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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Buch einen so hohen geistigen Genuß bereitet, eine solche Fülle von Anregung und
Belehrung gewährt wie das vorliegende. Es ist das ästhetische Glaubensbekenntnis
eines feinsinnigen Geistes, der mit gediegner philosophischer Bildung, klarem Urteil
und staunenswerter Belesenheit künstlerische, soziale und ethische Probleme unsrer
Zeit behandelt und in einer bestrickenden Darstellung zu lösen sucht. Eine auf¬
fallende Erscheinung ist es ja, daß die Ästhetik, die in Kunst und Literatur lange
Zeit als eine unfruchtbare Gehilfin, ja als eine lästige und aufdringliche Lehr¬
meisterin beiseite geschoben worden war, in den letzten Jahren immer mehr zur
Geltung gekommen ist; und A. von Gleichen-Rußwurm, der schon 1899 einen
gegen den siegreichen aber höchst bedenklichen Naturalismus gerichteten Aufsatz
"Die Pflicht zur Schönheit" in den Preußischen Jahrbüchern veröffentlichte, hat
wesentlich zu diesem erfreulichen Umschwung mitgewirkt. Heutzutage stehn Kunst,
Leben und Moral in der Tat dem Begriff der Schönheit ganz anders gegenüber
als vor einem Jahrzehnt. Man könnte, meint der Verfasser, sich fast ängstlich
fragen, ob die Sache aufrichtig gemeint sei, ob solche rasche Wandlung nicht nur
eine Mode bedeute. Doch viel zu ernst und tief hänge die Sehnsucht nach Schön¬
heit mit dem modernen Dasein zusammen; sie verbinde sich zu innig mit der
höhern Menschwerdung, die das Ideal der Neuzeit bilde, mit der Schöpferkraft,
die sich auf der alten Erde eine neue Erde geschaffen habe und diese recht über¬
zeugt bewohnbar machen wolle. Der Schaffende brauche edeln Genuß, der Leidende
edeln Trost. "Kann die nüchterne Nützlichkeit allein solchen gewähren? Das
religiöse Gefühl im Menschen ist unausrottbar, ob auch Religionen kommen, stehn
und fallen. Es verlangt gebieterisch nach Schönheit. Nur durch das, was der
Bewunderung und seligen Andacht geboten wurde, erhielten sich die Kulte aller
Zonen. Dust, Glanz. Farbe und Musik gaben die äußere Weihe, das Pathos er¬
haben dramatischer Momente gewann die Herzen. Auch der sinnliche Trieb des
Menschen verlangt nach Schönheit."

Man sieht schon hieraus, daß sich der Verfasser an Schillersche Ideen an¬
lehnt, aber auch Goethe, Emerson, Ruskin u. a. bieten ihm Bausteine für feine
Ästhetik des praktischen Lebens. In vier Büchern und 21 Kapiteln behandelt er
die Grundlagen einer solchen Ästhetik, ihre Gebote, ihre Einflüsse und Wirkungen.
Eine Fülle feiner Ideen und geistvoller Anregungen gibt er in den "Geboten",
wo er über die Behaglichkeit unsrer Wohnräume spricht, über die Ausmahl der
Schmuckgegenstände, über die Grundgesetze der Tracht, der Körperschönheit, über
die Anmut der Rede und den guten Ton. Beherzigenswerte Bemerkungen und
Mahnungen enthält das Buch über die Wirkungen einer Philosophie der Schönheit.
So sagt er an dieser Stelle sehr treffend: "Die Erziehung ist ein Gebäude, an
dem die Menschheit seit Jahrtausenden baut. Eigentlich unser rechter Turm von
Babel, ein stolzes Werk, mit dem wir allmählich den Himmel erreichen wollen,
unsern Enkeln die echte Gotteskindschaft zu geben. Nun liegt es tief in der
menschlichen Natur, gern überflüssigen Zierat anzuschaffen und anzubringen; das
wirklich Notwendige, das von Grund aus Gebotue aber zu vernachlässigen oder
auf die lange Bank zu schieben, das heißt, unsern Nachkommen zu überlassen.
Denn der Zierat ist viel unterhaltender, macht mehr Effekt, bringt schneller zu
Ansehen, mit einem Wort, macht uus großen, unverbesserlichen Kindern Spaß!
Daher kommt es, daß an dem Riesengebäude der Erziehung eine unabsehbare
Menge von Türmchen, Erkern und Altären, Säulen, Bildwerk und Vergoldung
ist, wodurch das Ganze recht imposant und malerisch wirkt. Aber in vielen Sälen
droht die Decke mit Einsturz, oder in manchen Zimmern ist es ganz dunkel vor
lauter unnötigen Vorhanden, oder man stößt sich an den zu niedrigen Türen und
stolpert über deu Bauschule von Jahrhunderten."


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Buch einen so hohen geistigen Genuß bereitet, eine solche Fülle von Anregung und
Belehrung gewährt wie das vorliegende. Es ist das ästhetische Glaubensbekenntnis
eines feinsinnigen Geistes, der mit gediegner philosophischer Bildung, klarem Urteil
und staunenswerter Belesenheit künstlerische, soziale und ethische Probleme unsrer
Zeit behandelt und in einer bestrickenden Darstellung zu lösen sucht. Eine auf¬
fallende Erscheinung ist es ja, daß die Ästhetik, die in Kunst und Literatur lange
Zeit als eine unfruchtbare Gehilfin, ja als eine lästige und aufdringliche Lehr¬
meisterin beiseite geschoben worden war, in den letzten Jahren immer mehr zur
Geltung gekommen ist; und A. von Gleichen-Rußwurm, der schon 1899 einen
gegen den siegreichen aber höchst bedenklichen Naturalismus gerichteten Aufsatz
„Die Pflicht zur Schönheit" in den Preußischen Jahrbüchern veröffentlichte, hat
wesentlich zu diesem erfreulichen Umschwung mitgewirkt. Heutzutage stehn Kunst,
Leben und Moral in der Tat dem Begriff der Schönheit ganz anders gegenüber
als vor einem Jahrzehnt. Man könnte, meint der Verfasser, sich fast ängstlich
fragen, ob die Sache aufrichtig gemeint sei, ob solche rasche Wandlung nicht nur
eine Mode bedeute. Doch viel zu ernst und tief hänge die Sehnsucht nach Schön¬
heit mit dem modernen Dasein zusammen; sie verbinde sich zu innig mit der
höhern Menschwerdung, die das Ideal der Neuzeit bilde, mit der Schöpferkraft,
die sich auf der alten Erde eine neue Erde geschaffen habe und diese recht über¬
zeugt bewohnbar machen wolle. Der Schaffende brauche edeln Genuß, der Leidende
edeln Trost. „Kann die nüchterne Nützlichkeit allein solchen gewähren? Das
religiöse Gefühl im Menschen ist unausrottbar, ob auch Religionen kommen, stehn
und fallen. Es verlangt gebieterisch nach Schönheit. Nur durch das, was der
Bewunderung und seligen Andacht geboten wurde, erhielten sich die Kulte aller
Zonen. Dust, Glanz. Farbe und Musik gaben die äußere Weihe, das Pathos er¬
haben dramatischer Momente gewann die Herzen. Auch der sinnliche Trieb des
Menschen verlangt nach Schönheit."

Man sieht schon hieraus, daß sich der Verfasser an Schillersche Ideen an¬
lehnt, aber auch Goethe, Emerson, Ruskin u. a. bieten ihm Bausteine für feine
Ästhetik des praktischen Lebens. In vier Büchern und 21 Kapiteln behandelt er
die Grundlagen einer solchen Ästhetik, ihre Gebote, ihre Einflüsse und Wirkungen.
Eine Fülle feiner Ideen und geistvoller Anregungen gibt er in den „Geboten",
wo er über die Behaglichkeit unsrer Wohnräume spricht, über die Ausmahl der
Schmuckgegenstände, über die Grundgesetze der Tracht, der Körperschönheit, über
die Anmut der Rede und den guten Ton. Beherzigenswerte Bemerkungen und
Mahnungen enthält das Buch über die Wirkungen einer Philosophie der Schönheit.
So sagt er an dieser Stelle sehr treffend: „Die Erziehung ist ein Gebäude, an
dem die Menschheit seit Jahrtausenden baut. Eigentlich unser rechter Turm von
Babel, ein stolzes Werk, mit dem wir allmählich den Himmel erreichen wollen,
unsern Enkeln die echte Gotteskindschaft zu geben. Nun liegt es tief in der
menschlichen Natur, gern überflüssigen Zierat anzuschaffen und anzubringen; das
wirklich Notwendige, das von Grund aus Gebotue aber zu vernachlässigen oder
auf die lange Bank zu schieben, das heißt, unsern Nachkommen zu überlassen.
Denn der Zierat ist viel unterhaltender, macht mehr Effekt, bringt schneller zu
Ansehen, mit einem Wort, macht uus großen, unverbesserlichen Kindern Spaß!
Daher kommt es, daß an dem Riesengebäude der Erziehung eine unabsehbare
Menge von Türmchen, Erkern und Altären, Säulen, Bildwerk und Vergoldung
ist, wodurch das Ganze recht imposant und malerisch wirkt. Aber in vielen Sälen
droht die Decke mit Einsturz, oder in manchen Zimmern ist es ganz dunkel vor
lauter unnötigen Vorhanden, oder man stößt sich an den zu niedrigen Türen und
stolpert über deu Bauschule von Jahrhunderten."


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[0520] Maßgebliches und Unmaßgebliches Buch einen so hohen geistigen Genuß bereitet, eine solche Fülle von Anregung und Belehrung gewährt wie das vorliegende. Es ist das ästhetische Glaubensbekenntnis eines feinsinnigen Geistes, der mit gediegner philosophischer Bildung, klarem Urteil und staunenswerter Belesenheit künstlerische, soziale und ethische Probleme unsrer Zeit behandelt und in einer bestrickenden Darstellung zu lösen sucht. Eine auf¬ fallende Erscheinung ist es ja, daß die Ästhetik, die in Kunst und Literatur lange Zeit als eine unfruchtbare Gehilfin, ja als eine lästige und aufdringliche Lehr¬ meisterin beiseite geschoben worden war, in den letzten Jahren immer mehr zur Geltung gekommen ist; und A. von Gleichen-Rußwurm, der schon 1899 einen gegen den siegreichen aber höchst bedenklichen Naturalismus gerichteten Aufsatz „Die Pflicht zur Schönheit" in den Preußischen Jahrbüchern veröffentlichte, hat wesentlich zu diesem erfreulichen Umschwung mitgewirkt. Heutzutage stehn Kunst, Leben und Moral in der Tat dem Begriff der Schönheit ganz anders gegenüber als vor einem Jahrzehnt. Man könnte, meint der Verfasser, sich fast ängstlich fragen, ob die Sache aufrichtig gemeint sei, ob solche rasche Wandlung nicht nur eine Mode bedeute. Doch viel zu ernst und tief hänge die Sehnsucht nach Schön¬ heit mit dem modernen Dasein zusammen; sie verbinde sich zu innig mit der höhern Menschwerdung, die das Ideal der Neuzeit bilde, mit der Schöpferkraft, die sich auf der alten Erde eine neue Erde geschaffen habe und diese recht über¬ zeugt bewohnbar machen wolle. Der Schaffende brauche edeln Genuß, der Leidende edeln Trost. „Kann die nüchterne Nützlichkeit allein solchen gewähren? Das religiöse Gefühl im Menschen ist unausrottbar, ob auch Religionen kommen, stehn und fallen. Es verlangt gebieterisch nach Schönheit. Nur durch das, was der Bewunderung und seligen Andacht geboten wurde, erhielten sich die Kulte aller Zonen. Dust, Glanz. Farbe und Musik gaben die äußere Weihe, das Pathos er¬ haben dramatischer Momente gewann die Herzen. Auch der sinnliche Trieb des Menschen verlangt nach Schönheit." Man sieht schon hieraus, daß sich der Verfasser an Schillersche Ideen an¬ lehnt, aber auch Goethe, Emerson, Ruskin u. a. bieten ihm Bausteine für feine Ästhetik des praktischen Lebens. In vier Büchern und 21 Kapiteln behandelt er die Grundlagen einer solchen Ästhetik, ihre Gebote, ihre Einflüsse und Wirkungen. Eine Fülle feiner Ideen und geistvoller Anregungen gibt er in den „Geboten", wo er über die Behaglichkeit unsrer Wohnräume spricht, über die Ausmahl der Schmuckgegenstände, über die Grundgesetze der Tracht, der Körperschönheit, über die Anmut der Rede und den guten Ton. Beherzigenswerte Bemerkungen und Mahnungen enthält das Buch über die Wirkungen einer Philosophie der Schönheit. So sagt er an dieser Stelle sehr treffend: „Die Erziehung ist ein Gebäude, an dem die Menschheit seit Jahrtausenden baut. Eigentlich unser rechter Turm von Babel, ein stolzes Werk, mit dem wir allmählich den Himmel erreichen wollen, unsern Enkeln die echte Gotteskindschaft zu geben. Nun liegt es tief in der menschlichen Natur, gern überflüssigen Zierat anzuschaffen und anzubringen; das wirklich Notwendige, das von Grund aus Gebotue aber zu vernachlässigen oder auf die lange Bank zu schieben, das heißt, unsern Nachkommen zu überlassen. Denn der Zierat ist viel unterhaltender, macht mehr Effekt, bringt schneller zu Ansehen, mit einem Wort, macht uus großen, unverbesserlichen Kindern Spaß! Daher kommt es, daß an dem Riesengebäude der Erziehung eine unabsehbare Menge von Türmchen, Erkern und Altären, Säulen, Bildwerk und Vergoldung ist, wodurch das Ganze recht imposant und malerisch wirkt. Aber in vielen Sälen droht die Decke mit Einsturz, oder in manchen Zimmern ist es ganz dunkel vor lauter unnötigen Vorhanden, oder man stößt sich an den zu niedrigen Türen und stolpert über deu Bauschule von Jahrhunderten."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/520>, abgerufen am 22.07.2024.