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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Baleno, Ver Iagdfal^

Gesellschaften dem schützenden Walde zu. Ohne einen tüchtigen Regenguß wird es
heute also sicherlich nicht abgehn. Ich freue mich ordentlich darauf, denn so ein
Frühlingsgewitter ist ein wahres Labsal, es ist, als ob der Schöpfer wieder einmal
mit eigner Hand in den Lauf der Natur eingrisfe und das große unsichtbare Rad,
das die Säfte der Pflanzen emportreibt und Knospen, Grünen und Blühen regelt,
mit einem einzigen gewaltigen Ruck um eine ganze Drehung weiterbrächte.

Hier in der Hütte bin ich geschützt, und dem Uhu ist ein lauwarmes Dusche¬
bad immer willkommen. Er lüftet schon das dichte weiche Federkleid, schüttelt sich
und starrt mit halbgeöffneten Schnabel erwartungsvoll gen Süden.

Damals wäre ich selbst einem sehr ausgiebigen Duschebad Wohl kaum ent¬
ronnen, wenn ich nicht ganz zufällig in einer Senkung des Geländes eine Schilf¬
hütte entdeckt hätte, deren Bewohner mich mit antiker Gastfreundschaft aufnahmen.
Es war der bescheidenste Wohnraum, dessen sich Menschen, die den Zustand ur¬
sprünglicher Wildheit eben erst überwunden haben, überhaupt bedienen können.
Wände und Dach bestanden aus dem langen, breitblättriger Rohr, wie es der
nächste Sumpf in unerschöpflicher Fülle darbot, und als Fußboden diente die Erde,
die unter den Tritten von Mensch und Tier zu einem tennenartigen Estrich ge¬
glättet und erhärtet war. In der Mitte des fensterlosen Gelasses brannte ein kleines
Feuer, daneben diente ein schmales Brett, das auf vier in den Boden getriebnen
Pfählen befestigt war, als Tisch, an dem man ans einer ähnlich hergerichteten Bank
nicht gerade bequem sitzen konnte. Zur Seite, dicht an der Schilfwand und kaum
einen Fuß hoch über dem Boden, war ein beinahe quadratischer Holzrahmen an¬
gebracht und mit einem Geflecht aus Riemen, Stricken und Zweigen, das einen
ganzen Berg vou Ziegen- und Schaffellen trug, bespannt: die gemeinsame Lagerstatt
der Bewohner, soweit sie Menschen oder, wie Beppo, der Hausherr, wiederholt be¬
tonte: Christen waren. Die übrigen nichtchristlichen Hausgenossen, ein halbes
Dutzend schwarzer, hochbeiniger und ungewöhnlich temperamentvoller Schweine, drei
Wolfshunde, ein Truthahn und etliche Hühner, mußten zusehen, wo sie eine Ruhe¬
stätte fanden.

Als ich die Hütte betrat, herrschte natürlich noch das munterste Leben. Beppo,
das Urbild eines Campngnahirten mit starkem Wollhaar und krausem Vollbart,
stand, aus dem roten Tonkopf seiner Rohrpfeife sparsam-bedächtig Rauchwölkchen
passend, in der Tür und schaute nach dein Wetter. Seine Frau, eine üppige
Matrone, kauerte am Feuer und kochte die Abendsuppe: ein nicht gerade einladendes
Gemisch von Milch, Lammblut und Knoblauch. Wenn es wahr ist, daß Kinder der
Reichtum armer Leute sind, so waren Beppo und seine Martuccia die reinen
Millionäre, denn aus jedem Winkel des mir anfangs so finster erscheinenden Raumes
kamen immer neue Würmlein in jedem Stadium des kindlichen Alters, der Be¬
kleidung und der Unsauberkeit zum Vorschein. Überall lag, saß, krabbelte oder
balgte sich die braune Brut, und dabei schlummerte der Säugling in seinem Span¬
korb, während Agnese, die älteste, ein mageres Wesen von etwa vierzehn Jahren,
auf dem Tische saß und ihr straffes rabenschwarzes Haar zu einem Zopfe flocht.

Daran, daß Martuceia in eine Scherbe mit gelbgrauem Salz griff und sehr
langsam eine Prise dieses in Italien ach so teuern Gewürzes in die brodelnde
Suppe krümelte, erkannte ich ihre Absicht, mich zum Mahle einzuladen. Ich kam
ihr jedoch zuvor, indem ich sie. um ein Stück Brot, ein wenig Schafkäse und einen
Mezzolitro roten Weines bat, wobei ich sie mit "Padrona" anredete und mir den
Anschein gab, als ob ich die Hütte für eine der einfachsten Campagnaosterien, sie
selbst mithin für die Wirtin hielte. Eine Brotrinde war wirklich da, ein Krüglein
stark nach Pech schmeckenden Weines auch, statt des Schafkäses brachte sie mir


Baleno, Ver Iagdfal^

Gesellschaften dem schützenden Walde zu. Ohne einen tüchtigen Regenguß wird es
heute also sicherlich nicht abgehn. Ich freue mich ordentlich darauf, denn so ein
Frühlingsgewitter ist ein wahres Labsal, es ist, als ob der Schöpfer wieder einmal
mit eigner Hand in den Lauf der Natur eingrisfe und das große unsichtbare Rad,
das die Säfte der Pflanzen emportreibt und Knospen, Grünen und Blühen regelt,
mit einem einzigen gewaltigen Ruck um eine ganze Drehung weiterbrächte.

Hier in der Hütte bin ich geschützt, und dem Uhu ist ein lauwarmes Dusche¬
bad immer willkommen. Er lüftet schon das dichte weiche Federkleid, schüttelt sich
und starrt mit halbgeöffneten Schnabel erwartungsvoll gen Süden.

Damals wäre ich selbst einem sehr ausgiebigen Duschebad Wohl kaum ent¬
ronnen, wenn ich nicht ganz zufällig in einer Senkung des Geländes eine Schilf¬
hütte entdeckt hätte, deren Bewohner mich mit antiker Gastfreundschaft aufnahmen.
Es war der bescheidenste Wohnraum, dessen sich Menschen, die den Zustand ur¬
sprünglicher Wildheit eben erst überwunden haben, überhaupt bedienen können.
Wände und Dach bestanden aus dem langen, breitblättriger Rohr, wie es der
nächste Sumpf in unerschöpflicher Fülle darbot, und als Fußboden diente die Erde,
die unter den Tritten von Mensch und Tier zu einem tennenartigen Estrich ge¬
glättet und erhärtet war. In der Mitte des fensterlosen Gelasses brannte ein kleines
Feuer, daneben diente ein schmales Brett, das auf vier in den Boden getriebnen
Pfählen befestigt war, als Tisch, an dem man ans einer ähnlich hergerichteten Bank
nicht gerade bequem sitzen konnte. Zur Seite, dicht an der Schilfwand und kaum
einen Fuß hoch über dem Boden, war ein beinahe quadratischer Holzrahmen an¬
gebracht und mit einem Geflecht aus Riemen, Stricken und Zweigen, das einen
ganzen Berg vou Ziegen- und Schaffellen trug, bespannt: die gemeinsame Lagerstatt
der Bewohner, soweit sie Menschen oder, wie Beppo, der Hausherr, wiederholt be¬
tonte: Christen waren. Die übrigen nichtchristlichen Hausgenossen, ein halbes
Dutzend schwarzer, hochbeiniger und ungewöhnlich temperamentvoller Schweine, drei
Wolfshunde, ein Truthahn und etliche Hühner, mußten zusehen, wo sie eine Ruhe¬
stätte fanden.

Als ich die Hütte betrat, herrschte natürlich noch das munterste Leben. Beppo,
das Urbild eines Campngnahirten mit starkem Wollhaar und krausem Vollbart,
stand, aus dem roten Tonkopf seiner Rohrpfeife sparsam-bedächtig Rauchwölkchen
passend, in der Tür und schaute nach dein Wetter. Seine Frau, eine üppige
Matrone, kauerte am Feuer und kochte die Abendsuppe: ein nicht gerade einladendes
Gemisch von Milch, Lammblut und Knoblauch. Wenn es wahr ist, daß Kinder der
Reichtum armer Leute sind, so waren Beppo und seine Martuccia die reinen
Millionäre, denn aus jedem Winkel des mir anfangs so finster erscheinenden Raumes
kamen immer neue Würmlein in jedem Stadium des kindlichen Alters, der Be¬
kleidung und der Unsauberkeit zum Vorschein. Überall lag, saß, krabbelte oder
balgte sich die braune Brut, und dabei schlummerte der Säugling in seinem Span¬
korb, während Agnese, die älteste, ein mageres Wesen von etwa vierzehn Jahren,
auf dem Tische saß und ihr straffes rabenschwarzes Haar zu einem Zopfe flocht.

Daran, daß Martuceia in eine Scherbe mit gelbgrauem Salz griff und sehr
langsam eine Prise dieses in Italien ach so teuern Gewürzes in die brodelnde
Suppe krümelte, erkannte ich ihre Absicht, mich zum Mahle einzuladen. Ich kam
ihr jedoch zuvor, indem ich sie. um ein Stück Brot, ein wenig Schafkäse und einen
Mezzolitro roten Weines bat, wobei ich sie mit „Padrona" anredete und mir den
Anschein gab, als ob ich die Hütte für eine der einfachsten Campagnaosterien, sie
selbst mithin für die Wirtin hielte. Eine Brotrinde war wirklich da, ein Krüglein
stark nach Pech schmeckenden Weines auch, statt des Schafkäses brachte sie mir


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[0056] Baleno, Ver Iagdfal^ Gesellschaften dem schützenden Walde zu. Ohne einen tüchtigen Regenguß wird es heute also sicherlich nicht abgehn. Ich freue mich ordentlich darauf, denn so ein Frühlingsgewitter ist ein wahres Labsal, es ist, als ob der Schöpfer wieder einmal mit eigner Hand in den Lauf der Natur eingrisfe und das große unsichtbare Rad, das die Säfte der Pflanzen emportreibt und Knospen, Grünen und Blühen regelt, mit einem einzigen gewaltigen Ruck um eine ganze Drehung weiterbrächte. Hier in der Hütte bin ich geschützt, und dem Uhu ist ein lauwarmes Dusche¬ bad immer willkommen. Er lüftet schon das dichte weiche Federkleid, schüttelt sich und starrt mit halbgeöffneten Schnabel erwartungsvoll gen Süden. Damals wäre ich selbst einem sehr ausgiebigen Duschebad Wohl kaum ent¬ ronnen, wenn ich nicht ganz zufällig in einer Senkung des Geländes eine Schilf¬ hütte entdeckt hätte, deren Bewohner mich mit antiker Gastfreundschaft aufnahmen. Es war der bescheidenste Wohnraum, dessen sich Menschen, die den Zustand ur¬ sprünglicher Wildheit eben erst überwunden haben, überhaupt bedienen können. Wände und Dach bestanden aus dem langen, breitblättriger Rohr, wie es der nächste Sumpf in unerschöpflicher Fülle darbot, und als Fußboden diente die Erde, die unter den Tritten von Mensch und Tier zu einem tennenartigen Estrich ge¬ glättet und erhärtet war. In der Mitte des fensterlosen Gelasses brannte ein kleines Feuer, daneben diente ein schmales Brett, das auf vier in den Boden getriebnen Pfählen befestigt war, als Tisch, an dem man ans einer ähnlich hergerichteten Bank nicht gerade bequem sitzen konnte. Zur Seite, dicht an der Schilfwand und kaum einen Fuß hoch über dem Boden, war ein beinahe quadratischer Holzrahmen an¬ gebracht und mit einem Geflecht aus Riemen, Stricken und Zweigen, das einen ganzen Berg vou Ziegen- und Schaffellen trug, bespannt: die gemeinsame Lagerstatt der Bewohner, soweit sie Menschen oder, wie Beppo, der Hausherr, wiederholt be¬ tonte: Christen waren. Die übrigen nichtchristlichen Hausgenossen, ein halbes Dutzend schwarzer, hochbeiniger und ungewöhnlich temperamentvoller Schweine, drei Wolfshunde, ein Truthahn und etliche Hühner, mußten zusehen, wo sie eine Ruhe¬ stätte fanden. Als ich die Hütte betrat, herrschte natürlich noch das munterste Leben. Beppo, das Urbild eines Campngnahirten mit starkem Wollhaar und krausem Vollbart, stand, aus dem roten Tonkopf seiner Rohrpfeife sparsam-bedächtig Rauchwölkchen passend, in der Tür und schaute nach dein Wetter. Seine Frau, eine üppige Matrone, kauerte am Feuer und kochte die Abendsuppe: ein nicht gerade einladendes Gemisch von Milch, Lammblut und Knoblauch. Wenn es wahr ist, daß Kinder der Reichtum armer Leute sind, so waren Beppo und seine Martuccia die reinen Millionäre, denn aus jedem Winkel des mir anfangs so finster erscheinenden Raumes kamen immer neue Würmlein in jedem Stadium des kindlichen Alters, der Be¬ kleidung und der Unsauberkeit zum Vorschein. Überall lag, saß, krabbelte oder balgte sich die braune Brut, und dabei schlummerte der Säugling in seinem Span¬ korb, während Agnese, die älteste, ein mageres Wesen von etwa vierzehn Jahren, auf dem Tische saß und ihr straffes rabenschwarzes Haar zu einem Zopfe flocht. Daran, daß Martuceia in eine Scherbe mit gelbgrauem Salz griff und sehr langsam eine Prise dieses in Italien ach so teuern Gewürzes in die brodelnde Suppe krümelte, erkannte ich ihre Absicht, mich zum Mahle einzuladen. Ich kam ihr jedoch zuvor, indem ich sie. um ein Stück Brot, ein wenig Schafkäse und einen Mezzolitro roten Weines bat, wobei ich sie mit „Padrona" anredete und mir den Anschein gab, als ob ich die Hütte für eine der einfachsten Campagnaosterien, sie selbst mithin für die Wirtin hielte. Eine Brotrinde war wirklich da, ein Krüglein stark nach Pech schmeckenden Weines auch, statt des Schafkäses brachte sie mir

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/56>, abgerufen am 24.07.2024.