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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Die asiatische Linwandrung

gebornenfrage ist für die Staatsmänner Südafrikas das größte und schwierigste
Problem der Gegenwart und der Zukunft; dem weißen Manne schwebt die
Gefahr, die ihm von dieser Seite droht, ständig vor Augen -- und die jüngsten
Vorgänge beweisen wieder, daß diese Gefahr sehr real ist --; so kann es
nicht überraschen, daß angesichts der Vorgänge in Indien Befürchtungen ent-
stehn, die in der zunehmenden Einwandrung von Jndiern nach Südafrika eine
neue Gefahr sehn. Im britischen Südafrika beträgt die einheimische schwarze
Bevölkerung mehr als 4^ Millionen, von denen etwa 900000 Männer im
Alter von fünfzehn bis fünfundvierzig Jahren sind. Südlich des Sambesi beträgt
die Zahl der Eingebornen rund 7 Millionen.

Das Beispiel Natals zeigt nun am besten, inwieweit neben der Ein-
gebornenfrage schon eine asiatische Frage besteht.

Die Zählung von 1904 ergab, daß Natal eine Gesamtbevölkerung von
1108754 Seelen hatte, die sich folgendermaßen einteilen lassen:

Männliche WeiblicheGesäme
Europäer oder WeißeS67S8 403S197109
Jndier und Asiaten63497 37421100918
Mischlinge und andre3610 30766686
Eingeborne in europäischen Diensten . 69746 10232 79978
Reservaten , , - > 3^ 020 467043 824063

Die männlichen Asiaten übertrafen zu dieser Zeit schon die männlichen
Europäer um etwa 9000. Die Schnelligkeit der Vermehrung der asiatischen
Bevölkerung ist sehr groß, wie der folgende Vergleich zeigt:

EuropäerJndier
N°t°l Zensus 1891 . - - 46788 41142
1904 . - - 100749
Zunahme der Europäer 101.38 Prozent, der Asiaten 144.88 Prozent.

Die Zählnngskommission fügt hinzu, daß der Gedanke daran, zu welchen
Zahlen die indische Bevölkerung im Vergleich mit der europäischen bei dieser
rapiden Zunahme in der nächsten Zukunft schon anwachsen meh. etwas be¬
drückendes hat bedenken ist dabei besonders daß der Ändier nicht aus
ganz freien Stücken kommt, sondern daß Bedarf für seine Arbeitskraft vor¬
liegt. In diesem Bedarf macht sich keine Abnahme bemerkbar, und die Werbe¬
agenten können kaum die Nachfrage decken. . .

^^^,Die Einwandrungsbedingungen für Asiaten in Na^l sind im wesentlichen
dieselben wie die der westindischen Inseln. Dem Kuli stehn nach fünfjähriger
Kontraktarbeit auf den Farmer, den Gartenplantagen oder in den Minen
drei Wege offen: 1. er kann nach Indien zurückkehren. 2. er kann sich zu
höherm Lohne weiter verpflichten, oder 3. er kann als freier Mann in der
Kolonie bleiben, indem er für diese Erlaubnis drei Pfund Sterling Ehr¬
lich zahlt.


Die asiatische Linwandrung

gebornenfrage ist für die Staatsmänner Südafrikas das größte und schwierigste
Problem der Gegenwart und der Zukunft; dem weißen Manne schwebt die
Gefahr, die ihm von dieser Seite droht, ständig vor Augen — und die jüngsten
Vorgänge beweisen wieder, daß diese Gefahr sehr real ist —; so kann es
nicht überraschen, daß angesichts der Vorgänge in Indien Befürchtungen ent-
stehn, die in der zunehmenden Einwandrung von Jndiern nach Südafrika eine
neue Gefahr sehn. Im britischen Südafrika beträgt die einheimische schwarze
Bevölkerung mehr als 4^ Millionen, von denen etwa 900000 Männer im
Alter von fünfzehn bis fünfundvierzig Jahren sind. Südlich des Sambesi beträgt
die Zahl der Eingebornen rund 7 Millionen.

Das Beispiel Natals zeigt nun am besten, inwieweit neben der Ein-
gebornenfrage schon eine asiatische Frage besteht.

Die Zählung von 1904 ergab, daß Natal eine Gesamtbevölkerung von
1108754 Seelen hatte, die sich folgendermaßen einteilen lassen:

Männliche WeiblicheGesäme
Europäer oder WeißeS67S8 403S197109
Jndier und Asiaten63497 37421100918
Mischlinge und andre3610 30766686
Eingeborne in europäischen Diensten . 69746 10232 79978
Reservaten , , - > 3^ 020 467043 824063

Die männlichen Asiaten übertrafen zu dieser Zeit schon die männlichen
Europäer um etwa 9000. Die Schnelligkeit der Vermehrung der asiatischen
Bevölkerung ist sehr groß, wie der folgende Vergleich zeigt:

EuropäerJndier
N°t°l Zensus 1891 . - - 46788 41142
1904 . - - 100749
Zunahme der Europäer 101.38 Prozent, der Asiaten 144.88 Prozent.

Die Zählnngskommission fügt hinzu, daß der Gedanke daran, zu welchen
Zahlen die indische Bevölkerung im Vergleich mit der europäischen bei dieser
rapiden Zunahme in der nächsten Zukunft schon anwachsen meh. etwas be¬
drückendes hat bedenken ist dabei besonders daß der Ändier nicht aus
ganz freien Stücken kommt, sondern daß Bedarf für seine Arbeitskraft vor¬
liegt. In diesem Bedarf macht sich keine Abnahme bemerkbar, und die Werbe¬
agenten können kaum die Nachfrage decken. . .

^^^,Die Einwandrungsbedingungen für Asiaten in Na^l sind im wesentlichen
dieselben wie die der westindischen Inseln. Dem Kuli stehn nach fünfjähriger
Kontraktarbeit auf den Farmer, den Gartenplantagen oder in den Minen
drei Wege offen: 1. er kann nach Indien zurückkehren. 2. er kann sich zu
höherm Lohne weiter verpflichten, oder 3. er kann als freier Mann in der
Kolonie bleiben, indem er für diese Erlaubnis drei Pfund Sterling Ehr¬
lich zahlt.


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[0175] Die asiatische Linwandrung gebornenfrage ist für die Staatsmänner Südafrikas das größte und schwierigste Problem der Gegenwart und der Zukunft; dem weißen Manne schwebt die Gefahr, die ihm von dieser Seite droht, ständig vor Augen — und die jüngsten Vorgänge beweisen wieder, daß diese Gefahr sehr real ist —; so kann es nicht überraschen, daß angesichts der Vorgänge in Indien Befürchtungen ent- stehn, die in der zunehmenden Einwandrung von Jndiern nach Südafrika eine neue Gefahr sehn. Im britischen Südafrika beträgt die einheimische schwarze Bevölkerung mehr als 4^ Millionen, von denen etwa 900000 Männer im Alter von fünfzehn bis fünfundvierzig Jahren sind. Südlich des Sambesi beträgt die Zahl der Eingebornen rund 7 Millionen. Das Beispiel Natals zeigt nun am besten, inwieweit neben der Ein- gebornenfrage schon eine asiatische Frage besteht. Die Zählung von 1904 ergab, daß Natal eine Gesamtbevölkerung von 1108754 Seelen hatte, die sich folgendermaßen einteilen lassen: Männliche WeiblicheGesäme Europäer oder WeißeS67S8 403S197109 Jndier und Asiaten63497 37421100918 Mischlinge und andre3610 30766686 Eingeborne in europäischen Diensten . 69746 10232 79978 Reservaten , , - > 3^ 020 467043 824063 Die männlichen Asiaten übertrafen zu dieser Zeit schon die männlichen Europäer um etwa 9000. Die Schnelligkeit der Vermehrung der asiatischen Bevölkerung ist sehr groß, wie der folgende Vergleich zeigt: EuropäerJndier N°t°l Zensus 1891 . - - 46788 41142 1904 . - - 100749 Zunahme der Europäer 101.38 Prozent, der Asiaten 144.88 Prozent. Die Zählnngskommission fügt hinzu, daß der Gedanke daran, zu welchen Zahlen die indische Bevölkerung im Vergleich mit der europäischen bei dieser rapiden Zunahme in der nächsten Zukunft schon anwachsen meh. etwas be¬ drückendes hat bedenken ist dabei besonders daß der Ändier nicht aus ganz freien Stücken kommt, sondern daß Bedarf für seine Arbeitskraft vor¬ liegt. In diesem Bedarf macht sich keine Abnahme bemerkbar, und die Werbe¬ agenten können kaum die Nachfrage decken. . . ^^^,Die Einwandrungsbedingungen für Asiaten in Na^l sind im wesentlichen dieselben wie die der westindischen Inseln. Dem Kuli stehn nach fünfjähriger Kontraktarbeit auf den Farmer, den Gartenplantagen oder in den Minen drei Wege offen: 1. er kann nach Indien zurückkehren. 2. er kann sich zu höherm Lohne weiter verpflichten, oder 3. er kann als freier Mann in der Kolonie bleiben, indem er für diese Erlaubnis drei Pfund Sterling Ehr¬ lich zahlt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/175>, abgerufen am 24.07.2024.