Wissenszweige gewidmet haben: jahrzehntelang haben sie die Bestellung des dankenswerten Feldes den Laien, Freunden der Heimatkunde und den seminaristisch gebildeten Lehrern überlassen und sich für dergleichen For¬ schungen zu gut gehalten. Nun ist es besser geworden, und es konnte schon

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/591
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/591>, abgerufen am 24.07.2024.