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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

daß die Seligkeit nicht von der Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Sekte abhängt.
Die "Konfessionen" werden vielen als Erbauungsbuch dienen; für den Mann der
Wiss L. Z. enschaft sind sie ein wertvoller Beitrag zur Religionsgeschichte.


Neue Napoleon-Literatur.

Unter den genialen Menschen, deren Wesen
sich nie erschöpfen läßt und den, der sich mit ihnen beschäftigt, immer wieder
überrascht und vor neue Rätsel stellt, nimmt ohne Frage Napoleon den ersten
Rang ein. Man kann ganze Bibliotheken über ihn lesen, ohne zu ermüden; seine
gewaltige Persönlichkeit verliert nicht einmal an Zauber, wenn man sie durch die
Brille seiner Gegner betrachtet, und zeitgenössische Memoirenwerke dürfen ohne
weiteres auf das allgemeinste Interesse rechnen, sobald die Gestalt des großen
Korsen in ihnen auftaucht. Die beste Quelle einer intimen Kenntnis dieses merk¬
würdigen Mannes ist und bleibt jedoch seine Korrespondenz. Zu den zahlreichen
Ausgaben seiner Briefe gesellt sich soeben eine neue, die unter dem Titel "Briefe
Napoleons des Ersten in drei Bänden, Auswahl aus der gesamten Korrespondenz
des Kaisers, herausgegeben von F. M. Kircheisen" im Verlage von Robert Lutz
in Stuttgart zu erscheinen begonnen hat (jeder Band geh. 5^ Mark, geb. 7 Mark).
Der jetzt vorliegende erste Band umfaßt die Korrespondenz von 1784 bis 1801
und bringt alle einigermaßen wichtigen Schreiben, von dem Briefe des um die
Karriere seiner Brüder besorgten Fünfzehnjähriger an einen seiner Onkel in Ajaccio
an bis zu der geharnischten Epistel an den Minister Talleyrand, worin sich der
Erste Konsul über den von seinem Bruder Lucien Bonaparte und Portugal abgeschlossenen
Friedensvertrag beklagt, "der für ihn ein so unerwarteter Schlag und eine so glänzende
Niederlage ist. wie er sie nie in seiner amtlichen Laufbahn erfahren hat".

So verschieden diese Briefe nach Inhalt und Stil sind, sie verraten doch alle
das Genie des Mannes, dessen Werdegang ohne Beispiel ist. Wenn er als Zwanzig¬
jähriger seiner Mutter über die Genesung von einer schweren Krankheit berichtet
und daran anknüpfend die Finanzen Frankreichs bespricht und schließlich über die
politische Lage Europas referiert, so erkennt man schon, daß man es hier nicht
mit einem Durchschnittsleutnant zu tun hat. Es ist psychologisch außerordentlich
interessant, zu sehen, wie der junge Bonaparte an seiner korsischen Heimat und an
seiner Familie hängt, und wie er zugleich schon mit seinem Geiste die ganze Welt
umspannt, wie er den Jargon der Freiheitsmänner spricht und dabei die ganze
Bewegung der Revolution als kühler Beobachter durchschaut und die Instinkte der
Massen als Faktoren in seine Berechnungen einstellt, wie er in den Berichten von
den Schlachtfeldern Italiens, Ägyptens und Syriens an das Direktorium die
Tatsachen für sich reden läßt und mit den wechselnden Erfolgen den Ton seinen
Vorgesetzten gegenüber ändert, bis schließlich er es ist. der Befehle erteilt und durch
seine Forderungen und Rügen die Machthaber in Paris zur Verzweiflung bringt.
Für jede Situation findet er die entsprechende Form des Ausdrucks; je nachdem es
der Augenblick verlangt, schreibt er im schwülstigsten Pathos oder im knappsten
Depeschenstil. Bald droht er. bald schmeichelt er, bald rasselt er mit dem Säbel,
bald beteuert er seine Friedensliebe und beklagt die Opfer, die der Krieg koste.
Die Oberhäupter der Staaten Europas packt er bei ihrer schwachen Seite, versichert
ihnen, daß er ihr einziger wahrer Freund sei, und spielt sie kaltblütig gegen¬
einander aus.

An die mohammedanischen Würdenträger schreibt er als Mohammedaner und
beginnt mit Wendungen aus dem Koran: "Gott ist gnädig und barmherzig! Gott
verleiht, wem er will, den Sieg; er hat niemand Rechenschaft darüber zu geben.
Die Völker müssen sich seinem Willen unterordnen I Es gibt keinen andern Gott
als Gott, und Mohammed ist sein ProphetI" Er drückt ihnen seine Befriedigung
darüber aus, daß sich das revolutionär" Frankreich durch die Abschaffung deS
Christentums dem "muselmanischen Glauben genähert" habe und, "wie es der Islam


Maßgebliches und Unmaßgebliches

daß die Seligkeit nicht von der Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Sekte abhängt.
Die „Konfessionen" werden vielen als Erbauungsbuch dienen; für den Mann der
Wiss L. Z. enschaft sind sie ein wertvoller Beitrag zur Religionsgeschichte.


Neue Napoleon-Literatur.

Unter den genialen Menschen, deren Wesen
sich nie erschöpfen läßt und den, der sich mit ihnen beschäftigt, immer wieder
überrascht und vor neue Rätsel stellt, nimmt ohne Frage Napoleon den ersten
Rang ein. Man kann ganze Bibliotheken über ihn lesen, ohne zu ermüden; seine
gewaltige Persönlichkeit verliert nicht einmal an Zauber, wenn man sie durch die
Brille seiner Gegner betrachtet, und zeitgenössische Memoirenwerke dürfen ohne
weiteres auf das allgemeinste Interesse rechnen, sobald die Gestalt des großen
Korsen in ihnen auftaucht. Die beste Quelle einer intimen Kenntnis dieses merk¬
würdigen Mannes ist und bleibt jedoch seine Korrespondenz. Zu den zahlreichen
Ausgaben seiner Briefe gesellt sich soeben eine neue, die unter dem Titel „Briefe
Napoleons des Ersten in drei Bänden, Auswahl aus der gesamten Korrespondenz
des Kaisers, herausgegeben von F. M. Kircheisen" im Verlage von Robert Lutz
in Stuttgart zu erscheinen begonnen hat (jeder Band geh. 5^ Mark, geb. 7 Mark).
Der jetzt vorliegende erste Band umfaßt die Korrespondenz von 1784 bis 1801
und bringt alle einigermaßen wichtigen Schreiben, von dem Briefe des um die
Karriere seiner Brüder besorgten Fünfzehnjähriger an einen seiner Onkel in Ajaccio
an bis zu der geharnischten Epistel an den Minister Talleyrand, worin sich der
Erste Konsul über den von seinem Bruder Lucien Bonaparte und Portugal abgeschlossenen
Friedensvertrag beklagt, „der für ihn ein so unerwarteter Schlag und eine so glänzende
Niederlage ist. wie er sie nie in seiner amtlichen Laufbahn erfahren hat".

So verschieden diese Briefe nach Inhalt und Stil sind, sie verraten doch alle
das Genie des Mannes, dessen Werdegang ohne Beispiel ist. Wenn er als Zwanzig¬
jähriger seiner Mutter über die Genesung von einer schweren Krankheit berichtet
und daran anknüpfend die Finanzen Frankreichs bespricht und schließlich über die
politische Lage Europas referiert, so erkennt man schon, daß man es hier nicht
mit einem Durchschnittsleutnant zu tun hat. Es ist psychologisch außerordentlich
interessant, zu sehen, wie der junge Bonaparte an seiner korsischen Heimat und an
seiner Familie hängt, und wie er zugleich schon mit seinem Geiste die ganze Welt
umspannt, wie er den Jargon der Freiheitsmänner spricht und dabei die ganze
Bewegung der Revolution als kühler Beobachter durchschaut und die Instinkte der
Massen als Faktoren in seine Berechnungen einstellt, wie er in den Berichten von
den Schlachtfeldern Italiens, Ägyptens und Syriens an das Direktorium die
Tatsachen für sich reden läßt und mit den wechselnden Erfolgen den Ton seinen
Vorgesetzten gegenüber ändert, bis schließlich er es ist. der Befehle erteilt und durch
seine Forderungen und Rügen die Machthaber in Paris zur Verzweiflung bringt.
Für jede Situation findet er die entsprechende Form des Ausdrucks; je nachdem es
der Augenblick verlangt, schreibt er im schwülstigsten Pathos oder im knappsten
Depeschenstil. Bald droht er. bald schmeichelt er, bald rasselt er mit dem Säbel,
bald beteuert er seine Friedensliebe und beklagt die Opfer, die der Krieg koste.
Die Oberhäupter der Staaten Europas packt er bei ihrer schwachen Seite, versichert
ihnen, daß er ihr einziger wahrer Freund sei, und spielt sie kaltblütig gegen¬
einander aus.

An die mohammedanischen Würdenträger schreibt er als Mohammedaner und
beginnt mit Wendungen aus dem Koran: „Gott ist gnädig und barmherzig! Gott
verleiht, wem er will, den Sieg; er hat niemand Rechenschaft darüber zu geben.
Die Völker müssen sich seinem Willen unterordnen I Es gibt keinen andern Gott
als Gott, und Mohammed ist sein ProphetI" Er drückt ihnen seine Befriedigung
darüber aus, daß sich das revolutionär« Frankreich durch die Abschaffung deS
Christentums dem „muselmanischen Glauben genähert" habe und, „wie es der Islam


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[0439] Maßgebliches und Unmaßgebliches daß die Seligkeit nicht von der Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Sekte abhängt. Die „Konfessionen" werden vielen als Erbauungsbuch dienen; für den Mann der Wiss L. Z. enschaft sind sie ein wertvoller Beitrag zur Religionsgeschichte. Neue Napoleon-Literatur. Unter den genialen Menschen, deren Wesen sich nie erschöpfen läßt und den, der sich mit ihnen beschäftigt, immer wieder überrascht und vor neue Rätsel stellt, nimmt ohne Frage Napoleon den ersten Rang ein. Man kann ganze Bibliotheken über ihn lesen, ohne zu ermüden; seine gewaltige Persönlichkeit verliert nicht einmal an Zauber, wenn man sie durch die Brille seiner Gegner betrachtet, und zeitgenössische Memoirenwerke dürfen ohne weiteres auf das allgemeinste Interesse rechnen, sobald die Gestalt des großen Korsen in ihnen auftaucht. Die beste Quelle einer intimen Kenntnis dieses merk¬ würdigen Mannes ist und bleibt jedoch seine Korrespondenz. Zu den zahlreichen Ausgaben seiner Briefe gesellt sich soeben eine neue, die unter dem Titel „Briefe Napoleons des Ersten in drei Bänden, Auswahl aus der gesamten Korrespondenz des Kaisers, herausgegeben von F. M. Kircheisen" im Verlage von Robert Lutz in Stuttgart zu erscheinen begonnen hat (jeder Band geh. 5^ Mark, geb. 7 Mark). Der jetzt vorliegende erste Band umfaßt die Korrespondenz von 1784 bis 1801 und bringt alle einigermaßen wichtigen Schreiben, von dem Briefe des um die Karriere seiner Brüder besorgten Fünfzehnjähriger an einen seiner Onkel in Ajaccio an bis zu der geharnischten Epistel an den Minister Talleyrand, worin sich der Erste Konsul über den von seinem Bruder Lucien Bonaparte und Portugal abgeschlossenen Friedensvertrag beklagt, „der für ihn ein so unerwarteter Schlag und eine so glänzende Niederlage ist. wie er sie nie in seiner amtlichen Laufbahn erfahren hat". So verschieden diese Briefe nach Inhalt und Stil sind, sie verraten doch alle das Genie des Mannes, dessen Werdegang ohne Beispiel ist. Wenn er als Zwanzig¬ jähriger seiner Mutter über die Genesung von einer schweren Krankheit berichtet und daran anknüpfend die Finanzen Frankreichs bespricht und schließlich über die politische Lage Europas referiert, so erkennt man schon, daß man es hier nicht mit einem Durchschnittsleutnant zu tun hat. Es ist psychologisch außerordentlich interessant, zu sehen, wie der junge Bonaparte an seiner korsischen Heimat und an seiner Familie hängt, und wie er zugleich schon mit seinem Geiste die ganze Welt umspannt, wie er den Jargon der Freiheitsmänner spricht und dabei die ganze Bewegung der Revolution als kühler Beobachter durchschaut und die Instinkte der Massen als Faktoren in seine Berechnungen einstellt, wie er in den Berichten von den Schlachtfeldern Italiens, Ägyptens und Syriens an das Direktorium die Tatsachen für sich reden läßt und mit den wechselnden Erfolgen den Ton seinen Vorgesetzten gegenüber ändert, bis schließlich er es ist. der Befehle erteilt und durch seine Forderungen und Rügen die Machthaber in Paris zur Verzweiflung bringt. Für jede Situation findet er die entsprechende Form des Ausdrucks; je nachdem es der Augenblick verlangt, schreibt er im schwülstigsten Pathos oder im knappsten Depeschenstil. Bald droht er. bald schmeichelt er, bald rasselt er mit dem Säbel, bald beteuert er seine Friedensliebe und beklagt die Opfer, die der Krieg koste. Die Oberhäupter der Staaten Europas packt er bei ihrer schwachen Seite, versichert ihnen, daß er ihr einziger wahrer Freund sei, und spielt sie kaltblütig gegen¬ einander aus. An die mohammedanischen Würdenträger schreibt er als Mohammedaner und beginnt mit Wendungen aus dem Koran: „Gott ist gnädig und barmherzig! Gott verleiht, wem er will, den Sieg; er hat niemand Rechenschaft darüber zu geben. Die Völker müssen sich seinem Willen unterordnen I Es gibt keinen andern Gott als Gott, und Mohammed ist sein ProphetI" Er drückt ihnen seine Befriedigung darüber aus, daß sich das revolutionär« Frankreich durch die Abschaffung deS Christentums dem „muselmanischen Glauben genähert" habe und, „wie es der Islam

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/439>, abgerufen am 24.07.2024.