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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Der rote Halpi

als seine philosophischen Lorbeeren; rauh und barsch ist der Ton, was zu den
erhaltnen Fragmenten des düstern Philosophen trefflich paßt. '

Aber auch leiser Scherz findet sich mitten im Ernste des Todes. Auf
dem Grabmal des Dichters Antipatros befindet sich ein Hahn mit Zepter
und Palme sowie ein schrägstehender Würfel. Nun läßt der Dichter den
Beschauer raten, wer wohl da unten liegen mag. Vielleicht ists ein Feldherr,
wie das Zepter andeutet, aber da paßt der Würfel nicht. Vielleicht ruht
da ein armer Mann, weil der Stein so schlicht ausgefallen ist: dem wider¬
spricht das Zepter. Ebenso stimmt der verhängnisvolle Würfel nicht zu einem
Sieger im Wettlauf. Endlich folgt des Rätsels Lösung: die Palme deutet
auf Phönikien, auf Tyros, der Vogel auf einen klangvollen Dichter, der sich
namentlich in Liebesgesängen ausgezeichnet hat, das Zepter verrät die Rede¬
gabe des Toten, der schräge Würfel aber will sagen, daß er nach gutem
Trunke gefallen und so' gestorben ist.

So sind wir am Ende unsrer Wanderung durch den Blumengarten
griechischer Spätrosen angelangt. Es sind nicht die urwüchsigen Bäume und
die Naturkinder der Homerischen Poesie, nicht die altehrwürdigen Wälder des
Dramas, sondern ein wohlgepflegter, gestützter Park mit elegantem Mode¬
publikum, das frisiert und geputzt in den Anlagen umherpromeniert. Hie
und da findet sich eine versteckte, künstliche Nymphengrotte, oder ein elegantes
Grabmal leuchtet hinter Zypressen. Aber auch hier noch in dem Garten strömt
der Duft der hellenischen Blumen, und niemand wird es gereuen, in diese
bunte Vlumenwelt. die doch der unsrigen so gleicht, einmal einen Blick getan
ZU haben Arthur Preuß .




Der rote Hahn
palle Rosenkrantz. von Deutsch von Ida Anders
(Fortsetzung)
Siebzehntes Aapitel. Noch einmal Myggefjed

le ei
n schottisch gewürfelter Schal liegt das Land da, aber zur Sommer¬
zeit sind die Farben licht und leicht, die Wege sind weiß, die Gräben
sind grau und die Weidenhecken mit den Feldern hellgrün mit braun¬
roten Flecken, die starren Kronen wogen in der Sommerbrise. Wie
ein Heller, schottisch gewürfelter Schal liegt das Land da. Die Quadrate
wogen und ziehen sich schief im Winde, während die Kornähren wehen
wie Fransen; und in den kleinen Gärten zwischen den weißen Gebäuden leuchten
große Bauernrosen und Tulpen.

Nun ist es ja Sommer. Die Luft ist hoch und klar, in den Wiesen ist es
trocken, und i"le Brise von der Ostsee ist warm und mild. Es wogt in den Weiden-
Wipfeln, und der Staub erhebt sich leicht und weiß hinter den Wagenrädern, während


Grenzboten IV 1909 24
Der rote Halpi

als seine philosophischen Lorbeeren; rauh und barsch ist der Ton, was zu den
erhaltnen Fragmenten des düstern Philosophen trefflich paßt. '

Aber auch leiser Scherz findet sich mitten im Ernste des Todes. Auf
dem Grabmal des Dichters Antipatros befindet sich ein Hahn mit Zepter
und Palme sowie ein schrägstehender Würfel. Nun läßt der Dichter den
Beschauer raten, wer wohl da unten liegen mag. Vielleicht ists ein Feldherr,
wie das Zepter andeutet, aber da paßt der Würfel nicht. Vielleicht ruht
da ein armer Mann, weil der Stein so schlicht ausgefallen ist: dem wider¬
spricht das Zepter. Ebenso stimmt der verhängnisvolle Würfel nicht zu einem
Sieger im Wettlauf. Endlich folgt des Rätsels Lösung: die Palme deutet
auf Phönikien, auf Tyros, der Vogel auf einen klangvollen Dichter, der sich
namentlich in Liebesgesängen ausgezeichnet hat, das Zepter verrät die Rede¬
gabe des Toten, der schräge Würfel aber will sagen, daß er nach gutem
Trunke gefallen und so' gestorben ist.

So sind wir am Ende unsrer Wanderung durch den Blumengarten
griechischer Spätrosen angelangt. Es sind nicht die urwüchsigen Bäume und
die Naturkinder der Homerischen Poesie, nicht die altehrwürdigen Wälder des
Dramas, sondern ein wohlgepflegter, gestützter Park mit elegantem Mode¬
publikum, das frisiert und geputzt in den Anlagen umherpromeniert. Hie
und da findet sich eine versteckte, künstliche Nymphengrotte, oder ein elegantes
Grabmal leuchtet hinter Zypressen. Aber auch hier noch in dem Garten strömt
der Duft der hellenischen Blumen, und niemand wird es gereuen, in diese
bunte Vlumenwelt. die doch der unsrigen so gleicht, einmal einen Blick getan
ZU haben Arthur Preuß .




Der rote Hahn
palle Rosenkrantz. von Deutsch von Ida Anders
(Fortsetzung)
Siebzehntes Aapitel. Noch einmal Myggefjed

le ei
n schottisch gewürfelter Schal liegt das Land da, aber zur Sommer¬
zeit sind die Farben licht und leicht, die Wege sind weiß, die Gräben
sind grau und die Weidenhecken mit den Feldern hellgrün mit braun¬
roten Flecken, die starren Kronen wogen in der Sommerbrise. Wie
ein Heller, schottisch gewürfelter Schal liegt das Land da. Die Quadrate
wogen und ziehen sich schief im Winde, während die Kornähren wehen
wie Fransen; und in den kleinen Gärten zwischen den weißen Gebäuden leuchten
große Bauernrosen und Tulpen.

Nun ist es ja Sommer. Die Luft ist hoch und klar, in den Wiesen ist es
trocken, und i»le Brise von der Ostsee ist warm und mild. Es wogt in den Weiden-
Wipfeln, und der Staub erhebt sich leicht und weiß hinter den Wagenrädern, während


Grenzboten IV 1909 24
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[0193] Der rote Halpi als seine philosophischen Lorbeeren; rauh und barsch ist der Ton, was zu den erhaltnen Fragmenten des düstern Philosophen trefflich paßt. ' Aber auch leiser Scherz findet sich mitten im Ernste des Todes. Auf dem Grabmal des Dichters Antipatros befindet sich ein Hahn mit Zepter und Palme sowie ein schrägstehender Würfel. Nun läßt der Dichter den Beschauer raten, wer wohl da unten liegen mag. Vielleicht ists ein Feldherr, wie das Zepter andeutet, aber da paßt der Würfel nicht. Vielleicht ruht da ein armer Mann, weil der Stein so schlicht ausgefallen ist: dem wider¬ spricht das Zepter. Ebenso stimmt der verhängnisvolle Würfel nicht zu einem Sieger im Wettlauf. Endlich folgt des Rätsels Lösung: die Palme deutet auf Phönikien, auf Tyros, der Vogel auf einen klangvollen Dichter, der sich namentlich in Liebesgesängen ausgezeichnet hat, das Zepter verrät die Rede¬ gabe des Toten, der schräge Würfel aber will sagen, daß er nach gutem Trunke gefallen und so' gestorben ist. So sind wir am Ende unsrer Wanderung durch den Blumengarten griechischer Spätrosen angelangt. Es sind nicht die urwüchsigen Bäume und die Naturkinder der Homerischen Poesie, nicht die altehrwürdigen Wälder des Dramas, sondern ein wohlgepflegter, gestützter Park mit elegantem Mode¬ publikum, das frisiert und geputzt in den Anlagen umherpromeniert. Hie und da findet sich eine versteckte, künstliche Nymphengrotte, oder ein elegantes Grabmal leuchtet hinter Zypressen. Aber auch hier noch in dem Garten strömt der Duft der hellenischen Blumen, und niemand wird es gereuen, in diese bunte Vlumenwelt. die doch der unsrigen so gleicht, einmal einen Blick getan ZU haben Arthur Preuß . Der rote Hahn palle Rosenkrantz. von Deutsch von Ida Anders (Fortsetzung) Siebzehntes Aapitel. Noch einmal Myggefjed le ei n schottisch gewürfelter Schal liegt das Land da, aber zur Sommer¬ zeit sind die Farben licht und leicht, die Wege sind weiß, die Gräben sind grau und die Weidenhecken mit den Feldern hellgrün mit braun¬ roten Flecken, die starren Kronen wogen in der Sommerbrise. Wie ein Heller, schottisch gewürfelter Schal liegt das Land da. Die Quadrate wogen und ziehen sich schief im Winde, während die Kornähren wehen wie Fransen; und in den kleinen Gärten zwischen den weißen Gebäuden leuchten große Bauernrosen und Tulpen. Nun ist es ja Sommer. Die Luft ist hoch und klar, in den Wiesen ist es trocken, und i»le Brise von der Ostsee ist warm und mild. Es wogt in den Weiden- Wipfeln, und der Staub erhebt sich leicht und weiß hinter den Wagenrädern, während Grenzboten IV 1909 24

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/193>, abgerufen am 24.07.2024.