Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Rußland im ferne" Vsten nach dem Kriege

Ferner soll Blagoveschensk und der strategisch wichtige Amurflnß mit der
tratismandschurischen Bahn der Verlängerung der transsibirischen Haupt-
linie -- verbunden werden. Rußland unterhandelt ferner mit der chinesischen
Regierung wegen der Erlaubnis, die Verche-Ondinsk-Urga-Kiachtalünc zu
bauen. Dieser Schienenstrang würde ungefähr der Richtung der bekannten
mongolischen Karawanenroute folgen, und wenn einmal bis Kalgan verlängert,
die kürzeste Verbindung nach Peking sein. Die Bahnlinie Peking-Kalgan, die
die. Chinesen selbst bauen, ist heute nahezu fertig. Die wirtschaftliche und die
strategische Bedeutung dieser transmongolischen Linie ist so in die Augen fallend,
daß man sich nur wundern kann, weshalb die (sonst so gewitzte) russische
Diplomatie die Erlaubnis zum Bau der Strecke nicht zu einer Zeit erstrebte,
mis der russische Stern im Osten noch unverdunkelt war, anstatt heute, wo es
seine diplomatischen Eroberungen in China inner ungünstigen Verhältnissen voll¬
kommen von neuem begiunen muß,.....

- Eine Zweiglinie von Chaugchuug, an der mandschurischen Bahn, nach Kirin
ist ebenfalls beabsichtigt, das heißt die schon bestehende Militärbahn soll durch
eine Vollspurbahn ersetzt werden. Diese Bahnen werden dein russischen Besitz
in Asien ein festeres Gefüge geben. Die russische Negierung hat ferner dafür
Sorge getragen, daß ein nicht unbedeutender Teil der mandschurischen Armee
^ Soldaten und Offiziere -- im östlichen Sibirien angesiedelt wird; diese
Ansiedlung wird durch Gewährung von Land und auch Geld unterstützt.
^ So ist das Ergebnis des Krieges mir das, daß sich Japan unter Opfern,
die außer Verhältnis zu den errungncn Vorteilen stehn, als Militärmacht in
Korea und der südlichen Mandschurei festgesetzt hat, ob aber als wirklicher Herrscher
über diese Gebiete, ist mehr als fraglich. Die Behauptung der neuerworbnen
Länder in wirtschaftlicher Beziehung macht ungeheure finanzielle Aufwendungen
nötig, die im Zusammenhang mit den für Aufrechterhaltung und Ausbau der
für Armee und Marine nötigen Summen Japan vor Aufgaben stellt, die der
wenig finanzkräftige und zurzeit völlig erschöpfte Staat kaum leisten kann.

Nur das Bündnis mit England, das im Jahre 1915 abläuft, gibt der
militärische" Position Japans einige Festigkeit, indem es noch für sieben Jahre
Feindseligkeiten wahrscheinlich ausschließt. Zwar braucht auch Rußland, ebenso
wie sein Gegner, eine Zeit der Ruhe zur Sammlung seiner Kräfte, aber im
übrigen ist die russische Stellung im Osten stärker als vor dem Kriege. Neben
Rußland sind aber dem aufstrebenden Japan auch andre Rivalen am Stillen
Ozean entstanden: die Vereinigten Staaten. Kanada und Australien. ^ ,


w. paschen. .


Rußland im ferne» Vsten nach dem Kriege

Ferner soll Blagoveschensk und der strategisch wichtige Amurflnß mit der
tratismandschurischen Bahn der Verlängerung der transsibirischen Haupt-
linie — verbunden werden. Rußland unterhandelt ferner mit der chinesischen
Regierung wegen der Erlaubnis, die Verche-Ondinsk-Urga-Kiachtalünc zu
bauen. Dieser Schienenstrang würde ungefähr der Richtung der bekannten
mongolischen Karawanenroute folgen, und wenn einmal bis Kalgan verlängert,
die kürzeste Verbindung nach Peking sein. Die Bahnlinie Peking-Kalgan, die
die. Chinesen selbst bauen, ist heute nahezu fertig. Die wirtschaftliche und die
strategische Bedeutung dieser transmongolischen Linie ist so in die Augen fallend,
daß man sich nur wundern kann, weshalb die (sonst so gewitzte) russische
Diplomatie die Erlaubnis zum Bau der Strecke nicht zu einer Zeit erstrebte,
mis der russische Stern im Osten noch unverdunkelt war, anstatt heute, wo es
seine diplomatischen Eroberungen in China inner ungünstigen Verhältnissen voll¬
kommen von neuem begiunen muß,.....

- Eine Zweiglinie von Chaugchuug, an der mandschurischen Bahn, nach Kirin
ist ebenfalls beabsichtigt, das heißt die schon bestehende Militärbahn soll durch
eine Vollspurbahn ersetzt werden. Diese Bahnen werden dein russischen Besitz
in Asien ein festeres Gefüge geben. Die russische Negierung hat ferner dafür
Sorge getragen, daß ein nicht unbedeutender Teil der mandschurischen Armee
^ Soldaten und Offiziere — im östlichen Sibirien angesiedelt wird; diese
Ansiedlung wird durch Gewährung von Land und auch Geld unterstützt.
^ So ist das Ergebnis des Krieges mir das, daß sich Japan unter Opfern,
die außer Verhältnis zu den errungncn Vorteilen stehn, als Militärmacht in
Korea und der südlichen Mandschurei festgesetzt hat, ob aber als wirklicher Herrscher
über diese Gebiete, ist mehr als fraglich. Die Behauptung der neuerworbnen
Länder in wirtschaftlicher Beziehung macht ungeheure finanzielle Aufwendungen
nötig, die im Zusammenhang mit den für Aufrechterhaltung und Ausbau der
für Armee und Marine nötigen Summen Japan vor Aufgaben stellt, die der
wenig finanzkräftige und zurzeit völlig erschöpfte Staat kaum leisten kann.

Nur das Bündnis mit England, das im Jahre 1915 abläuft, gibt der
militärische» Position Japans einige Festigkeit, indem es noch für sieben Jahre
Feindseligkeiten wahrscheinlich ausschließt. Zwar braucht auch Rußland, ebenso
wie sein Gegner, eine Zeit der Ruhe zur Sammlung seiner Kräfte, aber im
übrigen ist die russische Stellung im Osten stärker als vor dem Kriege. Neben
Rußland sind aber dem aufstrebenden Japan auch andre Rivalen am Stillen
Ozean entstanden: die Vereinigten Staaten. Kanada und Australien. ^ ,


w. paschen. .


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0559" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311642"/>
          <fw type="header" place="top"> Rußland im ferne» Vsten nach dem Kriege</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2661"> Ferner soll Blagoveschensk und der strategisch wichtige Amurflnß mit der<lb/>
tratismandschurischen Bahn der Verlängerung der transsibirischen Haupt-<lb/>
linie &#x2014; verbunden werden. Rußland unterhandelt ferner mit der chinesischen<lb/>
Regierung wegen der Erlaubnis, die Verche-Ondinsk-Urga-Kiachtalünc zu<lb/>
bauen. Dieser Schienenstrang würde ungefähr der Richtung der bekannten<lb/>
mongolischen Karawanenroute folgen, und wenn einmal bis Kalgan verlängert,<lb/>
die kürzeste Verbindung nach Peking sein. Die Bahnlinie Peking-Kalgan, die<lb/>
die. Chinesen selbst bauen, ist heute nahezu fertig. Die wirtschaftliche und die<lb/>
strategische Bedeutung dieser transmongolischen Linie ist so in die Augen fallend,<lb/>
daß man sich nur wundern kann, weshalb die (sonst so gewitzte) russische<lb/>
Diplomatie die Erlaubnis zum Bau der Strecke nicht zu einer Zeit erstrebte,<lb/>
mis der russische Stern im Osten noch unverdunkelt war, anstatt heute, wo es<lb/>
seine diplomatischen Eroberungen in China inner ungünstigen Verhältnissen voll¬<lb/>
kommen von neuem begiunen muß,.....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2662"> - Eine Zweiglinie von Chaugchuug, an der mandschurischen Bahn, nach Kirin<lb/>
ist ebenfalls beabsichtigt, das heißt die schon bestehende Militärbahn soll durch<lb/>
eine Vollspurbahn ersetzt werden. Diese Bahnen werden dein russischen Besitz<lb/>
in Asien ein festeres Gefüge geben. Die russische Negierung hat ferner dafür<lb/>
Sorge getragen, daß ein nicht unbedeutender Teil der mandschurischen Armee<lb/>
^ Soldaten und Offiziere &#x2014; im östlichen Sibirien angesiedelt wird; diese<lb/>
Ansiedlung wird durch Gewährung von Land und auch Geld unterstützt.<lb/>
^ So ist das Ergebnis des Krieges mir das, daß sich Japan unter Opfern,<lb/>
die außer Verhältnis zu den errungncn Vorteilen stehn, als Militärmacht in<lb/>
Korea und der südlichen Mandschurei festgesetzt hat, ob aber als wirklicher Herrscher<lb/>
über diese Gebiete, ist mehr als fraglich. Die Behauptung der neuerworbnen<lb/>
Länder in wirtschaftlicher Beziehung macht ungeheure finanzielle Aufwendungen<lb/>
nötig, die im Zusammenhang mit den für Aufrechterhaltung und Ausbau der<lb/>
für Armee und Marine nötigen Summen Japan vor Aufgaben stellt, die der<lb/>
wenig finanzkräftige und zurzeit völlig erschöpfte Staat kaum leisten kann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2663"> Nur das Bündnis mit England, das im Jahre 1915 abläuft, gibt der<lb/>
militärische» Position Japans einige Festigkeit, indem es noch für sieben Jahre<lb/>
Feindseligkeiten wahrscheinlich ausschließt. Zwar braucht auch Rußland, ebenso<lb/>
wie sein Gegner, eine Zeit der Ruhe zur Sammlung seiner Kräfte, aber im<lb/>
übrigen ist die russische Stellung im Osten stärker als vor dem Kriege. Neben<lb/>
Rußland sind aber dem aufstrebenden Japan auch andre Rivalen am Stillen<lb/>
Ozean entstanden: die Vereinigten Staaten. Kanada und Australien.  ^ ,</p><lb/>
          <note type="byline"> w. paschen. .</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0559] Rußland im ferne» Vsten nach dem Kriege Ferner soll Blagoveschensk und der strategisch wichtige Amurflnß mit der tratismandschurischen Bahn der Verlängerung der transsibirischen Haupt- linie — verbunden werden. Rußland unterhandelt ferner mit der chinesischen Regierung wegen der Erlaubnis, die Verche-Ondinsk-Urga-Kiachtalünc zu bauen. Dieser Schienenstrang würde ungefähr der Richtung der bekannten mongolischen Karawanenroute folgen, und wenn einmal bis Kalgan verlängert, die kürzeste Verbindung nach Peking sein. Die Bahnlinie Peking-Kalgan, die die. Chinesen selbst bauen, ist heute nahezu fertig. Die wirtschaftliche und die strategische Bedeutung dieser transmongolischen Linie ist so in die Augen fallend, daß man sich nur wundern kann, weshalb die (sonst so gewitzte) russische Diplomatie die Erlaubnis zum Bau der Strecke nicht zu einer Zeit erstrebte, mis der russische Stern im Osten noch unverdunkelt war, anstatt heute, wo es seine diplomatischen Eroberungen in China inner ungünstigen Verhältnissen voll¬ kommen von neuem begiunen muß,..... - Eine Zweiglinie von Chaugchuug, an der mandschurischen Bahn, nach Kirin ist ebenfalls beabsichtigt, das heißt die schon bestehende Militärbahn soll durch eine Vollspurbahn ersetzt werden. Diese Bahnen werden dein russischen Besitz in Asien ein festeres Gefüge geben. Die russische Negierung hat ferner dafür Sorge getragen, daß ein nicht unbedeutender Teil der mandschurischen Armee ^ Soldaten und Offiziere — im östlichen Sibirien angesiedelt wird; diese Ansiedlung wird durch Gewährung von Land und auch Geld unterstützt. ^ So ist das Ergebnis des Krieges mir das, daß sich Japan unter Opfern, die außer Verhältnis zu den errungncn Vorteilen stehn, als Militärmacht in Korea und der südlichen Mandschurei festgesetzt hat, ob aber als wirklicher Herrscher über diese Gebiete, ist mehr als fraglich. Die Behauptung der neuerworbnen Länder in wirtschaftlicher Beziehung macht ungeheure finanzielle Aufwendungen nötig, die im Zusammenhang mit den für Aufrechterhaltung und Ausbau der für Armee und Marine nötigen Summen Japan vor Aufgaben stellt, die der wenig finanzkräftige und zurzeit völlig erschöpfte Staat kaum leisten kann. Nur das Bündnis mit England, das im Jahre 1915 abläuft, gibt der militärische» Position Japans einige Festigkeit, indem es noch für sieben Jahre Feindseligkeiten wahrscheinlich ausschließt. Zwar braucht auch Rußland, ebenso wie sein Gegner, eine Zeit der Ruhe zur Sammlung seiner Kräfte, aber im übrigen ist die russische Stellung im Osten stärker als vor dem Kriege. Neben Rußland sind aber dem aufstrebenden Japan auch andre Rivalen am Stillen Ozean entstanden: die Vereinigten Staaten. Kanada und Australien. ^ , w. paschen. .

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/559
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/559>, abgerufen am 22.07.2024.