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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Derartige Extravaganzen hinterließen immer ein paar Tage lang merkliche
Spuren in den häuslichen Geschäften. Die jungen Mädchen verschliefen das Aufstehn,
sie waren zerstreut, sie machten Fehler beim Kochen oder in den Wissenschaften.
Diesmal aber war es ärger als sonst, und Jnmfer Dorrethee wollte verzweifeln
und hielt gewaltige Strafpredigten, die freilich bei der jungen Gesellschaft keinen
Eindruck machten. Jeden Abend hörte man oben im Jumfernzwinger dumpfe Töne,
wie wenn etwas fiel, Geschrei und Händeklatschen, und wenn nach der Hausordnung
die Lampe längst hätte gelöscht sein müssen, war oben immer noch kein Friede.
Muttche begab sich also hinauf, fiel durch eine unverschloßne Hinterpforte in den
Jumferuzwinger ein und blieb sprachlos in der Tür stehn. Was sah sie? Die
Mädchen, die großen erwachsnen Mädchen spielten Zirkus. Auf dem Boden war ein
Kreidestrich gezogen, und darauf balancierte Resi in kurzem Röckchen als Seiltänzerin,
und Erna, ziemlich stark ausgezogen, hatte die kleine Mimi auf den Schultern. Die
übrigen spielten die Rolle der Musikanten und der Zuschauer.

Als Muttche unerwartet eintrat, brach der Lärm ab, und es gab eine große
Bestürzung. Nur Erna blieb harmlos in ihrer Athletenstellung stehn.

Aber Erna! rief Muttche, genierst du dich denn nicht?

Erna schaute an sich herunter und dann lachend Muttche ins Gesicht, als wollte
sie sagen: Genieren? Vor was denn? Daß ich so bin, wie ich bin?

Muttche war nun auch gnädiger als Jnmfer Dorrethee, setzte sich selbst unter
das Publikum, ließ sich die Kunststücke noch einmal vormachen, verbat sich dann aber
weitere Dummheiten.

Doch konnte sie nicht umhin, ihren lieben Mann bei der Arbeit zu stören. Der
liebe Mann stellte die lange Pfeife beiseite, faltete die Hände und nahm eine Miene
stiller Ergebung an. Diese Erna, sagte Muttchen, ist ein wunderbares Mädchen.
Sie ist warmherzig, selbstlos, gutmütig, sie ist mir so lieb wie eine Tochter, und
doch steckt in ihr etwas drin, das ich nicht beschreiben kann. Etwas fremdes. Sie
hat in manchen Dingen ein Gefühl, das ganz anders ist als das andrer junger
Mädchen. Wie kommt sie darauf, sich auszuziehn und Athletenkünste zu treiben?
'

Das will ich dir sagen, erwiderte Väterchen mit scheinbar ernster Miene. Deine
Erna ist vermutlich gar nicht die Tochter des Professors Spitzbnrt, sondern eines
Akrobaten oder Seiltänzers.

Aber Väterchen I sagte Muttche. ^

Ja das ist so, fuhr Väterchen fort, natura-in sxxsUas t'urcÄ, t-unsu us^us rscmri'it.
Das will sagen: Macht, was ihr wollt, die Natur dämpft ihr doch nicht.

Väterchen hatte in seiner Weise scherzen wollen, er ahnte nicht, wie genau er
den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. - > > ^

Der Winter verging, ohne daß besondre Ereignisse eingetreten wären. Erna
lernte kochen, sie lernte sich für Literatur interessieren, wenn es auch nicht gerade
die klassische Literatur war, die sie bevorzugte. Sie deklamierte Chamissos Löwen¬
braut mit großem Feuer, als wenn sie selbst die Löwenbraut gewesen wäre. Aber
freilich die Handarbeiten waren und blieben die schwache Seite. Es lag einmal
nicht darin. Sie hing an Muttchen mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit, wie wenn
Muttche ihre wirkliche Mutter gewesen wäre. Es gab Manche heftige Eifersuchts¬
szene zwischen ihr und ihren Freundinnen, die mich etwas von Muttche haben
wollten. Als das Ende der Pensionszeit in der Ferne sichtbar wurde, war es, als
wenn sich ein dunkler Schatten über ihr Leben ausbreitete. Sie trauerte schon lange
vor der Abschiedsstunde und klagte mit bittern Worten über ihr Verhängnis, daß
sie wieder in den Käfig zurückmüsse. Muttche redete zum Guten und erinnerte
Erna daran, wie viel sie ihren Eltern verdanke, auch diese schöne Zeit in der Pension.


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Derartige Extravaganzen hinterließen immer ein paar Tage lang merkliche
Spuren in den häuslichen Geschäften. Die jungen Mädchen verschliefen das Aufstehn,
sie waren zerstreut, sie machten Fehler beim Kochen oder in den Wissenschaften.
Diesmal aber war es ärger als sonst, und Jnmfer Dorrethee wollte verzweifeln
und hielt gewaltige Strafpredigten, die freilich bei der jungen Gesellschaft keinen
Eindruck machten. Jeden Abend hörte man oben im Jumfernzwinger dumpfe Töne,
wie wenn etwas fiel, Geschrei und Händeklatschen, und wenn nach der Hausordnung
die Lampe längst hätte gelöscht sein müssen, war oben immer noch kein Friede.
Muttche begab sich also hinauf, fiel durch eine unverschloßne Hinterpforte in den
Jumferuzwinger ein und blieb sprachlos in der Tür stehn. Was sah sie? Die
Mädchen, die großen erwachsnen Mädchen spielten Zirkus. Auf dem Boden war ein
Kreidestrich gezogen, und darauf balancierte Resi in kurzem Röckchen als Seiltänzerin,
und Erna, ziemlich stark ausgezogen, hatte die kleine Mimi auf den Schultern. Die
übrigen spielten die Rolle der Musikanten und der Zuschauer.

Als Muttche unerwartet eintrat, brach der Lärm ab, und es gab eine große
Bestürzung. Nur Erna blieb harmlos in ihrer Athletenstellung stehn.

Aber Erna! rief Muttche, genierst du dich denn nicht?

Erna schaute an sich herunter und dann lachend Muttche ins Gesicht, als wollte
sie sagen: Genieren? Vor was denn? Daß ich so bin, wie ich bin?

Muttche war nun auch gnädiger als Jnmfer Dorrethee, setzte sich selbst unter
das Publikum, ließ sich die Kunststücke noch einmal vormachen, verbat sich dann aber
weitere Dummheiten.

Doch konnte sie nicht umhin, ihren lieben Mann bei der Arbeit zu stören. Der
liebe Mann stellte die lange Pfeife beiseite, faltete die Hände und nahm eine Miene
stiller Ergebung an. Diese Erna, sagte Muttchen, ist ein wunderbares Mädchen.
Sie ist warmherzig, selbstlos, gutmütig, sie ist mir so lieb wie eine Tochter, und
doch steckt in ihr etwas drin, das ich nicht beschreiben kann. Etwas fremdes. Sie
hat in manchen Dingen ein Gefühl, das ganz anders ist als das andrer junger
Mädchen. Wie kommt sie darauf, sich auszuziehn und Athletenkünste zu treiben?
'

Das will ich dir sagen, erwiderte Väterchen mit scheinbar ernster Miene. Deine
Erna ist vermutlich gar nicht die Tochter des Professors Spitzbnrt, sondern eines
Akrobaten oder Seiltänzers.

Aber Väterchen I sagte Muttche. ^

Ja das ist so, fuhr Väterchen fort, natura-in sxxsUas t'urcÄ, t-unsu us^us rscmri'it.
Das will sagen: Macht, was ihr wollt, die Natur dämpft ihr doch nicht.

Väterchen hatte in seiner Weise scherzen wollen, er ahnte nicht, wie genau er
den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. - > > ^

Der Winter verging, ohne daß besondre Ereignisse eingetreten wären. Erna
lernte kochen, sie lernte sich für Literatur interessieren, wenn es auch nicht gerade
die klassische Literatur war, die sie bevorzugte. Sie deklamierte Chamissos Löwen¬
braut mit großem Feuer, als wenn sie selbst die Löwenbraut gewesen wäre. Aber
freilich die Handarbeiten waren und blieben die schwache Seite. Es lag einmal
nicht darin. Sie hing an Muttchen mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit, wie wenn
Muttche ihre wirkliche Mutter gewesen wäre. Es gab Manche heftige Eifersuchts¬
szene zwischen ihr und ihren Freundinnen, die mich etwas von Muttche haben
wollten. Als das Ende der Pensionszeit in der Ferne sichtbar wurde, war es, als
wenn sich ein dunkler Schatten über ihr Leben ausbreitete. Sie trauerte schon lange
vor der Abschiedsstunde und klagte mit bittern Worten über ihr Verhängnis, daß
sie wieder in den Käfig zurückmüsse. Muttche redete zum Guten und erinnerte
Erna daran, wie viel sie ihren Eltern verdanke, auch diese schöne Zeit in der Pension.


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[0246] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Derartige Extravaganzen hinterließen immer ein paar Tage lang merkliche Spuren in den häuslichen Geschäften. Die jungen Mädchen verschliefen das Aufstehn, sie waren zerstreut, sie machten Fehler beim Kochen oder in den Wissenschaften. Diesmal aber war es ärger als sonst, und Jnmfer Dorrethee wollte verzweifeln und hielt gewaltige Strafpredigten, die freilich bei der jungen Gesellschaft keinen Eindruck machten. Jeden Abend hörte man oben im Jumfernzwinger dumpfe Töne, wie wenn etwas fiel, Geschrei und Händeklatschen, und wenn nach der Hausordnung die Lampe längst hätte gelöscht sein müssen, war oben immer noch kein Friede. Muttche begab sich also hinauf, fiel durch eine unverschloßne Hinterpforte in den Jumferuzwinger ein und blieb sprachlos in der Tür stehn. Was sah sie? Die Mädchen, die großen erwachsnen Mädchen spielten Zirkus. Auf dem Boden war ein Kreidestrich gezogen, und darauf balancierte Resi in kurzem Röckchen als Seiltänzerin, und Erna, ziemlich stark ausgezogen, hatte die kleine Mimi auf den Schultern. Die übrigen spielten die Rolle der Musikanten und der Zuschauer. Als Muttche unerwartet eintrat, brach der Lärm ab, und es gab eine große Bestürzung. Nur Erna blieb harmlos in ihrer Athletenstellung stehn. Aber Erna! rief Muttche, genierst du dich denn nicht? Erna schaute an sich herunter und dann lachend Muttche ins Gesicht, als wollte sie sagen: Genieren? Vor was denn? Daß ich so bin, wie ich bin? Muttche war nun auch gnädiger als Jnmfer Dorrethee, setzte sich selbst unter das Publikum, ließ sich die Kunststücke noch einmal vormachen, verbat sich dann aber weitere Dummheiten. Doch konnte sie nicht umhin, ihren lieben Mann bei der Arbeit zu stören. Der liebe Mann stellte die lange Pfeife beiseite, faltete die Hände und nahm eine Miene stiller Ergebung an. Diese Erna, sagte Muttchen, ist ein wunderbares Mädchen. Sie ist warmherzig, selbstlos, gutmütig, sie ist mir so lieb wie eine Tochter, und doch steckt in ihr etwas drin, das ich nicht beschreiben kann. Etwas fremdes. Sie hat in manchen Dingen ein Gefühl, das ganz anders ist als das andrer junger Mädchen. Wie kommt sie darauf, sich auszuziehn und Athletenkünste zu treiben? ' Das will ich dir sagen, erwiderte Väterchen mit scheinbar ernster Miene. Deine Erna ist vermutlich gar nicht die Tochter des Professors Spitzbnrt, sondern eines Akrobaten oder Seiltänzers. Aber Väterchen I sagte Muttche. ^ Ja das ist so, fuhr Väterchen fort, natura-in sxxsUas t'urcÄ, t-unsu us^us rscmri'it. Das will sagen: Macht, was ihr wollt, die Natur dämpft ihr doch nicht. Väterchen hatte in seiner Weise scherzen wollen, er ahnte nicht, wie genau er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. - > > ^ Der Winter verging, ohne daß besondre Ereignisse eingetreten wären. Erna lernte kochen, sie lernte sich für Literatur interessieren, wenn es auch nicht gerade die klassische Literatur war, die sie bevorzugte. Sie deklamierte Chamissos Löwen¬ braut mit großem Feuer, als wenn sie selbst die Löwenbraut gewesen wäre. Aber freilich die Handarbeiten waren und blieben die schwache Seite. Es lag einmal nicht darin. Sie hing an Muttchen mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit, wie wenn Muttche ihre wirkliche Mutter gewesen wäre. Es gab Manche heftige Eifersuchts¬ szene zwischen ihr und ihren Freundinnen, die mich etwas von Muttche haben wollten. Als das Ende der Pensionszeit in der Ferne sichtbar wurde, war es, als wenn sich ein dunkler Schatten über ihr Leben ausbreitete. Sie trauerte schon lange vor der Abschiedsstunde und klagte mit bittern Worten über ihr Verhängnis, daß sie wieder in den Käfig zurückmüsse. Muttche redete zum Guten und erinnerte Erna daran, wie viel sie ihren Eltern verdanke, auch diese schöne Zeit in der Pension.

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/246>, abgerufen am 24.07.2024.