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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmciszgrbliches

vergeben; 35 Stichwahlen stehen also bevor. Von den Sitzen, über die schon ent¬
schieden ist, hat das Zentrum 23 errungen, die Sozialdemokratie 10, die national-
liberale Partei nnr 4, die Bolkspartei einen, die konservative keinen einzigen. Wenn
nun auch in den 35 Stichwahlen, wobei die Nationalliberalen allein in 31 Wahl¬
kreisen beteiligt sind, eine starke Verschiebung des Gesamtergebnisses eintreten kann,
so bleibt doch auch hier der Eindruck einer charakteristischen Erscheinung bei den
Wahlen. Sie wird bezeichnet durch eine ausgesprochne Niederlage der Konservativen,
eine immerhin merkbare Erschütterung der bisherigen starken Stellung des Zentrums
-- wenn auch vielleicht die Stichwahlen die Wirkung des Stoßes wieder aus¬
gleichen -- und durch ein starkes Anwachsen des Radikalismus.

Es wurde schon erwähnt, daß die Wahlen in Sachsen und in Baden gemeinsam
einen Zug nach links aufweisen. Dazu kommt als dritte Probe auf das Exempel
der Ausfall der Ersatzwahl zum Reichstag in Koburg. Wirklich ist in der Stich¬
wahl eingetreten, was nach der Hauptwahl befürchtet werden mußte, nämlich der
Sieg des sozialdemokrattschen Kandidaten. Obwohl die Zahl der Stimmen, die
sür den Nationalliberalen bei der Stichwahl abgegeben wurden, die Gesamtsumme
der bei der Hauptwahl für die bürgerlichen Parteien abgegebnen Stimmen über¬
stieg, war es den Sozialdemokraten trotzdem gelungen, ihrem Kandidaten noch mehr
Stimmen zuzuführen. Also auch hier der Zug nach links!

Daß die Leute von der äußersten Linken darüber triumphieren, kann wohl
nirgends Verwunderung erregen. Parteien versuchen immer, die bet den Wahlen
hervortretenden Erscheinungen zu ihren Gunsten zu deuten, und erfolgreiche Parteien
brauchen sich dabei natürlich nicht den Kopf zu zerbrechen, wie sie das machen;
die Tatsachen nehmen ihnen die Mühe ab. Für die zurückgedrängten oder geschlagner
Parteien ist es aber unter Umständen doch eine Lebensfrage, wie sie die Niederlage
auffassen -- ob sie sich als schuldlose Opfer der Schlechtigkeit ihrer Gegner fühlen
und in kunstvoller Umdeutung der gemachten Erfahrungen das Recht und die
Weisheit ihres Handelns trotz allem Ungemach behaupten, so wie die Sonne auch
hinter verdunkelnden Wolken immer die leuchtende und wärmende Sonne bleibt -- oder
ob sie aus der Niederlage eine Lehre und eine Mahnung ziehen. Im politischen
Parteileben ist es fast als geschichtliche Regel anzusehen, daß der erste, nicht der
zweite Weg eingeschlagen wird. Es ist hier eben anders als bei großen Katastrophen,
wie Krieg und Revolution, deren wuchtig wirkende Erfahrungen für die Unter¬
liegenden ganz von selbst den Charakter einer gewaltigen Bußpredigt annehmen.
So stark wirken Parteiniederlagen, Wahlniederlagen nicht. In diese Erfahrungen
mischt sich zuviel Zufälliges. Äußerliches. Persönliches, Menschliches. Der Partei¬
führer, die Parteizeituug fühlen sich der öffentlichen Meinung gegenüber immer etwas
in der Rolle des Tierbändigers: alles hängt davon ab, daß man im kritischen
Augenblick die Festigkeit des Blicks und der Haltung nicht verliert! Nur nicht
merken lassen, daß man sich in Wahrheit als den schwächern Teil fühlt! Man darf
daher auch den neusten Wahlbesprechungen nicht anders als mit der Erwartung
gegenübertreten, daß man in den Erörterungen der unterlegnen Parteien nur
zweierlei finden wird, nämlich einmal den Nachweis der gegnerischen Verruchtheit,
die allein die Schuld an allem Unheil trägt, und sodann die Behauptung, daß die
Niederlage gerade im entgegengesetzten Sinne gedeutet werden müsse, als dies alle
Welt tue. Und dieses Verfahren ist -- das liegt in der Eigentümlichkeit des Partei¬
begriffs -- gar nicht einmal so ungeheuerlich, wie es auf den ersten Blick scheint.
Wenn zum Beispiel die Konservativen sagen, daß die "Hetze" gegen die neuen
Steuern, wie sie von den Liberalen betrieben worden sei, zwar den gewünschten
Erfolg gegenüber den Konservativen gehabt habe, aber nur den Sozialdemokraten zugute


Maßgebliches und Unmciszgrbliches

vergeben; 35 Stichwahlen stehen also bevor. Von den Sitzen, über die schon ent¬
schieden ist, hat das Zentrum 23 errungen, die Sozialdemokratie 10, die national-
liberale Partei nnr 4, die Bolkspartei einen, die konservative keinen einzigen. Wenn
nun auch in den 35 Stichwahlen, wobei die Nationalliberalen allein in 31 Wahl¬
kreisen beteiligt sind, eine starke Verschiebung des Gesamtergebnisses eintreten kann,
so bleibt doch auch hier der Eindruck einer charakteristischen Erscheinung bei den
Wahlen. Sie wird bezeichnet durch eine ausgesprochne Niederlage der Konservativen,
eine immerhin merkbare Erschütterung der bisherigen starken Stellung des Zentrums
— wenn auch vielleicht die Stichwahlen die Wirkung des Stoßes wieder aus¬
gleichen — und durch ein starkes Anwachsen des Radikalismus.

Es wurde schon erwähnt, daß die Wahlen in Sachsen und in Baden gemeinsam
einen Zug nach links aufweisen. Dazu kommt als dritte Probe auf das Exempel
der Ausfall der Ersatzwahl zum Reichstag in Koburg. Wirklich ist in der Stich¬
wahl eingetreten, was nach der Hauptwahl befürchtet werden mußte, nämlich der
Sieg des sozialdemokrattschen Kandidaten. Obwohl die Zahl der Stimmen, die
sür den Nationalliberalen bei der Stichwahl abgegeben wurden, die Gesamtsumme
der bei der Hauptwahl für die bürgerlichen Parteien abgegebnen Stimmen über¬
stieg, war es den Sozialdemokraten trotzdem gelungen, ihrem Kandidaten noch mehr
Stimmen zuzuführen. Also auch hier der Zug nach links!

Daß die Leute von der äußersten Linken darüber triumphieren, kann wohl
nirgends Verwunderung erregen. Parteien versuchen immer, die bet den Wahlen
hervortretenden Erscheinungen zu ihren Gunsten zu deuten, und erfolgreiche Parteien
brauchen sich dabei natürlich nicht den Kopf zu zerbrechen, wie sie das machen;
die Tatsachen nehmen ihnen die Mühe ab. Für die zurückgedrängten oder geschlagner
Parteien ist es aber unter Umständen doch eine Lebensfrage, wie sie die Niederlage
auffassen — ob sie sich als schuldlose Opfer der Schlechtigkeit ihrer Gegner fühlen
und in kunstvoller Umdeutung der gemachten Erfahrungen das Recht und die
Weisheit ihres Handelns trotz allem Ungemach behaupten, so wie die Sonne auch
hinter verdunkelnden Wolken immer die leuchtende und wärmende Sonne bleibt — oder
ob sie aus der Niederlage eine Lehre und eine Mahnung ziehen. Im politischen
Parteileben ist es fast als geschichtliche Regel anzusehen, daß der erste, nicht der
zweite Weg eingeschlagen wird. Es ist hier eben anders als bei großen Katastrophen,
wie Krieg und Revolution, deren wuchtig wirkende Erfahrungen für die Unter¬
liegenden ganz von selbst den Charakter einer gewaltigen Bußpredigt annehmen.
So stark wirken Parteiniederlagen, Wahlniederlagen nicht. In diese Erfahrungen
mischt sich zuviel Zufälliges. Äußerliches. Persönliches, Menschliches. Der Partei¬
führer, die Parteizeituug fühlen sich der öffentlichen Meinung gegenüber immer etwas
in der Rolle des Tierbändigers: alles hängt davon ab, daß man im kritischen
Augenblick die Festigkeit des Blicks und der Haltung nicht verliert! Nur nicht
merken lassen, daß man sich in Wahrheit als den schwächern Teil fühlt! Man darf
daher auch den neusten Wahlbesprechungen nicht anders als mit der Erwartung
gegenübertreten, daß man in den Erörterungen der unterlegnen Parteien nur
zweierlei finden wird, nämlich einmal den Nachweis der gegnerischen Verruchtheit,
die allein die Schuld an allem Unheil trägt, und sodann die Behauptung, daß die
Niederlage gerade im entgegengesetzten Sinne gedeutet werden müsse, als dies alle
Welt tue. Und dieses Verfahren ist — das liegt in der Eigentümlichkeit des Partei¬
begriffs — gar nicht einmal so ungeheuerlich, wie es auf den ersten Blick scheint.
Wenn zum Beispiel die Konservativen sagen, daß die „Hetze" gegen die neuen
Steuern, wie sie von den Liberalen betrieben worden sei, zwar den gewünschten
Erfolg gegenüber den Konservativen gehabt habe, aber nur den Sozialdemokraten zugute


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[0253] Maßgebliches und Unmciszgrbliches vergeben; 35 Stichwahlen stehen also bevor. Von den Sitzen, über die schon ent¬ schieden ist, hat das Zentrum 23 errungen, die Sozialdemokratie 10, die national- liberale Partei nnr 4, die Bolkspartei einen, die konservative keinen einzigen. Wenn nun auch in den 35 Stichwahlen, wobei die Nationalliberalen allein in 31 Wahl¬ kreisen beteiligt sind, eine starke Verschiebung des Gesamtergebnisses eintreten kann, so bleibt doch auch hier der Eindruck einer charakteristischen Erscheinung bei den Wahlen. Sie wird bezeichnet durch eine ausgesprochne Niederlage der Konservativen, eine immerhin merkbare Erschütterung der bisherigen starken Stellung des Zentrums — wenn auch vielleicht die Stichwahlen die Wirkung des Stoßes wieder aus¬ gleichen — und durch ein starkes Anwachsen des Radikalismus. Es wurde schon erwähnt, daß die Wahlen in Sachsen und in Baden gemeinsam einen Zug nach links aufweisen. Dazu kommt als dritte Probe auf das Exempel der Ausfall der Ersatzwahl zum Reichstag in Koburg. Wirklich ist in der Stich¬ wahl eingetreten, was nach der Hauptwahl befürchtet werden mußte, nämlich der Sieg des sozialdemokrattschen Kandidaten. Obwohl die Zahl der Stimmen, die sür den Nationalliberalen bei der Stichwahl abgegeben wurden, die Gesamtsumme der bei der Hauptwahl für die bürgerlichen Parteien abgegebnen Stimmen über¬ stieg, war es den Sozialdemokraten trotzdem gelungen, ihrem Kandidaten noch mehr Stimmen zuzuführen. Also auch hier der Zug nach links! Daß die Leute von der äußersten Linken darüber triumphieren, kann wohl nirgends Verwunderung erregen. Parteien versuchen immer, die bet den Wahlen hervortretenden Erscheinungen zu ihren Gunsten zu deuten, und erfolgreiche Parteien brauchen sich dabei natürlich nicht den Kopf zu zerbrechen, wie sie das machen; die Tatsachen nehmen ihnen die Mühe ab. Für die zurückgedrängten oder geschlagner Parteien ist es aber unter Umständen doch eine Lebensfrage, wie sie die Niederlage auffassen — ob sie sich als schuldlose Opfer der Schlechtigkeit ihrer Gegner fühlen und in kunstvoller Umdeutung der gemachten Erfahrungen das Recht und die Weisheit ihres Handelns trotz allem Ungemach behaupten, so wie die Sonne auch hinter verdunkelnden Wolken immer die leuchtende und wärmende Sonne bleibt — oder ob sie aus der Niederlage eine Lehre und eine Mahnung ziehen. Im politischen Parteileben ist es fast als geschichtliche Regel anzusehen, daß der erste, nicht der zweite Weg eingeschlagen wird. Es ist hier eben anders als bei großen Katastrophen, wie Krieg und Revolution, deren wuchtig wirkende Erfahrungen für die Unter¬ liegenden ganz von selbst den Charakter einer gewaltigen Bußpredigt annehmen. So stark wirken Parteiniederlagen, Wahlniederlagen nicht. In diese Erfahrungen mischt sich zuviel Zufälliges. Äußerliches. Persönliches, Menschliches. Der Partei¬ führer, die Parteizeituug fühlen sich der öffentlichen Meinung gegenüber immer etwas in der Rolle des Tierbändigers: alles hängt davon ab, daß man im kritischen Augenblick die Festigkeit des Blicks und der Haltung nicht verliert! Nur nicht merken lassen, daß man sich in Wahrheit als den schwächern Teil fühlt! Man darf daher auch den neusten Wahlbesprechungen nicht anders als mit der Erwartung gegenübertreten, daß man in den Erörterungen der unterlegnen Parteien nur zweierlei finden wird, nämlich einmal den Nachweis der gegnerischen Verruchtheit, die allein die Schuld an allem Unheil trägt, und sodann die Behauptung, daß die Niederlage gerade im entgegengesetzten Sinne gedeutet werden müsse, als dies alle Welt tue. Und dieses Verfahren ist — das liegt in der Eigentümlichkeit des Partei¬ begriffs — gar nicht einmal so ungeheuerlich, wie es auf den ersten Blick scheint. Wenn zum Beispiel die Konservativen sagen, daß die „Hetze" gegen die neuen Steuern, wie sie von den Liberalen betrieben worden sei, zwar den gewünschten Erfolg gegenüber den Konservativen gehabt habe, aber nur den Sozialdemokraten zugute

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/253>, abgerufen am 24.07.2024.