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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Pläne für eine australische Wehrmacht

Wahlen brachten einen neuen Verteidigungsminister, Mr. Ewing, ans Ruder,
der ebenfalls Anhänger der allgemeinen Wehrpflicht war, und der im Unter¬
hause erklärte: "Wir müssen es allen australischen Männern zur Pflicht
machen, diesen Teil der nationalen Verantwortung auf sich zu nehmen." Es
wurde ein Gesetzentwurf zur Schaffung einer nationalen Miliz eingebracht.
Eine kampffähige Truppe soll geschaffen werdeu, so groß wie nur irgend¬
möglich und mit Kosten so niedrig wie möglich. Die Ausbildung soll sich
nur auf die zum Kriege nötigen Dinge erstrecken. Das Gesetz besagt: Jeder
männliche Australier ist wehrpflichtig, und zwar vom zwölften bis fünfzehnten
Lebensjahre in den Korps der Kadetten (Oaclöt. Corps). Hier erhält er
sozusagen eine vorbereitende körperliche Ausbildung, lernt den elementaren
"Drill" und beginnt seine Schießansbildung. Mit fünfzehn Jahren tritt er
in das ältere Korps der Kadetten über (senior Okulst voixch, in dem er bis
zum achtzehnten Jahre verbleiben muß. Jetzt soll -- körperliche Tauglichkeit
vorausgesetzt -- der Eintritt in die nationale Miliz iMtionul Knarä), der
jeder Bürger bis zum sechsundzwanzigsten Jahre angehören muß, erfolgen. In
jedem Jahre ist der junge Bürger zur Teilnahme an sechzehn Übungstagen
verpflichtet, außerdem hat er einen Schießkursus durchzumachen. Der Eintritt
in einen der zahlreichen schon bestehenden Schießvereine wird nicht erzwungen,
aber gewünscht. Hiermit wird das Schweizer Vorbild nicht erreicht, in dem
mindestens fünfundsechzig Tage zu Übungen vorgesehen sind. Eine Zentral¬
militärschule ((Zöntral getwol ok Instruvticm) soll geschaffen werden, an der
die besten Kräfte wirken sollen, daneben wird jeder Staat seine eigne Lotwol
ok luLtrnotion besitzen für den kostenlosen Besuch durch Offiziere und Unter¬
offiziere. Überhaupt soll die Offizierlaufbah" möglichst verbilligt werden
durch Gewährung der Uniform und Einfachheit der Lebenshaltung. Die
soziale Stellung der Anwärter soll keinerlei Rolle bei der Ernennung zum
Offizier spielen, was bisher nicht immer der Fall war, die dienstliche Tüchtig¬
keit soll allein ausschlaggebend sein.

Keiner der Urheber dieses Gesetzes sieht darin etwas vollkommnes, aber
die Grundlage für eine nationale Wehr ist damit gelegt, und diese ist an¬
gesichts der Entwicklung der Dinge im fernen Osten eine Notwendigkeit für
Australien. Der Premierminister Deakin kündigt an, daß wie die letzte
Parlamentsscssivn unter dein Zeichen der Zollgesetzgebung gestanden habe,
die folgende der Wehrgesetzgebnng vornehmlich gewidmet sein soll. So gehn
die großen Tochterstaaten dem Mutterlande mit dem Beispiel der allgemeinen
militärischen Ausbilduugspslicht voran, und für England wird es nur eine
Frage der Zeit sein, ihnen darin zu folgen. Die freiwillige Territorialarmee
w. paschen ist ein Übergang.




Pläne für eine australische Wehrmacht

Wahlen brachten einen neuen Verteidigungsminister, Mr. Ewing, ans Ruder,
der ebenfalls Anhänger der allgemeinen Wehrpflicht war, und der im Unter¬
hause erklärte: „Wir müssen es allen australischen Männern zur Pflicht
machen, diesen Teil der nationalen Verantwortung auf sich zu nehmen." Es
wurde ein Gesetzentwurf zur Schaffung einer nationalen Miliz eingebracht.
Eine kampffähige Truppe soll geschaffen werdeu, so groß wie nur irgend¬
möglich und mit Kosten so niedrig wie möglich. Die Ausbildung soll sich
nur auf die zum Kriege nötigen Dinge erstrecken. Das Gesetz besagt: Jeder
männliche Australier ist wehrpflichtig, und zwar vom zwölften bis fünfzehnten
Lebensjahre in den Korps der Kadetten (Oaclöt. Corps). Hier erhält er
sozusagen eine vorbereitende körperliche Ausbildung, lernt den elementaren
„Drill" und beginnt seine Schießansbildung. Mit fünfzehn Jahren tritt er
in das ältere Korps der Kadetten über (senior Okulst voixch, in dem er bis
zum achtzehnten Jahre verbleiben muß. Jetzt soll — körperliche Tauglichkeit
vorausgesetzt — der Eintritt in die nationale Miliz iMtionul Knarä), der
jeder Bürger bis zum sechsundzwanzigsten Jahre angehören muß, erfolgen. In
jedem Jahre ist der junge Bürger zur Teilnahme an sechzehn Übungstagen
verpflichtet, außerdem hat er einen Schießkursus durchzumachen. Der Eintritt
in einen der zahlreichen schon bestehenden Schießvereine wird nicht erzwungen,
aber gewünscht. Hiermit wird das Schweizer Vorbild nicht erreicht, in dem
mindestens fünfundsechzig Tage zu Übungen vorgesehen sind. Eine Zentral¬
militärschule ((Zöntral getwol ok Instruvticm) soll geschaffen werden, an der
die besten Kräfte wirken sollen, daneben wird jeder Staat seine eigne Lotwol
ok luLtrnotion besitzen für den kostenlosen Besuch durch Offiziere und Unter¬
offiziere. Überhaupt soll die Offizierlaufbah» möglichst verbilligt werden
durch Gewährung der Uniform und Einfachheit der Lebenshaltung. Die
soziale Stellung der Anwärter soll keinerlei Rolle bei der Ernennung zum
Offizier spielen, was bisher nicht immer der Fall war, die dienstliche Tüchtig¬
keit soll allein ausschlaggebend sein.

Keiner der Urheber dieses Gesetzes sieht darin etwas vollkommnes, aber
die Grundlage für eine nationale Wehr ist damit gelegt, und diese ist an¬
gesichts der Entwicklung der Dinge im fernen Osten eine Notwendigkeit für
Australien. Der Premierminister Deakin kündigt an, daß wie die letzte
Parlamentsscssivn unter dein Zeichen der Zollgesetzgebung gestanden habe,
die folgende der Wehrgesetzgebnng vornehmlich gewidmet sein soll. So gehn
die großen Tochterstaaten dem Mutterlande mit dem Beispiel der allgemeinen
militärischen Ausbilduugspslicht voran, und für England wird es nur eine
Frage der Zeit sein, ihnen darin zu folgen. Die freiwillige Territorialarmee
w. paschen ist ein Übergang.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/65>, abgerufen am 22.07.2024.