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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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?>le Reichsfinanzreform

Produktivität für die letzten Jahrzehnte auf die Berufsstatistik wie die
Maschinenstatistik verwiesen. Es stieg nach jener in Preußen zwischen 1895 und
1907 die Zahl der Erwerbstätigen im Hauptberuf von 12 auf fast 16 Millionen
oder wie von 38,17 auf 42,04 Prozent der gesamten Bevölkerung.

Aus diesen und weitern über die einzelnen Gewerbe und die Entwicklung
des Außenhandels und der Löhne sowie der heimischen Konsumtionskraft mit¬
geteilten Zahlen läßt sich folgendes Fazit ziehen:

1. Die Zahl der industriellen Arbeiter steigt schneller als die Bevölkerungs-
zahl. Die Verwendung arbeitsparender Maschinen steigt noch in weit größern
Progressionen. Beide Faktoren zusammen ergeben eine ganz bedeutende Steigerung
der Produktion, die weit über das Maß der Volkszunahme hinausgeht. Die
Ausfuhr hat nicht in entsprechendem Tempo zugenommen wie die Produktions¬
steigerung. Nach alledem verbleibt ein rapides Anwachsen des inländischen
Konsums als schlagender Beweis zusehends steigender Konsumkraft, das heißt
zusehends steigenden Wohlstands.

2. Soweit direkte Ergebnisse der Produktionsstatistik vorliegen, bestätigen
sie für Landwirtschaft wie Bergbau dieses Resultat.

3. Die Entwicklung der Löhne zeigt eine stündige Steigerung bei gleich¬
zeitigem Rückgang der Auswandrung.

Schließlich wird die von Steindamm-Bucher für die vier wirtschaftlich stärksten
Mächte aufgestellte Schätzung des Volksvermögens wiedergegeben:

Mi ganzenauf den Kopf der
Bevölkerung
Milliarden MarkMark
in Deutschland cheute)330 bis 3605000 bis 6000
" Frankreich (1906)225, höchstens 2S05000 " 6000
" Großbritannien (1S05/06) , 25:;. wahrscheinlich mehr, 6000 " 7000
aber nicht über 300
" den Vereinigten Staaten von
Amerika'(1S04)..... 428 5272

"In Deutschland steht demgegenüber auf der andern Seite eine Belastung
mit allen Steuern insgesamt von nur wenig mehr als 3000 Millionen Mark
(genau 3060) oder noch nicht 50 Mark auf den Kopf der Bevölkerung. Jetzt sollen
400 bis 500 Millionen neue Steuern hinzukommen, also etwa ein Siebentel
der bisherigen Steuerlast, ein Sechzigste! des jährlichen Volkseinkommens. Kein
Vernünftiger wird sagen, daß dies unerschwinglich sei. Nur muß die Steuerlast
in richtiger Weise verteilt werden. Wie dies zu geschehen habe, darüber wird
der zweite Teil des Führers Auskunft geben, wobei es gut sein wird, auch die
Erfahrungen des Auslandes zum Vergleich heranzuziehen."




?>le Reichsfinanzreform

Produktivität für die letzten Jahrzehnte auf die Berufsstatistik wie die
Maschinenstatistik verwiesen. Es stieg nach jener in Preußen zwischen 1895 und
1907 die Zahl der Erwerbstätigen im Hauptberuf von 12 auf fast 16 Millionen
oder wie von 38,17 auf 42,04 Prozent der gesamten Bevölkerung.

Aus diesen und weitern über die einzelnen Gewerbe und die Entwicklung
des Außenhandels und der Löhne sowie der heimischen Konsumtionskraft mit¬
geteilten Zahlen läßt sich folgendes Fazit ziehen:

1. Die Zahl der industriellen Arbeiter steigt schneller als die Bevölkerungs-
zahl. Die Verwendung arbeitsparender Maschinen steigt noch in weit größern
Progressionen. Beide Faktoren zusammen ergeben eine ganz bedeutende Steigerung
der Produktion, die weit über das Maß der Volkszunahme hinausgeht. Die
Ausfuhr hat nicht in entsprechendem Tempo zugenommen wie die Produktions¬
steigerung. Nach alledem verbleibt ein rapides Anwachsen des inländischen
Konsums als schlagender Beweis zusehends steigender Konsumkraft, das heißt
zusehends steigenden Wohlstands.

2. Soweit direkte Ergebnisse der Produktionsstatistik vorliegen, bestätigen
sie für Landwirtschaft wie Bergbau dieses Resultat.

3. Die Entwicklung der Löhne zeigt eine stündige Steigerung bei gleich¬
zeitigem Rückgang der Auswandrung.

Schließlich wird die von Steindamm-Bucher für die vier wirtschaftlich stärksten
Mächte aufgestellte Schätzung des Volksvermögens wiedergegeben:

Mi ganzenauf den Kopf der
Bevölkerung
Milliarden MarkMark
in Deutschland cheute)330 bis 3605000 bis 6000
„ Frankreich (1906)225, höchstens 2S05000 „ 6000
„ Großbritannien (1S05/06) , 25:;. wahrscheinlich mehr, 6000 „ 7000
aber nicht über 300
„ den Vereinigten Staaten von
Amerika'(1S04)..... 428 5272

„In Deutschland steht demgegenüber auf der andern Seite eine Belastung
mit allen Steuern insgesamt von nur wenig mehr als 3000 Millionen Mark
(genau 3060) oder noch nicht 50 Mark auf den Kopf der Bevölkerung. Jetzt sollen
400 bis 500 Millionen neue Steuern hinzukommen, also etwa ein Siebentel
der bisherigen Steuerlast, ein Sechzigste! des jährlichen Volkseinkommens. Kein
Vernünftiger wird sagen, daß dies unerschwinglich sei. Nur muß die Steuerlast
in richtiger Weise verteilt werden. Wie dies zu geschehen habe, darüber wird
der zweite Teil des Führers Auskunft geben, wobei es gut sein wird, auch die
Erfahrungen des Auslandes zum Vergleich heranzuziehen."




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/642>, abgerufen am 25.08.2024.