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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Die Interessen Deutschlands in der Türkei

hatte, Taten der Nächstenliebe durch Gründungen von Kirchen, Schulen und
Wohltätigkeitsanstalten zu erfüllen. Die andern Nationen hätten schon seit
Jahrhunderten die Interessen ihrer Kirchen im Heiligen Lände befördert und
dadurch ihre Sprache verbreitet, die Sympathien der orientalischen Christen
erworben und einen geeigneten Einmischungsvorwand in die orientalischen An¬
gelegenheiten geschaffen. .

Unter den deutschen Bundesfürsten war es zuerst König Friedrich Wilhelm
der Vierte von Preußen, der deutsche kirchliche Interessen im Orient verfolgte.
Er wünschte in Jerusalem neben den Vertretungen der andern Kirchen ein
protestantisches Bistum zu schaffen. Zu diesem Zwecke machte Friedrich
Wilhelm der Vierte im Jahre 1841 eine Stiftung von 100000 Talern. Da
der König den Gedanken der Einheitlichkeit der protestantischen Kirche in der
Heiligen Stadt der römischen Kirche gegenüber zum Ausdruck bringen wollte,
wurde das Bistum gemeinschaftlich mit den Engländern errichtet, jedoch fand
der Gedanke nicht das nötige Verständnis und das notwendige Entgegenkommen,
weshalb die Trennung im Jahre 1886 erfolgte. Durch Allerhöchste Order vom
Jahre 1889 wurde dann die Dotation, die damals 430000 Mark betrug, mit
dem Jerusalemer Kollektenfonds von 22000 Mark und den in den Jahren 1869
und 1888 gesammelten Kirchenkollektenfonds in Höhe von 530000 Mark zu
der evangelischen "Jerusalemstiftung" vereinigt, deren Verwaltung und Leitung
zurzeit einem dem Ministerium der geistlichen Angelegenheiten unterstellten Kura¬
torium übertragen worden ist. Die Stiftung erhält die bestehenden und schafft
neue evangelisch-kirchliche Einrichtungen und Anstalten in Jerusalem. Aus
ihren Äitteln ist auf dem Muristan in Jerusalem die evangelische Erlöserkirche
erbaut worden, die am Reformationsfest des Jahres 1898 in Gegenwart des
Deutschen Kaisers eingeweiht wurde. Nach der Gründung des preußisch-angli¬
kanischen Bistums in Jerusalem nahm im Jahre 1850 der Johanniterorden
seine Tätigkeit im Heiligen Lande auf und gründete zur Pflege und Beschützung
der Pilger ein Hospiz in Jerusalem und in Beirut ein Hospital. Ein Jahr
später begannen die Kaiserswerther Diakonissenschwestern ihre segensreiche Wirk¬
samkeit. Der Rheinisch-Westfälische Diakonissenverein hat seitdem in
Jerusalem ein Müdchenwaisenhaus und Hospital, in Beirut und Smyrna ein
Waisenhaus und eine Mädchenschule und in Konstantinopel ein Hospital errichtet.
Als die deutsche Missions arbeit im Heiligen Lande eine wachsende Liebe ge¬
funden hatte, trat im Jahre 1853 auf Anregung des Hofpredigers Dr. Strauß
unter dem Vorsitz des Hofpredigers und Generalsuperintendenten W. Hoffmann
in Berlin der "Jerusalemsverein" ins Leben, der jetzt noch durch seine großen
Opfer die deutsch-evangelischen Gemeinden in Beirut, Alexandrien, Kairo, Jaffa
und Halfa unterstützt und neue Anstalten begründet. Ihm gehören die deutsche
evangelische Kirche nebst Pfarrhaus und Schule in Jaffa, ferner Kirche, Ge¬
meindeschule, Pfarr- und Waisenhaus in Bethlehem sowie die evangelischen
Schulen in Halfa. Bet-Sohur, Hebron und Bet-Dschala.


Die Interessen Deutschlands in der Türkei

hatte, Taten der Nächstenliebe durch Gründungen von Kirchen, Schulen und
Wohltätigkeitsanstalten zu erfüllen. Die andern Nationen hätten schon seit
Jahrhunderten die Interessen ihrer Kirchen im Heiligen Lände befördert und
dadurch ihre Sprache verbreitet, die Sympathien der orientalischen Christen
erworben und einen geeigneten Einmischungsvorwand in die orientalischen An¬
gelegenheiten geschaffen. .

Unter den deutschen Bundesfürsten war es zuerst König Friedrich Wilhelm
der Vierte von Preußen, der deutsche kirchliche Interessen im Orient verfolgte.
Er wünschte in Jerusalem neben den Vertretungen der andern Kirchen ein
protestantisches Bistum zu schaffen. Zu diesem Zwecke machte Friedrich
Wilhelm der Vierte im Jahre 1841 eine Stiftung von 100000 Talern. Da
der König den Gedanken der Einheitlichkeit der protestantischen Kirche in der
Heiligen Stadt der römischen Kirche gegenüber zum Ausdruck bringen wollte,
wurde das Bistum gemeinschaftlich mit den Engländern errichtet, jedoch fand
der Gedanke nicht das nötige Verständnis und das notwendige Entgegenkommen,
weshalb die Trennung im Jahre 1886 erfolgte. Durch Allerhöchste Order vom
Jahre 1889 wurde dann die Dotation, die damals 430000 Mark betrug, mit
dem Jerusalemer Kollektenfonds von 22000 Mark und den in den Jahren 1869
und 1888 gesammelten Kirchenkollektenfonds in Höhe von 530000 Mark zu
der evangelischen „Jerusalemstiftung" vereinigt, deren Verwaltung und Leitung
zurzeit einem dem Ministerium der geistlichen Angelegenheiten unterstellten Kura¬
torium übertragen worden ist. Die Stiftung erhält die bestehenden und schafft
neue evangelisch-kirchliche Einrichtungen und Anstalten in Jerusalem. Aus
ihren Äitteln ist auf dem Muristan in Jerusalem die evangelische Erlöserkirche
erbaut worden, die am Reformationsfest des Jahres 1898 in Gegenwart des
Deutschen Kaisers eingeweiht wurde. Nach der Gründung des preußisch-angli¬
kanischen Bistums in Jerusalem nahm im Jahre 1850 der Johanniterorden
seine Tätigkeit im Heiligen Lande auf und gründete zur Pflege und Beschützung
der Pilger ein Hospiz in Jerusalem und in Beirut ein Hospital. Ein Jahr
später begannen die Kaiserswerther Diakonissenschwestern ihre segensreiche Wirk¬
samkeit. Der Rheinisch-Westfälische Diakonissenverein hat seitdem in
Jerusalem ein Müdchenwaisenhaus und Hospital, in Beirut und Smyrna ein
Waisenhaus und eine Mädchenschule und in Konstantinopel ein Hospital errichtet.
Als die deutsche Missions arbeit im Heiligen Lande eine wachsende Liebe ge¬
funden hatte, trat im Jahre 1853 auf Anregung des Hofpredigers Dr. Strauß
unter dem Vorsitz des Hofpredigers und Generalsuperintendenten W. Hoffmann
in Berlin der „Jerusalemsverein" ins Leben, der jetzt noch durch seine großen
Opfer die deutsch-evangelischen Gemeinden in Beirut, Alexandrien, Kairo, Jaffa
und Halfa unterstützt und neue Anstalten begründet. Ihm gehören die deutsche
evangelische Kirche nebst Pfarrhaus und Schule in Jaffa, ferner Kirche, Ge¬
meindeschule, Pfarr- und Waisenhaus in Bethlehem sowie die evangelischen
Schulen in Halfa. Bet-Sohur, Hebron und Bet-Dschala.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/515>, abgerufen am 22.12.2024.