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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Über die weittragenden schädlichen Wirkungen des Effekten- und des Talon¬
stempels hat sich in temperamentvoller Weise der Direktor der Deutschen Bank,
Dr. Helfferich, im Bankarchiv geäußert.

Die starken Stcmpelerhvhungen auf ausländische Papiere werden Deutschlands
Stellung am internationalen Kapitalmarkt bedeutend schwächen, wo wir ohnedies
mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, da der verhältnismäßig hohe deutsche Zinssatz
auf das Kursnivecm der Wertpapiere drückt. Wir siud nun zwar der Ansicht, daß
eine Einschränkung der Einfuhr fremder Effekten namentlich in Zeiten hohen Geld-
stnndes wünschenswert ist. Die Erhöhung des Effektenstempels dürfte aber insofern
ein ungeeignetes Mittel sein, eine Einschränkung herbeizuführen, als hierdurch gerade
die besten internationalen Werte von unserm Markte ferngehalten werden. Unsolide
Papiere können dagegen jede Steuer tragen. -- Aber auch für das Inland ergeben
die erhöhten Steuersätze große Nachteile. Helfferich weist ans die große Ungerechtigkeit
hin, daß nur Aktien, Obligationen, Kuxe und andre Gesellschaftsanteile, mit andern
Worten nur ganz bestimmte Gesellschaftsformen besteuert werden, während die
industriellen Niesenunteruehmungen einzelner Großkapitalisten steuerfrei bleiben.

Auch werden durch die Effektensteuer nicht der Besitz, sondern die Schulden be¬
steuert. Viele der kreditbedürftigen Gesellschaften, z. B. die Hypothekenbanken, sind
nicht in der Lage, die Steuer auf die Obligationeninhaber abzuwälzen, obwohl
dieser Gedanke dem Gesetzgeber vorschwebte. Sie müssen sich deshalb durch Er¬
höhung des Zinsfußes bei ihren Ausleihungen schadlos halten. Diese Wirkung, die
Verteuerung des Hypothekenkredits, wird noch perschärft durch die neuartige
Steuerform der Talousteuer. Diese Steuer wird von zehn zu zehn Jahren auf
nen ausgereichte Kupoubogen erhoben ohne Rücksicht darauf, ob die Bogen nach
zehn Jahren tatsächlich abgelaufen sind oder nicht, oder ob überhaupt Bogen aus¬
gegeben worden sind. Das Gesetz weist so zahlreiche Lücke" auf, daß die Not¬
wendigkeit vorliegt, dem Reichstage sofort nach seinem Zusammentreten im Herbst
eine Novelle vorzulegen.

Die Bestimmung, daß die Steuer nur von den nach dem 1. August ausgegebnen
Bogen erhoben wird, hat viele Gesellschaften veranlaßt, mit der Ausgabe neuer Bogen
noch vor dem 1. August zu beginnen, obwohl an den alten Bogen noch mehrere Zins-
schcine sitzen. Bei einer Gesellschaft der chemischen Industrie fehlt an dem "alten"
Bogen erst ein Dividendenscheiu! Der Bvrsenvorstand hat sich beeilt, derartige Papiere
mit den alten und neuen Bogen als im Börsenhandel lieferbar zu erklären.

Die konservative Presse bezeichnet das Vorgehen der Gesellschaften als Steuer-
hinterziehung. Mit Unrecht! Die Privaterwerbsgesellschasten sind genötigt, ihren
Vorteil bei jeder Gelegenheit zu wahren. Eine Grenze für die Ausnutzung von
Lücken in der Gesetzgebung ziehen nur die guten Sitten. Wenn nun einige Ge¬
sellschaften bis hart an die erlaubte Grenze gehen, so trifft doch immer die Haupt¬
schuld die, die derartig unvollkommne Gesetze geschaffen haben.

Ein ähnlicher Vorgang ist auch im Wechselverkehr zu beobachten. Die Privat¬
banken haben von den in ihrem Besitz befindlichen im Auslande zahlbaren Wechseln
möglichst viele frühzeitig ins Ausland gesandt, um sich von der Verpflichtung, sie
nachstcmpeln zu müssen, zu befreien.

Nicht zuletzt ist der Wirkung dieser Steuern der große Erfolg des Hansa-
bnndes zuzuschreiben. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über die Gründung
neuer Zweigvereine des Bundes, über den Beitritt von Handels- und Gewerbe¬
kammern, von wirtschaftlichen Verbänden, kaufmännischen Vereinen, Innungen und
massenhaftem Beitritt von Einzelmitgliedern berichtet wird. Dennoch machen sich
immer wieder, und zwar nicht nur ini feindlichen Lager, Stimmen bemerkbar, die
die Möglichkeit, den Hausabund dauernd zusammenzuhalten, bestreiten.

Unsers Erachtens scheinen jedenfalls vorläufig die Vorbedingungen gegeben zu
sein, die notwendig siud, große Massen, deren Interesse" nuseinandergchn, zu-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Über die weittragenden schädlichen Wirkungen des Effekten- und des Talon¬
stempels hat sich in temperamentvoller Weise der Direktor der Deutschen Bank,
Dr. Helfferich, im Bankarchiv geäußert.

Die starken Stcmpelerhvhungen auf ausländische Papiere werden Deutschlands
Stellung am internationalen Kapitalmarkt bedeutend schwächen, wo wir ohnedies
mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, da der verhältnismäßig hohe deutsche Zinssatz
auf das Kursnivecm der Wertpapiere drückt. Wir siud nun zwar der Ansicht, daß
eine Einschränkung der Einfuhr fremder Effekten namentlich in Zeiten hohen Geld-
stnndes wünschenswert ist. Die Erhöhung des Effektenstempels dürfte aber insofern
ein ungeeignetes Mittel sein, eine Einschränkung herbeizuführen, als hierdurch gerade
die besten internationalen Werte von unserm Markte ferngehalten werden. Unsolide
Papiere können dagegen jede Steuer tragen. — Aber auch für das Inland ergeben
die erhöhten Steuersätze große Nachteile. Helfferich weist ans die große Ungerechtigkeit
hin, daß nur Aktien, Obligationen, Kuxe und andre Gesellschaftsanteile, mit andern
Worten nur ganz bestimmte Gesellschaftsformen besteuert werden, während die
industriellen Niesenunteruehmungen einzelner Großkapitalisten steuerfrei bleiben.

Auch werden durch die Effektensteuer nicht der Besitz, sondern die Schulden be¬
steuert. Viele der kreditbedürftigen Gesellschaften, z. B. die Hypothekenbanken, sind
nicht in der Lage, die Steuer auf die Obligationeninhaber abzuwälzen, obwohl
dieser Gedanke dem Gesetzgeber vorschwebte. Sie müssen sich deshalb durch Er¬
höhung des Zinsfußes bei ihren Ausleihungen schadlos halten. Diese Wirkung, die
Verteuerung des Hypothekenkredits, wird noch perschärft durch die neuartige
Steuerform der Talousteuer. Diese Steuer wird von zehn zu zehn Jahren auf
nen ausgereichte Kupoubogen erhoben ohne Rücksicht darauf, ob die Bogen nach
zehn Jahren tatsächlich abgelaufen sind oder nicht, oder ob überhaupt Bogen aus¬
gegeben worden sind. Das Gesetz weist so zahlreiche Lücke» auf, daß die Not¬
wendigkeit vorliegt, dem Reichstage sofort nach seinem Zusammentreten im Herbst
eine Novelle vorzulegen.

Die Bestimmung, daß die Steuer nur von den nach dem 1. August ausgegebnen
Bogen erhoben wird, hat viele Gesellschaften veranlaßt, mit der Ausgabe neuer Bogen
noch vor dem 1. August zu beginnen, obwohl an den alten Bogen noch mehrere Zins-
schcine sitzen. Bei einer Gesellschaft der chemischen Industrie fehlt an dem „alten"
Bogen erst ein Dividendenscheiu! Der Bvrsenvorstand hat sich beeilt, derartige Papiere
mit den alten und neuen Bogen als im Börsenhandel lieferbar zu erklären.

Die konservative Presse bezeichnet das Vorgehen der Gesellschaften als Steuer-
hinterziehung. Mit Unrecht! Die Privaterwerbsgesellschasten sind genötigt, ihren
Vorteil bei jeder Gelegenheit zu wahren. Eine Grenze für die Ausnutzung von
Lücken in der Gesetzgebung ziehen nur die guten Sitten. Wenn nun einige Ge¬
sellschaften bis hart an die erlaubte Grenze gehen, so trifft doch immer die Haupt¬
schuld die, die derartig unvollkommne Gesetze geschaffen haben.

Ein ähnlicher Vorgang ist auch im Wechselverkehr zu beobachten. Die Privat¬
banken haben von den in ihrem Besitz befindlichen im Auslande zahlbaren Wechseln
möglichst viele frühzeitig ins Ausland gesandt, um sich von der Verpflichtung, sie
nachstcmpeln zu müssen, zu befreien.

Nicht zuletzt ist der Wirkung dieser Steuern der große Erfolg des Hansa-
bnndes zuzuschreiben. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über die Gründung
neuer Zweigvereine des Bundes, über den Beitritt von Handels- und Gewerbe¬
kammern, von wirtschaftlichen Verbänden, kaufmännischen Vereinen, Innungen und
massenhaftem Beitritt von Einzelmitgliedern berichtet wird. Dennoch machen sich
immer wieder, und zwar nicht nur ini feindlichen Lager, Stimmen bemerkbar, die
die Möglichkeit, den Hausabund dauernd zusammenzuhalten, bestreiten.

Unsers Erachtens scheinen jedenfalls vorläufig die Vorbedingungen gegeben zu
sein, die notwendig siud, große Massen, deren Interesse» nuseinandergchn, zu-


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[0292] Maßgebliches und Unmaßgebliches Über die weittragenden schädlichen Wirkungen des Effekten- und des Talon¬ stempels hat sich in temperamentvoller Weise der Direktor der Deutschen Bank, Dr. Helfferich, im Bankarchiv geäußert. Die starken Stcmpelerhvhungen auf ausländische Papiere werden Deutschlands Stellung am internationalen Kapitalmarkt bedeutend schwächen, wo wir ohnedies mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, da der verhältnismäßig hohe deutsche Zinssatz auf das Kursnivecm der Wertpapiere drückt. Wir siud nun zwar der Ansicht, daß eine Einschränkung der Einfuhr fremder Effekten namentlich in Zeiten hohen Geld- stnndes wünschenswert ist. Die Erhöhung des Effektenstempels dürfte aber insofern ein ungeeignetes Mittel sein, eine Einschränkung herbeizuführen, als hierdurch gerade die besten internationalen Werte von unserm Markte ferngehalten werden. Unsolide Papiere können dagegen jede Steuer tragen. — Aber auch für das Inland ergeben die erhöhten Steuersätze große Nachteile. Helfferich weist ans die große Ungerechtigkeit hin, daß nur Aktien, Obligationen, Kuxe und andre Gesellschaftsanteile, mit andern Worten nur ganz bestimmte Gesellschaftsformen besteuert werden, während die industriellen Niesenunteruehmungen einzelner Großkapitalisten steuerfrei bleiben. Auch werden durch die Effektensteuer nicht der Besitz, sondern die Schulden be¬ steuert. Viele der kreditbedürftigen Gesellschaften, z. B. die Hypothekenbanken, sind nicht in der Lage, die Steuer auf die Obligationeninhaber abzuwälzen, obwohl dieser Gedanke dem Gesetzgeber vorschwebte. Sie müssen sich deshalb durch Er¬ höhung des Zinsfußes bei ihren Ausleihungen schadlos halten. Diese Wirkung, die Verteuerung des Hypothekenkredits, wird noch perschärft durch die neuartige Steuerform der Talousteuer. Diese Steuer wird von zehn zu zehn Jahren auf nen ausgereichte Kupoubogen erhoben ohne Rücksicht darauf, ob die Bogen nach zehn Jahren tatsächlich abgelaufen sind oder nicht, oder ob überhaupt Bogen aus¬ gegeben worden sind. Das Gesetz weist so zahlreiche Lücke» auf, daß die Not¬ wendigkeit vorliegt, dem Reichstage sofort nach seinem Zusammentreten im Herbst eine Novelle vorzulegen. Die Bestimmung, daß die Steuer nur von den nach dem 1. August ausgegebnen Bogen erhoben wird, hat viele Gesellschaften veranlaßt, mit der Ausgabe neuer Bogen noch vor dem 1. August zu beginnen, obwohl an den alten Bogen noch mehrere Zins- schcine sitzen. Bei einer Gesellschaft der chemischen Industrie fehlt an dem „alten" Bogen erst ein Dividendenscheiu! Der Bvrsenvorstand hat sich beeilt, derartige Papiere mit den alten und neuen Bogen als im Börsenhandel lieferbar zu erklären. Die konservative Presse bezeichnet das Vorgehen der Gesellschaften als Steuer- hinterziehung. Mit Unrecht! Die Privaterwerbsgesellschasten sind genötigt, ihren Vorteil bei jeder Gelegenheit zu wahren. Eine Grenze für die Ausnutzung von Lücken in der Gesetzgebung ziehen nur die guten Sitten. Wenn nun einige Ge¬ sellschaften bis hart an die erlaubte Grenze gehen, so trifft doch immer die Haupt¬ schuld die, die derartig unvollkommne Gesetze geschaffen haben. Ein ähnlicher Vorgang ist auch im Wechselverkehr zu beobachten. Die Privat¬ banken haben von den in ihrem Besitz befindlichen im Auslande zahlbaren Wechseln möglichst viele frühzeitig ins Ausland gesandt, um sich von der Verpflichtung, sie nachstcmpeln zu müssen, zu befreien. Nicht zuletzt ist der Wirkung dieser Steuern der große Erfolg des Hansa- bnndes zuzuschreiben. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über die Gründung neuer Zweigvereine des Bundes, über den Beitritt von Handels- und Gewerbe¬ kammern, von wirtschaftlichen Verbänden, kaufmännischen Vereinen, Innungen und massenhaftem Beitritt von Einzelmitgliedern berichtet wird. Dennoch machen sich immer wieder, und zwar nicht nur ini feindlichen Lager, Stimmen bemerkbar, die die Möglichkeit, den Hausabund dauernd zusammenzuhalten, bestreiten. Unsers Erachtens scheinen jedenfalls vorläufig die Vorbedingungen gegeben zu sein, die notwendig siud, große Massen, deren Interesse» nuseinandergchn, zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/292>, abgerufen am 22.12.2024.