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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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An den liegen des Weltverkehrs

Konvention von Peking. Durch einen am 9. Juni 1898 abgeschlossenen
Pachtvertrag kam dann noch der südliche Teil der Provinz Kwcmtung unter
der Bezeichnung "New Territory" dazu. Hongkong ist, wie Singapore, eine
militärisch besetzte Flottenstation zum Schutze des britische" Handels. Die
Insel hat eine Gesamtfläche von rund 79 Quadratkilometern, die ganze
Kolonie eine solche von mehr als 1000 Quadratkilometern. Die Hauptstadt
Viktoria liegt an der Nordküste der Insel, dem Festlande gegenüber. Zwischen
dem Festlande und der Insel liegt der Hafen, einer der schönsten der Welt,
mit einer Wasserfläche von 26 Quadratkilometern. Der Hafen ist ein Frei¬
hafen und stark befestigt. Er besitzt ausgezeichnete Dockanlagen, geräumig
genug, um die größten Schiffe aufzunehmen. In Hongkong besteht eine aus¬
gedehnte Industrie, die sich mit dem Bau und der Wiederherstellung von
Schiffen beschäftigt.

Der britischen Flagge folgte der britische Handel in Hongkong auf dem
Fuße. Vor 1840, ehe noch die britische Flagge auf Possession Point, dem
Mittelpunkt der heutigen Stadt Viktoria, wehte, bestand die Bewohnerschaft
nur aus wenig Fischern. Heute ist der Hafen von Hongkong, was den
Schiffsverkehr anlangt, der größte der Welt. Im Jahre 1904 haben nicht
weniger als 114135 Schiffe mit 24648258 Tonnen den Hafen aufgesucht.
Wenn es auch nicht ohne weiteres möglich ist, die Schiffahrtsstatistik der ver-
schiednen Häfen miteinander zu vergleichen, so wurden doch die genannten
Zahlen von keinem andern Hafenplatz der Welt übertroffen.

Der Hafen selbst liegt zwischen der Nordseite der Insel und dem Fest¬
lande. Durch die Halbinsel Kaulung ist er in zwei Hälften geteilt, die durch
eine 750 Meter breite, die nach Süden zeigende Spitze dieser Halbinsel vom
Festlande trennende Wasserstraße verbunden werden. Er ist gegen jeden An¬
griff von der See aus geschützt. Ein östlicher und ein westlicher Eingang
erlauben den Eintritt in den Hafen. Die Schiffe fahren in der Regel durch
die eine Einfahrt ein und verlassen dann den Hafen durch die andre. Die
beiden Zugänge zum Hafen sind überaus stark befestigt; die Forts sind mit
den besten Geschützen armiert, und hervorragend ausgebildete britische Artilleristen
bilden ihre Besatzung. Die gesamte britische Landgrenze der Kolonie hat eine
Ausdehnung von annähernd 18 Kilometern. Die zur Verteidigung dieser
großen Grenzlinie zur Verfügung stehende Streitmacht ist allerdings ziemlich
bescheiden. Sie besteht zurzeit aus vier Kompagnien britischer Infanterie,
drei Kompagnien Fußartillerie, zwei Pionierkompagnien, einer Sanitäts¬
kompagnie, zwei Bataillonen der indischen Eingeborneninfcmterie und vier
Kompagnien Kolonialartillerie mit insgesamt 3587 Mann.

Der Hafen von Hongkong ist eine vorzügliche Station für die Handels-
wie für die Kriegsflotte. Zurzeit werden neue Dockanlagen, vergrößerte
Speicher und Werkstätten mit einem Gesamtaufwcmde von 30 Millionen Mark
errichtet. Die bedeutendste Privatwerft ist die Hongkong and Whanpon Dock


Grenzboten I 1909 31
An den liegen des Weltverkehrs

Konvention von Peking. Durch einen am 9. Juni 1898 abgeschlossenen
Pachtvertrag kam dann noch der südliche Teil der Provinz Kwcmtung unter
der Bezeichnung „New Territory" dazu. Hongkong ist, wie Singapore, eine
militärisch besetzte Flottenstation zum Schutze des britische» Handels. Die
Insel hat eine Gesamtfläche von rund 79 Quadratkilometern, die ganze
Kolonie eine solche von mehr als 1000 Quadratkilometern. Die Hauptstadt
Viktoria liegt an der Nordküste der Insel, dem Festlande gegenüber. Zwischen
dem Festlande und der Insel liegt der Hafen, einer der schönsten der Welt,
mit einer Wasserfläche von 26 Quadratkilometern. Der Hafen ist ein Frei¬
hafen und stark befestigt. Er besitzt ausgezeichnete Dockanlagen, geräumig
genug, um die größten Schiffe aufzunehmen. In Hongkong besteht eine aus¬
gedehnte Industrie, die sich mit dem Bau und der Wiederherstellung von
Schiffen beschäftigt.

Der britischen Flagge folgte der britische Handel in Hongkong auf dem
Fuße. Vor 1840, ehe noch die britische Flagge auf Possession Point, dem
Mittelpunkt der heutigen Stadt Viktoria, wehte, bestand die Bewohnerschaft
nur aus wenig Fischern. Heute ist der Hafen von Hongkong, was den
Schiffsverkehr anlangt, der größte der Welt. Im Jahre 1904 haben nicht
weniger als 114135 Schiffe mit 24648258 Tonnen den Hafen aufgesucht.
Wenn es auch nicht ohne weiteres möglich ist, die Schiffahrtsstatistik der ver-
schiednen Häfen miteinander zu vergleichen, so wurden doch die genannten
Zahlen von keinem andern Hafenplatz der Welt übertroffen.

Der Hafen selbst liegt zwischen der Nordseite der Insel und dem Fest¬
lande. Durch die Halbinsel Kaulung ist er in zwei Hälften geteilt, die durch
eine 750 Meter breite, die nach Süden zeigende Spitze dieser Halbinsel vom
Festlande trennende Wasserstraße verbunden werden. Er ist gegen jeden An¬
griff von der See aus geschützt. Ein östlicher und ein westlicher Eingang
erlauben den Eintritt in den Hafen. Die Schiffe fahren in der Regel durch
die eine Einfahrt ein und verlassen dann den Hafen durch die andre. Die
beiden Zugänge zum Hafen sind überaus stark befestigt; die Forts sind mit
den besten Geschützen armiert, und hervorragend ausgebildete britische Artilleristen
bilden ihre Besatzung. Die gesamte britische Landgrenze der Kolonie hat eine
Ausdehnung von annähernd 18 Kilometern. Die zur Verteidigung dieser
großen Grenzlinie zur Verfügung stehende Streitmacht ist allerdings ziemlich
bescheiden. Sie besteht zurzeit aus vier Kompagnien britischer Infanterie,
drei Kompagnien Fußartillerie, zwei Pionierkompagnien, einer Sanitäts¬
kompagnie, zwei Bataillonen der indischen Eingeborneninfcmterie und vier
Kompagnien Kolonialartillerie mit insgesamt 3587 Mann.

Der Hafen von Hongkong ist eine vorzügliche Station für die Handels-
wie für die Kriegsflotte. Zurzeit werden neue Dockanlagen, vergrößerte
Speicher und Werkstätten mit einem Gesamtaufwcmde von 30 Millionen Mark
errichtet. Die bedeutendste Privatwerft ist die Hongkong and Whanpon Dock


Grenzboten I 1909 31
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[0245] An den liegen des Weltverkehrs Konvention von Peking. Durch einen am 9. Juni 1898 abgeschlossenen Pachtvertrag kam dann noch der südliche Teil der Provinz Kwcmtung unter der Bezeichnung „New Territory" dazu. Hongkong ist, wie Singapore, eine militärisch besetzte Flottenstation zum Schutze des britische» Handels. Die Insel hat eine Gesamtfläche von rund 79 Quadratkilometern, die ganze Kolonie eine solche von mehr als 1000 Quadratkilometern. Die Hauptstadt Viktoria liegt an der Nordküste der Insel, dem Festlande gegenüber. Zwischen dem Festlande und der Insel liegt der Hafen, einer der schönsten der Welt, mit einer Wasserfläche von 26 Quadratkilometern. Der Hafen ist ein Frei¬ hafen und stark befestigt. Er besitzt ausgezeichnete Dockanlagen, geräumig genug, um die größten Schiffe aufzunehmen. In Hongkong besteht eine aus¬ gedehnte Industrie, die sich mit dem Bau und der Wiederherstellung von Schiffen beschäftigt. Der britischen Flagge folgte der britische Handel in Hongkong auf dem Fuße. Vor 1840, ehe noch die britische Flagge auf Possession Point, dem Mittelpunkt der heutigen Stadt Viktoria, wehte, bestand die Bewohnerschaft nur aus wenig Fischern. Heute ist der Hafen von Hongkong, was den Schiffsverkehr anlangt, der größte der Welt. Im Jahre 1904 haben nicht weniger als 114135 Schiffe mit 24648258 Tonnen den Hafen aufgesucht. Wenn es auch nicht ohne weiteres möglich ist, die Schiffahrtsstatistik der ver- schiednen Häfen miteinander zu vergleichen, so wurden doch die genannten Zahlen von keinem andern Hafenplatz der Welt übertroffen. Der Hafen selbst liegt zwischen der Nordseite der Insel und dem Fest¬ lande. Durch die Halbinsel Kaulung ist er in zwei Hälften geteilt, die durch eine 750 Meter breite, die nach Süden zeigende Spitze dieser Halbinsel vom Festlande trennende Wasserstraße verbunden werden. Er ist gegen jeden An¬ griff von der See aus geschützt. Ein östlicher und ein westlicher Eingang erlauben den Eintritt in den Hafen. Die Schiffe fahren in der Regel durch die eine Einfahrt ein und verlassen dann den Hafen durch die andre. Die beiden Zugänge zum Hafen sind überaus stark befestigt; die Forts sind mit den besten Geschützen armiert, und hervorragend ausgebildete britische Artilleristen bilden ihre Besatzung. Die gesamte britische Landgrenze der Kolonie hat eine Ausdehnung von annähernd 18 Kilometern. Die zur Verteidigung dieser großen Grenzlinie zur Verfügung stehende Streitmacht ist allerdings ziemlich bescheiden. Sie besteht zurzeit aus vier Kompagnien britischer Infanterie, drei Kompagnien Fußartillerie, zwei Pionierkompagnien, einer Sanitäts¬ kompagnie, zwei Bataillonen der indischen Eingeborneninfcmterie und vier Kompagnien Kolonialartillerie mit insgesamt 3587 Mann. Der Hafen von Hongkong ist eine vorzügliche Station für die Handels- wie für die Kriegsflotte. Zurzeit werden neue Dockanlagen, vergrößerte Speicher und Werkstätten mit einem Gesamtaufwcmde von 30 Millionen Mark errichtet. Die bedeutendste Privatwerft ist die Hongkong and Whanpon Dock Grenzboten I 1909 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/245>, abgerufen am 12.12.2024.