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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Nachlaßsteuer genährt. So wird sie mit Vorliebe als eine Besteuerung der
Witwen und Waisen bezeichnet. Diese Bezeichnung steht genau auf derselben Linie
mit Schlagwörtern wie "Ausbeutung" im Munde der Sozialdemokraten gegenüber
den Arbeitgebern oder "Brotwucher" im Munde der freihändlerischen Liberalen
gegenüber den Agrariern. Es ist die gleiche Methode, durch die Wahl des Aus¬
drucks irrezuführen und Gehässigkeit zu erregen. Wenn man von Besteuerung der
Witwen und Waisen spricht, so denkt jedermann daran, daß besonders hilfsbe¬
dürftige Geschöpfe, die ohnehin Gegenstand des Mitleids sind, belastet und bedrückt
werden sollen. Diese Vorstellung soll erzeugt werden, um von dem Nachdenken
über die Wahrheit abzulenken, die darin besteht, daß die Witwen und Waisen
-- diese bedrängten Waisen sind zum großen Teil recht hübsch ausgewachsne
Leute in selbständigen Lebensstellungen, die oft mehr Einkommen beziehen als der
Vater -- allerdings insofern besteuert werden, als sie im Falle einer ihnen zu¬
fallenden größern Erbschaft von diesem Besitz einen lächerlich geringen Prozentsatz
abzugeben haben. Die Nachlaßsteuer bringt keinen Menschen in größere Not, als
er schon ist, da sie von einem Besitz, der so klein ist, daß er eine wirkliche Not¬
lage darstellt, überhaupt nicht erhoben wird, bei einer kleinen Hinterlassenschaft
jedoch, die über die untere Grenze der Besteuerung hinausgeht, aber immer noch
bescheiden ist, in einer so geringen Höhe zu leisten ist, daß eine merkbare Ver¬
änderung in der materiellen Lage gar nicht eintreten kann. In einer kürzlich aus-
gefochtnen Preßfehde ergriff der zweite Vorsitzende des Bundes der Landwirte,
Dr. Rösicke, selbst das Wort, um die Behauptung seines Gegners, alle wirk¬
lichen Gründe gegen die Nachlaßsteuer seien längst widerlegt, zu bestreiten. Man
konnte auf diese Ausführungen wirklich neugierig sein, da der ganze Aufsatz,
wie hervorgehoben werden muß, sehr sachlich gehalten war. Um so mehr mußte
auffallen, daß alle Einwände, die gegen die Nachlaßsteuer vorgebracht wurden,
gegen Einzelheiten der bisher gemachten Vorschläge gerichtet waren. Daraus
folgte nichts für die grundsätzliche Stellungnahme; denn die unbesehene An¬
nahme des Regierungsentwurfs hat auch den Agrariern niemand zugemutet.
Grundsätzlicher Art war nur die Meinung, daß die Nachlaßsteuer die Möglichkeit
öffne, den Besitz so stark zu belasten, daß die Besteuerung einer Konfiskation
des Privateigentums gleichkomme. Das könne jederzeit eintreten, sobald sich
im Reichstage eine demokratische oder sozialistische Mehrheit dafür finde. Der
Widerstand dagegen sei schwerer, sobald der erste Schritt einmal getan sei. Es
liegt auf der Hand, daß dieses Argument gegen jede Steuer ins Feld geführt
werden kann. Jede einmal eingeführte Steuer kann natürlich erhöht werden,
wenn es die Gesetzgeber für richtig halten. Ja mit diesem Argument kann
die ganze Reichsfinanzreform überhaupt lahmgelegt werden. Man braucht ja nur
zu sagen: "Das Reich fordert jetzt eine halbe Milliarde; wir wollen aber nichts
bewilligen, denn wir können ja nicht wissen, ob man nicht in Zukunft mit den¬
selben Gründen eine ganze Milliarde fordert, und das ist uns zu viel." Eine solche
Argumentation führt auf einen völlig unhaltbaren Standpunkt. Dr. Rösicke meint
zur Verteidigung der agrarischen Auffassung, man weise die Agrarier darauf hi"i
daß die Ablehnung der Nachlnßsteuer ihnen ja doch keine Sicherheit gegen ihre
spätere Annahme durch eine demokratische Reichstagsmehrheit böte; das käme ihm
geradeso vor, als ob man die Unterwerfung unter eine Nachbarmacht empfehle,
weil man ja doch nicht wissen könne, ob man nicht später einmal dazu gezwungen
sein werde. Das mag ja eine dialektisch geschickte Erwiderung sein, aber sie be¬
gründet das Verhalten der Agrarier nur taktisch, nicht materiell. Der Vergleich
paßt nicht; denn warum man sich einer fremden Macht nicht ohne Kampf und
äußersten Zwang unterwirft, das weiß jeder ohne Auseinandersetzung; aus welchen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Nachlaßsteuer genährt. So wird sie mit Vorliebe als eine Besteuerung der
Witwen und Waisen bezeichnet. Diese Bezeichnung steht genau auf derselben Linie
mit Schlagwörtern wie „Ausbeutung" im Munde der Sozialdemokraten gegenüber
den Arbeitgebern oder „Brotwucher" im Munde der freihändlerischen Liberalen
gegenüber den Agrariern. Es ist die gleiche Methode, durch die Wahl des Aus¬
drucks irrezuführen und Gehässigkeit zu erregen. Wenn man von Besteuerung der
Witwen und Waisen spricht, so denkt jedermann daran, daß besonders hilfsbe¬
dürftige Geschöpfe, die ohnehin Gegenstand des Mitleids sind, belastet und bedrückt
werden sollen. Diese Vorstellung soll erzeugt werden, um von dem Nachdenken
über die Wahrheit abzulenken, die darin besteht, daß die Witwen und Waisen
— diese bedrängten Waisen sind zum großen Teil recht hübsch ausgewachsne
Leute in selbständigen Lebensstellungen, die oft mehr Einkommen beziehen als der
Vater — allerdings insofern besteuert werden, als sie im Falle einer ihnen zu¬
fallenden größern Erbschaft von diesem Besitz einen lächerlich geringen Prozentsatz
abzugeben haben. Die Nachlaßsteuer bringt keinen Menschen in größere Not, als
er schon ist, da sie von einem Besitz, der so klein ist, daß er eine wirkliche Not¬
lage darstellt, überhaupt nicht erhoben wird, bei einer kleinen Hinterlassenschaft
jedoch, die über die untere Grenze der Besteuerung hinausgeht, aber immer noch
bescheiden ist, in einer so geringen Höhe zu leisten ist, daß eine merkbare Ver¬
änderung in der materiellen Lage gar nicht eintreten kann. In einer kürzlich aus-
gefochtnen Preßfehde ergriff der zweite Vorsitzende des Bundes der Landwirte,
Dr. Rösicke, selbst das Wort, um die Behauptung seines Gegners, alle wirk¬
lichen Gründe gegen die Nachlaßsteuer seien längst widerlegt, zu bestreiten. Man
konnte auf diese Ausführungen wirklich neugierig sein, da der ganze Aufsatz,
wie hervorgehoben werden muß, sehr sachlich gehalten war. Um so mehr mußte
auffallen, daß alle Einwände, die gegen die Nachlaßsteuer vorgebracht wurden,
gegen Einzelheiten der bisher gemachten Vorschläge gerichtet waren. Daraus
folgte nichts für die grundsätzliche Stellungnahme; denn die unbesehene An¬
nahme des Regierungsentwurfs hat auch den Agrariern niemand zugemutet.
Grundsätzlicher Art war nur die Meinung, daß die Nachlaßsteuer die Möglichkeit
öffne, den Besitz so stark zu belasten, daß die Besteuerung einer Konfiskation
des Privateigentums gleichkomme. Das könne jederzeit eintreten, sobald sich
im Reichstage eine demokratische oder sozialistische Mehrheit dafür finde. Der
Widerstand dagegen sei schwerer, sobald der erste Schritt einmal getan sei. Es
liegt auf der Hand, daß dieses Argument gegen jede Steuer ins Feld geführt
werden kann. Jede einmal eingeführte Steuer kann natürlich erhöht werden,
wenn es die Gesetzgeber für richtig halten. Ja mit diesem Argument kann
die ganze Reichsfinanzreform überhaupt lahmgelegt werden. Man braucht ja nur
zu sagen: „Das Reich fordert jetzt eine halbe Milliarde; wir wollen aber nichts
bewilligen, denn wir können ja nicht wissen, ob man nicht in Zukunft mit den¬
selben Gründen eine ganze Milliarde fordert, und das ist uns zu viel." Eine solche
Argumentation führt auf einen völlig unhaltbaren Standpunkt. Dr. Rösicke meint
zur Verteidigung der agrarischen Auffassung, man weise die Agrarier darauf hi»i
daß die Ablehnung der Nachlnßsteuer ihnen ja doch keine Sicherheit gegen ihre
spätere Annahme durch eine demokratische Reichstagsmehrheit böte; das käme ihm
geradeso vor, als ob man die Unterwerfung unter eine Nachbarmacht empfehle,
weil man ja doch nicht wissen könne, ob man nicht später einmal dazu gezwungen
sein werde. Das mag ja eine dialektisch geschickte Erwiderung sein, aber sie be¬
gründet das Verhalten der Agrarier nur taktisch, nicht materiell. Der Vergleich
paßt nicht; denn warum man sich einer fremden Macht nicht ohne Kampf und
äußersten Zwang unterwirft, das weiß jeder ohne Auseinandersetzung; aus welchen


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[0618] Maßgebliches und Unmaßgebliches Nachlaßsteuer genährt. So wird sie mit Vorliebe als eine Besteuerung der Witwen und Waisen bezeichnet. Diese Bezeichnung steht genau auf derselben Linie mit Schlagwörtern wie „Ausbeutung" im Munde der Sozialdemokraten gegenüber den Arbeitgebern oder „Brotwucher" im Munde der freihändlerischen Liberalen gegenüber den Agrariern. Es ist die gleiche Methode, durch die Wahl des Aus¬ drucks irrezuführen und Gehässigkeit zu erregen. Wenn man von Besteuerung der Witwen und Waisen spricht, so denkt jedermann daran, daß besonders hilfsbe¬ dürftige Geschöpfe, die ohnehin Gegenstand des Mitleids sind, belastet und bedrückt werden sollen. Diese Vorstellung soll erzeugt werden, um von dem Nachdenken über die Wahrheit abzulenken, die darin besteht, daß die Witwen und Waisen — diese bedrängten Waisen sind zum großen Teil recht hübsch ausgewachsne Leute in selbständigen Lebensstellungen, die oft mehr Einkommen beziehen als der Vater — allerdings insofern besteuert werden, als sie im Falle einer ihnen zu¬ fallenden größern Erbschaft von diesem Besitz einen lächerlich geringen Prozentsatz abzugeben haben. Die Nachlaßsteuer bringt keinen Menschen in größere Not, als er schon ist, da sie von einem Besitz, der so klein ist, daß er eine wirkliche Not¬ lage darstellt, überhaupt nicht erhoben wird, bei einer kleinen Hinterlassenschaft jedoch, die über die untere Grenze der Besteuerung hinausgeht, aber immer noch bescheiden ist, in einer so geringen Höhe zu leisten ist, daß eine merkbare Ver¬ änderung in der materiellen Lage gar nicht eintreten kann. In einer kürzlich aus- gefochtnen Preßfehde ergriff der zweite Vorsitzende des Bundes der Landwirte, Dr. Rösicke, selbst das Wort, um die Behauptung seines Gegners, alle wirk¬ lichen Gründe gegen die Nachlaßsteuer seien längst widerlegt, zu bestreiten. Man konnte auf diese Ausführungen wirklich neugierig sein, da der ganze Aufsatz, wie hervorgehoben werden muß, sehr sachlich gehalten war. Um so mehr mußte auffallen, daß alle Einwände, die gegen die Nachlaßsteuer vorgebracht wurden, gegen Einzelheiten der bisher gemachten Vorschläge gerichtet waren. Daraus folgte nichts für die grundsätzliche Stellungnahme; denn die unbesehene An¬ nahme des Regierungsentwurfs hat auch den Agrariern niemand zugemutet. Grundsätzlicher Art war nur die Meinung, daß die Nachlaßsteuer die Möglichkeit öffne, den Besitz so stark zu belasten, daß die Besteuerung einer Konfiskation des Privateigentums gleichkomme. Das könne jederzeit eintreten, sobald sich im Reichstage eine demokratische oder sozialistische Mehrheit dafür finde. Der Widerstand dagegen sei schwerer, sobald der erste Schritt einmal getan sei. Es liegt auf der Hand, daß dieses Argument gegen jede Steuer ins Feld geführt werden kann. Jede einmal eingeführte Steuer kann natürlich erhöht werden, wenn es die Gesetzgeber für richtig halten. Ja mit diesem Argument kann die ganze Reichsfinanzreform überhaupt lahmgelegt werden. Man braucht ja nur zu sagen: „Das Reich fordert jetzt eine halbe Milliarde; wir wollen aber nichts bewilligen, denn wir können ja nicht wissen, ob man nicht in Zukunft mit den¬ selben Gründen eine ganze Milliarde fordert, und das ist uns zu viel." Eine solche Argumentation führt auf einen völlig unhaltbaren Standpunkt. Dr. Rösicke meint zur Verteidigung der agrarischen Auffassung, man weise die Agrarier darauf hi»i daß die Ablehnung der Nachlnßsteuer ihnen ja doch keine Sicherheit gegen ihre spätere Annahme durch eine demokratische Reichstagsmehrheit böte; das käme ihm geradeso vor, als ob man die Unterwerfung unter eine Nachbarmacht empfehle, weil man ja doch nicht wissen könne, ob man nicht später einmal dazu gezwungen sein werde. Das mag ja eine dialektisch geschickte Erwiderung sein, aber sie be¬ gründet das Verhalten der Agrarier nur taktisch, nicht materiell. Der Vergleich paßt nicht; denn warum man sich einer fremden Macht nicht ohne Kampf und äußersten Zwang unterwirft, das weiß jeder ohne Auseinandersetzung; aus welchen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/618>, abgerufen am 23.07.2024.