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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Her Marquis von (Larabas

sein, kurz gesagt, er konnte einen für sich einnehmen, wenn er so in seiner dürftig
möblierten Stube saß, deren einziger Schmuck ein Wandbild war, das die Heimat
seiner Kindheit darstellte: eine halbe Hufe Landes mit einem von Weiden ein¬
gefaßten Weg. "Mein liebes altes Heim", wie er mit vier Worten zu sagen
verstand.

Was führt Sie hierher, Herr Gutsverwalter? fragte er mit Hellem Blick.

Kalt erwiderte kurz: Geschäfte.

Von Geschäften, die Sie hätten, habe ich aber bisher nichts gewußt, sagte
Bögedal.

Freilich, erwiderte Kalt, die liegen auch erst in der Zukunft.

Handelt es sich um Geschäfte mit Ihnen? fragte der Anwalt suchend.

Ich mache keine Geschäfte auf eigne Rechnung, entgegnete Kalt stolz, ich ver¬
trete den Gutsherrn Steenfeld.

Der Anwalt gähnte. Die Sache verstand er nicht. Da mußte etwas dahinter
stecken.

Steenfeld will bauen, erklärte Kalt.

In Steensgnard?

Nein, hier in der Stadt -- deshalb komme ich eben.

Soll es ein Palast am Neuen Köuigsplcch sein? fragte Bögedal mit sarkastischein
Leuchten im Blick.

Nein, im Rhabarberviertel, entgegnete Kalt lakonisch.

Es entstand eine Pause.

Hat er Geld? fragte Bögedal.

Geld? Glauben Sie, dann würde ich zu Ihnen gekommen sein?

Der Anwalt erinnerte sich, daß der junge Kattrup seinerzeit einen verteufelt
hellen Kopf gehabt hatte.

Ich glaubte immer, Steenfeld wäre ein überaus reicher Mann, sagte er.

Dann müssen Sie jetzt eben etwas andres glauben, versetzte Kalt. Der An¬
walt rieb sich die Nase.

Dann bot er eine Havannazigarre an, die Kalt auch annahm und gleich
in Brand setzte. Der Unwille biß an der Hälfte einer andern herum, und bald
stand der Rauch in dichten Wolken um sie her. Draußen im Vorzimmer lärmten
die Bauleute der Stadt.

Hat er denn Kredit? fragte der Anwalt endlich.

Unbegrenzten, war Kalks Antwort.

Und dennoch kommt man zu mir?

Und dennoch kommt man zu Ihnen.

Wissen Sie. Herr Kattrup. ich habe nur ungern mit Leuten zu tun, die klüger
sind als ich. Diese Geschichte hier ist zweifellos sehr schlau eingefädelt. Und außer¬
dem, wenn der Gutsbesitzer kein Geld hat --

Er hat immer noch so viel Geld Wie die Herren da draußen, sagte Kalt
Mnig, und er verlangt nicht zwanzig Kronen pro Woche dafür, daß er sich als
Eigentümer der Grundstücke, die er bauen will, eintragen läßt.

Bögedal begann arg zu schwitzen.

Etwas Geld hat er also dennoch?

Ich habe gesagt, daß wir keins haben, erwiderte Kalt ruhig. Hätten wir
welches, dann könnten wir selber bauen. Wir haben dagegen Kredit und sehr gute
Verbindungen.

Ja, Sie reisten ja neulich mit dem Grafen Markdanner rund herum auf alle
Wahlversammlungen, sagte Bögedal und wurde ganz ernst.


Grenzboten 1 1908 31
Her Marquis von (Larabas

sein, kurz gesagt, er konnte einen für sich einnehmen, wenn er so in seiner dürftig
möblierten Stube saß, deren einziger Schmuck ein Wandbild war, das die Heimat
seiner Kindheit darstellte: eine halbe Hufe Landes mit einem von Weiden ein¬
gefaßten Weg. „Mein liebes altes Heim", wie er mit vier Worten zu sagen
verstand.

Was führt Sie hierher, Herr Gutsverwalter? fragte er mit Hellem Blick.

Kalt erwiderte kurz: Geschäfte.

Von Geschäften, die Sie hätten, habe ich aber bisher nichts gewußt, sagte
Bögedal.

Freilich, erwiderte Kalt, die liegen auch erst in der Zukunft.

Handelt es sich um Geschäfte mit Ihnen? fragte der Anwalt suchend.

Ich mache keine Geschäfte auf eigne Rechnung, entgegnete Kalt stolz, ich ver¬
trete den Gutsherrn Steenfeld.

Der Anwalt gähnte. Die Sache verstand er nicht. Da mußte etwas dahinter
stecken.

Steenfeld will bauen, erklärte Kalt.

In Steensgnard?

Nein, hier in der Stadt — deshalb komme ich eben.

Soll es ein Palast am Neuen Köuigsplcch sein? fragte Bögedal mit sarkastischein
Leuchten im Blick.

Nein, im Rhabarberviertel, entgegnete Kalt lakonisch.

Es entstand eine Pause.

Hat er Geld? fragte Bögedal.

Geld? Glauben Sie, dann würde ich zu Ihnen gekommen sein?

Der Anwalt erinnerte sich, daß der junge Kattrup seinerzeit einen verteufelt
hellen Kopf gehabt hatte.

Ich glaubte immer, Steenfeld wäre ein überaus reicher Mann, sagte er.

Dann müssen Sie jetzt eben etwas andres glauben, versetzte Kalt. Der An¬
walt rieb sich die Nase.

Dann bot er eine Havannazigarre an, die Kalt auch annahm und gleich
in Brand setzte. Der Unwille biß an der Hälfte einer andern herum, und bald
stand der Rauch in dichten Wolken um sie her. Draußen im Vorzimmer lärmten
die Bauleute der Stadt.

Hat er denn Kredit? fragte der Anwalt endlich.

Unbegrenzten, war Kalks Antwort.

Und dennoch kommt man zu mir?

Und dennoch kommt man zu Ihnen.

Wissen Sie. Herr Kattrup. ich habe nur ungern mit Leuten zu tun, die klüger
sind als ich. Diese Geschichte hier ist zweifellos sehr schlau eingefädelt. Und außer¬
dem, wenn der Gutsbesitzer kein Geld hat —

Er hat immer noch so viel Geld Wie die Herren da draußen, sagte Kalt
Mnig, und er verlangt nicht zwanzig Kronen pro Woche dafür, daß er sich als
Eigentümer der Grundstücke, die er bauen will, eintragen läßt.

Bögedal begann arg zu schwitzen.

Etwas Geld hat er also dennoch?

Ich habe gesagt, daß wir keins haben, erwiderte Kalt ruhig. Hätten wir
welches, dann könnten wir selber bauen. Wir haben dagegen Kredit und sehr gute
Verbindungen.

Ja, Sie reisten ja neulich mit dem Grafen Markdanner rund herum auf alle
Wahlversammlungen, sagte Bögedal und wurde ganz ernst.


Grenzboten 1 1908 31
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[0241] Her Marquis von (Larabas sein, kurz gesagt, er konnte einen für sich einnehmen, wenn er so in seiner dürftig möblierten Stube saß, deren einziger Schmuck ein Wandbild war, das die Heimat seiner Kindheit darstellte: eine halbe Hufe Landes mit einem von Weiden ein¬ gefaßten Weg. „Mein liebes altes Heim", wie er mit vier Worten zu sagen verstand. Was führt Sie hierher, Herr Gutsverwalter? fragte er mit Hellem Blick. Kalt erwiderte kurz: Geschäfte. Von Geschäften, die Sie hätten, habe ich aber bisher nichts gewußt, sagte Bögedal. Freilich, erwiderte Kalt, die liegen auch erst in der Zukunft. Handelt es sich um Geschäfte mit Ihnen? fragte der Anwalt suchend. Ich mache keine Geschäfte auf eigne Rechnung, entgegnete Kalt stolz, ich ver¬ trete den Gutsherrn Steenfeld. Der Anwalt gähnte. Die Sache verstand er nicht. Da mußte etwas dahinter stecken. Steenfeld will bauen, erklärte Kalt. In Steensgnard? Nein, hier in der Stadt — deshalb komme ich eben. Soll es ein Palast am Neuen Köuigsplcch sein? fragte Bögedal mit sarkastischein Leuchten im Blick. Nein, im Rhabarberviertel, entgegnete Kalt lakonisch. Es entstand eine Pause. Hat er Geld? fragte Bögedal. Geld? Glauben Sie, dann würde ich zu Ihnen gekommen sein? Der Anwalt erinnerte sich, daß der junge Kattrup seinerzeit einen verteufelt hellen Kopf gehabt hatte. Ich glaubte immer, Steenfeld wäre ein überaus reicher Mann, sagte er. Dann müssen Sie jetzt eben etwas andres glauben, versetzte Kalt. Der An¬ walt rieb sich die Nase. Dann bot er eine Havannazigarre an, die Kalt auch annahm und gleich in Brand setzte. Der Unwille biß an der Hälfte einer andern herum, und bald stand der Rauch in dichten Wolken um sie her. Draußen im Vorzimmer lärmten die Bauleute der Stadt. Hat er denn Kredit? fragte der Anwalt endlich. Unbegrenzten, war Kalks Antwort. Und dennoch kommt man zu mir? Und dennoch kommt man zu Ihnen. Wissen Sie. Herr Kattrup. ich habe nur ungern mit Leuten zu tun, die klüger sind als ich. Diese Geschichte hier ist zweifellos sehr schlau eingefädelt. Und außer¬ dem, wenn der Gutsbesitzer kein Geld hat — Er hat immer noch so viel Geld Wie die Herren da draußen, sagte Kalt Mnig, und er verlangt nicht zwanzig Kronen pro Woche dafür, daß er sich als Eigentümer der Grundstücke, die er bauen will, eintragen läßt. Bögedal begann arg zu schwitzen. Etwas Geld hat er also dennoch? Ich habe gesagt, daß wir keins haben, erwiderte Kalt ruhig. Hätten wir welches, dann könnten wir selber bauen. Wir haben dagegen Kredit und sehr gute Verbindungen. Ja, Sie reisten ja neulich mit dem Grafen Markdanner rund herum auf alle Wahlversammlungen, sagte Bögedal und wurde ganz ernst. Grenzboten 1 1908 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/241>, abgerufen am 22.07.2024.