Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebung Die Minister usw. hatten die ihnen mit Bemerkungen zurückgegebnen Wie sich denken läßt, waren die Ausstellungen des Finanzministers und Durch das Gesetz vom 22. Mai 1862 war dem Finanzminister die Ver¬ Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebung Die Minister usw. hatten die ihnen mit Bemerkungen zurückgegebnen Wie sich denken läßt, waren die Ausstellungen des Finanzministers und Durch das Gesetz vom 22. Mai 1862 war dem Finanzminister die Ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0232" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312583"/> <fw type="header" place="top"> Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebung</fw><lb/> <p xml:id="ID_869"> Die Minister usw. hatten die ihnen mit Bemerkungen zurückgegebnen<lb/> Voranschläge innerhalb von zehn Tagen mit Erklärungen an den Neichsrat<lb/> oder den Neichskontrolleur zurückzureichen. Nach Eingang dieser Erklärungen<lb/> wurden die Voranschläge im Departement für Staatswirtschaft des Reichsrath<lb/> besprochen und vorläufig festgestellt; nur der Voranschlag des Hofministeriums<lb/> gelangte nach Bestätigung durch den Zaren direkt an den Finanzminister ohne<lb/> vorherige Nachprüfung im Reichsrat. Bezüglich der „speziellen" Fonds bestand<lb/> die Tätigkeit des Reichsrath lediglich in einer Bestätigung, daß sie in den<lb/> Einzeletats ihrer Bestimmung gemäß aufgeführt seien.</p><lb/> <p xml:id="ID_870"> Wie sich denken läßt, waren die Ausstellungen des Finanzministers und<lb/> des Neichskoutrolleurs meist recht zahlreich, und sie hätten bei schriftlicher Er¬<lb/> ledigung große Weiterungen und Verzögerungen zur Folge gehabt. Darum<lb/> hatte sich in der Praxis allmählich der Brauch herausgebildet, daß die be¬<lb/> teiligten Ressorts zusammenkamen und die Ausstellungen mündlich besprachen.<lb/> Es entstanden die Budgetkommissionen aus wechselnden Vertretern der einzelnen<lb/> Behörden und ständigen Mitgliedern des Finanzministeriums sowie der Reichs¬<lb/> kontrolle. Diese Einrichtung hat sich vom Standpunkt des Finanzministers aus<lb/> recht bewährt, da sie erstens zu einer schnellen Verständigung der beteiligten<lb/> Behörden führte, außerdem aber den Reichsrat entlastete, der nun noch weniger<lb/> nötig hatte, in Details einzudringen. In der allerletzten Zeit ist dieses Verfahren<lb/> auf Anordnung des Reichsrath allgemein und für alle Voranschläge bindend<lb/> eingeführt worden. Eine Ausnahme blieb bestehn für die Voranschläge des<lb/> Hofministeriums sowie der höchsten Behörden, Reichsrat und Senat. Natürlich<lb/> hat es auch nicht an grimmigen Kämpfen und Intrigen gefehlt, die sich vor¬<lb/> wiegend gegen den Finanzminister richteten, die aber auch häufig genug die<lb/> vorhandne geringe Kontrolle völlig dem Willen eines starken Finanzministers<lb/> unterordneten. Aus diesen Verhältnissen heraus ist auch der scharfe Gegensatz<lb/> zwischen Witte und Schwanebach entstanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_871" next="#ID_872"> Durch das Gesetz vom 22. Mai 1862 war dem Finanzminister die Ver¬<lb/> pflichtung auferlegt worden, bei der Aufstellung des Budgets Einnahmen und<lb/> Ausgaben in Einklang zu bringen und, wenn solches allein durch Verringerung<lb/> der Ausgaben nicht möglich sei, neue Mittel zur Deckung des Defizits zu finden.<lb/> In Erfüllung dieser Aufgabe hatte sich der Finanzminister zu bemühen, die<lb/> Forderungen der einzelnen Behörden bezüglich neuer Bewilligungen im Rahmen<lb/> der vorhandnen Mittel zu halten. Hierauf waren die meisten Anmerkungen<lb/> des Finanzministers zu den einzelnen Voranschlügen zurückzuführen. Um das<lb/> Ziel — die Übereinstimmung zwischen Einnahmen und Ausgaben — zu erreichen,<lb/> wurde im Jahre 1874 das System der „Maximalbudgets" oder, wie sich der<lb/> Finanzminister ausdrückt, der „limitierten" Etats für das Marine- und Kriegs¬<lb/> ministerium eingeführt. Die Grundlage dieses Systems besteht darin, daß auf<lb/> dem Wege der Gesetzgebung für die Dauer von mehrern Jahren jährlich eine<lb/> bestimmte Summe festgesetzt wird, die wieder nur auf den, Wege der Gesetz-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0232]
Auswärtige Anleihen in der russischen Budgetgesetzgebung
Die Minister usw. hatten die ihnen mit Bemerkungen zurückgegebnen
Voranschläge innerhalb von zehn Tagen mit Erklärungen an den Neichsrat
oder den Neichskontrolleur zurückzureichen. Nach Eingang dieser Erklärungen
wurden die Voranschläge im Departement für Staatswirtschaft des Reichsrath
besprochen und vorläufig festgestellt; nur der Voranschlag des Hofministeriums
gelangte nach Bestätigung durch den Zaren direkt an den Finanzminister ohne
vorherige Nachprüfung im Reichsrat. Bezüglich der „speziellen" Fonds bestand
die Tätigkeit des Reichsrath lediglich in einer Bestätigung, daß sie in den
Einzeletats ihrer Bestimmung gemäß aufgeführt seien.
Wie sich denken läßt, waren die Ausstellungen des Finanzministers und
des Neichskoutrolleurs meist recht zahlreich, und sie hätten bei schriftlicher Er¬
ledigung große Weiterungen und Verzögerungen zur Folge gehabt. Darum
hatte sich in der Praxis allmählich der Brauch herausgebildet, daß die be¬
teiligten Ressorts zusammenkamen und die Ausstellungen mündlich besprachen.
Es entstanden die Budgetkommissionen aus wechselnden Vertretern der einzelnen
Behörden und ständigen Mitgliedern des Finanzministeriums sowie der Reichs¬
kontrolle. Diese Einrichtung hat sich vom Standpunkt des Finanzministers aus
recht bewährt, da sie erstens zu einer schnellen Verständigung der beteiligten
Behörden führte, außerdem aber den Reichsrat entlastete, der nun noch weniger
nötig hatte, in Details einzudringen. In der allerletzten Zeit ist dieses Verfahren
auf Anordnung des Reichsrath allgemein und für alle Voranschläge bindend
eingeführt worden. Eine Ausnahme blieb bestehn für die Voranschläge des
Hofministeriums sowie der höchsten Behörden, Reichsrat und Senat. Natürlich
hat es auch nicht an grimmigen Kämpfen und Intrigen gefehlt, die sich vor¬
wiegend gegen den Finanzminister richteten, die aber auch häufig genug die
vorhandne geringe Kontrolle völlig dem Willen eines starken Finanzministers
unterordneten. Aus diesen Verhältnissen heraus ist auch der scharfe Gegensatz
zwischen Witte und Schwanebach entstanden.
Durch das Gesetz vom 22. Mai 1862 war dem Finanzminister die Ver¬
pflichtung auferlegt worden, bei der Aufstellung des Budgets Einnahmen und
Ausgaben in Einklang zu bringen und, wenn solches allein durch Verringerung
der Ausgaben nicht möglich sei, neue Mittel zur Deckung des Defizits zu finden.
In Erfüllung dieser Aufgabe hatte sich der Finanzminister zu bemühen, die
Forderungen der einzelnen Behörden bezüglich neuer Bewilligungen im Rahmen
der vorhandnen Mittel zu halten. Hierauf waren die meisten Anmerkungen
des Finanzministers zu den einzelnen Voranschlügen zurückzuführen. Um das
Ziel — die Übereinstimmung zwischen Einnahmen und Ausgaben — zu erreichen,
wurde im Jahre 1874 das System der „Maximalbudgets" oder, wie sich der
Finanzminister ausdrückt, der „limitierten" Etats für das Marine- und Kriegs¬
ministerium eingeführt. Die Grundlage dieses Systems besteht darin, daß auf
dem Wege der Gesetzgebung für die Dauer von mehrern Jahren jährlich eine
bestimmte Summe festgesetzt wird, die wieder nur auf den, Wege der Gesetz-
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