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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Der Hansabund, seine Ziele und Gegner

Wollte der Mittelstand diesen eindringlichen Mahnungen zum Teil wenigstens
folgen. Deshalb betone ich nochmals, dieses Fernbleiben wird dem Mittel¬
stande sehr schaden, er beraubt sich freiwillig eines gewaltigen Einflusses, der
ihm jetzt vom Hansabunde ebenso freiwillig geboten wird.

Mit der Hcrvorkchrung des Gegensatzes zwischen Schutzzoll und Frei¬
handel hat es sich die Kreuzzeitung recht leicht gemacht. Zwischen dem ersten
und zweiten Satze des oben angegebnen Zitats besteht doch ein augenfälliger
Widerspruch. Einmal behauptet die Kreuzzeitung, die Schutzzöllner hielten
sich in der Agitation für den Hansabund zurück, im andern Satze spricht sie
von schutzzöllnerischen Vorstandsmitgliedern des Bundes. Nun, wenn hervor¬
ragende Schutzzöllner dem Borstande des Bundes zusammen mit Freihändlern
angehören, so müssen diese jedenfalls nicht die Überzeugung haben, daß diese
Frage den Bund sprengen könne. Dabei wollen wir der Kreuzzeitung verraten,
daß die alten Doktrinäre, die Nichts-als-Freihändler der alten Schule so
ziemlich ausgestorben sind. Die Meinungsverschiedenheiten, die hier unter den
verschiednen wirtschaftspolitischen Richtungen bestehn, sind viel mehr solche
über das Maß des Schutzes der nationalen Arbeit als über den Grundsatz
dieses Schutzes.

Gegnerschaft aus sozialpolitischen Gründen

Der Hansabund wird sich zu einem antisozialen Verbände aufwachsen und
nach Verabschiedung der Reichsfinanzreform eine Bremse für den weitem Aus¬
bau der sozialen Gesetzgebung werden. (Der technische Grubenbeamte, Organ
des Deutschen Steigerverbandes, Juli 1909.)

Zweifellos bildet der Hansabund ein neues Element im Leben der poli¬
tischen Parteien, allein seine auf Versklavung der Massen gerichteten Bestrebungen,
sein Ziel der Schaffung und Verewigung von Jndustriesklaven, der Aufrichtung
eines alles beherrschenden Jndustriefeudalismus find so kulturwidrig und kultur¬
feindlich, sind eine so große Gefahr für die Weiterentwicklung und Zukunft der
heutigen Kultur, daß sie zwar die bestehenden Klassenkämpfe verschärfen und
große heftige neue Kämpfe heraufführen können, aber schließlich doch an der
realen Macht der Verhältnisse scheitern müssen. (Metallarbeiterzeitung Ur. 28,
10. Juli 1909.)

Erreicht ist die Bildung eines Bundes, der einseitige Interessenpolitik
treiben und den sozialpolitischen Fortschritt bekämpfen wird. (Kölnische Volks¬
zeitung, 25. Juli 1909.)

Über die Gegnerschaft, die dem Hansabund aus den Kreisen der Ange¬
stellten erwächst, ist dasselbe zu sagen, was wir über die Gegnerschaft des
Mittelstandes ausgeführt haben. Auch die Angestellten haben sich wiederholt
beklagt, daß es ihnen an einer Gelegenheit zur Aussprache mit den Geschäfts¬
herren fehle. Sie wird ihnen im Hansabunde geboten. Es ist ein Zeichen der
grundsätzlichen Unsachlichkeit, mit der auch die Gewerkschaften alle Fragen be¬
handeln, wenn die Metallarbeiterzeitung dem Bunde gegenüber nichts andres
findet als die alte Taktik der demagogischen Verhetzung mit solchen Phrasen


Der Hansabund, seine Ziele und Gegner

Wollte der Mittelstand diesen eindringlichen Mahnungen zum Teil wenigstens
folgen. Deshalb betone ich nochmals, dieses Fernbleiben wird dem Mittel¬
stande sehr schaden, er beraubt sich freiwillig eines gewaltigen Einflusses, der
ihm jetzt vom Hansabunde ebenso freiwillig geboten wird.

Mit der Hcrvorkchrung des Gegensatzes zwischen Schutzzoll und Frei¬
handel hat es sich die Kreuzzeitung recht leicht gemacht. Zwischen dem ersten
und zweiten Satze des oben angegebnen Zitats besteht doch ein augenfälliger
Widerspruch. Einmal behauptet die Kreuzzeitung, die Schutzzöllner hielten
sich in der Agitation für den Hansabund zurück, im andern Satze spricht sie
von schutzzöllnerischen Vorstandsmitgliedern des Bundes. Nun, wenn hervor¬
ragende Schutzzöllner dem Borstande des Bundes zusammen mit Freihändlern
angehören, so müssen diese jedenfalls nicht die Überzeugung haben, daß diese
Frage den Bund sprengen könne. Dabei wollen wir der Kreuzzeitung verraten,
daß die alten Doktrinäre, die Nichts-als-Freihändler der alten Schule so
ziemlich ausgestorben sind. Die Meinungsverschiedenheiten, die hier unter den
verschiednen wirtschaftspolitischen Richtungen bestehn, sind viel mehr solche
über das Maß des Schutzes der nationalen Arbeit als über den Grundsatz
dieses Schutzes.

Gegnerschaft aus sozialpolitischen Gründen

Der Hansabund wird sich zu einem antisozialen Verbände aufwachsen und
nach Verabschiedung der Reichsfinanzreform eine Bremse für den weitem Aus¬
bau der sozialen Gesetzgebung werden. (Der technische Grubenbeamte, Organ
des Deutschen Steigerverbandes, Juli 1909.)

Zweifellos bildet der Hansabund ein neues Element im Leben der poli¬
tischen Parteien, allein seine auf Versklavung der Massen gerichteten Bestrebungen,
sein Ziel der Schaffung und Verewigung von Jndustriesklaven, der Aufrichtung
eines alles beherrschenden Jndustriefeudalismus find so kulturwidrig und kultur¬
feindlich, sind eine so große Gefahr für die Weiterentwicklung und Zukunft der
heutigen Kultur, daß sie zwar die bestehenden Klassenkämpfe verschärfen und
große heftige neue Kämpfe heraufführen können, aber schließlich doch an der
realen Macht der Verhältnisse scheitern müssen. (Metallarbeiterzeitung Ur. 28,
10. Juli 1909.)

Erreicht ist die Bildung eines Bundes, der einseitige Interessenpolitik
treiben und den sozialpolitischen Fortschritt bekämpfen wird. (Kölnische Volks¬
zeitung, 25. Juli 1909.)

Über die Gegnerschaft, die dem Hansabund aus den Kreisen der Ange¬
stellten erwächst, ist dasselbe zu sagen, was wir über die Gegnerschaft des
Mittelstandes ausgeführt haben. Auch die Angestellten haben sich wiederholt
beklagt, daß es ihnen an einer Gelegenheit zur Aussprache mit den Geschäfts¬
herren fehle. Sie wird ihnen im Hansabunde geboten. Es ist ein Zeichen der
grundsätzlichen Unsachlichkeit, mit der auch die Gewerkschaften alle Fragen be¬
handeln, wenn die Metallarbeiterzeitung dem Bunde gegenüber nichts andres
findet als die alte Taktik der demagogischen Verhetzung mit solchen Phrasen


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[0365] Der Hansabund, seine Ziele und Gegner Wollte der Mittelstand diesen eindringlichen Mahnungen zum Teil wenigstens folgen. Deshalb betone ich nochmals, dieses Fernbleiben wird dem Mittel¬ stande sehr schaden, er beraubt sich freiwillig eines gewaltigen Einflusses, der ihm jetzt vom Hansabunde ebenso freiwillig geboten wird. Mit der Hcrvorkchrung des Gegensatzes zwischen Schutzzoll und Frei¬ handel hat es sich die Kreuzzeitung recht leicht gemacht. Zwischen dem ersten und zweiten Satze des oben angegebnen Zitats besteht doch ein augenfälliger Widerspruch. Einmal behauptet die Kreuzzeitung, die Schutzzöllner hielten sich in der Agitation für den Hansabund zurück, im andern Satze spricht sie von schutzzöllnerischen Vorstandsmitgliedern des Bundes. Nun, wenn hervor¬ ragende Schutzzöllner dem Borstande des Bundes zusammen mit Freihändlern angehören, so müssen diese jedenfalls nicht die Überzeugung haben, daß diese Frage den Bund sprengen könne. Dabei wollen wir der Kreuzzeitung verraten, daß die alten Doktrinäre, die Nichts-als-Freihändler der alten Schule so ziemlich ausgestorben sind. Die Meinungsverschiedenheiten, die hier unter den verschiednen wirtschaftspolitischen Richtungen bestehn, sind viel mehr solche über das Maß des Schutzes der nationalen Arbeit als über den Grundsatz dieses Schutzes. Gegnerschaft aus sozialpolitischen Gründen Der Hansabund wird sich zu einem antisozialen Verbände aufwachsen und nach Verabschiedung der Reichsfinanzreform eine Bremse für den weitem Aus¬ bau der sozialen Gesetzgebung werden. (Der technische Grubenbeamte, Organ des Deutschen Steigerverbandes, Juli 1909.) Zweifellos bildet der Hansabund ein neues Element im Leben der poli¬ tischen Parteien, allein seine auf Versklavung der Massen gerichteten Bestrebungen, sein Ziel der Schaffung und Verewigung von Jndustriesklaven, der Aufrichtung eines alles beherrschenden Jndustriefeudalismus find so kulturwidrig und kultur¬ feindlich, sind eine so große Gefahr für die Weiterentwicklung und Zukunft der heutigen Kultur, daß sie zwar die bestehenden Klassenkämpfe verschärfen und große heftige neue Kämpfe heraufführen können, aber schließlich doch an der realen Macht der Verhältnisse scheitern müssen. (Metallarbeiterzeitung Ur. 28, 10. Juli 1909.) Erreicht ist die Bildung eines Bundes, der einseitige Interessenpolitik treiben und den sozialpolitischen Fortschritt bekämpfen wird. (Kölnische Volks¬ zeitung, 25. Juli 1909.) Über die Gegnerschaft, die dem Hansabund aus den Kreisen der Ange¬ stellten erwächst, ist dasselbe zu sagen, was wir über die Gegnerschaft des Mittelstandes ausgeführt haben. Auch die Angestellten haben sich wiederholt beklagt, daß es ihnen an einer Gelegenheit zur Aussprache mit den Geschäfts¬ herren fehle. Sie wird ihnen im Hansabunde geboten. Es ist ein Zeichen der grundsätzlichen Unsachlichkeit, mit der auch die Gewerkschaften alle Fragen be¬ handeln, wenn die Metallarbeiterzeitung dem Bunde gegenüber nichts andres findet als die alte Taktik der demagogischen Verhetzung mit solchen Phrasen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/365>, abgerufen am 23.07.2024.