Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebnng geheimen Bericht der Staatsbank an den Reichskontrolleur hervor, wonach auf Gegen die Beibehaltung der "Allerhöchsten Befehle" als gesetzgebenden Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Volksvertretung an dem ihr ". . . abgesehen von den bedingten Krediten . . ., führt Herr Bulygin aus . . ., Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebnng geheimen Bericht der Staatsbank an den Reichskontrolleur hervor, wonach auf Gegen die Beibehaltung der „Allerhöchsten Befehle" als gesetzgebenden Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Volksvertretung an dem ihr „. . . abgesehen von den bedingten Krediten . . ., führt Herr Bulygin aus . . ., <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312587"/> <fw type="header" place="top"> Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebnng</fw><lb/> <p xml:id="ID_891" prev="#ID_890"> geheimen Bericht der Staatsbank an den Reichskontrolleur hervor, wonach auf<lb/> Grund solcher „Allerhöchsten Befehle" in direktem Widerspruch zu den be¬<lb/> stehenden Gesetzesvorschriften seitens der Reichsbank Vorschüsse gewährt<lb/> werden mußten, die am 1. Januar 1906 ungehinderte Aufstände in Höhe von<lb/> 53716730 Rubel 32»/^ Kopeken zurückließen — Ausstünde, die obendrein nur<lb/> 0,5 pro Mille (!) Zinsen bringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_892"> Gegen die Beibehaltung der „Allerhöchsten Befehle" als gesetzgebenden<lb/> Faktor sind auch, wie aus einer bisher nicht veröffentlichten Denkschrift des<lb/> Staatssekretärs Kokowtzew hervorgeht, im Senat Bedenken erhoben worden.<lb/> Dabei wurde besonders unterstrichen, daß gerade auf Grund dieser Befehle die<lb/> meist unpopulären, keiner Kontrolle unterliegenden Kredite für die Polizei zur<lb/> Verfügung gestellt werden. Diese Kredite belaufen sich aber auf etwa 7,5 Mil¬<lb/> lionen Rubel im Jahre. Die Anregung, in dieser Richtung der Duma größere<lb/> Befugnisse einzuräumen, fand im Senat keinen Anklang, obgleich die erwähnte<lb/> Vorschrift einen zweifellosen Widerspruch gegen das Staatsgrundgesetz enthält.<lb/> Danach soll bekanntlich keine Vorschrift Gesetzeskraft erhalten ohne Zustimmung<lb/> des Reichsrath und der Reichsduma. Neben den Allerhöchsten Befehlen<lb/> kommen die Allerhöchst bestätigten Memoriale des Departements für Staats¬<lb/> wirtschaft in Frage, die noch kurz vor Einberufung der w^horn^s allerhand<lb/> Kredite auswarfen. So geschah es für Landpolizei in bestimmten Gegenden,<lb/> wo politisch einflußreiche Personen ihre Güter haben, oder für lebenslängliche<lb/> außerordentliche Zuweisungen an hohe Staatsbeamte, die für jeden einzelnen<lb/> zwischen 4000 und 6000 Rubeln schwanken.</p><lb/> <p xml:id="ID_893"> Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Volksvertretung an dem ihr<lb/> vorgelegten Budgetentwurf praktisch nichts ändern kann, und wenn sie bei der<lb/> Beratung des Budgets für 1909 einen Rubel, den sogenannten konstitutionellen<lb/> Rubel gestrichen hat, so hat diese Streichung jedenfalls, solange als Stolypin<lb/> am Ruder ist, nur den Wert einer Spielerei. Nur die als bedingte Kredite<lb/> auf Grund des Artikels 37 der Staatsgrundgesetze in den Entwurf eingesetzten<lb/> Posten können durch die Reichsduma und den Reichsrat abgelehnt, verkürzt<lb/> oder vergrößert werden. Der Reichsrat und die Reichsduma können<lb/> somit nur Gesetzentwürfe zur Abänderung der die einzelnen Kredite<lb/> schützenden „Gesetze, Verordnungen, Etats, Budgets und Aller¬<lb/> höchsten Befehle" einbringen. Diese Gesetzentwürfe aber haben einen so<lb/> langwierigen und obendrein durch die Bureaukratie leicht zu verlängernden Weg<lb/> zu durchlaufen, daß sie das vorliegende Budget nicht mehr beeinflussen und<lb/> deshalb im besten Falle erst in einem spätern Budgetjahr Geltung finden<lb/> können. Wie sehr eine solche Sachlage den Wünschen der herrschenden Klasse<lb/> entspricht, geht aus einer vertraulichen Denkschrift des Ministers Bulygin hervor,<lb/> der wir folgende charakteristische Ausführungen entnehmen möchten:</p><lb/> <p xml:id="ID_894" next="#ID_895"> „. . . abgesehen von den bedingten Krediten . . ., führt Herr Bulygin aus . . .,<lb/> sind alle übrigen Ausgabeposten unsers Reichsbudgets im Grunde genommen schon</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0236]
Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebnng
geheimen Bericht der Staatsbank an den Reichskontrolleur hervor, wonach auf
Grund solcher „Allerhöchsten Befehle" in direktem Widerspruch zu den be¬
stehenden Gesetzesvorschriften seitens der Reichsbank Vorschüsse gewährt
werden mußten, die am 1. Januar 1906 ungehinderte Aufstände in Höhe von
53716730 Rubel 32»/^ Kopeken zurückließen — Ausstünde, die obendrein nur
0,5 pro Mille (!) Zinsen bringen.
Gegen die Beibehaltung der „Allerhöchsten Befehle" als gesetzgebenden
Faktor sind auch, wie aus einer bisher nicht veröffentlichten Denkschrift des
Staatssekretärs Kokowtzew hervorgeht, im Senat Bedenken erhoben worden.
Dabei wurde besonders unterstrichen, daß gerade auf Grund dieser Befehle die
meist unpopulären, keiner Kontrolle unterliegenden Kredite für die Polizei zur
Verfügung gestellt werden. Diese Kredite belaufen sich aber auf etwa 7,5 Mil¬
lionen Rubel im Jahre. Die Anregung, in dieser Richtung der Duma größere
Befugnisse einzuräumen, fand im Senat keinen Anklang, obgleich die erwähnte
Vorschrift einen zweifellosen Widerspruch gegen das Staatsgrundgesetz enthält.
Danach soll bekanntlich keine Vorschrift Gesetzeskraft erhalten ohne Zustimmung
des Reichsrath und der Reichsduma. Neben den Allerhöchsten Befehlen
kommen die Allerhöchst bestätigten Memoriale des Departements für Staats¬
wirtschaft in Frage, die noch kurz vor Einberufung der w^horn^s allerhand
Kredite auswarfen. So geschah es für Landpolizei in bestimmten Gegenden,
wo politisch einflußreiche Personen ihre Güter haben, oder für lebenslängliche
außerordentliche Zuweisungen an hohe Staatsbeamte, die für jeden einzelnen
zwischen 4000 und 6000 Rubeln schwanken.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Volksvertretung an dem ihr
vorgelegten Budgetentwurf praktisch nichts ändern kann, und wenn sie bei der
Beratung des Budgets für 1909 einen Rubel, den sogenannten konstitutionellen
Rubel gestrichen hat, so hat diese Streichung jedenfalls, solange als Stolypin
am Ruder ist, nur den Wert einer Spielerei. Nur die als bedingte Kredite
auf Grund des Artikels 37 der Staatsgrundgesetze in den Entwurf eingesetzten
Posten können durch die Reichsduma und den Reichsrat abgelehnt, verkürzt
oder vergrößert werden. Der Reichsrat und die Reichsduma können
somit nur Gesetzentwürfe zur Abänderung der die einzelnen Kredite
schützenden „Gesetze, Verordnungen, Etats, Budgets und Aller¬
höchsten Befehle" einbringen. Diese Gesetzentwürfe aber haben einen so
langwierigen und obendrein durch die Bureaukratie leicht zu verlängernden Weg
zu durchlaufen, daß sie das vorliegende Budget nicht mehr beeinflussen und
deshalb im besten Falle erst in einem spätern Budgetjahr Geltung finden
können. Wie sehr eine solche Sachlage den Wünschen der herrschenden Klasse
entspricht, geht aus einer vertraulichen Denkschrift des Ministers Bulygin hervor,
der wir folgende charakteristische Ausführungen entnehmen möchten:
„. . . abgesehen von den bedingten Krediten . . ., führt Herr Bulygin aus . . .,
sind alle übrigen Ausgabeposten unsers Reichsbudgets im Grunde genommen schon
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