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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Historische Erinnerungsliteratur

bruns Preußens, Preußens innere Umgestaltung, der spanische und öster¬
reichische Befreiungskampf) zusammengebracht. Er erläutert sie durch zahlreiche
Karten, Pläne, farbige und schwarze Illustrationen und Porträts, die zugleich
einen sehr interessanten Überblick über die Kunst und Technik dieser Zeit ge¬
währen, ohne daß zum Beispiel die Schlachtenbilder irgendwelche besondre
Zuverlässigkeit beanspruchen könnten, da sie unzweifelhaft meist Phantasiebilder
sind. Über die Auswahl der einzelnen Stücke ist ein Urteil kaum möglich;
der eine wird diesen, der andre einen andern Wunsch nicht erfüllt sehen.
Jedenfalls ist so ein reiches, lebensvolles Bild der Zeit und ihrer Menschen
entstanden, deren Empfindungs- und Denkweise uns schon recht fern liegt.

Als eine Erinnerungsschrift aber an das ruhmvolle Jahr 1757 bezeichnet
ausdrücklich sein Buch auch Theodor Nehtwisch, Leuthen. Blätter der
Erinnerung an den großen König und das Jahr 1757, mit sechzig Abbildungen
und einem Schlachtplan (Leipzig, Georg Wigand, 1907, VI und 365 Seiten).
Der Verfasser schildert einleitend den Feldzug von 1757, mit allen Einzel¬
heiten aber die Schlacht bei Leuthen, den strahlendsten Sieg des großen
Königs, lebendig und höchst anschaulich. Diese Wirkung seiner Darstellung beruht
vor allem darauf, daß er die Führer als Menschen und Charaktere, nicht als
Figuren eines kriegerischen Schachspiels auffaßt und darstellt, und in der
Sorgfalt, mit der er das wenig veränderte Gelände zeichnet. Unterstützt wird
dies durch eine Reihe guter Porträts (28) und historischer Darstellungen, vor
allem durch Ortsausnahmen und Terrainstudien vom Schlachtfelde, die in der¬
selben Schneebedeckung hergestellt sind, die sie am 5. Dezember 1757 trugen;
ein glücklicher Gedanke, der die Anschaulichkeit außerordentlich erhöht und uns,
so nahe er eigentlich liegt, unsrer Erinnerung nach doch noch in keinem andern
Werke ähnlicher Art begegnet ist.

So ergänzt das Buch nach einer bestimmten Seite hin das Werk des
Großen Generalstabs: Der siebenjährige Krieg, das seit 1901 bei
E. S. Mittler in Berlin erscheint und jetzt bis zum Ende des Jahres 1757
mit dem sechsten Bande gelangt ist. Schon dieser große Umfang zeigt, daß
es sich hier um ein Werk für Fachmänner, Militärs und Historiker handelt.
Dafür beruht es durchaus auf aktenmäßiger und urkundlicher Grundlage und
stellt die Kriegshandlungen bis ins einzelnste hinein in technisch-militärischer
Weise dar. Unterstützt wird das durch ein reichliches Material von trefflichen
Karten und Plänen. Die politischen Verhältnisse werden nur so weit behandelt,
" als sie die militärischen Vorgänge erklären.




Historische Erinnerungsliteratur

bruns Preußens, Preußens innere Umgestaltung, der spanische und öster¬
reichische Befreiungskampf) zusammengebracht. Er erläutert sie durch zahlreiche
Karten, Pläne, farbige und schwarze Illustrationen und Porträts, die zugleich
einen sehr interessanten Überblick über die Kunst und Technik dieser Zeit ge¬
währen, ohne daß zum Beispiel die Schlachtenbilder irgendwelche besondre
Zuverlässigkeit beanspruchen könnten, da sie unzweifelhaft meist Phantasiebilder
sind. Über die Auswahl der einzelnen Stücke ist ein Urteil kaum möglich;
der eine wird diesen, der andre einen andern Wunsch nicht erfüllt sehen.
Jedenfalls ist so ein reiches, lebensvolles Bild der Zeit und ihrer Menschen
entstanden, deren Empfindungs- und Denkweise uns schon recht fern liegt.

Als eine Erinnerungsschrift aber an das ruhmvolle Jahr 1757 bezeichnet
ausdrücklich sein Buch auch Theodor Nehtwisch, Leuthen. Blätter der
Erinnerung an den großen König und das Jahr 1757, mit sechzig Abbildungen
und einem Schlachtplan (Leipzig, Georg Wigand, 1907, VI und 365 Seiten).
Der Verfasser schildert einleitend den Feldzug von 1757, mit allen Einzel¬
heiten aber die Schlacht bei Leuthen, den strahlendsten Sieg des großen
Königs, lebendig und höchst anschaulich. Diese Wirkung seiner Darstellung beruht
vor allem darauf, daß er die Führer als Menschen und Charaktere, nicht als
Figuren eines kriegerischen Schachspiels auffaßt und darstellt, und in der
Sorgfalt, mit der er das wenig veränderte Gelände zeichnet. Unterstützt wird
dies durch eine Reihe guter Porträts (28) und historischer Darstellungen, vor
allem durch Ortsausnahmen und Terrainstudien vom Schlachtfelde, die in der¬
selben Schneebedeckung hergestellt sind, die sie am 5. Dezember 1757 trugen;
ein glücklicher Gedanke, der die Anschaulichkeit außerordentlich erhöht und uns,
so nahe er eigentlich liegt, unsrer Erinnerung nach doch noch in keinem andern
Werke ähnlicher Art begegnet ist.

So ergänzt das Buch nach einer bestimmten Seite hin das Werk des
Großen Generalstabs: Der siebenjährige Krieg, das seit 1901 bei
E. S. Mittler in Berlin erscheint und jetzt bis zum Ende des Jahres 1757
mit dem sechsten Bande gelangt ist. Schon dieser große Umfang zeigt, daß
es sich hier um ein Werk für Fachmänner, Militärs und Historiker handelt.
Dafür beruht es durchaus auf aktenmäßiger und urkundlicher Grundlage und
stellt die Kriegshandlungen bis ins einzelnste hinein in technisch-militärischer
Weise dar. Unterstützt wird das durch ein reichliches Material von trefflichen
Karten und Plänen. Die politischen Verhältnisse werden nur so weit behandelt,
« als sie die militärischen Vorgänge erklären.




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[0022] Historische Erinnerungsliteratur bruns Preußens, Preußens innere Umgestaltung, der spanische und öster¬ reichische Befreiungskampf) zusammengebracht. Er erläutert sie durch zahlreiche Karten, Pläne, farbige und schwarze Illustrationen und Porträts, die zugleich einen sehr interessanten Überblick über die Kunst und Technik dieser Zeit ge¬ währen, ohne daß zum Beispiel die Schlachtenbilder irgendwelche besondre Zuverlässigkeit beanspruchen könnten, da sie unzweifelhaft meist Phantasiebilder sind. Über die Auswahl der einzelnen Stücke ist ein Urteil kaum möglich; der eine wird diesen, der andre einen andern Wunsch nicht erfüllt sehen. Jedenfalls ist so ein reiches, lebensvolles Bild der Zeit und ihrer Menschen entstanden, deren Empfindungs- und Denkweise uns schon recht fern liegt. Als eine Erinnerungsschrift aber an das ruhmvolle Jahr 1757 bezeichnet ausdrücklich sein Buch auch Theodor Nehtwisch, Leuthen. Blätter der Erinnerung an den großen König und das Jahr 1757, mit sechzig Abbildungen und einem Schlachtplan (Leipzig, Georg Wigand, 1907, VI und 365 Seiten). Der Verfasser schildert einleitend den Feldzug von 1757, mit allen Einzel¬ heiten aber die Schlacht bei Leuthen, den strahlendsten Sieg des großen Königs, lebendig und höchst anschaulich. Diese Wirkung seiner Darstellung beruht vor allem darauf, daß er die Führer als Menschen und Charaktere, nicht als Figuren eines kriegerischen Schachspiels auffaßt und darstellt, und in der Sorgfalt, mit der er das wenig veränderte Gelände zeichnet. Unterstützt wird dies durch eine Reihe guter Porträts (28) und historischer Darstellungen, vor allem durch Ortsausnahmen und Terrainstudien vom Schlachtfelde, die in der¬ selben Schneebedeckung hergestellt sind, die sie am 5. Dezember 1757 trugen; ein glücklicher Gedanke, der die Anschaulichkeit außerordentlich erhöht und uns, so nahe er eigentlich liegt, unsrer Erinnerung nach doch noch in keinem andern Werke ähnlicher Art begegnet ist. So ergänzt das Buch nach einer bestimmten Seite hin das Werk des Großen Generalstabs: Der siebenjährige Krieg, das seit 1901 bei E. S. Mittler in Berlin erscheint und jetzt bis zum Ende des Jahres 1757 mit dem sechsten Bande gelangt ist. Schon dieser große Umfang zeigt, daß es sich hier um ein Werk für Fachmänner, Militärs und Historiker handelt. Dafür beruht es durchaus auf aktenmäßiger und urkundlicher Grundlage und stellt die Kriegshandlungen bis ins einzelnste hinein in technisch-militärischer Weise dar. Unterstützt wird das durch ein reichliches Material von trefflichen Karten und Plänen. Die politischen Verhältnisse werden nur so weit behandelt, « als sie die militärischen Vorgänge erklären.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/22>, abgerufen am 04.07.2024.