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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die Amerikaner auf Hawai

Amerikaner, ja der Weißen Bevölkerung insgesamt sehr bedeutend. Im Jahre
1900 zum Beispiel betrug die über achtzehn Jahre alte männliche Bevölkerung
85136, unter denen 43 753 Japaner, außerdem noch 19661 Chinesen waren.
Die Gesamtbevölkerung machte 154001 Köpfe aus, unter denen nur 66890
Weiße waren. Doch hat man, um dieses Ergebnis zu erlangen, die einge-
bornen Hawaianer und die Mischlinge aus hawaiischem und weißem Blut
(insgesamt 37656 Köpfe) mitgezählt. Zur kaukasischen Nasse gehörten tat¬
sächlich nur 28819 Köpfe, denen 87111 Japaner und 25767 Chinesen
gegenüberstanden.

Hawai ist eben durch die Eigenart seiner Entwicklung ganz und gar zum
Plantagenlande geworden und wird es voraussichtlich auch noch mindestens
für Jahrzehnte bleiben. Wie in den Südstaaten der Union während der
ganzen Zeit der Sklaverei die Baumwolle "König" war, so ist auf Hawai
seit Jahrzehnten der Zucker "König". Unter der Ausfuhr des Jahres 1905/06
zum Beispiel, die insgesamt 26850463 Dollars umfaßte, war allein für
23840803 Dollars Zucker. Nicht immer ist dies seit der Entdeckung der
Inselgruppe durch Weiße so gewesen. Zuerst waren es ganz andre Erwerbs¬
zweige, die hier im Vordergrunde standen. Aber die unsinnige Verschwendung,
die das nordamerikanische Wirtschaftsleben auch sonst kennzeichnet, hat jene
ursprünglichen Produktionszweige so gut wie völlig erschöpft.

Nachdem Cook 1778 die Inselgruppe entdeckt und ihr, zu Ehren des da¬
maligen Ersten Lords der englischen Admiralität, den Namen "Sandwichinseln"
gegeben hatte, dauerte es nicht lange, bis sich die ersten Weißen dort nieder¬
ließen. Zu allererst war die Inselgruppe allerdings schon 1542 von den
Spaniern entdeckt worden. Damals aber hatte die Entdeckung keine weitern
Folgen nach sich gezogen, ja sie war ganz in Vergessenheit geraten. Nun
aber blieben die Augen der Welt darauf gerichtet, zumal da Cook bei seinem
zweiten Besuche dort im Jahre 1779 von den Eingebornen ermordet worden
war. Die ersten Weißen, die dauernde Beziehungen zu Hawai anknüpften,
waren amerikanische Pelzhändler, die 1786 ans dem Wege nach China dort
anlegten. Für die Segelschiffe jener Zeit war es eine weite und gefährliche Reise.
Wer sich aber überhaupt damals von Nordamerika nach China wagte, dem
boten die Inseln einen Ruhepunkt mitten in der unendlichen Wasserwüste des
Stillen Ozeans. Als der Nachfolger Cooks, Vancouver, 1792 Hawai besuchte,
fand er dort schon Amerikaner vor.

Außer den Pelzhändlern waren es bald auch Holzhändler. Diese ließen
sich dauernd in Hawai nieder, weil sie hier Unmengen von Sandelholz vor¬
fanden, das in China sehr gesucht war, und das sie deshalb in großen Mengen
nach dort ausführten. So waren die Amerikaner bald die einflußreichsten
Ausländer auf der Inselgruppe. Sie betrachteten Hawai als ihr ganz be¬
sondres Revier. Indessen ging der Tierreichtum, der den Pelzhündlern ein
einträgliches Geschäft ermöglichte, selbst im Westen Nordamerikas infolge des


Die Amerikaner auf Hawai

Amerikaner, ja der Weißen Bevölkerung insgesamt sehr bedeutend. Im Jahre
1900 zum Beispiel betrug die über achtzehn Jahre alte männliche Bevölkerung
85136, unter denen 43 753 Japaner, außerdem noch 19661 Chinesen waren.
Die Gesamtbevölkerung machte 154001 Köpfe aus, unter denen nur 66890
Weiße waren. Doch hat man, um dieses Ergebnis zu erlangen, die einge-
bornen Hawaianer und die Mischlinge aus hawaiischem und weißem Blut
(insgesamt 37656 Köpfe) mitgezählt. Zur kaukasischen Nasse gehörten tat¬
sächlich nur 28819 Köpfe, denen 87111 Japaner und 25767 Chinesen
gegenüberstanden.

Hawai ist eben durch die Eigenart seiner Entwicklung ganz und gar zum
Plantagenlande geworden und wird es voraussichtlich auch noch mindestens
für Jahrzehnte bleiben. Wie in den Südstaaten der Union während der
ganzen Zeit der Sklaverei die Baumwolle „König" war, so ist auf Hawai
seit Jahrzehnten der Zucker „König". Unter der Ausfuhr des Jahres 1905/06
zum Beispiel, die insgesamt 26850463 Dollars umfaßte, war allein für
23840803 Dollars Zucker. Nicht immer ist dies seit der Entdeckung der
Inselgruppe durch Weiße so gewesen. Zuerst waren es ganz andre Erwerbs¬
zweige, die hier im Vordergrunde standen. Aber die unsinnige Verschwendung,
die das nordamerikanische Wirtschaftsleben auch sonst kennzeichnet, hat jene
ursprünglichen Produktionszweige so gut wie völlig erschöpft.

Nachdem Cook 1778 die Inselgruppe entdeckt und ihr, zu Ehren des da¬
maligen Ersten Lords der englischen Admiralität, den Namen „Sandwichinseln"
gegeben hatte, dauerte es nicht lange, bis sich die ersten Weißen dort nieder¬
ließen. Zu allererst war die Inselgruppe allerdings schon 1542 von den
Spaniern entdeckt worden. Damals aber hatte die Entdeckung keine weitern
Folgen nach sich gezogen, ja sie war ganz in Vergessenheit geraten. Nun
aber blieben die Augen der Welt darauf gerichtet, zumal da Cook bei seinem
zweiten Besuche dort im Jahre 1779 von den Eingebornen ermordet worden
war. Die ersten Weißen, die dauernde Beziehungen zu Hawai anknüpften,
waren amerikanische Pelzhändler, die 1786 ans dem Wege nach China dort
anlegten. Für die Segelschiffe jener Zeit war es eine weite und gefährliche Reise.
Wer sich aber überhaupt damals von Nordamerika nach China wagte, dem
boten die Inseln einen Ruhepunkt mitten in der unendlichen Wasserwüste des
Stillen Ozeans. Als der Nachfolger Cooks, Vancouver, 1792 Hawai besuchte,
fand er dort schon Amerikaner vor.

Außer den Pelzhändlern waren es bald auch Holzhändler. Diese ließen
sich dauernd in Hawai nieder, weil sie hier Unmengen von Sandelholz vor¬
fanden, das in China sehr gesucht war, und das sie deshalb in großen Mengen
nach dort ausführten. So waren die Amerikaner bald die einflußreichsten
Ausländer auf der Inselgruppe. Sie betrachteten Hawai als ihr ganz be¬
sondres Revier. Indessen ging der Tierreichtum, der den Pelzhündlern ein
einträgliches Geschäft ermöglichte, selbst im Westen Nordamerikas infolge des


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[0550] Die Amerikaner auf Hawai Amerikaner, ja der Weißen Bevölkerung insgesamt sehr bedeutend. Im Jahre 1900 zum Beispiel betrug die über achtzehn Jahre alte männliche Bevölkerung 85136, unter denen 43 753 Japaner, außerdem noch 19661 Chinesen waren. Die Gesamtbevölkerung machte 154001 Köpfe aus, unter denen nur 66890 Weiße waren. Doch hat man, um dieses Ergebnis zu erlangen, die einge- bornen Hawaianer und die Mischlinge aus hawaiischem und weißem Blut (insgesamt 37656 Köpfe) mitgezählt. Zur kaukasischen Nasse gehörten tat¬ sächlich nur 28819 Köpfe, denen 87111 Japaner und 25767 Chinesen gegenüberstanden. Hawai ist eben durch die Eigenart seiner Entwicklung ganz und gar zum Plantagenlande geworden und wird es voraussichtlich auch noch mindestens für Jahrzehnte bleiben. Wie in den Südstaaten der Union während der ganzen Zeit der Sklaverei die Baumwolle „König" war, so ist auf Hawai seit Jahrzehnten der Zucker „König". Unter der Ausfuhr des Jahres 1905/06 zum Beispiel, die insgesamt 26850463 Dollars umfaßte, war allein für 23840803 Dollars Zucker. Nicht immer ist dies seit der Entdeckung der Inselgruppe durch Weiße so gewesen. Zuerst waren es ganz andre Erwerbs¬ zweige, die hier im Vordergrunde standen. Aber die unsinnige Verschwendung, die das nordamerikanische Wirtschaftsleben auch sonst kennzeichnet, hat jene ursprünglichen Produktionszweige so gut wie völlig erschöpft. Nachdem Cook 1778 die Inselgruppe entdeckt und ihr, zu Ehren des da¬ maligen Ersten Lords der englischen Admiralität, den Namen „Sandwichinseln" gegeben hatte, dauerte es nicht lange, bis sich die ersten Weißen dort nieder¬ ließen. Zu allererst war die Inselgruppe allerdings schon 1542 von den Spaniern entdeckt worden. Damals aber hatte die Entdeckung keine weitern Folgen nach sich gezogen, ja sie war ganz in Vergessenheit geraten. Nun aber blieben die Augen der Welt darauf gerichtet, zumal da Cook bei seinem zweiten Besuche dort im Jahre 1779 von den Eingebornen ermordet worden war. Die ersten Weißen, die dauernde Beziehungen zu Hawai anknüpften, waren amerikanische Pelzhändler, die 1786 ans dem Wege nach China dort anlegten. Für die Segelschiffe jener Zeit war es eine weite und gefährliche Reise. Wer sich aber überhaupt damals von Nordamerika nach China wagte, dem boten die Inseln einen Ruhepunkt mitten in der unendlichen Wasserwüste des Stillen Ozeans. Als der Nachfolger Cooks, Vancouver, 1792 Hawai besuchte, fand er dort schon Amerikaner vor. Außer den Pelzhändlern waren es bald auch Holzhändler. Diese ließen sich dauernd in Hawai nieder, weil sie hier Unmengen von Sandelholz vor¬ fanden, das in China sehr gesucht war, und das sie deshalb in großen Mengen nach dort ausführten. So waren die Amerikaner bald die einflußreichsten Ausländer auf der Inselgruppe. Sie betrachteten Hawai als ihr ganz be¬ sondres Revier. Indessen ging der Tierreichtum, der den Pelzhündlern ein einträgliches Geschäft ermöglichte, selbst im Westen Nordamerikas infolge des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/550>, abgerufen am 03.07.2024.