Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Die Uonumslltg, lZsrniÄiiiÄc! Ili8torivÄ in den höhern Schulen in aller Kürze zeigen. Der deutsche Geschichtschreiber Bischof Thietmar von Die Uonumslltg, lZsrniÄiiiÄc! Ili8torivÄ in den höhern Schulen in aller Kürze zeigen. Der deutsche Geschichtschreiber Bischof Thietmar von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0358" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312709"/> <fw type="header" place="top"> Die Uonumslltg, lZsrniÄiiiÄc! Ili8torivÄ in den höhern Schulen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1358" prev="#ID_1357" next="#ID_1359"> in aller Kürze zeigen. Der deutsche Geschichtschreiber Bischof Thietmar von<lb/> Merseburg, dessen Chronik die Hauptquelle für die Geschichte der slawischen<lb/> Gegenden östlich von der Elbe ist, beschreibt im sechsten Buche die alte Wenden¬<lb/> feste Liubusuci. Sie bestand nach seiner Schilderung aus einer besondern<lb/> Befestigung und aus einer Stadt, beide waren durch ein Tal getrennt, lagen<lb/> also auf Anhöhen. Der Bischof hat die Feste selbst gesehen und schreibt, daß<lb/> sie zwölf Tore und Platz für zehntausend Mann gehabt habe. Ihr Anblick<lb/> setzte ihn so in Staunen, daß er ein Werk Julius Cäsars und einen römischen<lb/> Bau vor sich zu haben meinte, und er gab sogar eine Stelle aus Lucanus<lb/> (Pharsalia, Buch 6 Vers 29) an, die seiner Ansicht nach vergleichsweise auf<lb/> die Feste Liubusua paßte. Im Jahre 932 trat sie zuerst in der Geschichte auf und<lb/> wurde damals vou Heinrich dem Ersten belagert und den Wenden abgenommen.<lb/> Später wurde die Feste von den deutschen Eroberern ausgebaut und mit einer<lb/> Besatzung belegt. Im Jahre 1012 zog der Herzog Bolislaw vor Liubusua und<lb/> belagerte die Feste, weil er wußte, daß wegen der Überschwemmung an der Elbe<lb/> die Deutschen den Belagerten keinen Entsatz und keine Hilfe bringen konnten.<lb/> Nach mäßigem Widerstand ergab sich denn auch die aus tausend Mann be¬<lb/> stehende Besatzung dem Polenherzog, es entstand ein furchtbares Blutbad, und<lb/> die Wenden zogen beutebeladen und vergnügt von dannen, nachdem sie die<lb/> Stadt angezündet hatten. Das deutsche Heer konnte tatsächlich nicht über die<lb/> Elbe herüber, sondern stand untätig bei Belgern. Wo lag Liubusua? Früher<lb/> nahm man an, daß die Stadt Lebus bei Frankfurt an der Oder in Frage<lb/> käme. Dieser Ort wird jedoch in der Geschichte erst später erwähnt und<lb/> paßt auch der Lage nach durchaus nicht zu der Beschreibung Thietmars. Die<lb/> Feste Liubusua lag unzweifelhaft in der Nähe des heutigen Dorfes Lebusa<lb/> zwischen Dahme in der Mark und Schlicker bei Herzberg an der Elster.<lb/> Auf einer langgestreckten Anhöhe südlich vom Dorfe sind noch deutlich Be¬<lb/> festigungen sichtbar, namentlich Gräben, die sich in Winkeln und Krümmungen<lb/> um die Höhen herumziehen und dann im Walde verlaufen. Als Quellen¬<lb/> schriften für diese immerhin nicht ganz unbedeutende Begebenheit, bei der<lb/> selbst die Wenden fünfhundert Mann einbüßten, kommen außer Thietmar die<lb/> Hildesheimer und Weißenburger, die Corveyer und Quedlinburger Annalen<lb/> sowie Widukinds res Assta« LaxomeÄS und der Lb.ronn>A'iÄMu8 Zaxo, die<lb/> alle in den Ncmriinsntg. abgedruckt sind, in Betracht, und doch hat noch kein<lb/> einziger namhafter Forscher auch nur deu Versuch gemacht, die Örtlichkeit der<lb/> alten Feste genauer zu bestimmen. Selbst Ludwig Giesebrecht, der eine drei¬<lb/> bändige Geschichte der Wendenkämpfe geschrieben hat, begnügt sich mit einer<lb/> Nacherzählung dessen, was Thietmar über Liubusua sagt. Wenn die Stätte<lb/> nicht in zwei Stunden mit der Bahn von der Reichshauptstadt aus zu er¬<lb/> reichen wäre, sondern in Italien, Griechenland oder Kleinasien läge, dann<lb/> wüßte man sicherlich die Einzelheiten recht genau, und es wären zu Nach¬<lb/> forschungen und Ausgrabungen an Ort und Stelle die nötigen Mittel wohl</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0358]
Die Uonumslltg, lZsrniÄiiiÄc! Ili8torivÄ in den höhern Schulen
in aller Kürze zeigen. Der deutsche Geschichtschreiber Bischof Thietmar von
Merseburg, dessen Chronik die Hauptquelle für die Geschichte der slawischen
Gegenden östlich von der Elbe ist, beschreibt im sechsten Buche die alte Wenden¬
feste Liubusuci. Sie bestand nach seiner Schilderung aus einer besondern
Befestigung und aus einer Stadt, beide waren durch ein Tal getrennt, lagen
also auf Anhöhen. Der Bischof hat die Feste selbst gesehen und schreibt, daß
sie zwölf Tore und Platz für zehntausend Mann gehabt habe. Ihr Anblick
setzte ihn so in Staunen, daß er ein Werk Julius Cäsars und einen römischen
Bau vor sich zu haben meinte, und er gab sogar eine Stelle aus Lucanus
(Pharsalia, Buch 6 Vers 29) an, die seiner Ansicht nach vergleichsweise auf
die Feste Liubusua paßte. Im Jahre 932 trat sie zuerst in der Geschichte auf und
wurde damals vou Heinrich dem Ersten belagert und den Wenden abgenommen.
Später wurde die Feste von den deutschen Eroberern ausgebaut und mit einer
Besatzung belegt. Im Jahre 1012 zog der Herzog Bolislaw vor Liubusua und
belagerte die Feste, weil er wußte, daß wegen der Überschwemmung an der Elbe
die Deutschen den Belagerten keinen Entsatz und keine Hilfe bringen konnten.
Nach mäßigem Widerstand ergab sich denn auch die aus tausend Mann be¬
stehende Besatzung dem Polenherzog, es entstand ein furchtbares Blutbad, und
die Wenden zogen beutebeladen und vergnügt von dannen, nachdem sie die
Stadt angezündet hatten. Das deutsche Heer konnte tatsächlich nicht über die
Elbe herüber, sondern stand untätig bei Belgern. Wo lag Liubusua? Früher
nahm man an, daß die Stadt Lebus bei Frankfurt an der Oder in Frage
käme. Dieser Ort wird jedoch in der Geschichte erst später erwähnt und
paßt auch der Lage nach durchaus nicht zu der Beschreibung Thietmars. Die
Feste Liubusua lag unzweifelhaft in der Nähe des heutigen Dorfes Lebusa
zwischen Dahme in der Mark und Schlicker bei Herzberg an der Elster.
Auf einer langgestreckten Anhöhe südlich vom Dorfe sind noch deutlich Be¬
festigungen sichtbar, namentlich Gräben, die sich in Winkeln und Krümmungen
um die Höhen herumziehen und dann im Walde verlaufen. Als Quellen¬
schriften für diese immerhin nicht ganz unbedeutende Begebenheit, bei der
selbst die Wenden fünfhundert Mann einbüßten, kommen außer Thietmar die
Hildesheimer und Weißenburger, die Corveyer und Quedlinburger Annalen
sowie Widukinds res Assta« LaxomeÄS und der Lb.ronn>A'iÄMu8 Zaxo, die
alle in den Ncmriinsntg. abgedruckt sind, in Betracht, und doch hat noch kein
einziger namhafter Forscher auch nur deu Versuch gemacht, die Örtlichkeit der
alten Feste genauer zu bestimmen. Selbst Ludwig Giesebrecht, der eine drei¬
bändige Geschichte der Wendenkämpfe geschrieben hat, begnügt sich mit einer
Nacherzählung dessen, was Thietmar über Liubusua sagt. Wenn die Stätte
nicht in zwei Stunden mit der Bahn von der Reichshauptstadt aus zu er¬
reichen wäre, sondern in Italien, Griechenland oder Kleinasien läge, dann
wüßte man sicherlich die Einzelheiten recht genau, und es wären zu Nach¬
forschungen und Ausgrabungen an Ort und Stelle die nötigen Mittel wohl
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