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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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werden zu können. Die gewaltigen Schwierigkeiten, die mit Operationen nach
Montenegro verbunden sind -- die Kriege der Türkei gegen Montenegro
bieten hierfür klassische Belege --, werden durch die zahlreichen, in einem
Manövrierterrain belanglosen, aber im Karstgelände bedeutsamen Befestigungen
wesentlich erhöht. Der montenegrinischen Negierung soll es überdies gelungen
sein, in jüngster Zeit einen großen Teil der veralteten Armierung zu moder¬
nisieren und die wichtigsten Werke mit mittlern Geschützen und zum Teile auch
mit schweren Kalibern auszurüsten.




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in den Tagen des Erfurter Fürstenkongresses ^808
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W>ur den auf die Jagd zu Ettersburg folgenden Besuch der kaiser¬
lichen Gäste in Weimar hatte das Herzogliche Polizeikollegium im
Wochenblatt bekannt gemacht: "Der hiesigen Stadt wird das Glück
zuteil, deuen erhabensten Monarchen einen Tag zum Aufenthalt zu
I dienen. Man ist überzeugt, daß die sämtlichen Bewohner der Stadt
sich beeifern werden, die Jhro kaiserlichen Majestäten schuldige Verehrung auf eine
ihrer selbst würdige Weise zu bezeigen. Ruhe, Ordnung und Vermeidung aller
Stöhrung des gemeinsamen Vergnügens sind die ersten Pflichten eines guten,
gesitteten Bürgers." Das ist eine ganz verstündige und maßvolle Sprache. Beim
Einzug läuteten die Glocken, am Jakobstor begrüßte der Magistrat -- von einer
besondern Ansprache verlautet nichts -- die Kaiser; die Bürgerschaft mit ihren
Gildefahnen und das herzogliche Militär bildeten Spalier, über den Karlsplatz
und die Esplanade ging der Zug in das Schloß, wo die Herzogin die Gäste
empfing. Sie fand, wie sie an ihren Bruder schreibt, Napoleon magerer geworden,
aber das stehe ihm gut, er sei nicht mehr so aufgedunsen und stecke nicht mehr
so in den Schultern drin. "Der Kaiser immer gütig und mild gegen uns, war
es auch bei dieser Gelegenheit" -- der Kaiser ist nämlich Alexander --Napoleon
dagegen wird bezeichnenderweise ohne Titel genannt -- "Napoleon hatte nicht
gerade das Aussehen guter Laune, gab sich aber doch sehr viel Mühe, freund¬
lich zu sein." Das schreibt auch die Hofdame der Prinzeß Karoline, Henriette
von Knebel, an ihren Bruder in Jena. "Hier war Napoleon sehr freundlich-
Gleich wie er ins Zimmer trat, entschuldigte er sich wegen seines schmutzigen
Jcigdanzugs, ging auch bald in sein Zimmer -- die Herzogin hatte ihm ihre
Wohnung einräumen müssen, was ihr gar nicht angenehm war --, und ehe
wirs uns versahen, war er schön, doch einfach gekleidet wieder da. Ich hörte,
daß er der Herzogin gleich dasselbe Propos hielt, was er dein Herzog schon


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werden zu können. Die gewaltigen Schwierigkeiten, die mit Operationen nach
Montenegro verbunden sind — die Kriege der Türkei gegen Montenegro
bieten hierfür klassische Belege —, werden durch die zahlreichen, in einem
Manövrierterrain belanglosen, aber im Karstgelände bedeutsamen Befestigungen
wesentlich erhöht. Der montenegrinischen Negierung soll es überdies gelungen
sein, in jüngster Zeit einen großen Teil der veralteten Armierung zu moder¬
nisieren und die wichtigsten Werke mit mittlern Geschützen und zum Teile auch
mit schweren Kalibern auszurüsten.




Weimar
in den Tagen des Erfurter Fürstenkongresses ^808
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W>ur den auf die Jagd zu Ettersburg folgenden Besuch der kaiser¬
lichen Gäste in Weimar hatte das Herzogliche Polizeikollegium im
Wochenblatt bekannt gemacht: „Der hiesigen Stadt wird das Glück
zuteil, deuen erhabensten Monarchen einen Tag zum Aufenthalt zu
I dienen. Man ist überzeugt, daß die sämtlichen Bewohner der Stadt
sich beeifern werden, die Jhro kaiserlichen Majestäten schuldige Verehrung auf eine
ihrer selbst würdige Weise zu bezeigen. Ruhe, Ordnung und Vermeidung aller
Stöhrung des gemeinsamen Vergnügens sind die ersten Pflichten eines guten,
gesitteten Bürgers." Das ist eine ganz verstündige und maßvolle Sprache. Beim
Einzug läuteten die Glocken, am Jakobstor begrüßte der Magistrat — von einer
besondern Ansprache verlautet nichts — die Kaiser; die Bürgerschaft mit ihren
Gildefahnen und das herzogliche Militär bildeten Spalier, über den Karlsplatz
und die Esplanade ging der Zug in das Schloß, wo die Herzogin die Gäste
empfing. Sie fand, wie sie an ihren Bruder schreibt, Napoleon magerer geworden,
aber das stehe ihm gut, er sei nicht mehr so aufgedunsen und stecke nicht mehr
so in den Schultern drin. „Der Kaiser immer gütig und mild gegen uns, war
es auch bei dieser Gelegenheit" — der Kaiser ist nämlich Alexander —Napoleon
dagegen wird bezeichnenderweise ohne Titel genannt — „Napoleon hatte nicht
gerade das Aussehen guter Laune, gab sich aber doch sehr viel Mühe, freund¬
lich zu sein." Das schreibt auch die Hofdame der Prinzeß Karoline, Henriette
von Knebel, an ihren Bruder in Jena. „Hier war Napoleon sehr freundlich-
Gleich wie er ins Zimmer trat, entschuldigte er sich wegen seines schmutzigen
Jcigdanzugs, ging auch bald in sein Zimmer — die Herzogin hatte ihm ihre
Wohnung einräumen müssen, was ihr gar nicht angenehm war —, und ehe
wirs uns versahen, war er schön, doch einfach gekleidet wieder da. Ich hörte,
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[0630] Weimar in den Tagen des Erfurter Fürstenkongresses ^303 werden zu können. Die gewaltigen Schwierigkeiten, die mit Operationen nach Montenegro verbunden sind — die Kriege der Türkei gegen Montenegro bieten hierfür klassische Belege —, werden durch die zahlreichen, in einem Manövrierterrain belanglosen, aber im Karstgelände bedeutsamen Befestigungen wesentlich erhöht. Der montenegrinischen Negierung soll es überdies gelungen sein, in jüngster Zeit einen großen Teil der veralteten Armierung zu moder¬ nisieren und die wichtigsten Werke mit mittlern Geschützen und zum Teile auch mit schweren Kalibern auszurüsten. Weimar in den Tagen des Erfurter Fürstenkongresses ^808 Hans Jacob! von2 MH5«M.s^ W>ur den auf die Jagd zu Ettersburg folgenden Besuch der kaiser¬ lichen Gäste in Weimar hatte das Herzogliche Polizeikollegium im Wochenblatt bekannt gemacht: „Der hiesigen Stadt wird das Glück zuteil, deuen erhabensten Monarchen einen Tag zum Aufenthalt zu I dienen. Man ist überzeugt, daß die sämtlichen Bewohner der Stadt sich beeifern werden, die Jhro kaiserlichen Majestäten schuldige Verehrung auf eine ihrer selbst würdige Weise zu bezeigen. Ruhe, Ordnung und Vermeidung aller Stöhrung des gemeinsamen Vergnügens sind die ersten Pflichten eines guten, gesitteten Bürgers." Das ist eine ganz verstündige und maßvolle Sprache. Beim Einzug läuteten die Glocken, am Jakobstor begrüßte der Magistrat — von einer besondern Ansprache verlautet nichts — die Kaiser; die Bürgerschaft mit ihren Gildefahnen und das herzogliche Militär bildeten Spalier, über den Karlsplatz und die Esplanade ging der Zug in das Schloß, wo die Herzogin die Gäste empfing. Sie fand, wie sie an ihren Bruder schreibt, Napoleon magerer geworden, aber das stehe ihm gut, er sei nicht mehr so aufgedunsen und stecke nicht mehr so in den Schultern drin. „Der Kaiser immer gütig und mild gegen uns, war es auch bei dieser Gelegenheit" — der Kaiser ist nämlich Alexander —Napoleon dagegen wird bezeichnenderweise ohne Titel genannt — „Napoleon hatte nicht gerade das Aussehen guter Laune, gab sich aber doch sehr viel Mühe, freund¬ lich zu sein." Das schreibt auch die Hofdame der Prinzeß Karoline, Henriette von Knebel, an ihren Bruder in Jena. „Hier war Napoleon sehr freundlich- Gleich wie er ins Zimmer trat, entschuldigte er sich wegen seines schmutzigen Jcigdanzugs, ging auch bald in sein Zimmer — die Herzogin hatte ihm ihre Wohnung einräumen müssen, was ihr gar nicht angenehm war —, und ehe wirs uns versahen, war er schön, doch einfach gekleidet wieder da. Ich hörte, daß er der Herzogin gleich dasselbe Propos hielt, was er dein Herzog schon

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/630>, abgerufen am 22.07.2024.