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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Hermann Mette als westfälischer vialektdichter

Kreisen gänzlich fremd ist, es gibt doch wirklich viele Familien -- vor allem
darf man dazu wohl fast alle Pfarrhäuser rechnen --, wo eine tägliche kurze
Hausandacht treu festgehaltene Sitte ist, weil man sich des großen Segens be¬
wußt ist, der für das ganze Familienleben in solcher Übung liegt. Nun gibt
es zwar eine Menge guter Andachtsbücher; aber diese bieten immer nur Be¬
trachtungen über kurze Schriftworte, fuhren also niemals in den Reichtum der
Bibel wirklich recht ein. Andrerseits kann auch nicht einfach die gesamte Bibel
M häuslichen Erbauung verwandt werden, weil vieles von ihrem Inhalt dafür
wieder nicht geeignet ist. Da bietet nun Richter als Frucht jahrelanger ernster
Vorarbeit den ganzen Inhalt der Bibel, soweit er sich zur häuslichen Erbauung
unmittelbar eignet, in der Form von täglichen Morgenandachten für zwei Jahre;
dem Bibelabschnitte sind stets nur wenige schlichte Gebetsworte angefügt, und
die schönsten Verse unsrer evangelischen Kernlieder bilden die Umrahmung für
die Andachten. In einem prächtigen Vorwort spricht Richter die Grundsätze
aus, nach denen er bei seiner Auswahl verfahren ist, und leitet zum Gebrauch
seines Werkes an. Wenn es erfreulich zu sehen ist, wie viel gerade in unsrer
Zeit getan wird, um der Gemeinde zu einem geschichtlichen Verständnis der
Heiligen Schrift zu helfen, alle diese Arbeit wäre doch schließlich unfruchtbar,
wenn darüber die Hauptsache vergessen würde: die Benutzung der Bibel zur
Begründung religiöser Überzeugung und sittlicher Gesinnung. Zu solcher Be¬
nutzung ist in Richters Bibelwerk eine ganz vorzügliche Anleitung gegeben.
Die evangelische Gemeinde wird reichen Segen davon haben, wenn sie das hier
gebotne fleißig benutzt. Schön wäre es, wenn der Verlag von dem vornehm
ausgestatteten Werke noch einmal eine etwas billigere Volksausgabe veran¬
stalten könnte (von den Liederversen, die sich ja wohl fast alle in jedem Ge¬
sangbuche finden, würde dabei die Angabe der Anfangszeiten genügen), um die
G. M. Arbeit Richters weitesten Kreisen zugänglich zu machen.




Hermann Wette als westfälischer Dialektdichter
von Ludwig Schröder

n des Dichters großem Roman "Krauskopf" entzückte den dafür
empfänglichen Leser die ausdrucksvolle Benutzung des Dialekts;
an einigen Stellen finden sich sogar plattdeutsche Verse einge¬
streut, und der Dichter weiß das Wesen seiner Westfalen nicht
besser zu charakterisieren als durch einen Vergleich mit ihrer
Sprache. Gleich im ersten Hauptstück des ersten Bandes stehn die bezeichnenden
Worte: "Das Wesen der Westfalen aber ist geblieben bis auf den heutigen
Tag zähe und hart, kernig und knorrig wie das Holz ihrer Eichen, voller


Hermann Mette als westfälischer vialektdichter

Kreisen gänzlich fremd ist, es gibt doch wirklich viele Familien — vor allem
darf man dazu wohl fast alle Pfarrhäuser rechnen —, wo eine tägliche kurze
Hausandacht treu festgehaltene Sitte ist, weil man sich des großen Segens be¬
wußt ist, der für das ganze Familienleben in solcher Übung liegt. Nun gibt
es zwar eine Menge guter Andachtsbücher; aber diese bieten immer nur Be¬
trachtungen über kurze Schriftworte, fuhren also niemals in den Reichtum der
Bibel wirklich recht ein. Andrerseits kann auch nicht einfach die gesamte Bibel
M häuslichen Erbauung verwandt werden, weil vieles von ihrem Inhalt dafür
wieder nicht geeignet ist. Da bietet nun Richter als Frucht jahrelanger ernster
Vorarbeit den ganzen Inhalt der Bibel, soweit er sich zur häuslichen Erbauung
unmittelbar eignet, in der Form von täglichen Morgenandachten für zwei Jahre;
dem Bibelabschnitte sind stets nur wenige schlichte Gebetsworte angefügt, und
die schönsten Verse unsrer evangelischen Kernlieder bilden die Umrahmung für
die Andachten. In einem prächtigen Vorwort spricht Richter die Grundsätze
aus, nach denen er bei seiner Auswahl verfahren ist, und leitet zum Gebrauch
seines Werkes an. Wenn es erfreulich zu sehen ist, wie viel gerade in unsrer
Zeit getan wird, um der Gemeinde zu einem geschichtlichen Verständnis der
Heiligen Schrift zu helfen, alle diese Arbeit wäre doch schließlich unfruchtbar,
wenn darüber die Hauptsache vergessen würde: die Benutzung der Bibel zur
Begründung religiöser Überzeugung und sittlicher Gesinnung. Zu solcher Be¬
nutzung ist in Richters Bibelwerk eine ganz vorzügliche Anleitung gegeben.
Die evangelische Gemeinde wird reichen Segen davon haben, wenn sie das hier
gebotne fleißig benutzt. Schön wäre es, wenn der Verlag von dem vornehm
ausgestatteten Werke noch einmal eine etwas billigere Volksausgabe veran¬
stalten könnte (von den Liederversen, die sich ja wohl fast alle in jedem Ge¬
sangbuche finden, würde dabei die Angabe der Anfangszeiten genügen), um die
G. M. Arbeit Richters weitesten Kreisen zugänglich zu machen.




Hermann Wette als westfälischer Dialektdichter
von Ludwig Schröder

n des Dichters großem Roman „Krauskopf" entzückte den dafür
empfänglichen Leser die ausdrucksvolle Benutzung des Dialekts;
an einigen Stellen finden sich sogar plattdeutsche Verse einge¬
streut, und der Dichter weiß das Wesen seiner Westfalen nicht
besser zu charakterisieren als durch einen Vergleich mit ihrer
Sprache. Gleich im ersten Hauptstück des ersten Bandes stehn die bezeichnenden
Worte: „Das Wesen der Westfalen aber ist geblieben bis auf den heutigen
Tag zähe und hart, kernig und knorrig wie das Holz ihrer Eichen, voller


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[0463] Hermann Mette als westfälischer vialektdichter Kreisen gänzlich fremd ist, es gibt doch wirklich viele Familien — vor allem darf man dazu wohl fast alle Pfarrhäuser rechnen —, wo eine tägliche kurze Hausandacht treu festgehaltene Sitte ist, weil man sich des großen Segens be¬ wußt ist, der für das ganze Familienleben in solcher Übung liegt. Nun gibt es zwar eine Menge guter Andachtsbücher; aber diese bieten immer nur Be¬ trachtungen über kurze Schriftworte, fuhren also niemals in den Reichtum der Bibel wirklich recht ein. Andrerseits kann auch nicht einfach die gesamte Bibel M häuslichen Erbauung verwandt werden, weil vieles von ihrem Inhalt dafür wieder nicht geeignet ist. Da bietet nun Richter als Frucht jahrelanger ernster Vorarbeit den ganzen Inhalt der Bibel, soweit er sich zur häuslichen Erbauung unmittelbar eignet, in der Form von täglichen Morgenandachten für zwei Jahre; dem Bibelabschnitte sind stets nur wenige schlichte Gebetsworte angefügt, und die schönsten Verse unsrer evangelischen Kernlieder bilden die Umrahmung für die Andachten. In einem prächtigen Vorwort spricht Richter die Grundsätze aus, nach denen er bei seiner Auswahl verfahren ist, und leitet zum Gebrauch seines Werkes an. Wenn es erfreulich zu sehen ist, wie viel gerade in unsrer Zeit getan wird, um der Gemeinde zu einem geschichtlichen Verständnis der Heiligen Schrift zu helfen, alle diese Arbeit wäre doch schließlich unfruchtbar, wenn darüber die Hauptsache vergessen würde: die Benutzung der Bibel zur Begründung religiöser Überzeugung und sittlicher Gesinnung. Zu solcher Be¬ nutzung ist in Richters Bibelwerk eine ganz vorzügliche Anleitung gegeben. Die evangelische Gemeinde wird reichen Segen davon haben, wenn sie das hier gebotne fleißig benutzt. Schön wäre es, wenn der Verlag von dem vornehm ausgestatteten Werke noch einmal eine etwas billigere Volksausgabe veran¬ stalten könnte (von den Liederversen, die sich ja wohl fast alle in jedem Ge¬ sangbuche finden, würde dabei die Angabe der Anfangszeiten genügen), um die G. M. Arbeit Richters weitesten Kreisen zugänglich zu machen. Hermann Wette als westfälischer Dialektdichter von Ludwig Schröder n des Dichters großem Roman „Krauskopf" entzückte den dafür empfänglichen Leser die ausdrucksvolle Benutzung des Dialekts; an einigen Stellen finden sich sogar plattdeutsche Verse einge¬ streut, und der Dichter weiß das Wesen seiner Westfalen nicht besser zu charakterisieren als durch einen Vergleich mit ihrer Sprache. Gleich im ersten Hauptstück des ersten Bandes stehn die bezeichnenden Worte: „Das Wesen der Westfalen aber ist geblieben bis auf den heutigen Tag zähe und hart, kernig und knorrig wie das Holz ihrer Eichen, voller

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/463>, abgerufen am 04.07.2024.