Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Die iVlanurnenta (Jermaniae ^istoriea in den höhern Schulen as Jahr 1908 weckt in mancher Beziehung Erinnerungen an Und doch, wer kennt jetzt nach achtzig Jahren diese wahrhaft erhabnen Die iVlanurnenta (Jermaniae ^istoriea in den höhern Schulen as Jahr 1908 weckt in mancher Beziehung Erinnerungen an Und doch, wer kennt jetzt nach achtzig Jahren diese wahrhaft erhabnen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0356" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312707"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341889_312350/figures/grenzboten_341889_312350_312707_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die iVlanurnenta (Jermaniae ^istoriea in den höhern<lb/> Schulen</head><lb/> <p xml:id="ID_1353"> as Jahr 1908 weckt in mancher Beziehung Erinnerungen an<lb/> den Freiherrn vom Stein, der durch zahlreiche Reformen die<lb/> Befreiung Preußens vom französischen Joche vorbereitete, bis er<lb/> im November 1803 von Napoleon geächtet und aus dem Lande<lb/> verbannt wurde. Steins gesetzgeberische Tätigkeit an der Be¬<lb/> freiung der Bauern aus der Leibeigenschaft ist bekannt, weniger bekannt sind<lb/> seine Bemühungen um die Herausgabe der deutschen mittelalterlichen Geschichts¬<lb/> quellen, auf denen heute die Geschichtschreibung des deutschen Mittelalters<lb/> beruht. Stein faßte zuerst den Plan einer wissenschaftlichen Sammlung dieser<lb/> Geschichtsquellen, ging im Jahre 1818 mit einer Reihe von opferfreudigen<lb/> Männern an das große Unternehmen, indem er einen Teil der Mittel dazu<lb/> aus seinem eignen Vermögen hergab und bis 1380 mehr als den vierten<lb/> Teil der gesamten Kosten selbst deckte. Der erste Band erschien 1826, und<lb/> in den folgenden Jahren wurden in einzelnen Abteilungen die Schriftsteller,<lb/> Gesetze, die Kaiserurkunden, Briefe und Altertümer sowie die ältesten Schrift¬<lb/> steller veröffentlicht, und zwar in der lateinischen Sprache der Quellen. Die<lb/> besten Kräfte der deutschen Geschichtschreibung stellten sich in den Dienst dieser<lb/> von Stein angeregten wissenschaftlichen Forschung, und heute darf der Deutsche<lb/> mit Stolz auf die lange Reihe der stattlichen Bünde sehen, deren Inhalt<lb/> durch Übersetzungen unter dem Titel: Geschichtschreiber der deutscheu Vorzeit<lb/> allgemein zugänglich gemacht worden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1354" next="#ID_1355"> Und doch, wer kennt jetzt nach achtzig Jahren diese wahrhaft erhabnen<lb/> Monumente deutschen Fleißes und deutscher Opferwilligkeit? Die Fach¬<lb/> gelehrten, die sich von Berufs wegen mit dem Quellenstudium zu beschäftigen<lb/> haben, benutzen sie bei ihren Darstellungen der allgemeinen deutschen Ge¬<lb/> schichte und behandeln auch wohl gelegentlich in den geschichtlichen Zeit¬<lb/> schriften eine oder die andre Streitfrage, im übrigen aber bekümmert man sich<lb/> wenig um die wertvollen Sammlungen der heimischen Geschichte. Wie ganz<lb/> anders werden dagegen die griechischen und die römischen Quellenschriftsteller<lb/> geschätzt und studiert. Schon in den mittlern Klassen unsrer höhern Schulen<lb/> werden die Schriften des Cornelius Nepos, Cäsar, dann in den höhern die<lb/> des Livius, Tacitus und im griechischen die Werke des Xenophon und all<lb/> der andern Geschichtschreiber nicht nur gelesen, sondern bis ins genaueste und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0356]
[Abbildung]
Die iVlanurnenta (Jermaniae ^istoriea in den höhern
Schulen
as Jahr 1908 weckt in mancher Beziehung Erinnerungen an
den Freiherrn vom Stein, der durch zahlreiche Reformen die
Befreiung Preußens vom französischen Joche vorbereitete, bis er
im November 1803 von Napoleon geächtet und aus dem Lande
verbannt wurde. Steins gesetzgeberische Tätigkeit an der Be¬
freiung der Bauern aus der Leibeigenschaft ist bekannt, weniger bekannt sind
seine Bemühungen um die Herausgabe der deutschen mittelalterlichen Geschichts¬
quellen, auf denen heute die Geschichtschreibung des deutschen Mittelalters
beruht. Stein faßte zuerst den Plan einer wissenschaftlichen Sammlung dieser
Geschichtsquellen, ging im Jahre 1818 mit einer Reihe von opferfreudigen
Männern an das große Unternehmen, indem er einen Teil der Mittel dazu
aus seinem eignen Vermögen hergab und bis 1380 mehr als den vierten
Teil der gesamten Kosten selbst deckte. Der erste Band erschien 1826, und
in den folgenden Jahren wurden in einzelnen Abteilungen die Schriftsteller,
Gesetze, die Kaiserurkunden, Briefe und Altertümer sowie die ältesten Schrift¬
steller veröffentlicht, und zwar in der lateinischen Sprache der Quellen. Die
besten Kräfte der deutschen Geschichtschreibung stellten sich in den Dienst dieser
von Stein angeregten wissenschaftlichen Forschung, und heute darf der Deutsche
mit Stolz auf die lange Reihe der stattlichen Bünde sehen, deren Inhalt
durch Übersetzungen unter dem Titel: Geschichtschreiber der deutscheu Vorzeit
allgemein zugänglich gemacht worden ist.
Und doch, wer kennt jetzt nach achtzig Jahren diese wahrhaft erhabnen
Monumente deutschen Fleißes und deutscher Opferwilligkeit? Die Fach¬
gelehrten, die sich von Berufs wegen mit dem Quellenstudium zu beschäftigen
haben, benutzen sie bei ihren Darstellungen der allgemeinen deutschen Ge¬
schichte und behandeln auch wohl gelegentlich in den geschichtlichen Zeit¬
schriften eine oder die andre Streitfrage, im übrigen aber bekümmert man sich
wenig um die wertvollen Sammlungen der heimischen Geschichte. Wie ganz
anders werden dagegen die griechischen und die römischen Quellenschriftsteller
geschätzt und studiert. Schon in den mittlern Klassen unsrer höhern Schulen
werden die Schriften des Cornelius Nepos, Cäsar, dann in den höhern die
des Livius, Tacitus und im griechischen die Werke des Xenophon und all
der andern Geschichtschreiber nicht nur gelesen, sondern bis ins genaueste und
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