Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Arbeiterbevölkerung, Sparkassen und Staatsschuld teilung anzugeben, ob und in welcher Höhe sie Abzüge von der Lohnzahlung Schwierigkeiten und besondre Mühewaltung würde dieses Verfahren weder Das ist aber eine so geringe Ueberleistung, daß sie von den vorhandnen Auch dem Staat kommt zunächst die wohltätige Veränderung der Denkart Arbeiterbevölkerung, Sparkassen und Staatsschuld teilung anzugeben, ob und in welcher Höhe sie Abzüge von der Lohnzahlung Schwierigkeiten und besondre Mühewaltung würde dieses Verfahren weder Das ist aber eine so geringe Ueberleistung, daß sie von den vorhandnen Auch dem Staat kommt zunächst die wohltätige Veränderung der Denkart <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0026" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312377"/> <fw type="header" place="top"> Arbeiterbevölkerung, Sparkassen und Staatsschuld</fw><lb/> <p xml:id="ID_73" prev="#ID_72"> teilung anzugeben, ob und in welcher Höhe sie Abzüge von der Lohnzahlung<lb/> für Sparzwecke oder auch im Bedarfsfalle Rückzahlungen auf ihre Einlagen<lb/> wünschten. Die zurückbehaltnen Beträge müßten zugleich mit einer Liste der<lb/> Einzahler der Sparkasse überwiesen werden. Diese hätte jedem Sparer ein<lb/> Konto zu eröffnen und ein Sparkassenbuch auszustellen, während der Arbeit¬<lb/> geber eine Abschrift der vielleicht alphabetisch geordneten Liste als Belag zurück¬<lb/> erhielte. Praktisch würde es sein, wenn das Sparkassenbuch, um bei Buchungen<lb/> immer bei der Hand zu sein, im Gewahrsam der Sparkasse bliebe, bis der Ar¬<lb/> beiter einmal seine Arbeitsstelle wechselte. Um den Kassen eine Entschädigung<lb/> für die Mehrarbeit mit den vielen kleinen Einlagen zu bieten und die laufende<lb/> Verwaltung zu vereinfachen, könnte die Einrichtung getroffen werden, daß die<lb/> Verzinsung immer nur für voll eingezahlte zehn Merk zu erfolgen und vom<lb/> Ersten des nächstfolgenden Monats ab zu beginnen hätte.</p><lb/> <p xml:id="ID_74"> Schwierigkeiten und besondre Mühewaltung würde dieses Verfahren weder<lb/> für die Sparkasse noch auch namentlich für den Arbeitgeber bieten. Dieser<lb/> macht Lohnabzüge für Kranken- und Jnvalidenbeiträge, für Wohnungsmiete,<lb/> Holz- und Kohlenlieferungen, für Werkzeuge und vorschußweise erfolgte Bar¬<lb/> zahlungen. Es würde in die Lohnlisten eine Spalte für Spareinlagen und eine<lb/> zweite für Rückzahlungen hinzuzufügen sein. Sodann handelte es sich nur noch<lb/> um einen Auszug aus den Lohnlisten für die Sparkasse und um die Führung<lb/> eines besondern Kontos mit dieser sowie um die Geldüberweisungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_75"> Das ist aber eine so geringe Ueberleistung, daß sie von den vorhandnen<lb/> Beamten in der Regel nebenher wird besorgt werden können, während für ganz<lb/> große Betriebe die Anstellung auch eines besondern Beamten in Anbetracht eines<lb/> Fürsorgeaktes von so ungemein sozialer Bedeutung nicht in Frage käme. Es<lb/> handelt sich darum, die Arbeiter zum Sparen anzuhalten, die Freude am Besitz<lb/> in ihnen wachzurufen und sie zu lebensfrohern, zufriednem Staatsbürgern zu<lb/> erziehen. Das hat seinen Vorteil auch für den Arbeitgeber. Denn was diesem<lb/> oft die Freude an seinem Wirken benimmt, das ist der durch Hetzer und Wühler<lb/> großgezogne Mißmut und die Verdrossenheit seiner Leute, die heute in ihm nicht<lb/> ihren Volksgenossen und Mitarbeiter, sondern ihren Feind und Ausbeuter sehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_76" next="#ID_77"> Auch dem Staat kommt zunächst die wohltätige Veränderung der Denkart<lb/> zugute, die durch einen auch noch so kleinen Besitz in den Arbeitermassen hervor¬<lb/> gerufen wird. Daneben erwächst dem Staate auch noch ein zweiter Vorteil<lb/> aus der größern Sparsamkeit der Arbeiterbevölkerung. Die ersparten Summen<lb/> fließen den Sparkassen zu, die ihrerseits die angesammelten Gelder nicht müßig<lb/> liegen lassen, sondern sie, wie bisher, in sichern Hypotheken und Staatspapieren<lb/> anlegen werden. Für einen großen Teil der so gewonnenen Ersparnisse werden<lb/> Deutsche Reichs-, Staats- und Kommnnalanleihen gekauft werden. Der Markt<lb/> für diese wird wesentlich erweitert werden, die Nachfrage nach heimischen An¬<lb/> lagewerten zunehmen und ihr Kurs in die Höhe gehen. Deutschland wird sein<lb/> Weiteres Geldbedürfnis unter weniger erschwerenden Umstünden befriedigen können</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0026]
Arbeiterbevölkerung, Sparkassen und Staatsschuld
teilung anzugeben, ob und in welcher Höhe sie Abzüge von der Lohnzahlung
für Sparzwecke oder auch im Bedarfsfalle Rückzahlungen auf ihre Einlagen
wünschten. Die zurückbehaltnen Beträge müßten zugleich mit einer Liste der
Einzahler der Sparkasse überwiesen werden. Diese hätte jedem Sparer ein
Konto zu eröffnen und ein Sparkassenbuch auszustellen, während der Arbeit¬
geber eine Abschrift der vielleicht alphabetisch geordneten Liste als Belag zurück¬
erhielte. Praktisch würde es sein, wenn das Sparkassenbuch, um bei Buchungen
immer bei der Hand zu sein, im Gewahrsam der Sparkasse bliebe, bis der Ar¬
beiter einmal seine Arbeitsstelle wechselte. Um den Kassen eine Entschädigung
für die Mehrarbeit mit den vielen kleinen Einlagen zu bieten und die laufende
Verwaltung zu vereinfachen, könnte die Einrichtung getroffen werden, daß die
Verzinsung immer nur für voll eingezahlte zehn Merk zu erfolgen und vom
Ersten des nächstfolgenden Monats ab zu beginnen hätte.
Schwierigkeiten und besondre Mühewaltung würde dieses Verfahren weder
für die Sparkasse noch auch namentlich für den Arbeitgeber bieten. Dieser
macht Lohnabzüge für Kranken- und Jnvalidenbeiträge, für Wohnungsmiete,
Holz- und Kohlenlieferungen, für Werkzeuge und vorschußweise erfolgte Bar¬
zahlungen. Es würde in die Lohnlisten eine Spalte für Spareinlagen und eine
zweite für Rückzahlungen hinzuzufügen sein. Sodann handelte es sich nur noch
um einen Auszug aus den Lohnlisten für die Sparkasse und um die Führung
eines besondern Kontos mit dieser sowie um die Geldüberweisungen.
Das ist aber eine so geringe Ueberleistung, daß sie von den vorhandnen
Beamten in der Regel nebenher wird besorgt werden können, während für ganz
große Betriebe die Anstellung auch eines besondern Beamten in Anbetracht eines
Fürsorgeaktes von so ungemein sozialer Bedeutung nicht in Frage käme. Es
handelt sich darum, die Arbeiter zum Sparen anzuhalten, die Freude am Besitz
in ihnen wachzurufen und sie zu lebensfrohern, zufriednem Staatsbürgern zu
erziehen. Das hat seinen Vorteil auch für den Arbeitgeber. Denn was diesem
oft die Freude an seinem Wirken benimmt, das ist der durch Hetzer und Wühler
großgezogne Mißmut und die Verdrossenheit seiner Leute, die heute in ihm nicht
ihren Volksgenossen und Mitarbeiter, sondern ihren Feind und Ausbeuter sehen.
Auch dem Staat kommt zunächst die wohltätige Veränderung der Denkart
zugute, die durch einen auch noch so kleinen Besitz in den Arbeitermassen hervor¬
gerufen wird. Daneben erwächst dem Staate auch noch ein zweiter Vorteil
aus der größern Sparsamkeit der Arbeiterbevölkerung. Die ersparten Summen
fließen den Sparkassen zu, die ihrerseits die angesammelten Gelder nicht müßig
liegen lassen, sondern sie, wie bisher, in sichern Hypotheken und Staatspapieren
anlegen werden. Für einen großen Teil der so gewonnenen Ersparnisse werden
Deutsche Reichs-, Staats- und Kommnnalanleihen gekauft werden. Der Markt
für diese wird wesentlich erweitert werden, die Nachfrage nach heimischen An¬
lagewerten zunehmen und ihr Kurs in die Höhe gehen. Deutschland wird sein
Weiteres Geldbedürfnis unter weniger erschwerenden Umstünden befriedigen können
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