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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Der Hansabund, seine Ziele und Gegner

zugegeben worden, daß man einseitige liberale Parteipolitik in diesem Bunde
treiben will, und mit Rücksicht darauf ist es bedauerlich und fraglich, ob es mit
den Gesetzen in Einklang steht, daß eine Organisation, welche staatliche Autorität
genießt, in der Weise die parteipolitischer Bestrebungen des Hansabundes durch
ihr Geld unterstützt. (Abgeordneter Speck im Reichstage vom 8. Juli 1909.)
Vgl. auch die Erklärung des Ausschusses des deutschen Handwerks- und Gewerbe¬
kammertages weiter unten.

Der Hansabund ist ohne Zweifel eine Vereinigung mit politischen Zielen;
niemand will das leugnen, denn davon, ob er die politische Arbeit, die er
sich vorgenommen hat, auch wirklich vollbringt, hängt sein Bestehn, sein
Schicksal ab. Man kann es deshalb weder dem Zentrum noch den Kon¬
servativen noch sonst wem verdenken, wenn sie sich als Parteien der Beein¬
flussung, die ihnen droht, zu entziehen suchen. Für die Gewerbetreibenden
dagegen, die diesen Parteien angehören, gelten diese Gründe nicht. Zu all
den freundlichen und gegnerischen Stimmen, die ich hier erwähnt habe, ist
zunächst grundsätzlich zu bemerken, daß ein gewaltiger Unterschied zwischen
einem politischen und einem parteipolitischer Auftreten besteht, und daß wir
darum bitten müssen, daß dieser Unterschied nicht so ganz nebenbei verwischt
wird, indem man den Hansabund für eine liberale Parteigruppe ausgibt. Es
muß auf das entschiedenste bestritten werden, und es muß dafür noch der
Beweis gebracht werden, daß jemals der Hansabund als eine liberale Partei¬
gruppierung von seinen eignen Führern bezeichnet worden ist, und liberale
Abgeordnete arbeiten unsern Gegnern in die Hände, wenn sie auch nur ent¬
fernt etwas derartiges andeuten. Der Liberalismus in dem Sinne, wie das
Zentrum und die Konservativen dieses Wort brauchen, um gegen die Be¬
wegung anzukämpfen, ist im wesentlichen eine kulturpolitische Richtung, während
es der Hansabund nur mit wirtschaftlichen Dingen zu tun hat.

Es ist nicht zu leugnen, daß die Wirtschaftspolitik auch einen Einfluß
auf die Kulturpolitik hat, doch dieser Einfluß ist von vornherein in keiner
bestimmten irgendwie gearteten parteipolitischer Richtung durch den Hansabund
festzulegen. Es ist gegenüber den Mächten, die seither mit der größten Schärfe
die Ausschließlichkeit wirtschaftlicher Interessen betont haben, ein großer Fehler
der gewerblichen Bevölkerung gewesen, sich immer und immer wieder von dem
kulturpolitischen Programm der politischen Parteien haben einfangen zu lassen.
Mochten die Parteien innerlich nach der wirtschaftspolitischen Seite noch so
wenig einheitlich sein und nach außen bei der praktischen politischen Arbeit
die Wirtschaftsinteressen noch so wenig oder noch so unzweckmäßig vertreten,
die Gewerbetreibenden haben immer wieder geschwiegen, wenn man ihnen
sagte: wirtschaftlich mag euch ja nicht Genüge geschehen, aber ihr dürft davon
eure Stellung zur Partei nicht abhängig machen. Denkt an das Kultur¬
programm, das wir euch bieten. Das ist das wichtigste, und darum seid
hübsch stille! Diese Gefügigkeit muß aufhören. Die Gewerbetreibenden dürfen
sich nicht mehr zu Heloten von Kulturpolitikern machen lassen, die dem wirr-


Der Hansabund, seine Ziele und Gegner

zugegeben worden, daß man einseitige liberale Parteipolitik in diesem Bunde
treiben will, und mit Rücksicht darauf ist es bedauerlich und fraglich, ob es mit
den Gesetzen in Einklang steht, daß eine Organisation, welche staatliche Autorität
genießt, in der Weise die parteipolitischer Bestrebungen des Hansabundes durch
ihr Geld unterstützt. (Abgeordneter Speck im Reichstage vom 8. Juli 1909.)
Vgl. auch die Erklärung des Ausschusses des deutschen Handwerks- und Gewerbe¬
kammertages weiter unten.

Der Hansabund ist ohne Zweifel eine Vereinigung mit politischen Zielen;
niemand will das leugnen, denn davon, ob er die politische Arbeit, die er
sich vorgenommen hat, auch wirklich vollbringt, hängt sein Bestehn, sein
Schicksal ab. Man kann es deshalb weder dem Zentrum noch den Kon¬
servativen noch sonst wem verdenken, wenn sie sich als Parteien der Beein¬
flussung, die ihnen droht, zu entziehen suchen. Für die Gewerbetreibenden
dagegen, die diesen Parteien angehören, gelten diese Gründe nicht. Zu all
den freundlichen und gegnerischen Stimmen, die ich hier erwähnt habe, ist
zunächst grundsätzlich zu bemerken, daß ein gewaltiger Unterschied zwischen
einem politischen und einem parteipolitischer Auftreten besteht, und daß wir
darum bitten müssen, daß dieser Unterschied nicht so ganz nebenbei verwischt
wird, indem man den Hansabund für eine liberale Parteigruppe ausgibt. Es
muß auf das entschiedenste bestritten werden, und es muß dafür noch der
Beweis gebracht werden, daß jemals der Hansabund als eine liberale Partei¬
gruppierung von seinen eignen Führern bezeichnet worden ist, und liberale
Abgeordnete arbeiten unsern Gegnern in die Hände, wenn sie auch nur ent¬
fernt etwas derartiges andeuten. Der Liberalismus in dem Sinne, wie das
Zentrum und die Konservativen dieses Wort brauchen, um gegen die Be¬
wegung anzukämpfen, ist im wesentlichen eine kulturpolitische Richtung, während
es der Hansabund nur mit wirtschaftlichen Dingen zu tun hat.

Es ist nicht zu leugnen, daß die Wirtschaftspolitik auch einen Einfluß
auf die Kulturpolitik hat, doch dieser Einfluß ist von vornherein in keiner
bestimmten irgendwie gearteten parteipolitischer Richtung durch den Hansabund
festzulegen. Es ist gegenüber den Mächten, die seither mit der größten Schärfe
die Ausschließlichkeit wirtschaftlicher Interessen betont haben, ein großer Fehler
der gewerblichen Bevölkerung gewesen, sich immer und immer wieder von dem
kulturpolitischen Programm der politischen Parteien haben einfangen zu lassen.
Mochten die Parteien innerlich nach der wirtschaftspolitischen Seite noch so
wenig einheitlich sein und nach außen bei der praktischen politischen Arbeit
die Wirtschaftsinteressen noch so wenig oder noch so unzweckmäßig vertreten,
die Gewerbetreibenden haben immer wieder geschwiegen, wenn man ihnen
sagte: wirtschaftlich mag euch ja nicht Genüge geschehen, aber ihr dürft davon
eure Stellung zur Partei nicht abhängig machen. Denkt an das Kultur¬
programm, das wir euch bieten. Das ist das wichtigste, und darum seid
hübsch stille! Diese Gefügigkeit muß aufhören. Die Gewerbetreibenden dürfen
sich nicht mehr zu Heloten von Kulturpolitikern machen lassen, die dem wirr-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/360>, abgerufen am 25.08.2024.