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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die preußische Artillerie im Dienste des Rüstenrettungswesens

der Bake. Ob wenigstens dieser Stern für die Schiffer, die dort bei Nacht
vorüberzogen, aufging, ist aus den Akten nicht ersichtlich. In Glowe war seit
dem Spätherbste des Jahres 1332 die Bedienungsmannschaft für den Apparat
zusammengestellt. Es waren fünf Kossäten, Seeleute und Fischer, brave
Männer. Sie hatten sich im Jahre 1826 bei der Rettung der Mannschaft
eines gestrandeten Schiffes ausgezeichnet und waren vom König mit Geld¬
geschenken belohnt worden. Die Mannschaft wartete vergeblich auf das Ge¬
schütz. Die Station Glowe wurde nicht errichtet. Der Mörserapparat wurde
im Jahre 1834 inventarisiert, dann blieb er vergessen im Marinedepot. Die
leise, sorgsame Pflege, die das Rettungsgerät unter den Vernichtungsgerüten
genoß, störte seine tiefe Ruhe nicht.

Ein Dornröschenschlummer senkte sich auch auf die Nettungsidee. Und
eine Tarnkappe muß sie und ihre Waffen unsichtbar gemacht haben. Denn
als sich im Jahre 1846 das mecklenburgische Amt Ribnitz bei der Regierung
in Stralsund nach der Art, der Ausdehnung und den Kosten der Rettungs¬
einrichtungen erkundigte, die es im Stralsunder Bezirk vermutete, gab die Re¬
gierung diese Anfrage zur Beantwortung an die Stettiner Schwesterbehörde
weiter. Der Rettungsapparat im Marinedepot und die Verhandlungen, die
man über die Station Glowe sieben Jahre lang, von 1827 bis 1834, geführt
hatte, waren ganz vergessen.

Ein Schreiben, das Hauptmann Trost, Artillerieoffizier des Platzes in
Stralsund, unter dem 9. November 1847 an das Finanzministerium richtete,
brach den Bann.

Trost berichtete, daß er im Sommer bei der Übernahme des Artillerie-
und Marinedepots einen unvollständigen Manbyschen Rettungsapparat vor¬
gefunden habe, und erbot sich, ihn zu ergänzen und aufzustellen.

Er hatte im Dezember 1840 und im November 1842 zu Swinemünde
Versuche mit dem Mörserapparat angestellt, die Wurfkraft der preußischen
Sieben- und Zehnpfünder mit der des Dennettschen Raketenapparats verglichen
und eine "Instruktion für den Gebrauch des Manbyschen Rettungsapparats
bei Strandungen" verfaßt. Damals war er Premierleutnant, als Frontoffizier
in der 2. Artilleriebrigade begann er die Versuche, als Adjutant bei der
1. Artillerieinspektion setzte er sie fort. Zehn Jahre war er Adjutant der
3. Abteilung der 2. Brigade in Stralsund. In dieser Stellung trug er die
Uniform der reitenden Artillerie, aber eine geheime Sympathie scheint ihn zu
den Rossen Poseidons gezogen zu haben, eine ähnliche Sympathie wie jene,
auf der die Tatsache beruht, daß in Bayern die Flottenidee im letzten Jahr¬
zehnt bei keiner Waffe so freudige, tatkräftige Förderung gesunden hat wie bei
der Kavallerie.

Ludwig Trost war ein Märker, das Dörfchen Thyrow im Kreise Teltow
war sein Heimatort. Fontäne weiß nichts von ihm. Und doch verdient auch
dieses Kind der Mark, daß man seiner gedenkt.


Die preußische Artillerie im Dienste des Rüstenrettungswesens

der Bake. Ob wenigstens dieser Stern für die Schiffer, die dort bei Nacht
vorüberzogen, aufging, ist aus den Akten nicht ersichtlich. In Glowe war seit
dem Spätherbste des Jahres 1332 die Bedienungsmannschaft für den Apparat
zusammengestellt. Es waren fünf Kossäten, Seeleute und Fischer, brave
Männer. Sie hatten sich im Jahre 1826 bei der Rettung der Mannschaft
eines gestrandeten Schiffes ausgezeichnet und waren vom König mit Geld¬
geschenken belohnt worden. Die Mannschaft wartete vergeblich auf das Ge¬
schütz. Die Station Glowe wurde nicht errichtet. Der Mörserapparat wurde
im Jahre 1834 inventarisiert, dann blieb er vergessen im Marinedepot. Die
leise, sorgsame Pflege, die das Rettungsgerät unter den Vernichtungsgerüten
genoß, störte seine tiefe Ruhe nicht.

Ein Dornröschenschlummer senkte sich auch auf die Nettungsidee. Und
eine Tarnkappe muß sie und ihre Waffen unsichtbar gemacht haben. Denn
als sich im Jahre 1846 das mecklenburgische Amt Ribnitz bei der Regierung
in Stralsund nach der Art, der Ausdehnung und den Kosten der Rettungs¬
einrichtungen erkundigte, die es im Stralsunder Bezirk vermutete, gab die Re¬
gierung diese Anfrage zur Beantwortung an die Stettiner Schwesterbehörde
weiter. Der Rettungsapparat im Marinedepot und die Verhandlungen, die
man über die Station Glowe sieben Jahre lang, von 1827 bis 1834, geführt
hatte, waren ganz vergessen.

Ein Schreiben, das Hauptmann Trost, Artillerieoffizier des Platzes in
Stralsund, unter dem 9. November 1847 an das Finanzministerium richtete,
brach den Bann.

Trost berichtete, daß er im Sommer bei der Übernahme des Artillerie-
und Marinedepots einen unvollständigen Manbyschen Rettungsapparat vor¬
gefunden habe, und erbot sich, ihn zu ergänzen und aufzustellen.

Er hatte im Dezember 1840 und im November 1842 zu Swinemünde
Versuche mit dem Mörserapparat angestellt, die Wurfkraft der preußischen
Sieben- und Zehnpfünder mit der des Dennettschen Raketenapparats verglichen
und eine „Instruktion für den Gebrauch des Manbyschen Rettungsapparats
bei Strandungen" verfaßt. Damals war er Premierleutnant, als Frontoffizier
in der 2. Artilleriebrigade begann er die Versuche, als Adjutant bei der
1. Artillerieinspektion setzte er sie fort. Zehn Jahre war er Adjutant der
3. Abteilung der 2. Brigade in Stralsund. In dieser Stellung trug er die
Uniform der reitenden Artillerie, aber eine geheime Sympathie scheint ihn zu
den Rossen Poseidons gezogen zu haben, eine ähnliche Sympathie wie jene,
auf der die Tatsache beruht, daß in Bayern die Flottenidee im letzten Jahr¬
zehnt bei keiner Waffe so freudige, tatkräftige Förderung gesunden hat wie bei
der Kavallerie.

Ludwig Trost war ein Märker, das Dörfchen Thyrow im Kreise Teltow
war sein Heimatort. Fontäne weiß nichts von ihm. Und doch verdient auch
dieses Kind der Mark, daß man seiner gedenkt.


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[0414] Die preußische Artillerie im Dienste des Rüstenrettungswesens der Bake. Ob wenigstens dieser Stern für die Schiffer, die dort bei Nacht vorüberzogen, aufging, ist aus den Akten nicht ersichtlich. In Glowe war seit dem Spätherbste des Jahres 1332 die Bedienungsmannschaft für den Apparat zusammengestellt. Es waren fünf Kossäten, Seeleute und Fischer, brave Männer. Sie hatten sich im Jahre 1826 bei der Rettung der Mannschaft eines gestrandeten Schiffes ausgezeichnet und waren vom König mit Geld¬ geschenken belohnt worden. Die Mannschaft wartete vergeblich auf das Ge¬ schütz. Die Station Glowe wurde nicht errichtet. Der Mörserapparat wurde im Jahre 1834 inventarisiert, dann blieb er vergessen im Marinedepot. Die leise, sorgsame Pflege, die das Rettungsgerät unter den Vernichtungsgerüten genoß, störte seine tiefe Ruhe nicht. Ein Dornröschenschlummer senkte sich auch auf die Nettungsidee. Und eine Tarnkappe muß sie und ihre Waffen unsichtbar gemacht haben. Denn als sich im Jahre 1846 das mecklenburgische Amt Ribnitz bei der Regierung in Stralsund nach der Art, der Ausdehnung und den Kosten der Rettungs¬ einrichtungen erkundigte, die es im Stralsunder Bezirk vermutete, gab die Re¬ gierung diese Anfrage zur Beantwortung an die Stettiner Schwesterbehörde weiter. Der Rettungsapparat im Marinedepot und die Verhandlungen, die man über die Station Glowe sieben Jahre lang, von 1827 bis 1834, geführt hatte, waren ganz vergessen. Ein Schreiben, das Hauptmann Trost, Artillerieoffizier des Platzes in Stralsund, unter dem 9. November 1847 an das Finanzministerium richtete, brach den Bann. Trost berichtete, daß er im Sommer bei der Übernahme des Artillerie- und Marinedepots einen unvollständigen Manbyschen Rettungsapparat vor¬ gefunden habe, und erbot sich, ihn zu ergänzen und aufzustellen. Er hatte im Dezember 1840 und im November 1842 zu Swinemünde Versuche mit dem Mörserapparat angestellt, die Wurfkraft der preußischen Sieben- und Zehnpfünder mit der des Dennettschen Raketenapparats verglichen und eine „Instruktion für den Gebrauch des Manbyschen Rettungsapparats bei Strandungen" verfaßt. Damals war er Premierleutnant, als Frontoffizier in der 2. Artilleriebrigade begann er die Versuche, als Adjutant bei der 1. Artillerieinspektion setzte er sie fort. Zehn Jahre war er Adjutant der 3. Abteilung der 2. Brigade in Stralsund. In dieser Stellung trug er die Uniform der reitenden Artillerie, aber eine geheime Sympathie scheint ihn zu den Rossen Poseidons gezogen zu haben, eine ähnliche Sympathie wie jene, auf der die Tatsache beruht, daß in Bayern die Flottenidee im letzten Jahr¬ zehnt bei keiner Waffe so freudige, tatkräftige Förderung gesunden hat wie bei der Kavallerie. Ludwig Trost war ein Märker, das Dörfchen Thyrow im Kreise Teltow war sein Heimatort. Fontäne weiß nichts von ihm. Und doch verdient auch dieses Kind der Mark, daß man seiner gedenkt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/414>, abgerufen am 24.07.2024.