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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

doch die Erkenntnis gewonnen, dnß man politische Dinge nicht nach Art der Eigen¬
brötler meistern kann, indem man die eigne Individualität dem Weltlauf entgegen¬
stellt und ihr eine Rolle zuweist, die nur selten einmal dem Genie vergönnt ist.
Politik steht mehr als jedes andre Geschäft unter der Devise: "Ich bien'", und es
ist auch starken Willensmenschen nicht immer möglich, sich so durchzusetzen, wie sie
gern möchten. Nur wo die Massen schon von einem gemeinsamen Empfinden und
Sehnen erfaßt sind, vermag eine Persönlichkeit, die der Masse den Puls zu fühlen
und ihre unbestimmten Regungen durch Überlegenheit und Harmonie im Denken
und Wollen in einen klaren und starken Willen umzusetzen versteht, eine beherrschende
Stellung zu gewinnen. Das ist bei uns wegen der Eigenart unsers Volks und
unsrer Verhältnisse beinahe unmöglich, wo nicht irgendeine besondre Autorität noch
hinzukommt. Aber ganz ausgeschlossen ist es selbst für eine hochbegabte Persönlich¬
keit, nur mit neuen Ideen eine Volksbewegung hervorzurufen oder eine schon vor-
handne in andre Bahnen zu lenken. Naumann hat diese Erfahrung nun reichlich
gemacht und fängt jetzt an, anders als bisher mit gegebnen Größen zu rechnen,
ohne seinen politischen Idealen untreu zu werden. Vielleicht wäre er früher dahin
und im ganzen weiter gekommen, wenn er damals, als er von der Kanzel in die
politische Arena stieg, mit seinem reichen Geist und seinem warmen Herzen nicht
in den Bannkreis der politischen Irrlichter geraten wäre, die ihn solange um-
tanzten, und von denen er, wie es scheint, jetzt glücklich losgekommen ist.

Herr Barth denkt, wie er sich kürzlich ausgesprochen hat, selbst nicht daran,
an die Gründung einer neuen Partei zu gehn. Aber er wird eine eifrige Werbe¬
tätigkeit für die Richtung entfalten, in der er das Heil des Liberalismus sieht. Für
ihn liegt die Zukunft des Liberalismus in der Energie, mit der die konservativen
Kräfte und Regungen im Staatsleben -- alles, was in der Kunstsprache des politischen
Agitators mit dem Worte "Reaktion" zusammengefaßt wird, und wobei sich jeder
Politisch Halbgebildete nach Belieben vorstellen kann, was ihm zufällig irgendwie
widerwärtig ist -- niedergekämpft werden. Zu diesem Kampfe braucht er die
Bundesgenossenschaft der Sozialdemokratie, und so verwischt sich für ihn alles Gegen¬
sätzliche, was zwischen Liberalismus und Sozialismus liegt. Es stört ihn auch nicht
weiter, daß die Sozialdemokratie ihrerseits diese Gemeinschaft zurückweist und nicht
müde wird, zu predigen, daß die Sozialdemokratie für sich allein der homogenen
Masse der bürgerlichen Parteien gegenübersteht, und daß auch Herr Theodor Barth
und die Seinen schlechte und rechte Anhänger der kapitalistischen Weltanschauung
sind. Herr Barth aber stellt sich auf den Standpunkt: "Wenn ich dich liebe, was gehts
dich an?" Er wird sich nicht abschrecken lassen, die Verbrüderung mit der Sozial¬
demokratie wie bisher weiter zu betreiben. Eben jetzt jedoch ist im Liberalismus
sehr stark das Bewußtsein erwacht, welche Kluft ihn von der sozialistischen An¬
schauung trennt. Die Ausscheidung der Gruppe um Barth war also eine Not¬
wendigkeit.

Damit ist zugleich die Schranke zwischen der Freisinnigen Volkspartei und der
Freisinnigen Vereinigung so morsch geworden, daß sie wohl über kurz oder lang
einmal fallen wird. Noch denkt man freilich nicht daran, die Trennung der beiden
Fraktionen und Parteirichtungen formell aufzuheben, aber es würde tatsächlich keinen
Sinn haben, sie noch allzulange fortzusetzen. Ein geschichtlicher Rückblick zeigt noch
deutlicher, wie wenig im Gründe die Parteiprinzipien selbst und wieviel dafür die
Parteitakti! Anteil an dieser Trennung hatte. Einst stand die Freisinnige Ver¬
einigung oder vielmehr die Politikergruppe, aus der die jetzt so bezeichnete Fraktion
hervorgegangen ist, rechts von der Freisinnigen Volkspartei als eine Art von Binde¬
glied zwischen dieser und den Nationalliberalen. Später steht sie auf der andern
Seite des alten Freisinns, gewissermaßen ein Übergang vom Freisinn zur Sozial-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

doch die Erkenntnis gewonnen, dnß man politische Dinge nicht nach Art der Eigen¬
brötler meistern kann, indem man die eigne Individualität dem Weltlauf entgegen¬
stellt und ihr eine Rolle zuweist, die nur selten einmal dem Genie vergönnt ist.
Politik steht mehr als jedes andre Geschäft unter der Devise: „Ich bien'", und es
ist auch starken Willensmenschen nicht immer möglich, sich so durchzusetzen, wie sie
gern möchten. Nur wo die Massen schon von einem gemeinsamen Empfinden und
Sehnen erfaßt sind, vermag eine Persönlichkeit, die der Masse den Puls zu fühlen
und ihre unbestimmten Regungen durch Überlegenheit und Harmonie im Denken
und Wollen in einen klaren und starken Willen umzusetzen versteht, eine beherrschende
Stellung zu gewinnen. Das ist bei uns wegen der Eigenart unsers Volks und
unsrer Verhältnisse beinahe unmöglich, wo nicht irgendeine besondre Autorität noch
hinzukommt. Aber ganz ausgeschlossen ist es selbst für eine hochbegabte Persönlich¬
keit, nur mit neuen Ideen eine Volksbewegung hervorzurufen oder eine schon vor-
handne in andre Bahnen zu lenken. Naumann hat diese Erfahrung nun reichlich
gemacht und fängt jetzt an, anders als bisher mit gegebnen Größen zu rechnen,
ohne seinen politischen Idealen untreu zu werden. Vielleicht wäre er früher dahin
und im ganzen weiter gekommen, wenn er damals, als er von der Kanzel in die
politische Arena stieg, mit seinem reichen Geist und seinem warmen Herzen nicht
in den Bannkreis der politischen Irrlichter geraten wäre, die ihn solange um-
tanzten, und von denen er, wie es scheint, jetzt glücklich losgekommen ist.

Herr Barth denkt, wie er sich kürzlich ausgesprochen hat, selbst nicht daran,
an die Gründung einer neuen Partei zu gehn. Aber er wird eine eifrige Werbe¬
tätigkeit für die Richtung entfalten, in der er das Heil des Liberalismus sieht. Für
ihn liegt die Zukunft des Liberalismus in der Energie, mit der die konservativen
Kräfte und Regungen im Staatsleben — alles, was in der Kunstsprache des politischen
Agitators mit dem Worte „Reaktion" zusammengefaßt wird, und wobei sich jeder
Politisch Halbgebildete nach Belieben vorstellen kann, was ihm zufällig irgendwie
widerwärtig ist — niedergekämpft werden. Zu diesem Kampfe braucht er die
Bundesgenossenschaft der Sozialdemokratie, und so verwischt sich für ihn alles Gegen¬
sätzliche, was zwischen Liberalismus und Sozialismus liegt. Es stört ihn auch nicht
weiter, daß die Sozialdemokratie ihrerseits diese Gemeinschaft zurückweist und nicht
müde wird, zu predigen, daß die Sozialdemokratie für sich allein der homogenen
Masse der bürgerlichen Parteien gegenübersteht, und daß auch Herr Theodor Barth
und die Seinen schlechte und rechte Anhänger der kapitalistischen Weltanschauung
sind. Herr Barth aber stellt sich auf den Standpunkt: „Wenn ich dich liebe, was gehts
dich an?" Er wird sich nicht abschrecken lassen, die Verbrüderung mit der Sozial¬
demokratie wie bisher weiter zu betreiben. Eben jetzt jedoch ist im Liberalismus
sehr stark das Bewußtsein erwacht, welche Kluft ihn von der sozialistischen An¬
schauung trennt. Die Ausscheidung der Gruppe um Barth war also eine Not¬
wendigkeit.

Damit ist zugleich die Schranke zwischen der Freisinnigen Volkspartei und der
Freisinnigen Vereinigung so morsch geworden, daß sie wohl über kurz oder lang
einmal fallen wird. Noch denkt man freilich nicht daran, die Trennung der beiden
Fraktionen und Parteirichtungen formell aufzuheben, aber es würde tatsächlich keinen
Sinn haben, sie noch allzulange fortzusetzen. Ein geschichtlicher Rückblick zeigt noch
deutlicher, wie wenig im Gründe die Parteiprinzipien selbst und wieviel dafür die
Parteitakti! Anteil an dieser Trennung hatte. Einst stand die Freisinnige Ver¬
einigung oder vielmehr die Politikergruppe, aus der die jetzt so bezeichnete Fraktion
hervorgegangen ist, rechts von der Freisinnigen Volkspartei als eine Art von Binde¬
glied zwischen dieser und den Nationalliberalen. Später steht sie auf der andern
Seite des alten Freisinns, gewissermaßen ein Übergang vom Freisinn zur Sozial-


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[0252] Maßgebliches und Unmaßgebliches doch die Erkenntnis gewonnen, dnß man politische Dinge nicht nach Art der Eigen¬ brötler meistern kann, indem man die eigne Individualität dem Weltlauf entgegen¬ stellt und ihr eine Rolle zuweist, die nur selten einmal dem Genie vergönnt ist. Politik steht mehr als jedes andre Geschäft unter der Devise: „Ich bien'", und es ist auch starken Willensmenschen nicht immer möglich, sich so durchzusetzen, wie sie gern möchten. Nur wo die Massen schon von einem gemeinsamen Empfinden und Sehnen erfaßt sind, vermag eine Persönlichkeit, die der Masse den Puls zu fühlen und ihre unbestimmten Regungen durch Überlegenheit und Harmonie im Denken und Wollen in einen klaren und starken Willen umzusetzen versteht, eine beherrschende Stellung zu gewinnen. Das ist bei uns wegen der Eigenart unsers Volks und unsrer Verhältnisse beinahe unmöglich, wo nicht irgendeine besondre Autorität noch hinzukommt. Aber ganz ausgeschlossen ist es selbst für eine hochbegabte Persönlich¬ keit, nur mit neuen Ideen eine Volksbewegung hervorzurufen oder eine schon vor- handne in andre Bahnen zu lenken. Naumann hat diese Erfahrung nun reichlich gemacht und fängt jetzt an, anders als bisher mit gegebnen Größen zu rechnen, ohne seinen politischen Idealen untreu zu werden. Vielleicht wäre er früher dahin und im ganzen weiter gekommen, wenn er damals, als er von der Kanzel in die politische Arena stieg, mit seinem reichen Geist und seinem warmen Herzen nicht in den Bannkreis der politischen Irrlichter geraten wäre, die ihn solange um- tanzten, und von denen er, wie es scheint, jetzt glücklich losgekommen ist. Herr Barth denkt, wie er sich kürzlich ausgesprochen hat, selbst nicht daran, an die Gründung einer neuen Partei zu gehn. Aber er wird eine eifrige Werbe¬ tätigkeit für die Richtung entfalten, in der er das Heil des Liberalismus sieht. Für ihn liegt die Zukunft des Liberalismus in der Energie, mit der die konservativen Kräfte und Regungen im Staatsleben — alles, was in der Kunstsprache des politischen Agitators mit dem Worte „Reaktion" zusammengefaßt wird, und wobei sich jeder Politisch Halbgebildete nach Belieben vorstellen kann, was ihm zufällig irgendwie widerwärtig ist — niedergekämpft werden. Zu diesem Kampfe braucht er die Bundesgenossenschaft der Sozialdemokratie, und so verwischt sich für ihn alles Gegen¬ sätzliche, was zwischen Liberalismus und Sozialismus liegt. Es stört ihn auch nicht weiter, daß die Sozialdemokratie ihrerseits diese Gemeinschaft zurückweist und nicht müde wird, zu predigen, daß die Sozialdemokratie für sich allein der homogenen Masse der bürgerlichen Parteien gegenübersteht, und daß auch Herr Theodor Barth und die Seinen schlechte und rechte Anhänger der kapitalistischen Weltanschauung sind. Herr Barth aber stellt sich auf den Standpunkt: „Wenn ich dich liebe, was gehts dich an?" Er wird sich nicht abschrecken lassen, die Verbrüderung mit der Sozial¬ demokratie wie bisher weiter zu betreiben. Eben jetzt jedoch ist im Liberalismus sehr stark das Bewußtsein erwacht, welche Kluft ihn von der sozialistischen An¬ schauung trennt. Die Ausscheidung der Gruppe um Barth war also eine Not¬ wendigkeit. Damit ist zugleich die Schranke zwischen der Freisinnigen Volkspartei und der Freisinnigen Vereinigung so morsch geworden, daß sie wohl über kurz oder lang einmal fallen wird. Noch denkt man freilich nicht daran, die Trennung der beiden Fraktionen und Parteirichtungen formell aufzuheben, aber es würde tatsächlich keinen Sinn haben, sie noch allzulange fortzusetzen. Ein geschichtlicher Rückblick zeigt noch deutlicher, wie wenig im Gründe die Parteiprinzipien selbst und wieviel dafür die Parteitakti! Anteil an dieser Trennung hatte. Einst stand die Freisinnige Ver¬ einigung oder vielmehr die Politikergruppe, aus der die jetzt so bezeichnete Fraktion hervorgegangen ist, rechts von der Freisinnigen Volkspartei als eine Art von Binde¬ glied zwischen dieser und den Nationalliberalen. Später steht sie auf der andern Seite des alten Freisinns, gewissermaßen ein Übergang vom Freisinn zur Sozial-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/252>, abgerufen am 24.07.2024.