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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Irrenärztliche wünsche Zur neuen Strafprozeßordnung

haben Flüge bis 90 Kilometer und bis 60 Meter Höhe in 1^ Stunden zurück¬
gelegt. Eine französische Gesellschaft baut bei Dünkirchen fünfzig Wrightsche
Apparate, und auch Amerika steht vor der Erwerbung. Die Franzosen Bleriot
und Esnault Pelterie bauen Eindecker, deren Stabilität noch mangelhaft ist. In
Deutschland ist unter andern Major von Parscvcil, in Österreich der bekannte
Aviatiker Dr. Nimfuhr am Bau von Drachenfliegern.

Überall sehen wir rege Arbeit, täglich berichten die Zeitungen von neuen
Versuchen. Schon das laufende Jahr wird voraussichtlich der militärischen
Welt auf den Gebieten der Aerostatik und Aerodynamik viel des interessanten,
hoffentlich auch des brauchbaren, bringen.




Irrenärztliche Wünsche zur neuen Strafprozeßordnung
Dr. Georg Ilberg, von Gberarzt der Königlich Sächsischen Irrenanstalt
zu Großschweidnitz

ZM
M)on Geisteskrankheit handeln zahlreiche Bestimmungen des
Strafgesetzbuchs und der Strafprozeßordnung. Wir Irrenärzte
haben uns mit diesen bekannt zu machen und haben uns bei
unsrer Tätigkeit nach ihnen zu richten. Im Herbst 1908 ist
nun der Entwurf zu einer neuen Strafprozeßordnung heraus¬
gekommen. Hiermit ist auch uns eine neue Aufgabe gestellt. Jetzt gilt darauf
zu achten und mitzuwirken, daß das neue Gesetz auch die Bestimmungen trifft,
die durch die eigenartigen Zustünde der Geisteskranken geboten und für eine
ersprießliche psychiatrische Tätigkeit nötig sind. Man wird den Irrenärzten
nicht verdenken dürfen, daß sie auch ihrerseits hier mitsprechen; haben sie doch
zum Beispiel in den Jahren 1901 bis 1903 in 69 Anstalten des Deutschen
Reichs nicht weniger als zwölfhundert Personen nach Paragraph 81 der Straf¬
prozeßordnung und Paragraph 656 der Zivilprozeßordnung auf ihren Geistes¬
zustand zu untersuchen und damit eine an Mühe und Sorgen reiche Arbeit
zu verrichten gehabt.

Ich habe die von Irrenärzten verschiedner Richtung vorgebrachten Wünsche
gesammelt und den Mitgliedern der seit fünfzehn Jahren in Dresden be¬
stehenden forensisch-psychiatrischen Vereinigung vorgetragen. Eine ein¬
gehende Beratung hat in den Vereinssitzungen namentlich über die Paragraphen
58 und 80 des Entwurfs (NichtVereidigung bestimmter Personen und Jrren-
anstaltsbeobachtnng Beschuldigter) stattgefunden; hier haben sich unsre Be¬
sprechungen zu bestimmten Vorschlügen verdichtet. In folgendem werde ich
aber auch zu Wünschen, über die sich die Vereinigung nicht einigte, Stellung


Irrenärztliche wünsche Zur neuen Strafprozeßordnung

haben Flüge bis 90 Kilometer und bis 60 Meter Höhe in 1^ Stunden zurück¬
gelegt. Eine französische Gesellschaft baut bei Dünkirchen fünfzig Wrightsche
Apparate, und auch Amerika steht vor der Erwerbung. Die Franzosen Bleriot
und Esnault Pelterie bauen Eindecker, deren Stabilität noch mangelhaft ist. In
Deutschland ist unter andern Major von Parscvcil, in Österreich der bekannte
Aviatiker Dr. Nimfuhr am Bau von Drachenfliegern.

Überall sehen wir rege Arbeit, täglich berichten die Zeitungen von neuen
Versuchen. Schon das laufende Jahr wird voraussichtlich der militärischen
Welt auf den Gebieten der Aerostatik und Aerodynamik viel des interessanten,
hoffentlich auch des brauchbaren, bringen.




Irrenärztliche Wünsche zur neuen Strafprozeßordnung
Dr. Georg Ilberg, von Gberarzt der Königlich Sächsischen Irrenanstalt
zu Großschweidnitz

ZM
M)on Geisteskrankheit handeln zahlreiche Bestimmungen des
Strafgesetzbuchs und der Strafprozeßordnung. Wir Irrenärzte
haben uns mit diesen bekannt zu machen und haben uns bei
unsrer Tätigkeit nach ihnen zu richten. Im Herbst 1908 ist
nun der Entwurf zu einer neuen Strafprozeßordnung heraus¬
gekommen. Hiermit ist auch uns eine neue Aufgabe gestellt. Jetzt gilt darauf
zu achten und mitzuwirken, daß das neue Gesetz auch die Bestimmungen trifft,
die durch die eigenartigen Zustünde der Geisteskranken geboten und für eine
ersprießliche psychiatrische Tätigkeit nötig sind. Man wird den Irrenärzten
nicht verdenken dürfen, daß sie auch ihrerseits hier mitsprechen; haben sie doch
zum Beispiel in den Jahren 1901 bis 1903 in 69 Anstalten des Deutschen
Reichs nicht weniger als zwölfhundert Personen nach Paragraph 81 der Straf¬
prozeßordnung und Paragraph 656 der Zivilprozeßordnung auf ihren Geistes¬
zustand zu untersuchen und damit eine an Mühe und Sorgen reiche Arbeit
zu verrichten gehabt.

Ich habe die von Irrenärzten verschiedner Richtung vorgebrachten Wünsche
gesammelt und den Mitgliedern der seit fünfzehn Jahren in Dresden be¬
stehenden forensisch-psychiatrischen Vereinigung vorgetragen. Eine ein¬
gehende Beratung hat in den Vereinssitzungen namentlich über die Paragraphen
58 und 80 des Entwurfs (NichtVereidigung bestimmter Personen und Jrren-
anstaltsbeobachtnng Beschuldigter) stattgefunden; hier haben sich unsre Be¬
sprechungen zu bestimmten Vorschlügen verdichtet. In folgendem werde ich
aber auch zu Wünschen, über die sich die Vereinigung nicht einigte, Stellung


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[0496] Irrenärztliche wünsche Zur neuen Strafprozeßordnung haben Flüge bis 90 Kilometer und bis 60 Meter Höhe in 1^ Stunden zurück¬ gelegt. Eine französische Gesellschaft baut bei Dünkirchen fünfzig Wrightsche Apparate, und auch Amerika steht vor der Erwerbung. Die Franzosen Bleriot und Esnault Pelterie bauen Eindecker, deren Stabilität noch mangelhaft ist. In Deutschland ist unter andern Major von Parscvcil, in Österreich der bekannte Aviatiker Dr. Nimfuhr am Bau von Drachenfliegern. Überall sehen wir rege Arbeit, täglich berichten die Zeitungen von neuen Versuchen. Schon das laufende Jahr wird voraussichtlich der militärischen Welt auf den Gebieten der Aerostatik und Aerodynamik viel des interessanten, hoffentlich auch des brauchbaren, bringen. Irrenärztliche Wünsche zur neuen Strafprozeßordnung Dr. Georg Ilberg, von Gberarzt der Königlich Sächsischen Irrenanstalt zu Großschweidnitz ZM M)on Geisteskrankheit handeln zahlreiche Bestimmungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozeßordnung. Wir Irrenärzte haben uns mit diesen bekannt zu machen und haben uns bei unsrer Tätigkeit nach ihnen zu richten. Im Herbst 1908 ist nun der Entwurf zu einer neuen Strafprozeßordnung heraus¬ gekommen. Hiermit ist auch uns eine neue Aufgabe gestellt. Jetzt gilt darauf zu achten und mitzuwirken, daß das neue Gesetz auch die Bestimmungen trifft, die durch die eigenartigen Zustünde der Geisteskranken geboten und für eine ersprießliche psychiatrische Tätigkeit nötig sind. Man wird den Irrenärzten nicht verdenken dürfen, daß sie auch ihrerseits hier mitsprechen; haben sie doch zum Beispiel in den Jahren 1901 bis 1903 in 69 Anstalten des Deutschen Reichs nicht weniger als zwölfhundert Personen nach Paragraph 81 der Straf¬ prozeßordnung und Paragraph 656 der Zivilprozeßordnung auf ihren Geistes¬ zustand zu untersuchen und damit eine an Mühe und Sorgen reiche Arbeit zu verrichten gehabt. Ich habe die von Irrenärzten verschiedner Richtung vorgebrachten Wünsche gesammelt und den Mitgliedern der seit fünfzehn Jahren in Dresden be¬ stehenden forensisch-psychiatrischen Vereinigung vorgetragen. Eine ein¬ gehende Beratung hat in den Vereinssitzungen namentlich über die Paragraphen 58 und 80 des Entwurfs (NichtVereidigung bestimmter Personen und Jrren- anstaltsbeobachtnng Beschuldigter) stattgefunden; hier haben sich unsre Be¬ sprechungen zu bestimmten Vorschlügen verdichtet. In folgendem werde ich aber auch zu Wünschen, über die sich die Vereinigung nicht einigte, Stellung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/496>, abgerufen am 12.12.2024.