Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Die deutscheu Kolonie" im Jahre ^9^^ deutung werden und die materiellen Vorteile der Kolonien zeitweise in Frage Und die wirtschaftliche Nutzbarmachung der Kolonien hängt davon ab, Die deutscheu Kolonie» im Jahre ^9^^ deutung werden und die materiellen Vorteile der Kolonien zeitweise in Frage Und die wirtschaftliche Nutzbarmachung der Kolonien hängt davon ab, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0387" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312738"/> <fw type="header" place="top"> Die deutscheu Kolonie» im Jahre ^9^^</fw><lb/> <p xml:id="ID_1492" prev="#ID_1491"> deutung werden und die materiellen Vorteile der Kolonien zeitweise in Frage<lb/> stellen. Die Bilanz von Südwestafrika redet in dieser Beziehung eine mir zu<lb/> deutliche Sprache, und auch aus der von Ostafrika läßt sich allerlei heraus¬<lb/> lesen. Aufstände über Aufstände haben uns gewaltige Summen gekostet, die<lb/> wir uns mit einiger Aufmerksamkeit und größerer Festigkeit im Auftreten<lb/> hätten ersparen können. Dabei hat die für die wirtschaftliche Erschließung der<lb/> Kolonien so wertvolle eingeborne Bevölkerung durch diese Kämpfe immer mehr<lb/> abgenommen, ja in Südwestafrika ist sie nahezu vernichtet. Wir haben uns<lb/> eben nicht in Respekt zu setzen gewußt, und deutliche Anzeichen in Südwest-<lb/> und Ostafrika sprechen dafür, daß die Kämpfe noch nicht zu Ende sind, sondern<lb/> immer wieder aufleben werden, wenn nicht in unsern Kolonien eine unzwei¬<lb/> deutige Herrenpolitik Platz greift. Eine Herrenpolitik im besten Sinne, die<lb/> sich auch das Wohl der Untertanen angelegen sein läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1493"> Und die wirtschaftliche Nutzbarmachung der Kolonien hängt davon ab,<lb/> in welchem Grade wir die Eingebornen zu stetiger Arbeit zu erziehen verstehn.<lb/> In der Denkschrift von Togo heißt es, die Annahme, daß die Eingebornen<lb/> die ihnen angelernten Produktionsarten auch ohne Einwirkung der Verwaltung<lb/> sachgemäß fortführen würden, habe sich nicht ganz bestätigt. Daraus ergibt<lb/> sich, was es mit der Behauptung in der ostafrikanischen Denkschrift auf sich<lb/> hat, man brauche den Eingebornen bloß durch Bau von Eisenbahnen Absatz¬<lb/> gelegenheit zu schaffen, dann würden sie von selbst intensiver arbeiten. In Togo<lb/> ist in dieser Hinsicht alles mögliche geschehen, das Resultat bleibt aber doch:<lb/> ohne sanften Druck arbeitet der Neger nicht. Worin der sanfte Druck bestehen<lb/> soll, in Mindestarbeitsverpflichtung, Besteuerung oder Belehrung, das kommt auf<lb/> die lokalen Verhältnisse an. Als Gegenleistung erhält der Neger von uns Sicher¬<lb/> heit für Leib und Leben und Besserung seiner Lebenshaltung, denn beides liegt<lb/> auch in unserm Interesse. Man komme uns aber nicht immer wieder mit der<lb/> schönen Phrase: das wichtigste Aktivum der Kolonie ist der Neger, denn das<lb/> ist nicht wahr. Das wichtigste Aktivum ist der Weiße, denn ohne seine In¬<lb/> telligenz, seinen Unternehmungsgeist, sein Geld ist der Schwarze gar nichts<lb/> wert. Man denke gefälligst an die kulturellen und wirtschaftlichen Leistungen der<lb/> selbständigen Negerstaaten Haiti und Liberia. Ein bessern Beweis kann ich mir<lb/> nicht denken. Wenn sich diese Erkenntnis endlich allmählich Bahn bricht, was<lb/> wir hoffen, so ist dies zunächst wertvoller als einige Millionen Einfuhr und<lb/> Ausfuhr mehr oder weniger. Ich wünschte, dieses wichtige Aktivum möchte dem<lb/> nächsten Jahresbericht über die Entwicklung der Kolonien das Gepräge geben!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0387]
Die deutscheu Kolonie» im Jahre ^9^^
deutung werden und die materiellen Vorteile der Kolonien zeitweise in Frage
stellen. Die Bilanz von Südwestafrika redet in dieser Beziehung eine mir zu
deutliche Sprache, und auch aus der von Ostafrika läßt sich allerlei heraus¬
lesen. Aufstände über Aufstände haben uns gewaltige Summen gekostet, die
wir uns mit einiger Aufmerksamkeit und größerer Festigkeit im Auftreten
hätten ersparen können. Dabei hat die für die wirtschaftliche Erschließung der
Kolonien so wertvolle eingeborne Bevölkerung durch diese Kämpfe immer mehr
abgenommen, ja in Südwestafrika ist sie nahezu vernichtet. Wir haben uns
eben nicht in Respekt zu setzen gewußt, und deutliche Anzeichen in Südwest-
und Ostafrika sprechen dafür, daß die Kämpfe noch nicht zu Ende sind, sondern
immer wieder aufleben werden, wenn nicht in unsern Kolonien eine unzwei¬
deutige Herrenpolitik Platz greift. Eine Herrenpolitik im besten Sinne, die
sich auch das Wohl der Untertanen angelegen sein läßt.
Und die wirtschaftliche Nutzbarmachung der Kolonien hängt davon ab,
in welchem Grade wir die Eingebornen zu stetiger Arbeit zu erziehen verstehn.
In der Denkschrift von Togo heißt es, die Annahme, daß die Eingebornen
die ihnen angelernten Produktionsarten auch ohne Einwirkung der Verwaltung
sachgemäß fortführen würden, habe sich nicht ganz bestätigt. Daraus ergibt
sich, was es mit der Behauptung in der ostafrikanischen Denkschrift auf sich
hat, man brauche den Eingebornen bloß durch Bau von Eisenbahnen Absatz¬
gelegenheit zu schaffen, dann würden sie von selbst intensiver arbeiten. In Togo
ist in dieser Hinsicht alles mögliche geschehen, das Resultat bleibt aber doch:
ohne sanften Druck arbeitet der Neger nicht. Worin der sanfte Druck bestehen
soll, in Mindestarbeitsverpflichtung, Besteuerung oder Belehrung, das kommt auf
die lokalen Verhältnisse an. Als Gegenleistung erhält der Neger von uns Sicher¬
heit für Leib und Leben und Besserung seiner Lebenshaltung, denn beides liegt
auch in unserm Interesse. Man komme uns aber nicht immer wieder mit der
schönen Phrase: das wichtigste Aktivum der Kolonie ist der Neger, denn das
ist nicht wahr. Das wichtigste Aktivum ist der Weiße, denn ohne seine In¬
telligenz, seinen Unternehmungsgeist, sein Geld ist der Schwarze gar nichts
wert. Man denke gefälligst an die kulturellen und wirtschaftlichen Leistungen der
selbständigen Negerstaaten Haiti und Liberia. Ein bessern Beweis kann ich mir
nicht denken. Wenn sich diese Erkenntnis endlich allmählich Bahn bricht, was
wir hoffen, so ist dies zunächst wertvoller als einige Millionen Einfuhr und
Ausfuhr mehr oder weniger. Ich wünschte, dieses wichtige Aktivum möchte dem
nächsten Jahresbericht über die Entwicklung der Kolonien das Gepräge geben!
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