Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.bisherige Einteilung der Geschichte, die die Reformation als den Anfang Jedenfalls ist das Werk in seinen großen Vorzügen, ja selbst auch in bisherige Einteilung der Geschichte, die die Reformation als den Anfang Jedenfalls ist das Werk in seinen großen Vorzügen, ja selbst auch in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0476" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311557"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2249" prev="#ID_2248"> bisherige Einteilung der Geschichte, die die Reformation als den Anfang<lb/> der neuern Geschichte bezeichnet. Er selbst erkennt ihr zwar auch in der<lb/> vortrefflichen Darstellung, die er ihr widmet, eine weittragende Bedeutung zu,<lb/> sieht aber in ihr doch nur ein Glied, wenn auch das wichtigste, der großen<lb/> Bewegung der Emanzipation der weltlichen .Kräfte von den geistlichen, deren<lb/> Beginn in die zweite Hälfte des Mittelalters fällt, und deren Abschluß erst<lb/> die zweite Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts bringt. Er ist daher geneigt,<lb/> die Periode von der Mitte des dreizehnten bis zur Mitte des siebzehnten<lb/> Jahrhunderts als eine einheitliche Entwicklung anzusehen und darum den dritten<lb/> bis fünften Band seiner Weltgeschichte, die diese Periode behandeln, als eine zu-<lb/> sammenhängende Reihe zu betrachten. Auch wenn man diese Anschauung nicht<lb/> teilt — und sie wird keineswegs überall geteilt werden oder überall durch¬<lb/> dringen —, wird man ihre Begründung, wie sie an verschiednen Stellen der<lb/> Darstellung, namentlich aber in: Vorwort des vierten Bandes gegeben wird,<lb/> mit großem Interesse lesen, ja man wird der Darstellung der Reformation,<lb/> der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges, die die zweite Hälfte<lb/> des vierten und der ganze fünfte Band bieten, nur gerecht werden können,<lb/> wenn man sich in diesen Standpunkt des Verfassers hineindenkt. In allen<lb/> Einzelheiten wird man diese deshalb erst beurteilen können, wenn man auch<lb/> des Verfassers Auffassung von der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts<lb/> und vom achtzehnten Jahrhundert bis zur Französischen Revolution kennen<lb/> wird. Wir sparen uns ans diesen: Grunde ein näheres Eingehn auf die<lb/> zweite Hälfte des vierten und den ganzen fünften Band bis zum Erscheine»<lb/> des sechsten ans und werden dann den Lesern dieser Zeitschrift weiter über den<lb/> Fortgang dieses monumentalen Werkes berichten, das jedenfalls als der eigen¬<lb/> artigste und in sich geschlossenste Versuch einer Lösung des großen universal-<lb/> historischen Problems seit dem Erscheinen von Rankes Weltgeschichte bezeichnet<lb/> werden darf, mit der sie eine trotz aller Verschiedenheit doch nicht zu ver¬<lb/> kennende innere Verwandtschaft zeigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2250" next="#ID_2251"> Jedenfalls ist das Werk in seinen großen Vorzügen, ja selbst auch in<lb/> seinen neben der Einheitlichkeit der Anschauung doch immerhin vorhandnen, ja<lb/> vielleicht mit dieser zusammenhängenden Schwächen ein voller Beweis für die<lb/> Nichtigkeit der schon im Vorwort des ersten Bandes von dem Verfasser aus-<lb/> gesprochnen Ansicht, daß eine einheitliche Weltgeschichte im Grunde genommen<lb/> nur von einem den ganzen ungeheuern Stoff beherrschenden Forscher ge¬<lb/> schrieben werden kann. Die von einer Vereinigung mehrerer Forscher her¬<lb/> rührenden Werke, wie wir sie seit der Onckenschen „Allgemeinen Geschichte<lb/> in Einzeldarstellungen" mehrfach in vortrefflichen Sammlungen erhalten haben,<lb/> bieten zwar den großen Vorteil, daß die einzelnen Teile von Spezialkennern<lb/> der einzelnen Periode und der Geschichte des einzelnen Volkes verfaßt sind,<lb/> aber gerade das eine, worauf es bei einer Weltgeschichte vor allem ankommt:<lb/> die einheitliche Durchdringung, die Erfassung des Ganzen der Entwicklung der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0476]
bisherige Einteilung der Geschichte, die die Reformation als den Anfang
der neuern Geschichte bezeichnet. Er selbst erkennt ihr zwar auch in der
vortrefflichen Darstellung, die er ihr widmet, eine weittragende Bedeutung zu,
sieht aber in ihr doch nur ein Glied, wenn auch das wichtigste, der großen
Bewegung der Emanzipation der weltlichen .Kräfte von den geistlichen, deren
Beginn in die zweite Hälfte des Mittelalters fällt, und deren Abschluß erst
die zweite Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts bringt. Er ist daher geneigt,
die Periode von der Mitte des dreizehnten bis zur Mitte des siebzehnten
Jahrhunderts als eine einheitliche Entwicklung anzusehen und darum den dritten
bis fünften Band seiner Weltgeschichte, die diese Periode behandeln, als eine zu-
sammenhängende Reihe zu betrachten. Auch wenn man diese Anschauung nicht
teilt — und sie wird keineswegs überall geteilt werden oder überall durch¬
dringen —, wird man ihre Begründung, wie sie an verschiednen Stellen der
Darstellung, namentlich aber in: Vorwort des vierten Bandes gegeben wird,
mit großem Interesse lesen, ja man wird der Darstellung der Reformation,
der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges, die die zweite Hälfte
des vierten und der ganze fünfte Band bieten, nur gerecht werden können,
wenn man sich in diesen Standpunkt des Verfassers hineindenkt. In allen
Einzelheiten wird man diese deshalb erst beurteilen können, wenn man auch
des Verfassers Auffassung von der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts
und vom achtzehnten Jahrhundert bis zur Französischen Revolution kennen
wird. Wir sparen uns ans diesen: Grunde ein näheres Eingehn auf die
zweite Hälfte des vierten und den ganzen fünften Band bis zum Erscheine»
des sechsten ans und werden dann den Lesern dieser Zeitschrift weiter über den
Fortgang dieses monumentalen Werkes berichten, das jedenfalls als der eigen¬
artigste und in sich geschlossenste Versuch einer Lösung des großen universal-
historischen Problems seit dem Erscheinen von Rankes Weltgeschichte bezeichnet
werden darf, mit der sie eine trotz aller Verschiedenheit doch nicht zu ver¬
kennende innere Verwandtschaft zeigt.
Jedenfalls ist das Werk in seinen großen Vorzügen, ja selbst auch in
seinen neben der Einheitlichkeit der Anschauung doch immerhin vorhandnen, ja
vielleicht mit dieser zusammenhängenden Schwächen ein voller Beweis für die
Nichtigkeit der schon im Vorwort des ersten Bandes von dem Verfasser aus-
gesprochnen Ansicht, daß eine einheitliche Weltgeschichte im Grunde genommen
nur von einem den ganzen ungeheuern Stoff beherrschenden Forscher ge¬
schrieben werden kann. Die von einer Vereinigung mehrerer Forscher her¬
rührenden Werke, wie wir sie seit der Onckenschen „Allgemeinen Geschichte
in Einzeldarstellungen" mehrfach in vortrefflichen Sammlungen erhalten haben,
bieten zwar den großen Vorteil, daß die einzelnen Teile von Spezialkennern
der einzelnen Periode und der Geschichte des einzelnen Volkes verfaßt sind,
aber gerade das eine, worauf es bei einer Weltgeschichte vor allem ankommt:
die einheitliche Durchdringung, die Erfassung des Ganzen der Entwicklung der
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