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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Sie großen Flotten der Welt im Zähre

nächsten Stapelläufe kommen in Frage, nachdem erst am 7. März die Nassau,
das erste der 18000-Tonnen-Schiffe unsrer Flotte, zu Wasser gelassen worden
ist, das Linienschiff Ersatz Sachsen, der große Kreuzer L (voraussichtlich am
11. April d. I.) und der kleine Kreuzer Ersatz Pfeil, und behufs baldiger Dienst¬
bereitschaft handelt es sich um die Linienschiffe Schleswig-Holstein und Schlesien
sowie um die kleinen Kreuzer Stuttgart und Nürnberg. Außer diesen Schiffen
sind-mif Grund der im vorigen Jahre vom Reichstag bewilligten Mittel noch
im ersten Baustadium die Linienschiffe Ersatz Württemberg und Ersatz Baden,
der große Kreuzer V, die kleinen Kreuzer Ersatz Greif und Ersatz Jagd sowie
eine Torpedobvotsflvttille.

Diesen Wegen des Fortschritts in der Entwicklung der deutschen Kriegs¬
flotte schließt sich das für das Jahr 1903 vom Reichstag angenommne Flotten¬
budget und die mit ihm verbundne neue Marinevorlage an. In dem Etat sind
die ersten Raten für drei Linienschiffe, Ersatzbauten für Oldenburg, Siegfried
und Beowulf, für einen großen und zwei kleine Kreuzer sowie für ein Flu߬
kanonenboot und zwölf Hochseetorpedoboote gefordert worden; außerdem wurden
7 Millionen zur Beschaffung von Unterseebooten und zu Versuchen damit
bewilligt, nachdem das von der Germaniawerft hergestellte erste deutsche
Unterseeboot II 1 zu so befriedigenden Ergebnissen geführt hat. Nach der neuen
Marinevorlnge sollen wir bis zum Jahre 1914 in den Besitz eines Doppel¬
geschwaders von zusammen sechzehn Linienschiffen des sogenannten Dreadnought-
typs kommen. Die Erhöhung des Geldbedarfs durch diese neue Vorlage
entspricht ungefähr den durch die Vorlage von 1906 geschaffnen Verhältnissen,
die die Leistungsfähigkeit der Marine um etwa 35 Prozent gegen früher zu
steigern bestimmt war. Auch der Personalbestand der Flotte wird nach dem
diesjährigen Etat wieder erhöht werden, indem er auf 50323 Köpfe gebracht
worden ist, was einem Mehr von 3576 Mann gegen das Jahr 1907 gleichkommt.
Die größten Mehreinstellungen werden bei den Matrosendivisionen stattfinden;
diese werden sich allein auf 3043 Köpfe stellen; es werden dann folgen die
Matrosenartillerie mit 182 Mann, die Marineinfanterie mit 136 Köpfen, während
die Mannschaften der Beklcidungsümter um 48 Mann verringert werden.

Die im vergangnen Jahre in Hochseeslotte unbenannte aktive Schlachtflotte
hat nunmehr die beiden letzten Linienschiffe der Brandenbnrgklasse gegen Pommern
und Hannover umgetauscht. Hierdurch gewinnt sie nicht allein an Kampfkraft
und Homogenität, sondern es wird auch die Höchstgeschwindigkeit des Flotten¬
verbandes um 1,5 Seemeilen erhöht. Die Zusammensetzung der Hochseeflotte
für 1908 ist folgende: außer dem Flottenflaggschiff Deutschland enthält das
erste und das zweite Geschwader acht und sieben Linienschiffe und je einen
kleinen Kreuzer und die Aufklärnngsschiffe, die in zwei Gruppen gegliedert sind,
von denen eine jede fünf Kreuzer zählt.

Einen weitern Fortschritt in organisatorischer Hinsicht hat die deutsche
Marine durch die Erweiterung des Minenwesens gemacht, das durch die Lehren


Sie großen Flotten der Welt im Zähre

nächsten Stapelläufe kommen in Frage, nachdem erst am 7. März die Nassau,
das erste der 18000-Tonnen-Schiffe unsrer Flotte, zu Wasser gelassen worden
ist, das Linienschiff Ersatz Sachsen, der große Kreuzer L (voraussichtlich am
11. April d. I.) und der kleine Kreuzer Ersatz Pfeil, und behufs baldiger Dienst¬
bereitschaft handelt es sich um die Linienschiffe Schleswig-Holstein und Schlesien
sowie um die kleinen Kreuzer Stuttgart und Nürnberg. Außer diesen Schiffen
sind-mif Grund der im vorigen Jahre vom Reichstag bewilligten Mittel noch
im ersten Baustadium die Linienschiffe Ersatz Württemberg und Ersatz Baden,
der große Kreuzer V, die kleinen Kreuzer Ersatz Greif und Ersatz Jagd sowie
eine Torpedobvotsflvttille.

Diesen Wegen des Fortschritts in der Entwicklung der deutschen Kriegs¬
flotte schließt sich das für das Jahr 1903 vom Reichstag angenommne Flotten¬
budget und die mit ihm verbundne neue Marinevorlage an. In dem Etat sind
die ersten Raten für drei Linienschiffe, Ersatzbauten für Oldenburg, Siegfried
und Beowulf, für einen großen und zwei kleine Kreuzer sowie für ein Flu߬
kanonenboot und zwölf Hochseetorpedoboote gefordert worden; außerdem wurden
7 Millionen zur Beschaffung von Unterseebooten und zu Versuchen damit
bewilligt, nachdem das von der Germaniawerft hergestellte erste deutsche
Unterseeboot II 1 zu so befriedigenden Ergebnissen geführt hat. Nach der neuen
Marinevorlnge sollen wir bis zum Jahre 1914 in den Besitz eines Doppel¬
geschwaders von zusammen sechzehn Linienschiffen des sogenannten Dreadnought-
typs kommen. Die Erhöhung des Geldbedarfs durch diese neue Vorlage
entspricht ungefähr den durch die Vorlage von 1906 geschaffnen Verhältnissen,
die die Leistungsfähigkeit der Marine um etwa 35 Prozent gegen früher zu
steigern bestimmt war. Auch der Personalbestand der Flotte wird nach dem
diesjährigen Etat wieder erhöht werden, indem er auf 50323 Köpfe gebracht
worden ist, was einem Mehr von 3576 Mann gegen das Jahr 1907 gleichkommt.
Die größten Mehreinstellungen werden bei den Matrosendivisionen stattfinden;
diese werden sich allein auf 3043 Köpfe stellen; es werden dann folgen die
Matrosenartillerie mit 182 Mann, die Marineinfanterie mit 136 Köpfen, während
die Mannschaften der Beklcidungsümter um 48 Mann verringert werden.

Die im vergangnen Jahre in Hochseeslotte unbenannte aktive Schlachtflotte
hat nunmehr die beiden letzten Linienschiffe der Brandenbnrgklasse gegen Pommern
und Hannover umgetauscht. Hierdurch gewinnt sie nicht allein an Kampfkraft
und Homogenität, sondern es wird auch die Höchstgeschwindigkeit des Flotten¬
verbandes um 1,5 Seemeilen erhöht. Die Zusammensetzung der Hochseeflotte
für 1908 ist folgende: außer dem Flottenflaggschiff Deutschland enthält das
erste und das zweite Geschwader acht und sieben Linienschiffe und je einen
kleinen Kreuzer und die Aufklärnngsschiffe, die in zwei Gruppen gegliedert sind,
von denen eine jede fünf Kreuzer zählt.

Einen weitern Fortschritt in organisatorischer Hinsicht hat die deutsche
Marine durch die Erweiterung des Minenwesens gemacht, das durch die Lehren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/10>, abgerufen am 24.07.2024.