Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork daß er etwas, was er getan hat, nicht getan habe (oder umgekehrt), so finden Woher die unerlaubten Einnahmen der Polizei stammen, sei mit einigen Was die Schankkonzessionen betrifft, so dürfen nach ein Uhr nachts Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork daß er etwas, was er getan hat, nicht getan habe (oder umgekehrt), so finden Woher die unerlaubten Einnahmen der Polizei stammen, sei mit einigen Was die Schankkonzessionen betrifft, so dürfen nach ein Uhr nachts <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0322" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/311403"/> <fw type="header" place="top"> Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork</fw><lb/> <p xml:id="ID_1582" prev="#ID_1581"> daß er etwas, was er getan hat, nicht getan habe (oder umgekehrt), so finden<lb/> sich unter seinen Kollegen solche Zeugen mit Leichtigkeit. Ja es gibt in der<lb/> Newyorker Polizei eine Reihe von geheimen Gesellschaften, die sich nach außen<lb/> hin unter irgendwelche» unschuldigen Titeln verbergen. Jede Rangstufe unter<lb/> den Polizisten hat eine solche Gesellschaft. Da sind die Patrolmen, die<lb/> Nonndmen, die Sergecmts, die Detectives, die Captains und die Jnspectors.<lb/> Jede dieser Stufen hat ihre sogenannte Lhu<zvo1«ire ^ssooüMcm. Deren<lb/> Satzungen sehen äußerst unschuldig aus. Der einzige Zweck dieser Vereinigungen<lb/> scheint die Errichtung einer Sterbekasse zu sein. Aber man weiß allgemein,<lb/> daß sie von einer kleinen Clique beherrscht werden, da es allgemeine Mitglieder¬<lb/> versammlungen nicht gibt, sondern alle Beschlüsse dnrch Abgeordnete gefaßt<lb/> werden, sodaß die neueintretenden Polizisten, die vielleicht noch ehrlich sind,<lb/> in diesen Gesellschaften niemals Einfluß gewinnen können. Erst später, wenn<lb/> sie mehrere Jahre Mitglieder sind, viele Bekanntschaften gemacht und nach<lb/> allen Richtungen hin Fühlung gewonnen haben, ist es ihnen möglich, selbst<lb/> einen Delegiertenposten zu erhalten, und erst diese Delegierten müssen von dem<lb/> Vorstand zuweilen zu Sitzungen einberufen werden. Schon vor Jahren hat<lb/> der Polizeibeamte Greene den Geist dieser Lousvolent ^ssooiations als einen<lb/> „umgekehrten Korpsgeist" gekennzeichnet. Und es ist beweiskräftig genug, daß<lb/> es im vergangnen Jahre, als das Pvlizeirefvrmgesetz in den gesetzgebenden<lb/> Körperschaften des Staates Newyork beraten wurde, dem Staatsanwalt Jerome<lb/> gelang, festzustellen, daß die kalrolmsii Lenevolcmt, ^ssoomticm plötzlich von<lb/> ihren Mitgliedern eine Summe von 326000 Mark eingesammelt hatte — nach<lb/> außen hin unter dem Vorgeben, man wolle die Sterbegelder stark erhöhen.<lb/> Auffallenderweise war die Summe aber nicht in verzinslichen Papieren angelegt,<lb/> sondern wurde in barem Gelde aufbewahrt. Es war klar, daß sie dazu dienen<lb/> sollte, das Polizeireformgesetz zu bekämpfen, Abgeordnete zu bestechen, die Presse<lb/> zu beeinflussen usw.</p><lb/> <p xml:id="ID_1583"> Woher die unerlaubten Einnahmen der Polizei stammen, sei mit einigen<lb/> Worten dargelegt. Die Polizei hat in den Vereinigten Staaten im wesent¬<lb/> lichen zwei Aufgaben: einmal soll sie die Sicherheit von Personen und Eigen¬<lb/> tum gewährleisten, und zweitens soll sie die Laster bekämpfen, die durch die<lb/> Gesetze verurteilt werden. Von diesen Lastern sind in den Vereinigten Staaten<lb/> vor allem drei Gruppen zu nennen: der Ausschaut' geistiger Getränke außer¬<lb/> halb der Konzessionsstnnden, das Halten von Bordellen und der Betrieb von<lb/> Spielzimmern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1584" next="#ID_1585"> Was die Schankkonzessionen betrifft, so dürfen nach ein Uhr nachts<lb/> bis, wenn ich nicht irre, sechs Uhr morgens und ferner am Sonntag im<lb/> Staate Newyork keine geistigen Getränke ausgeschenkt werden. schmiert ein<lb/> Saloonbesitzer (der Saloon ist die amerikanische Stehbierhalle) die Polizei<lb/> nicht, so kann er sicher sein, daß er, wenn er eine halbe Minute nach ein Uhr<lb/> nachts noch an seinem Bierhahn dreht, verhaftet und mir gegen Bürgschaft</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0322]
Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork
daß er etwas, was er getan hat, nicht getan habe (oder umgekehrt), so finden
sich unter seinen Kollegen solche Zeugen mit Leichtigkeit. Ja es gibt in der
Newyorker Polizei eine Reihe von geheimen Gesellschaften, die sich nach außen
hin unter irgendwelche» unschuldigen Titeln verbergen. Jede Rangstufe unter
den Polizisten hat eine solche Gesellschaft. Da sind die Patrolmen, die
Nonndmen, die Sergecmts, die Detectives, die Captains und die Jnspectors.
Jede dieser Stufen hat ihre sogenannte Lhu<zvo1«ire ^ssooüMcm. Deren
Satzungen sehen äußerst unschuldig aus. Der einzige Zweck dieser Vereinigungen
scheint die Errichtung einer Sterbekasse zu sein. Aber man weiß allgemein,
daß sie von einer kleinen Clique beherrscht werden, da es allgemeine Mitglieder¬
versammlungen nicht gibt, sondern alle Beschlüsse dnrch Abgeordnete gefaßt
werden, sodaß die neueintretenden Polizisten, die vielleicht noch ehrlich sind,
in diesen Gesellschaften niemals Einfluß gewinnen können. Erst später, wenn
sie mehrere Jahre Mitglieder sind, viele Bekanntschaften gemacht und nach
allen Richtungen hin Fühlung gewonnen haben, ist es ihnen möglich, selbst
einen Delegiertenposten zu erhalten, und erst diese Delegierten müssen von dem
Vorstand zuweilen zu Sitzungen einberufen werden. Schon vor Jahren hat
der Polizeibeamte Greene den Geist dieser Lousvolent ^ssooiations als einen
„umgekehrten Korpsgeist" gekennzeichnet. Und es ist beweiskräftig genug, daß
es im vergangnen Jahre, als das Pvlizeirefvrmgesetz in den gesetzgebenden
Körperschaften des Staates Newyork beraten wurde, dem Staatsanwalt Jerome
gelang, festzustellen, daß die kalrolmsii Lenevolcmt, ^ssoomticm plötzlich von
ihren Mitgliedern eine Summe von 326000 Mark eingesammelt hatte — nach
außen hin unter dem Vorgeben, man wolle die Sterbegelder stark erhöhen.
Auffallenderweise war die Summe aber nicht in verzinslichen Papieren angelegt,
sondern wurde in barem Gelde aufbewahrt. Es war klar, daß sie dazu dienen
sollte, das Polizeireformgesetz zu bekämpfen, Abgeordnete zu bestechen, die Presse
zu beeinflussen usw.
Woher die unerlaubten Einnahmen der Polizei stammen, sei mit einigen
Worten dargelegt. Die Polizei hat in den Vereinigten Staaten im wesent¬
lichen zwei Aufgaben: einmal soll sie die Sicherheit von Personen und Eigen¬
tum gewährleisten, und zweitens soll sie die Laster bekämpfen, die durch die
Gesetze verurteilt werden. Von diesen Lastern sind in den Vereinigten Staaten
vor allem drei Gruppen zu nennen: der Ausschaut' geistiger Getränke außer¬
halb der Konzessionsstnnden, das Halten von Bordellen und der Betrieb von
Spielzimmern.
Was die Schankkonzessionen betrifft, so dürfen nach ein Uhr nachts
bis, wenn ich nicht irre, sechs Uhr morgens und ferner am Sonntag im
Staate Newyork keine geistigen Getränke ausgeschenkt werden. schmiert ein
Saloonbesitzer (der Saloon ist die amerikanische Stehbierhalle) die Polizei
nicht, so kann er sicher sein, daß er, wenn er eine halbe Minute nach ein Uhr
nachts noch an seinem Bierhahn dreht, verhaftet und mir gegen Bürgschaft
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