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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Aktenstücke zur Beurteilung der polnischen Rechte und Pflichten darbietet und endlich
durch eine reiche Fülle von Zitaten aus polnischen Zeitschriften den unanfechtbaren
Beweis erbringt, daß schon längst die Polen im preußischen Staate eiuen wirt¬
schaftlich-politischen Ring bilden, dessen letztes Ziel es ist, in Gemeinschaft mit den Polen
in Österreich und Rußland das polnische Reich wiederherzustellen. In diesem ver¬
dienstlichen Werke fehlt es auch an Beweismaterial dafür nicht, daß schon lange
bevor die preußische Staatsregierung an Enteignung polnischer Güter dachte, sich
die Polen aller "drei Anteile" bemühten, das Ausland besonders gegen Preußen
und das ganze Deutsche Reich aufzureizen und der Unterstützung der polnischen
Pläne geneigt zu machen. Unter diesem Beweismaterial fehlt jedoch ein besonders
charakteristischer Artikel, der erst ganz neuerdings die Aufmerksamkeit auf sich ge¬
lenkt hat und besondre Beachtung deshalb verdient, weil er von dem ehemaligen
"Admiralski" und "Freunde des Kaisers", dem Herrenhausmitgliede und Straz-
vater von Koscielski herrührt und aus einer Zeit vor der Entstehung der Ent-
eignuugsvorlage und sogar vor dem großen Schülerstreik und seiner Bekämpfung
durch die preußische Staatsregierung stammt. Dieser sehr ausführliche, in der durch
ihren Deutschenhaß berüchtigten Londoner Zeitschrift Ins Mticmal Ksvis^ er¬
schienene Aufsatz geht den Engländern mit Schmeicheleien über ihre kolonisatorischen
Erfolge höchst geschmeidig um den Bart, um sie desto empfänglicher für das zu
machen, was er den Preußen anhängt. Zu dem gleichen Zwecke beginnt er seine
"historische" Schilderung der Preußen und ihrer Schandtaten mit einer Art von
Lob und scheut sich nicht einmal, den polnischen Magnaten früherer Zeit recht Un¬
rühmliches nachzusagen. Er führt nämlich aus, wenn man die Preußischen Erfolge
von 1866 und 1870/71 versteh" wolle, dürfe man nicht vergessen, daß der dürftige
Sandboden der Mark ein an harte Arbeit gewöhntes Geschlecht habe heranbilden
müssen, ein Geschlecht von geistig großem moralischen Ernst und körperlich eiserner
Stärke, ungleich fähiger als seine minder hart erzognen Gegner, andre zu beherrschen.
Das dürfe man auch nicht vergessen, wenn man volles Verständnis des Kampfes
um die Existenz zwischen Preußen und Polen gewinnen wolle. In diesem Kampfe
verdanke das preußische Volk dem unfruchtbaren Boden seines engern Vaterlands
hauptsächlich seinen Sieg über die Polen, die im Genuß der reichen Erträge ihrer
fruchtbaren Äcker schwach und endlich durch ihr politisches Streben nach dem Osten
und durch ihre Vermischung mit den Russen "byzantinischer Trägheit" zugänglich
geworden seien, die sich später zu "orientalischer Sinnlichkeit" entwickelt habe. In
dieser trägen Sinnlichkeit allgemach der größten Anarchie verfallend, habe das Polentum
ganz übersehen, daß ihm ein mächtiger Feind im Westen -- der abgerissene Bursche
Kozlowskis -- erwachse, der dann die "anmaßenden Hände" nach dem Osten ge¬
streckt habe.

Eine der dreistesten Behauptungen wird von Koscielski zu dem Zwecke unter¬
nommen, den Fürsten Bismarck wegen seiner Erklärung, die Polen hätten die im
Jahre 1815 von Friedrich Wilhelm dem Dritten in seiner bekannten Proklamation
abgegebnen Zusagen durch ihren Aufstand im Jahre 1848 verwirkt, der Unwahrheit
zu zeihen. Die Behauptung selbst lautet keck und kühn: "Dieser Aufstand war durch
die preußische Negierung selbst hervorgerufen." Wir begnügen uns damit, diese
Darstellung niedriger zu hängen. Wer über die historischen Vorgänge genaueres
zu erfahren wünscht, der nehme das von dem frühern Generalstabsoffizier bei dem
Posener Generalkommando, spätern General von Voigts-Rhetz verfaßte aktenmäßige
Werk über jenen Aufstand oder die von dem Kreisbürgerausschuß zu Rogasen unter
Benutzung der lcmdrätlichen Akten verfaßte Geschichte des Aufstands in der Provinz
Posen zur Hand. Dort mag man sich überzeugen, mit welcher -- Wahrheitsliebe
die heutige polnische Geschichtsdarstellung arbeitet.


Grenzboten II 1908 57
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Aktenstücke zur Beurteilung der polnischen Rechte und Pflichten darbietet und endlich
durch eine reiche Fülle von Zitaten aus polnischen Zeitschriften den unanfechtbaren
Beweis erbringt, daß schon längst die Polen im preußischen Staate eiuen wirt¬
schaftlich-politischen Ring bilden, dessen letztes Ziel es ist, in Gemeinschaft mit den Polen
in Österreich und Rußland das polnische Reich wiederherzustellen. In diesem ver¬
dienstlichen Werke fehlt es auch an Beweismaterial dafür nicht, daß schon lange
bevor die preußische Staatsregierung an Enteignung polnischer Güter dachte, sich
die Polen aller „drei Anteile" bemühten, das Ausland besonders gegen Preußen
und das ganze Deutsche Reich aufzureizen und der Unterstützung der polnischen
Pläne geneigt zu machen. Unter diesem Beweismaterial fehlt jedoch ein besonders
charakteristischer Artikel, der erst ganz neuerdings die Aufmerksamkeit auf sich ge¬
lenkt hat und besondre Beachtung deshalb verdient, weil er von dem ehemaligen
„Admiralski" und „Freunde des Kaisers", dem Herrenhausmitgliede und Straz-
vater von Koscielski herrührt und aus einer Zeit vor der Entstehung der Ent-
eignuugsvorlage und sogar vor dem großen Schülerstreik und seiner Bekämpfung
durch die preußische Staatsregierung stammt. Dieser sehr ausführliche, in der durch
ihren Deutschenhaß berüchtigten Londoner Zeitschrift Ins Mticmal Ksvis^ er¬
schienene Aufsatz geht den Engländern mit Schmeicheleien über ihre kolonisatorischen
Erfolge höchst geschmeidig um den Bart, um sie desto empfänglicher für das zu
machen, was er den Preußen anhängt. Zu dem gleichen Zwecke beginnt er seine
„historische" Schilderung der Preußen und ihrer Schandtaten mit einer Art von
Lob und scheut sich nicht einmal, den polnischen Magnaten früherer Zeit recht Un¬
rühmliches nachzusagen. Er führt nämlich aus, wenn man die Preußischen Erfolge
von 1866 und 1870/71 versteh» wolle, dürfe man nicht vergessen, daß der dürftige
Sandboden der Mark ein an harte Arbeit gewöhntes Geschlecht habe heranbilden
müssen, ein Geschlecht von geistig großem moralischen Ernst und körperlich eiserner
Stärke, ungleich fähiger als seine minder hart erzognen Gegner, andre zu beherrschen.
Das dürfe man auch nicht vergessen, wenn man volles Verständnis des Kampfes
um die Existenz zwischen Preußen und Polen gewinnen wolle. In diesem Kampfe
verdanke das preußische Volk dem unfruchtbaren Boden seines engern Vaterlands
hauptsächlich seinen Sieg über die Polen, die im Genuß der reichen Erträge ihrer
fruchtbaren Äcker schwach und endlich durch ihr politisches Streben nach dem Osten
und durch ihre Vermischung mit den Russen „byzantinischer Trägheit" zugänglich
geworden seien, die sich später zu „orientalischer Sinnlichkeit" entwickelt habe. In
dieser trägen Sinnlichkeit allgemach der größten Anarchie verfallend, habe das Polentum
ganz übersehen, daß ihm ein mächtiger Feind im Westen — der abgerissene Bursche
Kozlowskis — erwachse, der dann die „anmaßenden Hände" nach dem Osten ge¬
streckt habe.

Eine der dreistesten Behauptungen wird von Koscielski zu dem Zwecke unter¬
nommen, den Fürsten Bismarck wegen seiner Erklärung, die Polen hätten die im
Jahre 1815 von Friedrich Wilhelm dem Dritten in seiner bekannten Proklamation
abgegebnen Zusagen durch ihren Aufstand im Jahre 1848 verwirkt, der Unwahrheit
zu zeihen. Die Behauptung selbst lautet keck und kühn: „Dieser Aufstand war durch
die preußische Negierung selbst hervorgerufen." Wir begnügen uns damit, diese
Darstellung niedriger zu hängen. Wer über die historischen Vorgänge genaueres
zu erfahren wünscht, der nehme das von dem frühern Generalstabsoffizier bei dem
Posener Generalkommando, spätern General von Voigts-Rhetz verfaßte aktenmäßige
Werk über jenen Aufstand oder die von dem Kreisbürgerausschuß zu Rogasen unter
Benutzung der lcmdrätlichen Akten verfaßte Geschichte des Aufstands in der Provinz
Posen zur Hand. Dort mag man sich überzeugen, mit welcher — Wahrheitsliebe
die heutige polnische Geschichtsdarstellung arbeitet.


Grenzboten II 1908 57
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[0453] Maßgebliches und Unmaßgebliches Aktenstücke zur Beurteilung der polnischen Rechte und Pflichten darbietet und endlich durch eine reiche Fülle von Zitaten aus polnischen Zeitschriften den unanfechtbaren Beweis erbringt, daß schon längst die Polen im preußischen Staate eiuen wirt¬ schaftlich-politischen Ring bilden, dessen letztes Ziel es ist, in Gemeinschaft mit den Polen in Österreich und Rußland das polnische Reich wiederherzustellen. In diesem ver¬ dienstlichen Werke fehlt es auch an Beweismaterial dafür nicht, daß schon lange bevor die preußische Staatsregierung an Enteignung polnischer Güter dachte, sich die Polen aller „drei Anteile" bemühten, das Ausland besonders gegen Preußen und das ganze Deutsche Reich aufzureizen und der Unterstützung der polnischen Pläne geneigt zu machen. Unter diesem Beweismaterial fehlt jedoch ein besonders charakteristischer Artikel, der erst ganz neuerdings die Aufmerksamkeit auf sich ge¬ lenkt hat und besondre Beachtung deshalb verdient, weil er von dem ehemaligen „Admiralski" und „Freunde des Kaisers", dem Herrenhausmitgliede und Straz- vater von Koscielski herrührt und aus einer Zeit vor der Entstehung der Ent- eignuugsvorlage und sogar vor dem großen Schülerstreik und seiner Bekämpfung durch die preußische Staatsregierung stammt. Dieser sehr ausführliche, in der durch ihren Deutschenhaß berüchtigten Londoner Zeitschrift Ins Mticmal Ksvis^ er¬ schienene Aufsatz geht den Engländern mit Schmeicheleien über ihre kolonisatorischen Erfolge höchst geschmeidig um den Bart, um sie desto empfänglicher für das zu machen, was er den Preußen anhängt. Zu dem gleichen Zwecke beginnt er seine „historische" Schilderung der Preußen und ihrer Schandtaten mit einer Art von Lob und scheut sich nicht einmal, den polnischen Magnaten früherer Zeit recht Un¬ rühmliches nachzusagen. Er führt nämlich aus, wenn man die Preußischen Erfolge von 1866 und 1870/71 versteh» wolle, dürfe man nicht vergessen, daß der dürftige Sandboden der Mark ein an harte Arbeit gewöhntes Geschlecht habe heranbilden müssen, ein Geschlecht von geistig großem moralischen Ernst und körperlich eiserner Stärke, ungleich fähiger als seine minder hart erzognen Gegner, andre zu beherrschen. Das dürfe man auch nicht vergessen, wenn man volles Verständnis des Kampfes um die Existenz zwischen Preußen und Polen gewinnen wolle. In diesem Kampfe verdanke das preußische Volk dem unfruchtbaren Boden seines engern Vaterlands hauptsächlich seinen Sieg über die Polen, die im Genuß der reichen Erträge ihrer fruchtbaren Äcker schwach und endlich durch ihr politisches Streben nach dem Osten und durch ihre Vermischung mit den Russen „byzantinischer Trägheit" zugänglich geworden seien, die sich später zu „orientalischer Sinnlichkeit" entwickelt habe. In dieser trägen Sinnlichkeit allgemach der größten Anarchie verfallend, habe das Polentum ganz übersehen, daß ihm ein mächtiger Feind im Westen — der abgerissene Bursche Kozlowskis — erwachse, der dann die „anmaßenden Hände" nach dem Osten ge¬ streckt habe. Eine der dreistesten Behauptungen wird von Koscielski zu dem Zwecke unter¬ nommen, den Fürsten Bismarck wegen seiner Erklärung, die Polen hätten die im Jahre 1815 von Friedrich Wilhelm dem Dritten in seiner bekannten Proklamation abgegebnen Zusagen durch ihren Aufstand im Jahre 1848 verwirkt, der Unwahrheit zu zeihen. Die Behauptung selbst lautet keck und kühn: „Dieser Aufstand war durch die preußische Negierung selbst hervorgerufen." Wir begnügen uns damit, diese Darstellung niedriger zu hängen. Wer über die historischen Vorgänge genaueres zu erfahren wünscht, der nehme das von dem frühern Generalstabsoffizier bei dem Posener Generalkommando, spätern General von Voigts-Rhetz verfaßte aktenmäßige Werk über jenen Aufstand oder die von dem Kreisbürgerausschuß zu Rogasen unter Benutzung der lcmdrätlichen Akten verfaßte Geschichte des Aufstands in der Provinz Posen zur Hand. Dort mag man sich überzeugen, mit welcher — Wahrheitsliebe die heutige polnische Geschichtsdarstellung arbeitet. Grenzboten II 1908 57

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/453>, abgerufen am 24.07.2024.