Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Geschichte des Leipziger Schulwesens

er die Schwierigkeiten, die in der evangelischen Kirche aus dem Konflikt zwischen
Gewissensfreiheit und Bekenntniszwang entspringen, durch einen symbolischen
Kultus überwunden wissen will. Diesen Gedanken habe ich öfter, zuletzt im
Schlußkapitel von "Christentum und Kirche" S. 701 ausgeführt.


Lari Zentsch


Geschichte des Leipziger Schulwesens

le Feier des halbtausendjährigeu Bestehens der Leipziger Uni¬
versität hat fast alle menschlichen Kräfte, anch Kunst und Wissen¬
schaft in fruchtbringende Bewegung gesetzt. Schenkungen und
Stiftungen haben den Besitz der ging, umtsr I^ipsieusis noch
beträchtlich vermehrt, ihre Aula erglänzt im Schmucke des gro߬
artigen Klingerschen Bildes, Festschriften zum Preise der Jubilarin sind in
reicher Anzahl erschienen. Aber eine ist ausgeblieben, die gewiß mancher
erwartet hat: eine den modernen Anschauungen entsprechende, umfassende Ge¬
schichte der Universität selbst. Um so dankbarer ist es zu begrüßen, daß die
Königlich Sächsische Kommission für Geschichte den äußern Rahmen für eine
künftige Darstellung dieses Stoffes entworfen hat, indem sie eine umfassende
Geschichte des geistigen Lebens der Stadt Leipzig zu schaffen unternahm, der
Stadt, mit der die Universität nicht nur fünf Jahrhunderte lang die Lebens¬
luft geteilt, sondern anch in lebhaftem, beide Parteien fördernden: Austausch
aller Güter gestanden hat.

Nicht alles, was die Königliche Kommission geplant hat, ist zum Jubiläum
wirklich fertig geworden. Die Geschichte des Leipziger Kirchenwesens, der
Kunst und des Kunstgewerbes ist noch nicht erschienen, von der Musik¬
geschichte Rudolf Wustmanns ist nur der erste Band (bis etwa 1650) heraus¬
gekommen, Georg Witkowskys Geschichte des Leipziger literarischen Lebens ist
nur bis in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts gelangt und da, wie mir
scheint, ohne zwingende Gründe abgebrochen worden. Wirklich eingehalten
und erfüllt hat das Programm nur Otto Kaemmel, der die Geschichte des
Leipziger Schulwesens von seinen ersten Anfängen (1214) bis in die Mitte
des neunzehnten Jahrhunderts (1846) -- weiter zu gehn verbot schon die Rück¬
sicht auf Lebende -- in einem stattlichen Bande von 634 Seiten dargestellt
hat.*) Sein Buch ist zunächst ein Werk von staunenswertem Fleiße. Aus
den Akte" des Leipziger Ratsarchivs, der Schularchive, des Königlich Säch¬
sischen Staatsarchivs in Dresden, aus großen wissenschaftlichen Werken und



*) Otto Kaemmel, Geschichte des Leipziger Schulwesens vom Anfange des dreizehnten
bis gegen die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Mit sechs Bildnissen, Leipzig und Berlin,
B, G. Teulmer, 1909. (14 Mark.)
Geschichte des Leipziger Schulwesens

er die Schwierigkeiten, die in der evangelischen Kirche aus dem Konflikt zwischen
Gewissensfreiheit und Bekenntniszwang entspringen, durch einen symbolischen
Kultus überwunden wissen will. Diesen Gedanken habe ich öfter, zuletzt im
Schlußkapitel von „Christentum und Kirche" S. 701 ausgeführt.


Lari Zentsch


Geschichte des Leipziger Schulwesens

le Feier des halbtausendjährigeu Bestehens der Leipziger Uni¬
versität hat fast alle menschlichen Kräfte, anch Kunst und Wissen¬
schaft in fruchtbringende Bewegung gesetzt. Schenkungen und
Stiftungen haben den Besitz der ging, umtsr I^ipsieusis noch
beträchtlich vermehrt, ihre Aula erglänzt im Schmucke des gro߬
artigen Klingerschen Bildes, Festschriften zum Preise der Jubilarin sind in
reicher Anzahl erschienen. Aber eine ist ausgeblieben, die gewiß mancher
erwartet hat: eine den modernen Anschauungen entsprechende, umfassende Ge¬
schichte der Universität selbst. Um so dankbarer ist es zu begrüßen, daß die
Königlich Sächsische Kommission für Geschichte den äußern Rahmen für eine
künftige Darstellung dieses Stoffes entworfen hat, indem sie eine umfassende
Geschichte des geistigen Lebens der Stadt Leipzig zu schaffen unternahm, der
Stadt, mit der die Universität nicht nur fünf Jahrhunderte lang die Lebens¬
luft geteilt, sondern anch in lebhaftem, beide Parteien fördernden: Austausch
aller Güter gestanden hat.

Nicht alles, was die Königliche Kommission geplant hat, ist zum Jubiläum
wirklich fertig geworden. Die Geschichte des Leipziger Kirchenwesens, der
Kunst und des Kunstgewerbes ist noch nicht erschienen, von der Musik¬
geschichte Rudolf Wustmanns ist nur der erste Band (bis etwa 1650) heraus¬
gekommen, Georg Witkowskys Geschichte des Leipziger literarischen Lebens ist
nur bis in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts gelangt und da, wie mir
scheint, ohne zwingende Gründe abgebrochen worden. Wirklich eingehalten
und erfüllt hat das Programm nur Otto Kaemmel, der die Geschichte des
Leipziger Schulwesens von seinen ersten Anfängen (1214) bis in die Mitte
des neunzehnten Jahrhunderts (1846) — weiter zu gehn verbot schon die Rück¬
sicht auf Lebende — in einem stattlichen Bande von 634 Seiten dargestellt
hat.*) Sein Buch ist zunächst ein Werk von staunenswertem Fleiße. Aus
den Akte» des Leipziger Ratsarchivs, der Schularchive, des Königlich Säch¬
sischen Staatsarchivs in Dresden, aus großen wissenschaftlichen Werken und



*) Otto Kaemmel, Geschichte des Leipziger Schulwesens vom Anfange des dreizehnten
bis gegen die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Mit sechs Bildnissen, Leipzig und Berlin,
B, G. Teulmer, 1909. (14 Mark.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0417" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314764"/>
          <fw type="header" place="top"> Geschichte des Leipziger Schulwesens</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1952" prev="#ID_1951"> er die Schwierigkeiten, die in der evangelischen Kirche aus dem Konflikt zwischen<lb/>
Gewissensfreiheit und Bekenntniszwang entspringen, durch einen symbolischen<lb/>
Kultus überwunden wissen will. Diesen Gedanken habe ich öfter, zuletzt im<lb/>
Schlußkapitel von &#x201E;Christentum und Kirche" S. 701 ausgeführt.</p><lb/>
          <note type="byline"> Lari Zentsch</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Geschichte des Leipziger Schulwesens</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1953"> le Feier des halbtausendjährigeu Bestehens der Leipziger Uni¬<lb/>
versität hat fast alle menschlichen Kräfte, anch Kunst und Wissen¬<lb/>
schaft in fruchtbringende Bewegung gesetzt. Schenkungen und<lb/>
Stiftungen haben den Besitz der ging, umtsr I^ipsieusis noch<lb/>
beträchtlich vermehrt, ihre Aula erglänzt im Schmucke des gro߬<lb/>
artigen Klingerschen Bildes, Festschriften zum Preise der Jubilarin sind in<lb/>
reicher Anzahl erschienen. Aber eine ist ausgeblieben, die gewiß mancher<lb/>
erwartet hat: eine den modernen Anschauungen entsprechende, umfassende Ge¬<lb/>
schichte der Universität selbst. Um so dankbarer ist es zu begrüßen, daß die<lb/>
Königlich Sächsische Kommission für Geschichte den äußern Rahmen für eine<lb/>
künftige Darstellung dieses Stoffes entworfen hat, indem sie eine umfassende<lb/>
Geschichte des geistigen Lebens der Stadt Leipzig zu schaffen unternahm, der<lb/>
Stadt, mit der die Universität nicht nur fünf Jahrhunderte lang die Lebens¬<lb/>
luft geteilt, sondern anch in lebhaftem, beide Parteien fördernden: Austausch<lb/>
aller Güter gestanden hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1954" next="#ID_1955"> Nicht alles, was die Königliche Kommission geplant hat, ist zum Jubiläum<lb/>
wirklich fertig geworden. Die Geschichte des Leipziger Kirchenwesens, der<lb/>
Kunst und des Kunstgewerbes ist noch nicht erschienen, von der Musik¬<lb/>
geschichte Rudolf Wustmanns ist nur der erste Band (bis etwa 1650) heraus¬<lb/>
gekommen, Georg Witkowskys Geschichte des Leipziger literarischen Lebens ist<lb/>
nur bis in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts gelangt und da, wie mir<lb/>
scheint, ohne zwingende Gründe abgebrochen worden. Wirklich eingehalten<lb/>
und erfüllt hat das Programm nur Otto Kaemmel, der die Geschichte des<lb/>
Leipziger Schulwesens von seinen ersten Anfängen (1214) bis in die Mitte<lb/>
des neunzehnten Jahrhunderts (1846) &#x2014; weiter zu gehn verbot schon die Rück¬<lb/>
sicht auf Lebende &#x2014; in einem stattlichen Bande von 634 Seiten dargestellt<lb/>
hat.*) Sein Buch ist zunächst ein Werk von staunenswertem Fleiße. Aus<lb/>
den Akte» des Leipziger Ratsarchivs, der Schularchive, des Königlich Säch¬<lb/>
sischen Staatsarchivs in Dresden, aus großen wissenschaftlichen Werken und</p><lb/>
          <note xml:id="FID_55" place="foot"> *) Otto Kaemmel, Geschichte des Leipziger Schulwesens vom Anfange des dreizehnten<lb/>
bis gegen die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Mit sechs Bildnissen, Leipzig und Berlin,<lb/>
B, G. Teulmer, 1909.  (14 Mark.)</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0417] Geschichte des Leipziger Schulwesens er die Schwierigkeiten, die in der evangelischen Kirche aus dem Konflikt zwischen Gewissensfreiheit und Bekenntniszwang entspringen, durch einen symbolischen Kultus überwunden wissen will. Diesen Gedanken habe ich öfter, zuletzt im Schlußkapitel von „Christentum und Kirche" S. 701 ausgeführt. Lari Zentsch Geschichte des Leipziger Schulwesens le Feier des halbtausendjährigeu Bestehens der Leipziger Uni¬ versität hat fast alle menschlichen Kräfte, anch Kunst und Wissen¬ schaft in fruchtbringende Bewegung gesetzt. Schenkungen und Stiftungen haben den Besitz der ging, umtsr I^ipsieusis noch beträchtlich vermehrt, ihre Aula erglänzt im Schmucke des gro߬ artigen Klingerschen Bildes, Festschriften zum Preise der Jubilarin sind in reicher Anzahl erschienen. Aber eine ist ausgeblieben, die gewiß mancher erwartet hat: eine den modernen Anschauungen entsprechende, umfassende Ge¬ schichte der Universität selbst. Um so dankbarer ist es zu begrüßen, daß die Königlich Sächsische Kommission für Geschichte den äußern Rahmen für eine künftige Darstellung dieses Stoffes entworfen hat, indem sie eine umfassende Geschichte des geistigen Lebens der Stadt Leipzig zu schaffen unternahm, der Stadt, mit der die Universität nicht nur fünf Jahrhunderte lang die Lebens¬ luft geteilt, sondern anch in lebhaftem, beide Parteien fördernden: Austausch aller Güter gestanden hat. Nicht alles, was die Königliche Kommission geplant hat, ist zum Jubiläum wirklich fertig geworden. Die Geschichte des Leipziger Kirchenwesens, der Kunst und des Kunstgewerbes ist noch nicht erschienen, von der Musik¬ geschichte Rudolf Wustmanns ist nur der erste Band (bis etwa 1650) heraus¬ gekommen, Georg Witkowskys Geschichte des Leipziger literarischen Lebens ist nur bis in die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts gelangt und da, wie mir scheint, ohne zwingende Gründe abgebrochen worden. Wirklich eingehalten und erfüllt hat das Programm nur Otto Kaemmel, der die Geschichte des Leipziger Schulwesens von seinen ersten Anfängen (1214) bis in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts (1846) — weiter zu gehn verbot schon die Rück¬ sicht auf Lebende — in einem stattlichen Bande von 634 Seiten dargestellt hat.*) Sein Buch ist zunächst ein Werk von staunenswertem Fleiße. Aus den Akte» des Leipziger Ratsarchivs, der Schularchive, des Königlich Säch¬ sischen Staatsarchivs in Dresden, aus großen wissenschaftlichen Werken und *) Otto Kaemmel, Geschichte des Leipziger Schulwesens vom Anfange des dreizehnten bis gegen die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Mit sechs Bildnissen, Leipzig und Berlin, B, G. Teulmer, 1909. (14 Mark.)

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/417
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/417>, abgerufen am 24.07.2024.