Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Interessen Deutschlands in der Türkei

Im Jahre 1860 sing der Waisenvater I. L. Schneller seine segensreiche
Tätigkeit in Jerusalem an und gründete das Syrische Waisenhaus, worin viele
Araber eine tüchtige Ausbildung erhielten. Als weitere evangelische Anstalt
ist auch das im Jahre 1866 in Jerusalem gegründete Aussätzigenasyl der
evangelischen Brüdergemeinde zu Berthelsdorf zu erwähnen.

Das katholische Deutschland war in der Bethätigung einer Mission in
dem Heiligen Lande zurückgeblieben. Erst im Jahre 1885 gründete sich der
Palästinaverein der Katholiken Deutschlands, der sich 1895 mit dem Verein zum
Heiligen Grabe zu dem "Deutschen Verein zum Heiligen Land" ver¬
schmolz, mit dem Ziele, geeignete Einrichtungen zur Wahrnehmung der kirch¬
lichen und sozialen Interessen der deutschen Katholiken im Heiligen Lande zu
schaffen und den katholischen Glauben auszubreiten. Zur Erfüllung seiner Auf¬
gaben hat er das von den Lazaristen geleitete alte und neue Hospiz und eine
Mädchenschule mit Kapelle und kleinem Krankenhaus in Jerusalem gegründet,
ferner ein ländliches Anwesen (Sanatorium) in Kubeibe (dem biblischen Emmaus)
bei Jerusalem und ein Besitztum in Tabgha am See Genezareth für Wirtschafts¬
zwecke und in Halfa ein Krankenhaus erworben. Diesem Verein ist auch der vom
Sultan dem Deutschen Kaiser überlassene Platz Dormition zum Bau einer Kirche
und eines Klosters übergeben worden, das von Benediktinern von Beuron
geleitet wird. Ferner unterstützt der Verein das Kloster der Se. Josephs¬
schwestern in Nazareth, die Mission in Gaza und die deutschen Borromäcrinnen
in Halfa und Jerusalem, wo sie ein Greisenasyl gegründet haben.

Auch die deutschen Jsraeliten sind nicht zurückgeblieben, um in ihrem
alten Heimatland Wohltütigkeitsanstalten für die Ihrigen zu gründen. In
Jerusalem steht ein deutsches israelitisches Hospital Bikur Cholim seit 1860
und ein neues israelitisches Krankenhaus Schäre sedet, außerdem ein
Waisenhaus und ein Lehrerseminar. Besonders tätig ist der "Hilfs¬
verein der deutschen Juden" in Frankfurt a. M.

Um die deutschen in der Türkei liegenden geistlichen und weltlichen Wohl-
tätigkeits- und Unterrichtsanstalten sämtlich aufzuzählen, seien noch erwähnt
die Realschule und höhere Mädchenschule in Vera, die höhere deutsche Schule
in Jerusalem, die deutschen Schulen in Jedikule, Karagatsch, Haidar Pascha
und Eskischehir, das Pfarrhaus und die am 24. Mai d. I. eingeweihte Kirche
der evangelischen Gemeinde in Smyrna und die dortige Knabenschule, das
Gemeindehaus der deutsch-evangelischen Gemeinde in Salonik, die im Bau be¬
griffne Kaiserin Auguste Viktoria-Stiftung (Sanatorium) aus dem Ölberg
und das Evangelische Institut für Altertumsforschung in Jerusalem. Zu
diesen Einrichtungen kommen noch die von der deutschen Orientmission seit
einigen Jahren in Marrasch, Mezereh, Charput, Urfa und Hadschin unter-
haltnen armenischen Waisenhäuser und Kliniken. Neuerdings hat auch die Görres-
gesellschaft ein katholisches Institut für Altertumsforschung in Jerusalem er¬
richtet. '


Die Interessen Deutschlands in der Türkei

Im Jahre 1860 sing der Waisenvater I. L. Schneller seine segensreiche
Tätigkeit in Jerusalem an und gründete das Syrische Waisenhaus, worin viele
Araber eine tüchtige Ausbildung erhielten. Als weitere evangelische Anstalt
ist auch das im Jahre 1866 in Jerusalem gegründete Aussätzigenasyl der
evangelischen Brüdergemeinde zu Berthelsdorf zu erwähnen.

Das katholische Deutschland war in der Bethätigung einer Mission in
dem Heiligen Lande zurückgeblieben. Erst im Jahre 1885 gründete sich der
Palästinaverein der Katholiken Deutschlands, der sich 1895 mit dem Verein zum
Heiligen Grabe zu dem „Deutschen Verein zum Heiligen Land" ver¬
schmolz, mit dem Ziele, geeignete Einrichtungen zur Wahrnehmung der kirch¬
lichen und sozialen Interessen der deutschen Katholiken im Heiligen Lande zu
schaffen und den katholischen Glauben auszubreiten. Zur Erfüllung seiner Auf¬
gaben hat er das von den Lazaristen geleitete alte und neue Hospiz und eine
Mädchenschule mit Kapelle und kleinem Krankenhaus in Jerusalem gegründet,
ferner ein ländliches Anwesen (Sanatorium) in Kubeibe (dem biblischen Emmaus)
bei Jerusalem und ein Besitztum in Tabgha am See Genezareth für Wirtschafts¬
zwecke und in Halfa ein Krankenhaus erworben. Diesem Verein ist auch der vom
Sultan dem Deutschen Kaiser überlassene Platz Dormition zum Bau einer Kirche
und eines Klosters übergeben worden, das von Benediktinern von Beuron
geleitet wird. Ferner unterstützt der Verein das Kloster der Se. Josephs¬
schwestern in Nazareth, die Mission in Gaza und die deutschen Borromäcrinnen
in Halfa und Jerusalem, wo sie ein Greisenasyl gegründet haben.

Auch die deutschen Jsraeliten sind nicht zurückgeblieben, um in ihrem
alten Heimatland Wohltütigkeitsanstalten für die Ihrigen zu gründen. In
Jerusalem steht ein deutsches israelitisches Hospital Bikur Cholim seit 1860
und ein neues israelitisches Krankenhaus Schäre sedet, außerdem ein
Waisenhaus und ein Lehrerseminar. Besonders tätig ist der „Hilfs¬
verein der deutschen Juden" in Frankfurt a. M.

Um die deutschen in der Türkei liegenden geistlichen und weltlichen Wohl-
tätigkeits- und Unterrichtsanstalten sämtlich aufzuzählen, seien noch erwähnt
die Realschule und höhere Mädchenschule in Vera, die höhere deutsche Schule
in Jerusalem, die deutschen Schulen in Jedikule, Karagatsch, Haidar Pascha
und Eskischehir, das Pfarrhaus und die am 24. Mai d. I. eingeweihte Kirche
der evangelischen Gemeinde in Smyrna und die dortige Knabenschule, das
Gemeindehaus der deutsch-evangelischen Gemeinde in Salonik, die im Bau be¬
griffne Kaiserin Auguste Viktoria-Stiftung (Sanatorium) aus dem Ölberg
und das Evangelische Institut für Altertumsforschung in Jerusalem. Zu
diesen Einrichtungen kommen noch die von der deutschen Orientmission seit
einigen Jahren in Marrasch, Mezereh, Charput, Urfa und Hadschin unter-
haltnen armenischen Waisenhäuser und Kliniken. Neuerdings hat auch die Görres-
gesellschaft ein katholisches Institut für Altertumsforschung in Jerusalem er¬
richtet. '


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0516" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314219"/>
            <fw type="header" place="top"> Die Interessen Deutschlands in der Türkei</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2517"> Im Jahre 1860 sing der Waisenvater I. L. Schneller seine segensreiche<lb/>
Tätigkeit in Jerusalem an und gründete das Syrische Waisenhaus, worin viele<lb/>
Araber eine tüchtige Ausbildung erhielten. Als weitere evangelische Anstalt<lb/>
ist auch das im Jahre 1866 in Jerusalem gegründete Aussätzigenasyl der<lb/>
evangelischen Brüdergemeinde zu Berthelsdorf zu erwähnen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2518"> Das katholische Deutschland war in der Bethätigung einer Mission in<lb/>
dem Heiligen Lande zurückgeblieben. Erst im Jahre 1885 gründete sich der<lb/>
Palästinaverein der Katholiken Deutschlands, der sich 1895 mit dem Verein zum<lb/>
Heiligen Grabe zu dem &#x201E;Deutschen Verein zum Heiligen Land" ver¬<lb/>
schmolz, mit dem Ziele, geeignete Einrichtungen zur Wahrnehmung der kirch¬<lb/>
lichen und sozialen Interessen der deutschen Katholiken im Heiligen Lande zu<lb/>
schaffen und den katholischen Glauben auszubreiten. Zur Erfüllung seiner Auf¬<lb/>
gaben hat er das von den Lazaristen geleitete alte und neue Hospiz und eine<lb/>
Mädchenschule mit Kapelle und kleinem Krankenhaus in Jerusalem gegründet,<lb/>
ferner ein ländliches Anwesen (Sanatorium) in Kubeibe (dem biblischen Emmaus)<lb/>
bei Jerusalem und ein Besitztum in Tabgha am See Genezareth für Wirtschafts¬<lb/>
zwecke und in Halfa ein Krankenhaus erworben. Diesem Verein ist auch der vom<lb/>
Sultan dem Deutschen Kaiser überlassene Platz Dormition zum Bau einer Kirche<lb/>
und eines Klosters übergeben worden, das von Benediktinern von Beuron<lb/>
geleitet wird. Ferner unterstützt der Verein das Kloster der Se. Josephs¬<lb/>
schwestern in Nazareth, die Mission in Gaza und die deutschen Borromäcrinnen<lb/>
in Halfa und Jerusalem, wo sie ein Greisenasyl gegründet haben.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2519"> Auch die deutschen Jsraeliten sind nicht zurückgeblieben, um in ihrem<lb/>
alten Heimatland Wohltütigkeitsanstalten für die Ihrigen zu gründen. In<lb/>
Jerusalem steht ein deutsches israelitisches Hospital Bikur Cholim seit 1860<lb/>
und ein neues israelitisches Krankenhaus Schäre sedet, außerdem ein<lb/>
Waisenhaus und ein Lehrerseminar. Besonders tätig ist der &#x201E;Hilfs¬<lb/>
verein der deutschen Juden" in Frankfurt a. M.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2520"> Um die deutschen in der Türkei liegenden geistlichen und weltlichen Wohl-<lb/>
tätigkeits- und Unterrichtsanstalten sämtlich aufzuzählen, seien noch erwähnt<lb/>
die Realschule und höhere Mädchenschule in Vera, die höhere deutsche Schule<lb/>
in Jerusalem, die deutschen Schulen in Jedikule, Karagatsch, Haidar Pascha<lb/>
und Eskischehir, das Pfarrhaus und die am 24. Mai d. I. eingeweihte Kirche<lb/>
der evangelischen Gemeinde in Smyrna und die dortige Knabenschule, das<lb/>
Gemeindehaus der deutsch-evangelischen Gemeinde in Salonik, die im Bau be¬<lb/>
griffne Kaiserin Auguste Viktoria-Stiftung (Sanatorium) aus dem Ölberg<lb/>
und das Evangelische Institut für Altertumsforschung in Jerusalem. Zu<lb/>
diesen Einrichtungen kommen noch die von der deutschen Orientmission seit<lb/>
einigen Jahren in Marrasch, Mezereh, Charput, Urfa und Hadschin unter-<lb/>
haltnen armenischen Waisenhäuser und Kliniken. Neuerdings hat auch die Görres-<lb/>
gesellschaft ein katholisches Institut für Altertumsforschung in Jerusalem er¬<lb/>
richtet. '</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0516] Die Interessen Deutschlands in der Türkei Im Jahre 1860 sing der Waisenvater I. L. Schneller seine segensreiche Tätigkeit in Jerusalem an und gründete das Syrische Waisenhaus, worin viele Araber eine tüchtige Ausbildung erhielten. Als weitere evangelische Anstalt ist auch das im Jahre 1866 in Jerusalem gegründete Aussätzigenasyl der evangelischen Brüdergemeinde zu Berthelsdorf zu erwähnen. Das katholische Deutschland war in der Bethätigung einer Mission in dem Heiligen Lande zurückgeblieben. Erst im Jahre 1885 gründete sich der Palästinaverein der Katholiken Deutschlands, der sich 1895 mit dem Verein zum Heiligen Grabe zu dem „Deutschen Verein zum Heiligen Land" ver¬ schmolz, mit dem Ziele, geeignete Einrichtungen zur Wahrnehmung der kirch¬ lichen und sozialen Interessen der deutschen Katholiken im Heiligen Lande zu schaffen und den katholischen Glauben auszubreiten. Zur Erfüllung seiner Auf¬ gaben hat er das von den Lazaristen geleitete alte und neue Hospiz und eine Mädchenschule mit Kapelle und kleinem Krankenhaus in Jerusalem gegründet, ferner ein ländliches Anwesen (Sanatorium) in Kubeibe (dem biblischen Emmaus) bei Jerusalem und ein Besitztum in Tabgha am See Genezareth für Wirtschafts¬ zwecke und in Halfa ein Krankenhaus erworben. Diesem Verein ist auch der vom Sultan dem Deutschen Kaiser überlassene Platz Dormition zum Bau einer Kirche und eines Klosters übergeben worden, das von Benediktinern von Beuron geleitet wird. Ferner unterstützt der Verein das Kloster der Se. Josephs¬ schwestern in Nazareth, die Mission in Gaza und die deutschen Borromäcrinnen in Halfa und Jerusalem, wo sie ein Greisenasyl gegründet haben. Auch die deutschen Jsraeliten sind nicht zurückgeblieben, um in ihrem alten Heimatland Wohltütigkeitsanstalten für die Ihrigen zu gründen. In Jerusalem steht ein deutsches israelitisches Hospital Bikur Cholim seit 1860 und ein neues israelitisches Krankenhaus Schäre sedet, außerdem ein Waisenhaus und ein Lehrerseminar. Besonders tätig ist der „Hilfs¬ verein der deutschen Juden" in Frankfurt a. M. Um die deutschen in der Türkei liegenden geistlichen und weltlichen Wohl- tätigkeits- und Unterrichtsanstalten sämtlich aufzuzählen, seien noch erwähnt die Realschule und höhere Mädchenschule in Vera, die höhere deutsche Schule in Jerusalem, die deutschen Schulen in Jedikule, Karagatsch, Haidar Pascha und Eskischehir, das Pfarrhaus und die am 24. Mai d. I. eingeweihte Kirche der evangelischen Gemeinde in Smyrna und die dortige Knabenschule, das Gemeindehaus der deutsch-evangelischen Gemeinde in Salonik, die im Bau be¬ griffne Kaiserin Auguste Viktoria-Stiftung (Sanatorium) aus dem Ölberg und das Evangelische Institut für Altertumsforschung in Jerusalem. Zu diesen Einrichtungen kommen noch die von der deutschen Orientmission seit einigen Jahren in Marrasch, Mezereh, Charput, Urfa und Hadschin unter- haltnen armenischen Waisenhäuser und Kliniken. Neuerdings hat auch die Görres- gesellschaft ein katholisches Institut für Altertumsforschung in Jerusalem er¬ richtet. '

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/516
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/516>, abgerufen am 23.07.2024.