Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Gin Lesebuch der Sozialstatistik

die sich teilweise nur durch die außen cmgeschriebne "IV" von der dritten
Wagenklasse unterscheidet, die Abwanderung aus der dritten in die vierte Klasse
veranlaßt hat. Ist doch auf verschiednen Eisenbahnlinien.noch ein Unterschied
bei der vierten Wagenklasse gemacht worden, es sind da besondre Wagen dieser
Klasse für Reisende mit Traglasten eingeführt, sodaß die andern Reisenden
vierter Klasse fast genau so fahren wie die in der dritten Klasse und wenn
nicht gar besser, so doch weit billiger.

Es wird wohl zweckmäßig sein -- und die Finanzlage des Reichs ge¬
bietet es geradezu --, die Fahrkartensteuer beizubehalten. Baut sie sich nun
wie folgt auf, dann kann sie nicht als drückend empfunden werden, und der
Reichskasse wird die Einnahme wie bisher erhalten bleiben, ja die Steuer
wird unter Umständen mehr erbringen.

Die Fahrkartensteuer müßte ohne Unterschied in allen vier Wagenklassen
folgendermaßen festgesetzt werden:

Bei einem Fahrpreise von

1 Mark bis ü Mark... 5 Ps.über 20 Mark bis 2S Mark , . 2S Pf.
über 5 " "10 " . . . 1V "" 23 " " 30 " . . 30 "
" 10 " " Is " . . . 15" 30 " " 35 " . , 33 "
., Is .. ..20 ..... 20 .." 33 " " 40 " . . 40 "
u. s. f.

Sollten bei einer solchen Gestaltung der Fahrkartensteuer die Einnahmen
zu gering werden, was zu bezweifeln ist, so könnte entweder eine mäßige
Steigerung bei den Fahrpreisen über zehn Mark eintreten -- vielleicht Ver¬
doppelung --, oder man müßte für die zweite und die erste Klasse eine Ver¬
doppelung aller vorstehend aufgeführten Sätze vornehmen. Jedenfalls empfiehlt
es sich nicht, die bestehende Fahrkartensteuer ohne weiteres aufzugeben; ihre
Reform aber erscheint unbedingt notwendig.




Gin Lesebuch der Hozialstatistik

>er im März 1904 im Alter von achtundfunfzig Jahren ver¬
storbne Dr. Gottlieb Schnapper-Arndt war in seiner Jugend
als Sprößling einer reichen Frankfurter Judenfamilie der Sorge
um das tägliche Brot überhoben und durfte bei der Wahl seiner
I Beschäftigung seiner Neigung folgen. Diese bestimmte ihn zu
gemeinnützigen Bestrebungen und Sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, deren
Früchte er zuletzt als Dozent an der Akademie für Sozial- und Handels¬
wissenschaft in seiner Vaterstadt verwertete. Vorher hatte er einige Mono¬
graphien herausgegeben, die auf eingehenden Untersuchungen an Ort undcMÄ


Gin Lesebuch der Sozialstatistik

die sich teilweise nur durch die außen cmgeschriebne „IV" von der dritten
Wagenklasse unterscheidet, die Abwanderung aus der dritten in die vierte Klasse
veranlaßt hat. Ist doch auf verschiednen Eisenbahnlinien.noch ein Unterschied
bei der vierten Wagenklasse gemacht worden, es sind da besondre Wagen dieser
Klasse für Reisende mit Traglasten eingeführt, sodaß die andern Reisenden
vierter Klasse fast genau so fahren wie die in der dritten Klasse und wenn
nicht gar besser, so doch weit billiger.

Es wird wohl zweckmäßig sein — und die Finanzlage des Reichs ge¬
bietet es geradezu —, die Fahrkartensteuer beizubehalten. Baut sie sich nun
wie folgt auf, dann kann sie nicht als drückend empfunden werden, und der
Reichskasse wird die Einnahme wie bisher erhalten bleiben, ja die Steuer
wird unter Umständen mehr erbringen.

Die Fahrkartensteuer müßte ohne Unterschied in allen vier Wagenklassen
folgendermaßen festgesetzt werden:

Bei einem Fahrpreise von

1 Mark bis ü Mark... 5 Ps.über 20 Mark bis 2S Mark , . 2S Pf.
über 5 „ „10 „ . . . 1V „„ 23 „ „ 30 „ . . 30 „
„ 10 „ „ Is „ . . . 15„ 30 „ „ 35 „ . , 33 „
., Is .. ..20 ..... 20 ..„ 33 „ „ 40 „ . . 40 „
u. s. f.

Sollten bei einer solchen Gestaltung der Fahrkartensteuer die Einnahmen
zu gering werden, was zu bezweifeln ist, so könnte entweder eine mäßige
Steigerung bei den Fahrpreisen über zehn Mark eintreten — vielleicht Ver¬
doppelung —, oder man müßte für die zweite und die erste Klasse eine Ver¬
doppelung aller vorstehend aufgeführten Sätze vornehmen. Jedenfalls empfiehlt
es sich nicht, die bestehende Fahrkartensteuer ohne weiteres aufzugeben; ihre
Reform aber erscheint unbedingt notwendig.




Gin Lesebuch der Hozialstatistik

>er im März 1904 im Alter von achtundfunfzig Jahren ver¬
storbne Dr. Gottlieb Schnapper-Arndt war in seiner Jugend
als Sprößling einer reichen Frankfurter Judenfamilie der Sorge
um das tägliche Brot überhoben und durfte bei der Wahl seiner
I Beschäftigung seiner Neigung folgen. Diese bestimmte ihn zu
gemeinnützigen Bestrebungen und Sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, deren
Früchte er zuletzt als Dozent an der Akademie für Sozial- und Handels¬
wissenschaft in seiner Vaterstadt verwertete. Vorher hatte er einige Mono¬
graphien herausgegeben, die auf eingehenden Untersuchungen an Ort undcMÄ


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312695"/>
          <fw type="header" place="top"> Gin Lesebuch der Sozialstatistik</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1328" prev="#ID_1327"> die sich teilweise nur durch die außen cmgeschriebne &#x201E;IV" von der dritten<lb/>
Wagenklasse unterscheidet, die Abwanderung aus der dritten in die vierte Klasse<lb/>
veranlaßt hat. Ist doch auf verschiednen Eisenbahnlinien.noch ein Unterschied<lb/>
bei der vierten Wagenklasse gemacht worden, es sind da besondre Wagen dieser<lb/>
Klasse für Reisende mit Traglasten eingeführt, sodaß die andern Reisenden<lb/>
vierter Klasse fast genau so fahren wie die in der dritten Klasse und wenn<lb/>
nicht gar besser, so doch weit billiger.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1329"> Es wird wohl zweckmäßig sein &#x2014; und die Finanzlage des Reichs ge¬<lb/>
bietet es geradezu &#x2014;, die Fahrkartensteuer beizubehalten. Baut sie sich nun<lb/>
wie folgt auf, dann kann sie nicht als drückend empfunden werden, und der<lb/>
Reichskasse wird die Einnahme wie bisher erhalten bleiben, ja die Steuer<lb/>
wird unter Umständen mehr erbringen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1330"> Die Fahrkartensteuer müßte ohne Unterschied in allen vier Wagenklassen<lb/>
folgendermaßen festgesetzt werden:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1331"> Bei einem Fahrpreise von</p><lb/>
          <list>
            <item> 1 Mark bis ü Mark... 5 Ps.über 20 Mark bis 2S Mark  ,  .  2S Pf.</item>
            <item> über 5  &#x201E;  &#x201E;10  &#x201E; . .  . 1V &#x201E;&#x201E; 23  &#x201E;  &#x201E; 30  &#x201E;   .  .  30 &#x201E;</item>
            <item> &#x201E; 10  &#x201E;  &#x201E; Is  &#x201E; .  .  . 15&#x201E; 30  &#x201E;  &#x201E; 35  &#x201E;   .  ,  33 &#x201E;</item>
            <item> ., Is  ..  ..20 ..... 20 ..&#x201E; 33  &#x201E;  &#x201E; 40  &#x201E;   .  .  40 &#x201E;</item>
            <item> u. s. f.</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_1332"> Sollten bei einer solchen Gestaltung der Fahrkartensteuer die Einnahmen<lb/>
zu gering werden, was zu bezweifeln ist, so könnte entweder eine mäßige<lb/>
Steigerung bei den Fahrpreisen über zehn Mark eintreten &#x2014; vielleicht Ver¬<lb/>
doppelung &#x2014;, oder man müßte für die zweite und die erste Klasse eine Ver¬<lb/>
doppelung aller vorstehend aufgeführten Sätze vornehmen. Jedenfalls empfiehlt<lb/>
es sich nicht, die bestehende Fahrkartensteuer ohne weiteres aufzugeben; ihre<lb/>
Reform aber erscheint unbedingt notwendig.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Gin Lesebuch der Hozialstatistik</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1333" next="#ID_1334"> &gt;er im März 1904 im Alter von achtundfunfzig Jahren ver¬<lb/>
storbne Dr. Gottlieb Schnapper-Arndt war in seiner Jugend<lb/>
als Sprößling einer reichen Frankfurter Judenfamilie der Sorge<lb/>
um das tägliche Brot überhoben und durfte bei der Wahl seiner<lb/>
I Beschäftigung seiner Neigung folgen. Diese bestimmte ihn zu<lb/>
gemeinnützigen Bestrebungen und Sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, deren<lb/>
Früchte er zuletzt als Dozent an der Akademie für Sozial- und Handels¬<lb/>
wissenschaft in seiner Vaterstadt verwertete. Vorher hatte er einige Mono¬<lb/>
graphien herausgegeben, die auf eingehenden Untersuchungen an Ort undcMÄ</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0344] Gin Lesebuch der Sozialstatistik die sich teilweise nur durch die außen cmgeschriebne „IV" von der dritten Wagenklasse unterscheidet, die Abwanderung aus der dritten in die vierte Klasse veranlaßt hat. Ist doch auf verschiednen Eisenbahnlinien.noch ein Unterschied bei der vierten Wagenklasse gemacht worden, es sind da besondre Wagen dieser Klasse für Reisende mit Traglasten eingeführt, sodaß die andern Reisenden vierter Klasse fast genau so fahren wie die in der dritten Klasse und wenn nicht gar besser, so doch weit billiger. Es wird wohl zweckmäßig sein — und die Finanzlage des Reichs ge¬ bietet es geradezu —, die Fahrkartensteuer beizubehalten. Baut sie sich nun wie folgt auf, dann kann sie nicht als drückend empfunden werden, und der Reichskasse wird die Einnahme wie bisher erhalten bleiben, ja die Steuer wird unter Umständen mehr erbringen. Die Fahrkartensteuer müßte ohne Unterschied in allen vier Wagenklassen folgendermaßen festgesetzt werden: Bei einem Fahrpreise von 1 Mark bis ü Mark... 5 Ps.über 20 Mark bis 2S Mark , . 2S Pf. über 5 „ „10 „ . . . 1V „„ 23 „ „ 30 „ . . 30 „ „ 10 „ „ Is „ . . . 15„ 30 „ „ 35 „ . , 33 „ ., Is .. ..20 ..... 20 ..„ 33 „ „ 40 „ . . 40 „ u. s. f. Sollten bei einer solchen Gestaltung der Fahrkartensteuer die Einnahmen zu gering werden, was zu bezweifeln ist, so könnte entweder eine mäßige Steigerung bei den Fahrpreisen über zehn Mark eintreten — vielleicht Ver¬ doppelung —, oder man müßte für die zweite und die erste Klasse eine Ver¬ doppelung aller vorstehend aufgeführten Sätze vornehmen. Jedenfalls empfiehlt es sich nicht, die bestehende Fahrkartensteuer ohne weiteres aufzugeben; ihre Reform aber erscheint unbedingt notwendig. Gin Lesebuch der Hozialstatistik >er im März 1904 im Alter von achtundfunfzig Jahren ver¬ storbne Dr. Gottlieb Schnapper-Arndt war in seiner Jugend als Sprößling einer reichen Frankfurter Judenfamilie der Sorge um das tägliche Brot überhoben und durfte bei der Wahl seiner I Beschäftigung seiner Neigung folgen. Diese bestimmte ihn zu gemeinnützigen Bestrebungen und Sozialwissenschaftlichen Untersuchungen, deren Früchte er zuletzt als Dozent an der Akademie für Sozial- und Handels¬ wissenschaft in seiner Vaterstadt verwertete. Vorher hatte er einige Mono¬ graphien herausgegeben, die auf eingehenden Untersuchungen an Ort undcMÄ

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/344
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/344>, abgerufen am 12.12.2024.