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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßzebliches

Grober mit ihren merkwürdigen Folgeerscheinungen ist dahin auch der sonderbare
"Sängerkrieg" zu rechnen, der neulich zwischen den Abgeordneten Roeren und
Müller-Meiningen ausgefochten wurde. Es kann ja wohl vorkommen, das poli¬
tische Gegner im hitzigen Wortgefecht etwas persönlicher werden, als vielleicht not¬
wendig ist. Wenn sie sich aber unter steigender "Heiterkeit" des Hauses, dessen
Stimmung stark an die eines Zirkuspublikums bei einer guten Nummer erinnert,
gegenseitig mit improvisierten Knittelversen bombardieren, die noch sehr wesentlich
hinter den Ansprüchen an gewöhnliche Knallbonbondevisen zurückbleiben, dann kann
das bei Männern in solcher Stellung und solchem Lebensalter nur peinlich wirken.
Das werden selbst weitherzige Beurteiler empfinden, die sonst bereit sind, bei der
Abwesenheit von wirklichem Humor und Witz mit dem bescheidensten Surrogat
vorlieb zu nehmen.

Zu diesen für das Ansehen des Reichstags nicht gerade ersprießlichen Scherzen
kam neuerdings hinzu, daß der "Antiblock", wie man jetzt die Vereinigung von
Zentrum und Sozialdemokratie bezeichnet, bei dem Vereinsgesetz in der unverant¬
wortlichsten Weise von dem gefährlichen Mittel der Obstruktion Gebrauch machte.
Wenn schon bei den Zolltarifsverhandlungen vor sechs Jahren die Obstruktion der
Minderheit scharfen Tadel verdiente, so muß man doch zugeben, daß dieses Kampf¬
mittel damals sinnvoller und mit mehr Aussicht angewandt wurde als jetzt. Denn
zu jener Zeit konnte der zähe Widerstand der Minderheit wenigstens mit der ent¬
fernten Möglichkeit der Ermüdung des Gegners rechnen; es war nicht ganz aus¬
geschlossen, daß die Minderheit bei einzelnen Abstimmungen, in denen es durch
Mittel der Obstruktion gelang, einen günstigen Augenblick zu erfassen, in eine
Zuscillsmehrheit verwandelt wurde, und daß so eine Durchlöcherung des Gesetzes
und der Tarifbestimmungen glückte, die das Ganze unbrauchbar machte. Gegen¬
wärtig beim Vereinsgesetz lagen jedoch die Verhältnisse ganz anders, und das hat
auch der weitere Verlauf der Beratungen bestätigt. Die Obstruktion des Anti-
blocks war eine Torheit, eine Kinderei, die nur die Folge haben konnte, die Ver¬
handlungen um einige Tage zu verlängern, die aber an der Entscheidung nichts
mehr zu ändern vermochte. Das Neichstagsmandat scheint auf manche Leute einen
eigentümlich verjüngenden Einfluß auszuüben; wenigstens bei dem Zentrum zeigt
sich das Bedürfnis, Trotz und Ärger zu bekunden, mitunter in Formen, die man
sonst mir auf den Schulbänken zu suchen Pflegt.

Nachdem am 3. April die Durchberatung des Vereinsgesetzes durch Obstruktions¬
reden und immer wieder beantragte namentliche Abstimmungen ohne vernünftigen
Zweck endlos hinausgezogen war, sodaß man über die Annahme der Paragraphen
1 bis 6 in der Koinmissionsfassung nicht hinauskam, drehte sich am folgenden Tage
die ganze Verhandlung allein um den Paragraphen 7, den Sprachenparagraphen.
Über neun Stunden dauerte die Debatte! Die Gegner des Paragraphen nützten
die Gelegenheit zum Reden sehr reichlich aus. Das würde ihnen niemand ver¬
denken können, wenn sie in der Verteidigung ihrer Überzeugung etwas Neues und
Wirkungsvolles hätten sagen können. Aber es waren sehr dürftige und allgemein
gehaltne Klagen, die nur durch das Mittel künstlicher Verlängerung und beständiger
Wiederholung mühsam den Anschein einer ehrlichen Verteidigung aufrecht zu er¬
halten suchten. Die Blockparteien hatten Verständnis genug, diese nicht eben glück¬
lichen Versuche ihrer Gegner durch keine Schlußantrage zu stören. Die Schwäche
des Antiblocks zeigte sich auch in verschiednen einzelnen Zügen. Der Abgeordnete
spähn brachte es fertig, dem Paragraphen 7 eine knlturkämpferische Absicht unter¬
zulegen; der Kampf gegen die Muttersprache bedeute einen Kampf gegen die katho¬
lische Religion -- wobei freilich der Zusammenhang zwischen öffentlichen Versamyi-
lungen und religiösem Leben unklar bleibt. Und mindestens unvorsichtig war der
Hinweis der Antiblockredner auf die Gegensätze, die sich im Block zusammengefunden


Maßgebliches und Unmaßzebliches

Grober mit ihren merkwürdigen Folgeerscheinungen ist dahin auch der sonderbare
„Sängerkrieg" zu rechnen, der neulich zwischen den Abgeordneten Roeren und
Müller-Meiningen ausgefochten wurde. Es kann ja wohl vorkommen, das poli¬
tische Gegner im hitzigen Wortgefecht etwas persönlicher werden, als vielleicht not¬
wendig ist. Wenn sie sich aber unter steigender „Heiterkeit" des Hauses, dessen
Stimmung stark an die eines Zirkuspublikums bei einer guten Nummer erinnert,
gegenseitig mit improvisierten Knittelversen bombardieren, die noch sehr wesentlich
hinter den Ansprüchen an gewöhnliche Knallbonbondevisen zurückbleiben, dann kann
das bei Männern in solcher Stellung und solchem Lebensalter nur peinlich wirken.
Das werden selbst weitherzige Beurteiler empfinden, die sonst bereit sind, bei der
Abwesenheit von wirklichem Humor und Witz mit dem bescheidensten Surrogat
vorlieb zu nehmen.

Zu diesen für das Ansehen des Reichstags nicht gerade ersprießlichen Scherzen
kam neuerdings hinzu, daß der „Antiblock", wie man jetzt die Vereinigung von
Zentrum und Sozialdemokratie bezeichnet, bei dem Vereinsgesetz in der unverant¬
wortlichsten Weise von dem gefährlichen Mittel der Obstruktion Gebrauch machte.
Wenn schon bei den Zolltarifsverhandlungen vor sechs Jahren die Obstruktion der
Minderheit scharfen Tadel verdiente, so muß man doch zugeben, daß dieses Kampf¬
mittel damals sinnvoller und mit mehr Aussicht angewandt wurde als jetzt. Denn
zu jener Zeit konnte der zähe Widerstand der Minderheit wenigstens mit der ent¬
fernten Möglichkeit der Ermüdung des Gegners rechnen; es war nicht ganz aus¬
geschlossen, daß die Minderheit bei einzelnen Abstimmungen, in denen es durch
Mittel der Obstruktion gelang, einen günstigen Augenblick zu erfassen, in eine
Zuscillsmehrheit verwandelt wurde, und daß so eine Durchlöcherung des Gesetzes
und der Tarifbestimmungen glückte, die das Ganze unbrauchbar machte. Gegen¬
wärtig beim Vereinsgesetz lagen jedoch die Verhältnisse ganz anders, und das hat
auch der weitere Verlauf der Beratungen bestätigt. Die Obstruktion des Anti-
blocks war eine Torheit, eine Kinderei, die nur die Folge haben konnte, die Ver¬
handlungen um einige Tage zu verlängern, die aber an der Entscheidung nichts
mehr zu ändern vermochte. Das Neichstagsmandat scheint auf manche Leute einen
eigentümlich verjüngenden Einfluß auszuüben; wenigstens bei dem Zentrum zeigt
sich das Bedürfnis, Trotz und Ärger zu bekunden, mitunter in Formen, die man
sonst mir auf den Schulbänken zu suchen Pflegt.

Nachdem am 3. April die Durchberatung des Vereinsgesetzes durch Obstruktions¬
reden und immer wieder beantragte namentliche Abstimmungen ohne vernünftigen
Zweck endlos hinausgezogen war, sodaß man über die Annahme der Paragraphen
1 bis 6 in der Koinmissionsfassung nicht hinauskam, drehte sich am folgenden Tage
die ganze Verhandlung allein um den Paragraphen 7, den Sprachenparagraphen.
Über neun Stunden dauerte die Debatte! Die Gegner des Paragraphen nützten
die Gelegenheit zum Reden sehr reichlich aus. Das würde ihnen niemand ver¬
denken können, wenn sie in der Verteidigung ihrer Überzeugung etwas Neues und
Wirkungsvolles hätten sagen können. Aber es waren sehr dürftige und allgemein
gehaltne Klagen, die nur durch das Mittel künstlicher Verlängerung und beständiger
Wiederholung mühsam den Anschein einer ehrlichen Verteidigung aufrecht zu er¬
halten suchten. Die Blockparteien hatten Verständnis genug, diese nicht eben glück¬
lichen Versuche ihrer Gegner durch keine Schlußantrage zu stören. Die Schwäche
des Antiblocks zeigte sich auch in verschiednen einzelnen Zügen. Der Abgeordnete
spähn brachte es fertig, dem Paragraphen 7 eine knlturkämpferische Absicht unter¬
zulegen; der Kampf gegen die Muttersprache bedeute einen Kampf gegen die katho¬
lische Religion — wobei freilich der Zusammenhang zwischen öffentlichen Versamyi-
lungen und religiösem Leben unklar bleibt. Und mindestens unvorsichtig war der
Hinweis der Antiblockredner auf die Gegensätze, die sich im Block zusammengefunden


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[0112] Maßgebliches und Unmaßzebliches Grober mit ihren merkwürdigen Folgeerscheinungen ist dahin auch der sonderbare „Sängerkrieg" zu rechnen, der neulich zwischen den Abgeordneten Roeren und Müller-Meiningen ausgefochten wurde. Es kann ja wohl vorkommen, das poli¬ tische Gegner im hitzigen Wortgefecht etwas persönlicher werden, als vielleicht not¬ wendig ist. Wenn sie sich aber unter steigender „Heiterkeit" des Hauses, dessen Stimmung stark an die eines Zirkuspublikums bei einer guten Nummer erinnert, gegenseitig mit improvisierten Knittelversen bombardieren, die noch sehr wesentlich hinter den Ansprüchen an gewöhnliche Knallbonbondevisen zurückbleiben, dann kann das bei Männern in solcher Stellung und solchem Lebensalter nur peinlich wirken. Das werden selbst weitherzige Beurteiler empfinden, die sonst bereit sind, bei der Abwesenheit von wirklichem Humor und Witz mit dem bescheidensten Surrogat vorlieb zu nehmen. Zu diesen für das Ansehen des Reichstags nicht gerade ersprießlichen Scherzen kam neuerdings hinzu, daß der „Antiblock", wie man jetzt die Vereinigung von Zentrum und Sozialdemokratie bezeichnet, bei dem Vereinsgesetz in der unverant¬ wortlichsten Weise von dem gefährlichen Mittel der Obstruktion Gebrauch machte. Wenn schon bei den Zolltarifsverhandlungen vor sechs Jahren die Obstruktion der Minderheit scharfen Tadel verdiente, so muß man doch zugeben, daß dieses Kampf¬ mittel damals sinnvoller und mit mehr Aussicht angewandt wurde als jetzt. Denn zu jener Zeit konnte der zähe Widerstand der Minderheit wenigstens mit der ent¬ fernten Möglichkeit der Ermüdung des Gegners rechnen; es war nicht ganz aus¬ geschlossen, daß die Minderheit bei einzelnen Abstimmungen, in denen es durch Mittel der Obstruktion gelang, einen günstigen Augenblick zu erfassen, in eine Zuscillsmehrheit verwandelt wurde, und daß so eine Durchlöcherung des Gesetzes und der Tarifbestimmungen glückte, die das Ganze unbrauchbar machte. Gegen¬ wärtig beim Vereinsgesetz lagen jedoch die Verhältnisse ganz anders, und das hat auch der weitere Verlauf der Beratungen bestätigt. Die Obstruktion des Anti- blocks war eine Torheit, eine Kinderei, die nur die Folge haben konnte, die Ver¬ handlungen um einige Tage zu verlängern, die aber an der Entscheidung nichts mehr zu ändern vermochte. Das Neichstagsmandat scheint auf manche Leute einen eigentümlich verjüngenden Einfluß auszuüben; wenigstens bei dem Zentrum zeigt sich das Bedürfnis, Trotz und Ärger zu bekunden, mitunter in Formen, die man sonst mir auf den Schulbänken zu suchen Pflegt. Nachdem am 3. April die Durchberatung des Vereinsgesetzes durch Obstruktions¬ reden und immer wieder beantragte namentliche Abstimmungen ohne vernünftigen Zweck endlos hinausgezogen war, sodaß man über die Annahme der Paragraphen 1 bis 6 in der Koinmissionsfassung nicht hinauskam, drehte sich am folgenden Tage die ganze Verhandlung allein um den Paragraphen 7, den Sprachenparagraphen. Über neun Stunden dauerte die Debatte! Die Gegner des Paragraphen nützten die Gelegenheit zum Reden sehr reichlich aus. Das würde ihnen niemand ver¬ denken können, wenn sie in der Verteidigung ihrer Überzeugung etwas Neues und Wirkungsvolles hätten sagen können. Aber es waren sehr dürftige und allgemein gehaltne Klagen, die nur durch das Mittel künstlicher Verlängerung und beständiger Wiederholung mühsam den Anschein einer ehrlichen Verteidigung aufrecht zu er¬ halten suchten. Die Blockparteien hatten Verständnis genug, diese nicht eben glück¬ lichen Versuche ihrer Gegner durch keine Schlußantrage zu stören. Die Schwäche des Antiblocks zeigte sich auch in verschiednen einzelnen Zügen. Der Abgeordnete spähn brachte es fertig, dem Paragraphen 7 eine knlturkämpferische Absicht unter¬ zulegen; der Kampf gegen die Muttersprache bedeute einen Kampf gegen die katho¬ lische Religion — wobei freilich der Zusammenhang zwischen öffentlichen Versamyi- lungen und religiösem Leben unklar bleibt. Und mindestens unvorsichtig war der Hinweis der Antiblockredner auf die Gegensätze, die sich im Block zusammengefunden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/112>, abgerufen am 24.07.2024.