Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.1876 bis 1888, dann wieder von 1892 bis 1893 war er Mitglied des preußischen Dr. Meyer war Mitglied der nationalliberalen Partei. Wie Gildemeister, Es ist längst Zeit geworden, nunmehr anch Ludwig Bambergers zu ge¬ Ehe wir uns der für sie so tragischen Schicksalsünderung zuwenden, muß 1876 bis 1888, dann wieder von 1892 bis 1893 war er Mitglied des preußischen Dr. Meyer war Mitglied der nationalliberalen Partei. Wie Gildemeister, Es ist längst Zeit geworden, nunmehr anch Ludwig Bambergers zu ge¬ Ehe wir uns der für sie so tragischen Schicksalsünderung zuwenden, muß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0441" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312792"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1705" prev="#ID_1704"> 1876 bis 1888, dann wieder von 1892 bis 1893 war er Mitglied des preußischen<lb/> Abgeordnetenhauses und von 1881 bis 1896 des Reichstags.</p><lb/> <p xml:id="ID_1706"> Dr. Meyer war Mitglied der nationalliberalen Partei. Wie Gildemeister,<lb/> so hatte auch er schon in den Jahren, als aus dem preußischen Konflikte Bis-<lb/> marcks große, schöpferische Nationalpolitik hervorleuchtete, den negierenden<lb/> Standpunkt des damaligen Liberalismus verlassen und einer Versöhnung<lb/> zwischen diesem und Bismarck vorgearbeitet. Im Jahre 1866 bildete sich die<lb/> neue Partei. Zu ihren Hauptvorkämpfern auf dem Gebiete der Publizistik<lb/> gehörten die beiden Männer. Und als vollends der Riesenkampf mit Frank¬<lb/> reich entbrannte, als das neue Reich geschmiedet wurde, und dann die Feind¬<lb/> schaft des für unfehlbar erklärten Papsttums abzuwehren war, da waren beide<lb/> unermüdlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1707"> Es ist längst Zeit geworden, nunmehr anch Ludwig Bambergers zu ge¬<lb/> denken, der an Wirksamkeit bald der erste werden sollte. Er war am<lb/> 22. Juli 1823, wenige Wochen nach Gildemeister, in Mainz geboren. Nach<lb/> dein juristischen Universitütsstudium nahm er an der achtundvierziger Bewegung<lb/> eifrigen Anteil, sogar an dem pfälzischen Aufstande von 1849, worauf er zur<lb/> Flucht ins Ausland gezwungen wurde. Die Rechtswissenschaft vertauschte er<lb/> nun mit dem Handel, der ihn zu einem vermögenden Manne machte. Aus<lb/> dein Exil hatte er schon manche freisinnige Artikel veröffentlicht, keineswegs<lb/> nur politische. Im Jahre 1866 wurde ihm die Rückkehr möglich, und nun<lb/> griff er kräftig in die Entwicklung Deutschlands ein. Auch er machte im<lb/> Gegensatz zu vielen süddeutschen Demokraten, zu den „alten Achtundvierzigern"<lb/> seinen Frieden mit der Neugestaltung der deutschen Verhältnisse und bot<lb/> alles auf, sie im liberalen Sinne zu beeinflussen. Im Jahre 1868 wählte<lb/> ihn Mainz ins Zollparlament, 1870 in den Reichstag. Hier trat er in die<lb/> nationalliberale Partei ein, hier kämpfte er an der Seite Bennigsens,<lb/> Twestens, Lasters, Forckenbecks. Mit wenig Ausnahmen, zu denen Miqnel<lb/> und Hannacher gehörten, war damals die ganze Partei freihändlerisch. In<lb/> dem Präsidenten des Reichskcmzlcramts, Rudolf Delbrück, hatten die frei¬<lb/> händlerischen und manchesterlichen Nationalliberalen einen Gesinnungsgenossen<lb/> auf wirtschaftlichem Gebiet, wie sie ihn sich nicht besser wünschen konnten.<lb/> Am nachhaltigsten beeinflußte Bamberger die deutsche Münzgesetzgebung. Auch<lb/> darin ging er Hand in Hand mit Delbrück. In ihrer Verteidigung zur Zeit<lb/> der bimetallistischen Angriffe fand er die entscheidende Hilfe bei dem Neichs-<lb/> dankdirektor Dr. Koch. Auf kirchenpolitischen Gebiete stand Bamberger abseits.<lb/> Er wollte vieles von dem Kulturkampf nicht mitmachen, weil es ihm gegen<lb/> die Toleranz zu verstoßen schien. Es war eine große Zeit für unsre drei<lb/> Politiker.</p><lb/> <p xml:id="ID_1708" next="#ID_1709"> Ehe wir uns der für sie so tragischen Schicksalsünderung zuwenden, muß<lb/> hier ihrem rein literarischen, nichtpolitischen Wirken gedacht werden. Hier<lb/> steht offenbar Otto Gildemeister am glänzendsten da. Es ist überflüssig, seinen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0441]
1876 bis 1888, dann wieder von 1892 bis 1893 war er Mitglied des preußischen
Abgeordnetenhauses und von 1881 bis 1896 des Reichstags.
Dr. Meyer war Mitglied der nationalliberalen Partei. Wie Gildemeister,
so hatte auch er schon in den Jahren, als aus dem preußischen Konflikte Bis-
marcks große, schöpferische Nationalpolitik hervorleuchtete, den negierenden
Standpunkt des damaligen Liberalismus verlassen und einer Versöhnung
zwischen diesem und Bismarck vorgearbeitet. Im Jahre 1866 bildete sich die
neue Partei. Zu ihren Hauptvorkämpfern auf dem Gebiete der Publizistik
gehörten die beiden Männer. Und als vollends der Riesenkampf mit Frank¬
reich entbrannte, als das neue Reich geschmiedet wurde, und dann die Feind¬
schaft des für unfehlbar erklärten Papsttums abzuwehren war, da waren beide
unermüdlich.
Es ist längst Zeit geworden, nunmehr anch Ludwig Bambergers zu ge¬
denken, der an Wirksamkeit bald der erste werden sollte. Er war am
22. Juli 1823, wenige Wochen nach Gildemeister, in Mainz geboren. Nach
dein juristischen Universitütsstudium nahm er an der achtundvierziger Bewegung
eifrigen Anteil, sogar an dem pfälzischen Aufstande von 1849, worauf er zur
Flucht ins Ausland gezwungen wurde. Die Rechtswissenschaft vertauschte er
nun mit dem Handel, der ihn zu einem vermögenden Manne machte. Aus
dein Exil hatte er schon manche freisinnige Artikel veröffentlicht, keineswegs
nur politische. Im Jahre 1866 wurde ihm die Rückkehr möglich, und nun
griff er kräftig in die Entwicklung Deutschlands ein. Auch er machte im
Gegensatz zu vielen süddeutschen Demokraten, zu den „alten Achtundvierzigern"
seinen Frieden mit der Neugestaltung der deutschen Verhältnisse und bot
alles auf, sie im liberalen Sinne zu beeinflussen. Im Jahre 1868 wählte
ihn Mainz ins Zollparlament, 1870 in den Reichstag. Hier trat er in die
nationalliberale Partei ein, hier kämpfte er an der Seite Bennigsens,
Twestens, Lasters, Forckenbecks. Mit wenig Ausnahmen, zu denen Miqnel
und Hannacher gehörten, war damals die ganze Partei freihändlerisch. In
dem Präsidenten des Reichskcmzlcramts, Rudolf Delbrück, hatten die frei¬
händlerischen und manchesterlichen Nationalliberalen einen Gesinnungsgenossen
auf wirtschaftlichem Gebiet, wie sie ihn sich nicht besser wünschen konnten.
Am nachhaltigsten beeinflußte Bamberger die deutsche Münzgesetzgebung. Auch
darin ging er Hand in Hand mit Delbrück. In ihrer Verteidigung zur Zeit
der bimetallistischen Angriffe fand er die entscheidende Hilfe bei dem Neichs-
dankdirektor Dr. Koch. Auf kirchenpolitischen Gebiete stand Bamberger abseits.
Er wollte vieles von dem Kulturkampf nicht mitmachen, weil es ihm gegen
die Toleranz zu verstoßen schien. Es war eine große Zeit für unsre drei
Politiker.
Ehe wir uns der für sie so tragischen Schicksalsünderung zuwenden, muß
hier ihrem rein literarischen, nichtpolitischen Wirken gedacht werden. Hier
steht offenbar Otto Gildemeister am glänzendsten da. Es ist überflüssig, seinen
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