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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Österreichs Grenzschutz gegen Rußland

aus eine Umgehung der Sanbarriere zwecks Zernierung der festen Plätze
Jaroslau und Przemysl möglich ist; von Sieniawci aus kamm der Gegner die
wichtige zweigleisige Bahn, die von dem Innern der Monarchie über Krakau
uach Jaroslau-Przemysl-Ostgalizien führt, unterbrechen und die Zufuhren
in diese Plätze auf den Umweg über die Karpaten beschränken. Sieuiawa
ist gleich Zarzycze als einfacher Brückenkopf für den Mobilisiernngsfall in Aus¬
sicht genommen. Die heute vorhandnen Befestigungen bestehn aus Jnfauterie-
schanzen und einigen Emplacements für schwere Geschütze.

Jaroslau ist ein doppelter Brückenkopf und hat die Bestimmung, die
an Militärdepots, Magazinen, Unterkünften reiche Stadt und den Bahnhof
gegen feindliche Handstreiche zu sichern. Auf dem rechten Sanufer sperren
mehrere Werke in guten Stellungen den Sanbug, auf dem linken Ufer liegen
einige Batterien und Schanzen; sie sind durch Anpflanzungen weithin er¬
kennbar und beherrschen das Sandal in weiten: Umkreise. Die außerhalb des
Brückenkopfes bleibende Bahnbrücke bei Tuczapy wird durch zwei isoliert
liegende Erdwerke geschützt.

Przemysl ist eine Lagerfestung ersten Ranges, besteht aus einer Haupt¬
umfassung und einem Gürtel von zahlreichen Werken.

Die Festung sichert die Übergänge über den San in jenem Teile, wo er
ein fühlbares Hindernis bildet, schützt den Eisenbahnknotenpunkt, hindert die
Umgehung der Dnjestrlinie in der linken Flanke und bildet im Verein mit
Jaroslau eine starke Verteidigungslinie mit der Front nach Osten und Nord¬
osten; die am linken Sanufer führende zweigleisige Bahn und Chaussee, die
beide durch das Flußhindernis dem Gegner entzogen sind, begünstigen die
rasche und gedeckte Verschiebung von Truppen. Die Festung besteht aus
einem noyau von Stützpunkten und Batterien mit Verbindungslinien pro¬
visorischen Charakters an beiden Ufern des San, ist 500 bis 1300 Meter von
der Stadt entfernt und folgt dem Zuge der diese nördlich und südlich vom
San begleitenden Höhen, beherrscht deshalb das Vorterrain bis nahe an den
Gürtel; die durch das noyau führenden Straßen und Eisenbahnen sind durch
schußsichere Tore absperrbar. Dem noyau liegen ein Graben und Weiden-
Pflanzungen zur Anbringung von Drahthindernissen vor; im Norden und im
Südwesten der Stadt wird der taktische Wert des Noyaus einigermaßen durch
die zwischen diesem und dem Gürtel liegenden großen Waldungen beeinträchtigt.
Der Gürtel wird durch eine große Zahl von Forts, Batterien und Jntervall-
stützpunkten gebildet; die Werke sind Einheitswerke mit Hoch- und Nicderwall
und Traditorbatterien, zum Teil noch ältern Typs. Die Hohlbauten sind in
den meisten Werken brisanzbombensicher; in einigen Batterien gelangen Senk¬
panzer zur Anwendung. Zahlreiche Radialstraßen und eine Noyaustraße,
deren Breite auch die Legung eines Feldbahngleises ermöglicht, mehrere Last¬
automobile und Schleppgleise (am nördlichen Sanufer) dienen dem Verkehr
innerhalb des Gürtels. Große Verpflegungsdepots, eine Militärdampfmühle,


Österreichs Grenzschutz gegen Rußland

aus eine Umgehung der Sanbarriere zwecks Zernierung der festen Plätze
Jaroslau und Przemysl möglich ist; von Sieniawci aus kamm der Gegner die
wichtige zweigleisige Bahn, die von dem Innern der Monarchie über Krakau
uach Jaroslau-Przemysl-Ostgalizien führt, unterbrechen und die Zufuhren
in diese Plätze auf den Umweg über die Karpaten beschränken. Sieuiawa
ist gleich Zarzycze als einfacher Brückenkopf für den Mobilisiernngsfall in Aus¬
sicht genommen. Die heute vorhandnen Befestigungen bestehn aus Jnfauterie-
schanzen und einigen Emplacements für schwere Geschütze.

Jaroslau ist ein doppelter Brückenkopf und hat die Bestimmung, die
an Militärdepots, Magazinen, Unterkünften reiche Stadt und den Bahnhof
gegen feindliche Handstreiche zu sichern. Auf dem rechten Sanufer sperren
mehrere Werke in guten Stellungen den Sanbug, auf dem linken Ufer liegen
einige Batterien und Schanzen; sie sind durch Anpflanzungen weithin er¬
kennbar und beherrschen das Sandal in weiten: Umkreise. Die außerhalb des
Brückenkopfes bleibende Bahnbrücke bei Tuczapy wird durch zwei isoliert
liegende Erdwerke geschützt.

Przemysl ist eine Lagerfestung ersten Ranges, besteht aus einer Haupt¬
umfassung und einem Gürtel von zahlreichen Werken.

Die Festung sichert die Übergänge über den San in jenem Teile, wo er
ein fühlbares Hindernis bildet, schützt den Eisenbahnknotenpunkt, hindert die
Umgehung der Dnjestrlinie in der linken Flanke und bildet im Verein mit
Jaroslau eine starke Verteidigungslinie mit der Front nach Osten und Nord¬
osten; die am linken Sanufer führende zweigleisige Bahn und Chaussee, die
beide durch das Flußhindernis dem Gegner entzogen sind, begünstigen die
rasche und gedeckte Verschiebung von Truppen. Die Festung besteht aus
einem noyau von Stützpunkten und Batterien mit Verbindungslinien pro¬
visorischen Charakters an beiden Ufern des San, ist 500 bis 1300 Meter von
der Stadt entfernt und folgt dem Zuge der diese nördlich und südlich vom
San begleitenden Höhen, beherrscht deshalb das Vorterrain bis nahe an den
Gürtel; die durch das noyau führenden Straßen und Eisenbahnen sind durch
schußsichere Tore absperrbar. Dem noyau liegen ein Graben und Weiden-
Pflanzungen zur Anbringung von Drahthindernissen vor; im Norden und im
Südwesten der Stadt wird der taktische Wert des Noyaus einigermaßen durch
die zwischen diesem und dem Gürtel liegenden großen Waldungen beeinträchtigt.
Der Gürtel wird durch eine große Zahl von Forts, Batterien und Jntervall-
stützpunkten gebildet; die Werke sind Einheitswerke mit Hoch- und Nicderwall
und Traditorbatterien, zum Teil noch ältern Typs. Die Hohlbauten sind in
den meisten Werken brisanzbombensicher; in einigen Batterien gelangen Senk¬
panzer zur Anwendung. Zahlreiche Radialstraßen und eine Noyaustraße,
deren Breite auch die Legung eines Feldbahngleises ermöglicht, mehrere Last¬
automobile und Schleppgleise (am nördlichen Sanufer) dienen dem Verkehr
innerhalb des Gürtels. Große Verpflegungsdepots, eine Militärdampfmühle,


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[0303] Österreichs Grenzschutz gegen Rußland aus eine Umgehung der Sanbarriere zwecks Zernierung der festen Plätze Jaroslau und Przemysl möglich ist; von Sieniawci aus kamm der Gegner die wichtige zweigleisige Bahn, die von dem Innern der Monarchie über Krakau uach Jaroslau-Przemysl-Ostgalizien führt, unterbrechen und die Zufuhren in diese Plätze auf den Umweg über die Karpaten beschränken. Sieuiawa ist gleich Zarzycze als einfacher Brückenkopf für den Mobilisiernngsfall in Aus¬ sicht genommen. Die heute vorhandnen Befestigungen bestehn aus Jnfauterie- schanzen und einigen Emplacements für schwere Geschütze. Jaroslau ist ein doppelter Brückenkopf und hat die Bestimmung, die an Militärdepots, Magazinen, Unterkünften reiche Stadt und den Bahnhof gegen feindliche Handstreiche zu sichern. Auf dem rechten Sanufer sperren mehrere Werke in guten Stellungen den Sanbug, auf dem linken Ufer liegen einige Batterien und Schanzen; sie sind durch Anpflanzungen weithin er¬ kennbar und beherrschen das Sandal in weiten: Umkreise. Die außerhalb des Brückenkopfes bleibende Bahnbrücke bei Tuczapy wird durch zwei isoliert liegende Erdwerke geschützt. Przemysl ist eine Lagerfestung ersten Ranges, besteht aus einer Haupt¬ umfassung und einem Gürtel von zahlreichen Werken. Die Festung sichert die Übergänge über den San in jenem Teile, wo er ein fühlbares Hindernis bildet, schützt den Eisenbahnknotenpunkt, hindert die Umgehung der Dnjestrlinie in der linken Flanke und bildet im Verein mit Jaroslau eine starke Verteidigungslinie mit der Front nach Osten und Nord¬ osten; die am linken Sanufer führende zweigleisige Bahn und Chaussee, die beide durch das Flußhindernis dem Gegner entzogen sind, begünstigen die rasche und gedeckte Verschiebung von Truppen. Die Festung besteht aus einem noyau von Stützpunkten und Batterien mit Verbindungslinien pro¬ visorischen Charakters an beiden Ufern des San, ist 500 bis 1300 Meter von der Stadt entfernt und folgt dem Zuge der diese nördlich und südlich vom San begleitenden Höhen, beherrscht deshalb das Vorterrain bis nahe an den Gürtel; die durch das noyau führenden Straßen und Eisenbahnen sind durch schußsichere Tore absperrbar. Dem noyau liegen ein Graben und Weiden- Pflanzungen zur Anbringung von Drahthindernissen vor; im Norden und im Südwesten der Stadt wird der taktische Wert des Noyaus einigermaßen durch die zwischen diesem und dem Gürtel liegenden großen Waldungen beeinträchtigt. Der Gürtel wird durch eine große Zahl von Forts, Batterien und Jntervall- stützpunkten gebildet; die Werke sind Einheitswerke mit Hoch- und Nicderwall und Traditorbatterien, zum Teil noch ältern Typs. Die Hohlbauten sind in den meisten Werken brisanzbombensicher; in einigen Batterien gelangen Senk¬ panzer zur Anwendung. Zahlreiche Radialstraßen und eine Noyaustraße, deren Breite auch die Legung eines Feldbahngleises ermöglicht, mehrere Last¬ automobile und Schleppgleise (am nördlichen Sanufer) dienen dem Verkehr innerhalb des Gürtels. Große Verpflegungsdepots, eine Militärdampfmühle,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/303>, abgerufen am 25.08.2024.