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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Die Bedeutung des Militäretats von (HM

Infanterie und Artillerie bestimmt, ist von Obersten Bogajewski hergestellt worden
und faßte 300 warme Portionen, während das andre, zweirädrig, vom Modell
Brun-Zalenski, für die Kavallerie und für 170 Portionen eingerichtet war
und sich schon seit 1902 im Truppengebrauch befand. Im Laufe des Feldzuges
haben sich jedoch die vierrädrigen Wagen als zu schwer erwiesen, denn oft
genügten sechs Pferde nicht, sie auf schlechten Wegen fortzuschaffen. Die zwei-
rüdrigen Karren bewährten sich dagegen sehr und wurden deshalb auch mit
Vorliebe von der Infanterie benutzt. Auf Grund dieser Resultate geht man
in Rußland augenblicklich mit dem Gedanken um, für die gesamte Armee zwei-
rädrige Küchenwagen einzuführen, und zwar sollen jede Schwadron und jede
Batterie je einen solchen Wagen erhalten, jede Kompagnie dagegen deren zwei,
von denen der eine für das Fleisch, der andre für die Grütze benutzt werden
soll. Bei dem japanischen Heere wurden zu Verpflegungszwecken leichte, zer¬
legbare Öfen -- einer für jede Kompagnie -- gebraucht, die mit dem Koch¬
geschirr 172 Kilo wogen und auf Tragtieren mitgeführt wurden (zehn für das
Bataillon). Jede Eskadron und jede Batterie hatten ein Kochgerät zu zwei Pferden.
Es hatte dieses nur den Nachteil, daß durch Benutzung großer Kochgefäße von
53 Liter Inhalt zwar die Zubereitung der Speisen besser und schmackhafter als
im Einzelkvchgeschirr erfolgen konnte, daß aber der Vorteil, auf dem Marsche
selbst zu kochen, nicht vorhanden war. In einem Kochgerät konnten 75 Portionen
Reis in 40 Minuten gekocht werden. Eigentliche Küchenwagen, meist solche,
die den Russen fortgenommen worden waren, wurden in Japan vor allem für
Sanitätsformationen benutzt, die gerade in Ruhepausen die wenigste Zeit zum
Abkochen haben. Auf Grund dieser Tatsachen sagt Major von Tettau vom
Großen Generalstab, der ja während des Krieges zur russischen Armee
kommandiert war, sicherlich mit Recht in seinem lehrreichen Buch über den
Feldzug, daß in künftigen Kriegen wohl keine Armee ohne solche fahrbaren
Küchenwagen auskommen werde. Beim Schweizer Heere, in Österreich und in
Frankreich finden darum schon seit einiger Zeit Versuche mit verschiednen Systemen
von Marschküchen statt. Dasselbe ist auch bei uns der Fall. Die während der
Kaisermanöver von 1907 beim dritten Bataillon des 55. Infanterieregiments und
beim zweiten Bataillon des 14. Infanterieregiments vorgenommnen Erprobungen
sollen zu besonders zufriedenstellender Ergebnissen geführt haben.

Es mögen endlich noch aus dem Militäretat für 1908 die 80000 Mark
hier Erwähnung finden, die für Ankauf von Kraftwagen bei den einzelnen
Armeekorps usw. gefordert werden. Daß wir ohne den mechanischen Zug zur
Beförderung von Personen und Lasten bei der Ausdehnung der Schlachten in
zukünftigen Kriegen und bei den hohen Anforderungen an die Bedürfnisse des
Nachschubs für die ungeheuern Truppenmnssen, die im Felde stehn werden, nicht
auskommen, darf wohl als unbestrittne Tatsache angesehen werden. Es ist
deshalb nur begreiflich, daß die Heeresverwaltung schon im Frieden auch in
dieser Hinsicht ihre Vorsorgen trifft. Verkleinerer unsrer Armeeeinrichtungen


Die Bedeutung des Militäretats von (HM

Infanterie und Artillerie bestimmt, ist von Obersten Bogajewski hergestellt worden
und faßte 300 warme Portionen, während das andre, zweirädrig, vom Modell
Brun-Zalenski, für die Kavallerie und für 170 Portionen eingerichtet war
und sich schon seit 1902 im Truppengebrauch befand. Im Laufe des Feldzuges
haben sich jedoch die vierrädrigen Wagen als zu schwer erwiesen, denn oft
genügten sechs Pferde nicht, sie auf schlechten Wegen fortzuschaffen. Die zwei-
rüdrigen Karren bewährten sich dagegen sehr und wurden deshalb auch mit
Vorliebe von der Infanterie benutzt. Auf Grund dieser Resultate geht man
in Rußland augenblicklich mit dem Gedanken um, für die gesamte Armee zwei-
rädrige Küchenwagen einzuführen, und zwar sollen jede Schwadron und jede
Batterie je einen solchen Wagen erhalten, jede Kompagnie dagegen deren zwei,
von denen der eine für das Fleisch, der andre für die Grütze benutzt werden
soll. Bei dem japanischen Heere wurden zu Verpflegungszwecken leichte, zer¬
legbare Öfen — einer für jede Kompagnie — gebraucht, die mit dem Koch¬
geschirr 172 Kilo wogen und auf Tragtieren mitgeführt wurden (zehn für das
Bataillon). Jede Eskadron und jede Batterie hatten ein Kochgerät zu zwei Pferden.
Es hatte dieses nur den Nachteil, daß durch Benutzung großer Kochgefäße von
53 Liter Inhalt zwar die Zubereitung der Speisen besser und schmackhafter als
im Einzelkvchgeschirr erfolgen konnte, daß aber der Vorteil, auf dem Marsche
selbst zu kochen, nicht vorhanden war. In einem Kochgerät konnten 75 Portionen
Reis in 40 Minuten gekocht werden. Eigentliche Küchenwagen, meist solche,
die den Russen fortgenommen worden waren, wurden in Japan vor allem für
Sanitätsformationen benutzt, die gerade in Ruhepausen die wenigste Zeit zum
Abkochen haben. Auf Grund dieser Tatsachen sagt Major von Tettau vom
Großen Generalstab, der ja während des Krieges zur russischen Armee
kommandiert war, sicherlich mit Recht in seinem lehrreichen Buch über den
Feldzug, daß in künftigen Kriegen wohl keine Armee ohne solche fahrbaren
Küchenwagen auskommen werde. Beim Schweizer Heere, in Österreich und in
Frankreich finden darum schon seit einiger Zeit Versuche mit verschiednen Systemen
von Marschküchen statt. Dasselbe ist auch bei uns der Fall. Die während der
Kaisermanöver von 1907 beim dritten Bataillon des 55. Infanterieregiments und
beim zweiten Bataillon des 14. Infanterieregiments vorgenommnen Erprobungen
sollen zu besonders zufriedenstellender Ergebnissen geführt haben.

Es mögen endlich noch aus dem Militäretat für 1908 die 80000 Mark
hier Erwähnung finden, die für Ankauf von Kraftwagen bei den einzelnen
Armeekorps usw. gefordert werden. Daß wir ohne den mechanischen Zug zur
Beförderung von Personen und Lasten bei der Ausdehnung der Schlachten in
zukünftigen Kriegen und bei den hohen Anforderungen an die Bedürfnisse des
Nachschubs für die ungeheuern Truppenmnssen, die im Felde stehn werden, nicht
auskommen, darf wohl als unbestrittne Tatsache angesehen werden. Es ist
deshalb nur begreiflich, daß die Heeresverwaltung schon im Frieden auch in
dieser Hinsicht ihre Vorsorgen trifft. Verkleinerer unsrer Armeeeinrichtungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/216>, abgerufen am 22.07.2024.