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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Drahtlose Telegraphie und Telephon!" mittels elektrischer Wellen

Auf dem Gebiete der drahtlosen Telephonie eröffnen sich dagegen der
Verwendung des elektrischen Lichtbogens bessere Aussichten, Die Versuche von
Fessenden, Mosler und andern zur Benutzung der durch eine Funkenstrecke
erzeugten elektromagnetischen Wellen für eine Telephonie ohne Draht hatten
kein zufriedenstellendes Ergebnis gehabt. Der Mißerfolg hat seine Ursache in
der eigenartigen Gestaltung der menschlichen Sprache bei der mikrophonischen
Übertragung. Die Schwingungen einer Mikrophonmembrane, in die die Schall¬
wellen beim Sprechen gegen eine solche umgesetzt werden, sind in ihrer Gestalt
voneinander sehr verschieden. Selbst von kurzer Pause unterbrochne elektrische
Wellen, wie die von der Funkenerregung erzeugten, können deshalb nicht als
Träger solcher Schwingungen dienen; dazu sind kontinuierliche Schwingungen
nötig, wie solche der elektrische Lichtbogen liefert. Die zukünftige drahtlose
Telephonie wird man deshalb als elektrische Lichtbogentelephonie zu bezeichnen
haben. Der erste, der über praktische Versuche mit der Lichtbogentelephonie
berichtet, ist der Berliner Physiker E. Rubiner in seiner den Teilnehmern der
internationalen Konferenz für Funkentelegraphie im Juni 1906 überreichten
Abhandlung. Von größerer praktischer Bedeutung wurden die Versuche von
De Forest, Poulsen und von der Telefunkengesellschaft. Diese hat zwischen
Berlin und Rheinsberg auf eine Entfernung von 75 Kilometer mit 26 Meter
hohen Masten und einer Primärenergie von etwa 2 Kilowatt eine tadellose
Sprechverständigung erzielt, während Poulsen für eine drahtlose telephonische
Verbindung von Esbjerg und Lyngby auf 270 Kilometer Entfernung 60 Meter
hohe Masten, dafür aber nur 0,9 Kilowatt primärer Energie gebraucht hat.
Mit dem System von De Forest ist eine größere Anzahl Schiffe der ameri¬
kanischen Schlachtflotte ausgerüstet. Der amerikanische Professor Fessenden
hält es sogar jetzt schon für möglich, mit 10 Kilowatt primärer Energie und
200 Meter hohen Antennentürmen unter Verwendung von Wechselstrommaschinen
sehr hoher Periodenzahl über den Atlantischen Ozean drahtlos zu telephonieren.
Das ist amerikanische Phantasie; wir sind noch lange nicht soweit. Der draht¬
losen Telephonie auf weite Entfernungen wird eine ziemlich enge Grenze dadurch
gezogen, daß das Mikrophon keine großen elektrischen Energiemengen aufnehmen
kann. Die nächste Aufgabe der Fernsprechtechnik wird es sein, Mikrophone zu
bauen, die bedeutende Energiemengen aufnehmen können. Eine weitere Schwäche
der drahtlosen Telephonie liegt in dem fehlenden Anruf und in dem Umstände,
daß man nicht gleichzeitig sprechen und hören kann. Von einer transatlantischen
drahtlosen Telephonie sind wir also noch weit entfernt; ein dringendes Be¬
Dedo Jentsch dürfnis liegt ja auch nicht vor.




Drahtlose Telegraphie und Telephon!« mittels elektrischer Wellen

Auf dem Gebiete der drahtlosen Telephonie eröffnen sich dagegen der
Verwendung des elektrischen Lichtbogens bessere Aussichten, Die Versuche von
Fessenden, Mosler und andern zur Benutzung der durch eine Funkenstrecke
erzeugten elektromagnetischen Wellen für eine Telephonie ohne Draht hatten
kein zufriedenstellendes Ergebnis gehabt. Der Mißerfolg hat seine Ursache in
der eigenartigen Gestaltung der menschlichen Sprache bei der mikrophonischen
Übertragung. Die Schwingungen einer Mikrophonmembrane, in die die Schall¬
wellen beim Sprechen gegen eine solche umgesetzt werden, sind in ihrer Gestalt
voneinander sehr verschieden. Selbst von kurzer Pause unterbrochne elektrische
Wellen, wie die von der Funkenerregung erzeugten, können deshalb nicht als
Träger solcher Schwingungen dienen; dazu sind kontinuierliche Schwingungen
nötig, wie solche der elektrische Lichtbogen liefert. Die zukünftige drahtlose
Telephonie wird man deshalb als elektrische Lichtbogentelephonie zu bezeichnen
haben. Der erste, der über praktische Versuche mit der Lichtbogentelephonie
berichtet, ist der Berliner Physiker E. Rubiner in seiner den Teilnehmern der
internationalen Konferenz für Funkentelegraphie im Juni 1906 überreichten
Abhandlung. Von größerer praktischer Bedeutung wurden die Versuche von
De Forest, Poulsen und von der Telefunkengesellschaft. Diese hat zwischen
Berlin und Rheinsberg auf eine Entfernung von 75 Kilometer mit 26 Meter
hohen Masten und einer Primärenergie von etwa 2 Kilowatt eine tadellose
Sprechverständigung erzielt, während Poulsen für eine drahtlose telephonische
Verbindung von Esbjerg und Lyngby auf 270 Kilometer Entfernung 60 Meter
hohe Masten, dafür aber nur 0,9 Kilowatt primärer Energie gebraucht hat.
Mit dem System von De Forest ist eine größere Anzahl Schiffe der ameri¬
kanischen Schlachtflotte ausgerüstet. Der amerikanische Professor Fessenden
hält es sogar jetzt schon für möglich, mit 10 Kilowatt primärer Energie und
200 Meter hohen Antennentürmen unter Verwendung von Wechselstrommaschinen
sehr hoher Periodenzahl über den Atlantischen Ozean drahtlos zu telephonieren.
Das ist amerikanische Phantasie; wir sind noch lange nicht soweit. Der draht¬
losen Telephonie auf weite Entfernungen wird eine ziemlich enge Grenze dadurch
gezogen, daß das Mikrophon keine großen elektrischen Energiemengen aufnehmen
kann. Die nächste Aufgabe der Fernsprechtechnik wird es sein, Mikrophone zu
bauen, die bedeutende Energiemengen aufnehmen können. Eine weitere Schwäche
der drahtlosen Telephonie liegt in dem fehlenden Anruf und in dem Umstände,
daß man nicht gleichzeitig sprechen und hören kann. Von einer transatlantischen
drahtlosen Telephonie sind wir also noch weit entfernt; ein dringendes Be¬
Dedo Jentsch dürfnis liegt ja auch nicht vor.




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[0522] Drahtlose Telegraphie und Telephon!« mittels elektrischer Wellen Auf dem Gebiete der drahtlosen Telephonie eröffnen sich dagegen der Verwendung des elektrischen Lichtbogens bessere Aussichten, Die Versuche von Fessenden, Mosler und andern zur Benutzung der durch eine Funkenstrecke erzeugten elektromagnetischen Wellen für eine Telephonie ohne Draht hatten kein zufriedenstellendes Ergebnis gehabt. Der Mißerfolg hat seine Ursache in der eigenartigen Gestaltung der menschlichen Sprache bei der mikrophonischen Übertragung. Die Schwingungen einer Mikrophonmembrane, in die die Schall¬ wellen beim Sprechen gegen eine solche umgesetzt werden, sind in ihrer Gestalt voneinander sehr verschieden. Selbst von kurzer Pause unterbrochne elektrische Wellen, wie die von der Funkenerregung erzeugten, können deshalb nicht als Träger solcher Schwingungen dienen; dazu sind kontinuierliche Schwingungen nötig, wie solche der elektrische Lichtbogen liefert. Die zukünftige drahtlose Telephonie wird man deshalb als elektrische Lichtbogentelephonie zu bezeichnen haben. Der erste, der über praktische Versuche mit der Lichtbogentelephonie berichtet, ist der Berliner Physiker E. Rubiner in seiner den Teilnehmern der internationalen Konferenz für Funkentelegraphie im Juni 1906 überreichten Abhandlung. Von größerer praktischer Bedeutung wurden die Versuche von De Forest, Poulsen und von der Telefunkengesellschaft. Diese hat zwischen Berlin und Rheinsberg auf eine Entfernung von 75 Kilometer mit 26 Meter hohen Masten und einer Primärenergie von etwa 2 Kilowatt eine tadellose Sprechverständigung erzielt, während Poulsen für eine drahtlose telephonische Verbindung von Esbjerg und Lyngby auf 270 Kilometer Entfernung 60 Meter hohe Masten, dafür aber nur 0,9 Kilowatt primärer Energie gebraucht hat. Mit dem System von De Forest ist eine größere Anzahl Schiffe der ameri¬ kanischen Schlachtflotte ausgerüstet. Der amerikanische Professor Fessenden hält es sogar jetzt schon für möglich, mit 10 Kilowatt primärer Energie und 200 Meter hohen Antennentürmen unter Verwendung von Wechselstrommaschinen sehr hoher Periodenzahl über den Atlantischen Ozean drahtlos zu telephonieren. Das ist amerikanische Phantasie; wir sind noch lange nicht soweit. Der draht¬ losen Telephonie auf weite Entfernungen wird eine ziemlich enge Grenze dadurch gezogen, daß das Mikrophon keine großen elektrischen Energiemengen aufnehmen kann. Die nächste Aufgabe der Fernsprechtechnik wird es sein, Mikrophone zu bauen, die bedeutende Energiemengen aufnehmen können. Eine weitere Schwäche der drahtlosen Telephonie liegt in dem fehlenden Anruf und in dem Umstände, daß man nicht gleichzeitig sprechen und hören kann. Von einer transatlantischen drahtlosen Telephonie sind wir also noch weit entfernt; ein dringendes Be¬ Dedo Jentsch dürfnis liegt ja auch nicht vor.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/522>, abgerufen am 24.07.2024.