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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Das Gnadenfest der heiligen Anna

Da stand ein Wagen, an dem war eine Galerie angebaut. Zwischen den mittlern
Säulen, die das Dach dieses Aufbaus trugen, wallte ein roter Smntvorhang her¬
nieder. Darüber war ein Schild befestigt mit einer goldnen Aufschrift. Auf diese
geheimnisvollen Zeichen starrte das Kind, das nicht lesen konnte. Doch plötzlich schob
eine braune Hand den Vorhang ein wenig zur Seite, und ein von wilden schwarzen
Haaren umrahmtes Gesicht kam zum Vorschein. In dem Gesicht glühten ein paar
dunkle, übergroße Augen. Als sich der Blick dieser Augen auf sie richtete, überkam
Gwenuola ein Schrecken, der ihr die Glieder lethale. Das ist Quehern, die
Wahrsagerin, hörte sie die Umstehenden sagen. Sie kann alles voraussagen,
was dir oder mir noch geschehen wird. Sie weiß mehr von uns als wir selbst!

Nolmk, hierher ins Zelt -- du Träumerin! Es war Marie-Anges rauhe
Stimme, die sie jetzt aus dem Bann der unheimlichen Augen QucHerns, der Wahr¬
sagerin, erlöste. Sie schüttelte sich und lief in das lange Zelt hinüber, in dem eine
große Menschenmenge Platz finden konnte. Auf der einen Seite waren Bänke auf¬
geschlagen, auf der andern der Boden mit Heu belegt, das den Pilgern zum Nacht¬
lager dienen sollte. Marie-Ange war eben dabei, ihre Krüge und Gläser auszu¬
packen und auf dem improvisierten Schenktisch zu verstauen, dabei sollte die kleine
Gwennolci ihr an die Hand gehn. Sie tat es denn auch, flink, geschickt und
ernsthaft, wie es einer geübten Hausfrau zukommt.

Als Marie-Ange sie endlich freigab und sie aus dem Zelt wieder ins Freie
trat, hatte sich die sonstige Einsamkeit der stillen ernsten Dünenwüste in ein
lärmendes Volkslager umgewandelt. Rings um die Wunderquelle umher, die nahe
der Kirche dem Boden entspringt, standen improvisierte Zelte aufgerichtet. Zer-
brochne Ruder waren in den Boden gepflanzt und alte Segel darüber gespannt.
Dies seltsame Lager umzog ein Ring von umgestülpten Karren, die ihre Deichseln
steil in die Luft streckten.

Um die Kirche her, im Schatten der Ulmen aber lagerte schon das Heer der
Bettler, die sogenannten "Könige der Palude". Diese kannte Gwennola wohl und
wußte, daß ihnen der heutige Tag gehörte. Jahr für Jahr käme" sie an diesem
Samstag angerückt, auf Krücken, mit verstümmelten Gliedmaße", Taube, Blinde
und Lahme, immer dieselben, die getreusten Anhänger der heiligen Anna. Sobald
sich ein paar anständig gekleidete Pilger der Kirche näherten, warfen sie sich ihnen
in den Weg unter wildem Geheul. Zahlt das Armenrecht! schrien sie.

Die kleine Gwennola aber drängte sich unangefochten durch sie hindurch in
die bunte Festkirche. Da stand nun die gefeierte Heilige in grüner, blumiger Laube,
von einem Meer von Kerzen umstrahlt. Sie sah heute beinahe jung und fast
fröhlich aus in ihrer neuen saubern Festtracht. Daß sie selbst, die kleine Nola,
die genäht hatte, kam ihr jetzt beinahe frevelhaft vor. Denn da warfen sich die
Pilger auf die Knie und küßten demütig den Saum des Rockes, da hoben die
Frauen ihre Kinder in die Höhe, damit diese mit ihren ungeschickten Patschhändchen
die Haube der lieben Heiligen streicheln konnten.

Ganz im Hintergrunde kauerte Mutter Monik. Auch die sah heute verwandelt
aus, jünger und froher. Mit strahlenden Augen sah sie unverwandt nach ihrer
steinernen Schwester hinüber, die heute so hoch geehrt, so viel geküßt und geliebt
wurde. Zu dieser alten Freundin flüchtete sich jetzt das aufgeregte Kind und schob
sein heißes Händchen zwischen die gefalteten Hände Mutter Moniks.

Mit strahlenden Augen sah die Frau auf das Kind: Welch ein Tag, NolaM
O, welch ein großer Tag! sagte sie leise. Verständig nickte die Kleine. Und
morgen erst! Morgen, da wird es noch schöner! dachte sie bei sich. Wie waren
sie beide stolz auf die großen Ehrungen, die ihrer lieben Heiligen zuteil wurden!


Grenzboten IV 1908 60
Das Gnadenfest der heiligen Anna

Da stand ein Wagen, an dem war eine Galerie angebaut. Zwischen den mittlern
Säulen, die das Dach dieses Aufbaus trugen, wallte ein roter Smntvorhang her¬
nieder. Darüber war ein Schild befestigt mit einer goldnen Aufschrift. Auf diese
geheimnisvollen Zeichen starrte das Kind, das nicht lesen konnte. Doch plötzlich schob
eine braune Hand den Vorhang ein wenig zur Seite, und ein von wilden schwarzen
Haaren umrahmtes Gesicht kam zum Vorschein. In dem Gesicht glühten ein paar
dunkle, übergroße Augen. Als sich der Blick dieser Augen auf sie richtete, überkam
Gwenuola ein Schrecken, der ihr die Glieder lethale. Das ist Quehern, die
Wahrsagerin, hörte sie die Umstehenden sagen. Sie kann alles voraussagen,
was dir oder mir noch geschehen wird. Sie weiß mehr von uns als wir selbst!

Nolmk, hierher ins Zelt — du Träumerin! Es war Marie-Anges rauhe
Stimme, die sie jetzt aus dem Bann der unheimlichen Augen QucHerns, der Wahr¬
sagerin, erlöste. Sie schüttelte sich und lief in das lange Zelt hinüber, in dem eine
große Menschenmenge Platz finden konnte. Auf der einen Seite waren Bänke auf¬
geschlagen, auf der andern der Boden mit Heu belegt, das den Pilgern zum Nacht¬
lager dienen sollte. Marie-Ange war eben dabei, ihre Krüge und Gläser auszu¬
packen und auf dem improvisierten Schenktisch zu verstauen, dabei sollte die kleine
Gwennolci ihr an die Hand gehn. Sie tat es denn auch, flink, geschickt und
ernsthaft, wie es einer geübten Hausfrau zukommt.

Als Marie-Ange sie endlich freigab und sie aus dem Zelt wieder ins Freie
trat, hatte sich die sonstige Einsamkeit der stillen ernsten Dünenwüste in ein
lärmendes Volkslager umgewandelt. Rings um die Wunderquelle umher, die nahe
der Kirche dem Boden entspringt, standen improvisierte Zelte aufgerichtet. Zer-
brochne Ruder waren in den Boden gepflanzt und alte Segel darüber gespannt.
Dies seltsame Lager umzog ein Ring von umgestülpten Karren, die ihre Deichseln
steil in die Luft streckten.

Um die Kirche her, im Schatten der Ulmen aber lagerte schon das Heer der
Bettler, die sogenannten „Könige der Palude". Diese kannte Gwennola wohl und
wußte, daß ihnen der heutige Tag gehörte. Jahr für Jahr käme« sie an diesem
Samstag angerückt, auf Krücken, mit verstümmelten Gliedmaße», Taube, Blinde
und Lahme, immer dieselben, die getreusten Anhänger der heiligen Anna. Sobald
sich ein paar anständig gekleidete Pilger der Kirche näherten, warfen sie sich ihnen
in den Weg unter wildem Geheul. Zahlt das Armenrecht! schrien sie.

Die kleine Gwennola aber drängte sich unangefochten durch sie hindurch in
die bunte Festkirche. Da stand nun die gefeierte Heilige in grüner, blumiger Laube,
von einem Meer von Kerzen umstrahlt. Sie sah heute beinahe jung und fast
fröhlich aus in ihrer neuen saubern Festtracht. Daß sie selbst, die kleine Nola,
die genäht hatte, kam ihr jetzt beinahe frevelhaft vor. Denn da warfen sich die
Pilger auf die Knie und küßten demütig den Saum des Rockes, da hoben die
Frauen ihre Kinder in die Höhe, damit diese mit ihren ungeschickten Patschhändchen
die Haube der lieben Heiligen streicheln konnten.

Ganz im Hintergrunde kauerte Mutter Monik. Auch die sah heute verwandelt
aus, jünger und froher. Mit strahlenden Augen sah sie unverwandt nach ihrer
steinernen Schwester hinüber, die heute so hoch geehrt, so viel geküßt und geliebt
wurde. Zu dieser alten Freundin flüchtete sich jetzt das aufgeregte Kind und schob
sein heißes Händchen zwischen die gefalteten Hände Mutter Moniks.

Mit strahlenden Augen sah die Frau auf das Kind: Welch ein Tag, NolaM
O, welch ein großer Tag! sagte sie leise. Verständig nickte die Kleine. Und
morgen erst! Morgen, da wird es noch schöner! dachte sie bei sich. Wie waren
sie beide stolz auf die großen Ehrungen, die ihrer lieben Heiligen zuteil wurden!


Grenzboten IV 1908 60
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[0457] Das Gnadenfest der heiligen Anna Da stand ein Wagen, an dem war eine Galerie angebaut. Zwischen den mittlern Säulen, die das Dach dieses Aufbaus trugen, wallte ein roter Smntvorhang her¬ nieder. Darüber war ein Schild befestigt mit einer goldnen Aufschrift. Auf diese geheimnisvollen Zeichen starrte das Kind, das nicht lesen konnte. Doch plötzlich schob eine braune Hand den Vorhang ein wenig zur Seite, und ein von wilden schwarzen Haaren umrahmtes Gesicht kam zum Vorschein. In dem Gesicht glühten ein paar dunkle, übergroße Augen. Als sich der Blick dieser Augen auf sie richtete, überkam Gwenuola ein Schrecken, der ihr die Glieder lethale. Das ist Quehern, die Wahrsagerin, hörte sie die Umstehenden sagen. Sie kann alles voraussagen, was dir oder mir noch geschehen wird. Sie weiß mehr von uns als wir selbst! Nolmk, hierher ins Zelt — du Träumerin! Es war Marie-Anges rauhe Stimme, die sie jetzt aus dem Bann der unheimlichen Augen QucHerns, der Wahr¬ sagerin, erlöste. Sie schüttelte sich und lief in das lange Zelt hinüber, in dem eine große Menschenmenge Platz finden konnte. Auf der einen Seite waren Bänke auf¬ geschlagen, auf der andern der Boden mit Heu belegt, das den Pilgern zum Nacht¬ lager dienen sollte. Marie-Ange war eben dabei, ihre Krüge und Gläser auszu¬ packen und auf dem improvisierten Schenktisch zu verstauen, dabei sollte die kleine Gwennolci ihr an die Hand gehn. Sie tat es denn auch, flink, geschickt und ernsthaft, wie es einer geübten Hausfrau zukommt. Als Marie-Ange sie endlich freigab und sie aus dem Zelt wieder ins Freie trat, hatte sich die sonstige Einsamkeit der stillen ernsten Dünenwüste in ein lärmendes Volkslager umgewandelt. Rings um die Wunderquelle umher, die nahe der Kirche dem Boden entspringt, standen improvisierte Zelte aufgerichtet. Zer- brochne Ruder waren in den Boden gepflanzt und alte Segel darüber gespannt. Dies seltsame Lager umzog ein Ring von umgestülpten Karren, die ihre Deichseln steil in die Luft streckten. Um die Kirche her, im Schatten der Ulmen aber lagerte schon das Heer der Bettler, die sogenannten „Könige der Palude". Diese kannte Gwennola wohl und wußte, daß ihnen der heutige Tag gehörte. Jahr für Jahr käme« sie an diesem Samstag angerückt, auf Krücken, mit verstümmelten Gliedmaße», Taube, Blinde und Lahme, immer dieselben, die getreusten Anhänger der heiligen Anna. Sobald sich ein paar anständig gekleidete Pilger der Kirche näherten, warfen sie sich ihnen in den Weg unter wildem Geheul. Zahlt das Armenrecht! schrien sie. Die kleine Gwennola aber drängte sich unangefochten durch sie hindurch in die bunte Festkirche. Da stand nun die gefeierte Heilige in grüner, blumiger Laube, von einem Meer von Kerzen umstrahlt. Sie sah heute beinahe jung und fast fröhlich aus in ihrer neuen saubern Festtracht. Daß sie selbst, die kleine Nola, die genäht hatte, kam ihr jetzt beinahe frevelhaft vor. Denn da warfen sich die Pilger auf die Knie und küßten demütig den Saum des Rockes, da hoben die Frauen ihre Kinder in die Höhe, damit diese mit ihren ungeschickten Patschhändchen die Haube der lieben Heiligen streicheln konnten. Ganz im Hintergrunde kauerte Mutter Monik. Auch die sah heute verwandelt aus, jünger und froher. Mit strahlenden Augen sah sie unverwandt nach ihrer steinernen Schwester hinüber, die heute so hoch geehrt, so viel geküßt und geliebt wurde. Zu dieser alten Freundin flüchtete sich jetzt das aufgeregte Kind und schob sein heißes Händchen zwischen die gefalteten Hände Mutter Moniks. Mit strahlenden Augen sah die Frau auf das Kind: Welch ein Tag, NolaM O, welch ein großer Tag! sagte sie leise. Verständig nickte die Kleine. Und morgen erst! Morgen, da wird es noch schöner! dachte sie bei sich. Wie waren sie beide stolz auf die großen Ehrungen, die ihrer lieben Heiligen zuteil wurden! Grenzboten IV 1908 60

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/457>, abgerufen am 22.07.2024.