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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die Amerikaner auf Hawai

Ländern, insbesondre China, ein wachsender Handelsverkehr, der natürlich fast
regelmäßig über Hawai ging und dessen Wert als Anlegestelle wie auch als
Stützpunkt für militärische Zwecke deutlich in die Augen springen ließ. Aller¬
dings erlitt diese Entwicklung während des amerikanischen Bürgerkrieges
1861 bis 1365 und in den drei Jahrzehnten danach einen empfindlichen Rück¬
schlag. Die in den Nordstaaten der Union beheimateten Schiffe fürchteten
während des Krieges die Kaperschiffe der Konföderierten. Auch der Übergang
von hölzernen zu stählernen Schiffen, den die Schiffahrt damals vollzog, konnte
von Amerika, dessen Eisen- und Stahlindustrie noch fast gar nicht entwickelt
war, nur unvollkommen mitgemacht werden, sodaß die Tonnenzahl fremder
Völker schneller wuchs als die amerikanische. Und endlich hörte auch der
Walfischfang in den Gewässern um Hawai so gut wie völlig auf, weil man
die Walfische in derselben unvernünftigen Weise vernichtet hatte wie die Pelz¬
tiere des nordamerikanischens Westens, und weil zu Beleuchtungszwecken das
Petroleum dem bis dahin benutzten Walfischöl den Rang ablief.

Immerhin bedeutete der Zollvertrag des Jahres 1876 einen wesentlichen
Fortschritt für den Handel Hawais mit den Vereinigten Staaten, denn nun
wurde durch den freien Zutritt zu den amerikanischen Märkten der Zuckerbau
für die Pflanzer auf Hawai sehr einträglich. Große Landflächen wurden nun
zu Zuckerplantagen benutzt, unternehmende Amerikaner siedelten sich zu diesem
Zwecke in Hawai an, und die Ausfuhr von Zucker über San Francisco nahm
lebhaften Aufschwung.

Unter den Amerikanern von Hawai waren gar manche, die eine baldige
Annexion der Inselgruppe durch die Vereinigten Staaten befürworteten. Man
konnte der Negierung der Inseln jedoch eigentlich keinen Vorwurf machen, der
dies gerechtfertigt Hütte. Sie war für gute Ratschläge stets empfänglich, zeigte
sich den Amerikanern gegenüber freundlich und zuvorkommend und wurde in
der Regel auch mit den kleinen Unruhen, die dann und wann ausbrachen,
ganz gut fertig. Es bestand jedoch nun einmal bei den Amerikanern die Ab¬
sicht, auf den Inseln das Sternenbanner zu bisher, und so konnte der einge-
bornen Regierung all ihr Wohlverhalten nichts nützen. Die Amerikaner pflegen
in solchen Fällen bekanntlich eine kleine Revolution zu arrangieren, worin sie
einige Übung haben. Man braucht nicht einmal an das Nevolutiönchen zu denken,
durch das sie die Republik Panama von Columbia abtrennen ließen. Viel¬
mehr finden wir schon ziemlich früh in ihrer Geschichte denselben Brauch, sich
ein fremdes Land Untertan zu machen. Es sei nur an die Geschichte der
Eroberung von Texas erinnert, das von Mexiko durch einen von Nordamerikanern
veranlaßten Aufstand losgerissen, dann kurze Zeit als Republik verwaltet wurde,
um sich so bald als möglich den Vereinigten Staaten angliedern zu lassen.
In Hawai ging man nun ähnlich vor. Man zwang im Januar 1893 die
Königin Liliuokalcmi abzudanken und setzte eine provisorische Negierung ein,
der im Juli 1894 die Proklamierung einer Republik folgte. Schon in der


Die Amerikaner auf Hawai

Ländern, insbesondre China, ein wachsender Handelsverkehr, der natürlich fast
regelmäßig über Hawai ging und dessen Wert als Anlegestelle wie auch als
Stützpunkt für militärische Zwecke deutlich in die Augen springen ließ. Aller¬
dings erlitt diese Entwicklung während des amerikanischen Bürgerkrieges
1861 bis 1365 und in den drei Jahrzehnten danach einen empfindlichen Rück¬
schlag. Die in den Nordstaaten der Union beheimateten Schiffe fürchteten
während des Krieges die Kaperschiffe der Konföderierten. Auch der Übergang
von hölzernen zu stählernen Schiffen, den die Schiffahrt damals vollzog, konnte
von Amerika, dessen Eisen- und Stahlindustrie noch fast gar nicht entwickelt
war, nur unvollkommen mitgemacht werden, sodaß die Tonnenzahl fremder
Völker schneller wuchs als die amerikanische. Und endlich hörte auch der
Walfischfang in den Gewässern um Hawai so gut wie völlig auf, weil man
die Walfische in derselben unvernünftigen Weise vernichtet hatte wie die Pelz¬
tiere des nordamerikanischens Westens, und weil zu Beleuchtungszwecken das
Petroleum dem bis dahin benutzten Walfischöl den Rang ablief.

Immerhin bedeutete der Zollvertrag des Jahres 1876 einen wesentlichen
Fortschritt für den Handel Hawais mit den Vereinigten Staaten, denn nun
wurde durch den freien Zutritt zu den amerikanischen Märkten der Zuckerbau
für die Pflanzer auf Hawai sehr einträglich. Große Landflächen wurden nun
zu Zuckerplantagen benutzt, unternehmende Amerikaner siedelten sich zu diesem
Zwecke in Hawai an, und die Ausfuhr von Zucker über San Francisco nahm
lebhaften Aufschwung.

Unter den Amerikanern von Hawai waren gar manche, die eine baldige
Annexion der Inselgruppe durch die Vereinigten Staaten befürworteten. Man
konnte der Negierung der Inseln jedoch eigentlich keinen Vorwurf machen, der
dies gerechtfertigt Hütte. Sie war für gute Ratschläge stets empfänglich, zeigte
sich den Amerikanern gegenüber freundlich und zuvorkommend und wurde in
der Regel auch mit den kleinen Unruhen, die dann und wann ausbrachen,
ganz gut fertig. Es bestand jedoch nun einmal bei den Amerikanern die Ab¬
sicht, auf den Inseln das Sternenbanner zu bisher, und so konnte der einge-
bornen Regierung all ihr Wohlverhalten nichts nützen. Die Amerikaner pflegen
in solchen Fällen bekanntlich eine kleine Revolution zu arrangieren, worin sie
einige Übung haben. Man braucht nicht einmal an das Nevolutiönchen zu denken,
durch das sie die Republik Panama von Columbia abtrennen ließen. Viel¬
mehr finden wir schon ziemlich früh in ihrer Geschichte denselben Brauch, sich
ein fremdes Land Untertan zu machen. Es sei nur an die Geschichte der
Eroberung von Texas erinnert, das von Mexiko durch einen von Nordamerikanern
veranlaßten Aufstand losgerissen, dann kurze Zeit als Republik verwaltet wurde,
um sich so bald als möglich den Vereinigten Staaten angliedern zu lassen.
In Hawai ging man nun ähnlich vor. Man zwang im Januar 1893 die
Königin Liliuokalcmi abzudanken und setzte eine provisorische Negierung ein,
der im Juli 1894 die Proklamierung einer Republik folgte. Schon in der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/552>, abgerufen am 22.12.2024.