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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

antwortlich, aber diese Verantwortung darf nicht dahin ausarten, daß der Reichs¬
kanzler dnrch die Sorge, für organisatorische Fehler und gelegentliche Versehen
durch die Volksvertretung haftbar gemacht zu werden, mit Geschäften überlastet
wird, die den höchsten Reichsbeamten von seinen wichtigen Aufgaben ablenken.

Daß das deutsche Volk Gelegenheit erhielt, sich aus seiner Bestürzung und
Beschämung wieder zu einer würdigern Haltung zurückzufinden, dafür hat selt¬
samerweise Frankreich gesorgt. Es hieß plötzlich, die Verhandlungen über den
Casablnnca-Zwischenfall hatten sich zugespitzt, und es könne vielleicht zu ernsten
MißHelligkeiten mit Frankreich kommen. In der Tat war Frankreich plötzlich
in dieser Frage mit großer Bestimmtheit aufgetreten und hatte sich geweigert, eme ein¬
fache und selbstverständliche Forderung Deutschlands als berechtigt anzuerkennen.

Wir haben schon früher einmal erwähnt, daß man vielleicht über die einzelnen
Umstände, die bei dem Zwischenfall in Casabianca eine Rolle gespielt hatten, ver¬
schiedener Meinung sein könne. Aber wenn man auch alle Gründe gelten läßt, die
die Franzosen für das Verhalten der Ihrigen anführen, so bleibt immer noch die
Verletzung einer der elementarsten Regeln des Völkerrechts von französischer Seite
übrig. Ein Angriff auf den konsularischen Vertreter einer andern Macht auf neu¬
tralem Gebiet ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen und zu gestatten. Es
ist selbstverständlich, daß sich jede Macht, der so etwas passiert -- und es kann
jeder passieren, da ihre Organe fehlbare Menschen sind und unter außergewöhn¬
lichen Umständen unberechenbar und falsch handeln können --. ohne weiteres für
einen solchen Übergriff entschuldigt. Das ist keine besondre Zumutung, noch weniger
eine Demütigung; es ist eine Regel, der jeder schon im eignen Interesse ohne
weiteres nachzukommen pflegt, weil es wegen solcher Lappalien allein niemand auf
einen Konflikt ankommen lassen will, jede leichtfertige Nichtbeachtung völkerrechtlicher
Grundsätze jedoch jeden Augenblick in einer ernsten Angelegenheit auf den zurückfallen
kann, der sich darüber hinweggesetzt hat. Wenn von der andern Seite ebenfalls
gefehlt worden ist. so muß das von der Erfüllung der soeben erwähnten völker¬
rechtlichen Form getrennt werden. Wenn sich die beiden gegenseitigen Entschuldigungen
auch in der Wirkung gewissermaßen aufheben, da jeder einen Teil der Schuld auf
sich nimmt, so dürfen sie doch nicht formell unterbleiben; denn die eine bezieht sich
auf eine spezielle Verfehlung in einem einzelnen Fall, die andre aber berührt ein
völkerrechtliches Prinzip, das gewahrt werden muß. Die deutsche Regierung hatte
dieses Prinzip von Anfang an vertreten und festgehalten. Damit steht nicht in
Widerspruch, daß sie in entgegenkommender Weise einem Wunsch der französischen Re¬
gierung nachgab, wonach zuerst von beiden Seiten genaue Berichte über den Vor¬
fall eingefordert werden sollten, ehe die Maßregeln zur Erledigung des Falls be¬
raten wurden. Die Sache zog sich nun ziemlich lange hin, bis endlich die
Besprechungen zwischen dem französischen Botschafter in Berlin und dem deutschen
Auswärtigen Amt begannen. Deutschland beharrte auf seiner Auffassung, daß eine
Entschuldigung Frankreichs wegen des Angriffs der französischen Militärpersonen auf
einen deutschen Konsularbeamten notwendig sei. Da aber von beiden Seiten überein¬
stimmend festgestellt worden war. daß der deutsche Konsul in Casablcinca versehentlich
"und österreichische und russische Deserteure aus der Fremdenlegion unter seinen
Schutz gestellt hatte, so war die deutsche Regierung auch ihrerseits bereit, wegen
dieser widerrechtlichen Handlungsweise ihres Konsuls ihr Bedauern auszusprechen.
Was die übrigen Einzelheiten des Vorfalls betraf, so tauchte der Vorschlag einer
schiedsgerichtlichen Entscheidung auf, und dagegen hatte Deutschland grundsätzlich
nichts einzuwenden. So standen die Dinge schon vor Bekanntwerden des Kaiser¬
interviews im Daily Telegraph; man kam aber nicht zu einer Einigung, weil
sich Frankreich weigerte, die von ihm geforderte Entschuldigung auszusprechen; es
bestand darauf, die ganze Frage vor ein Schiedsgericht zu bringen. Trotz dieser


Maßgebliches und Unmaßgebliches

antwortlich, aber diese Verantwortung darf nicht dahin ausarten, daß der Reichs¬
kanzler dnrch die Sorge, für organisatorische Fehler und gelegentliche Versehen
durch die Volksvertretung haftbar gemacht zu werden, mit Geschäften überlastet
wird, die den höchsten Reichsbeamten von seinen wichtigen Aufgaben ablenken.

Daß das deutsche Volk Gelegenheit erhielt, sich aus seiner Bestürzung und
Beschämung wieder zu einer würdigern Haltung zurückzufinden, dafür hat selt¬
samerweise Frankreich gesorgt. Es hieß plötzlich, die Verhandlungen über den
Casablnnca-Zwischenfall hatten sich zugespitzt, und es könne vielleicht zu ernsten
MißHelligkeiten mit Frankreich kommen. In der Tat war Frankreich plötzlich
in dieser Frage mit großer Bestimmtheit aufgetreten und hatte sich geweigert, eme ein¬
fache und selbstverständliche Forderung Deutschlands als berechtigt anzuerkennen.

Wir haben schon früher einmal erwähnt, daß man vielleicht über die einzelnen
Umstände, die bei dem Zwischenfall in Casabianca eine Rolle gespielt hatten, ver¬
schiedener Meinung sein könne. Aber wenn man auch alle Gründe gelten läßt, die
die Franzosen für das Verhalten der Ihrigen anführen, so bleibt immer noch die
Verletzung einer der elementarsten Regeln des Völkerrechts von französischer Seite
übrig. Ein Angriff auf den konsularischen Vertreter einer andern Macht auf neu¬
tralem Gebiet ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen und zu gestatten. Es
ist selbstverständlich, daß sich jede Macht, der so etwas passiert — und es kann
jeder passieren, da ihre Organe fehlbare Menschen sind und unter außergewöhn¬
lichen Umständen unberechenbar und falsch handeln können —. ohne weiteres für
einen solchen Übergriff entschuldigt. Das ist keine besondre Zumutung, noch weniger
eine Demütigung; es ist eine Regel, der jeder schon im eignen Interesse ohne
weiteres nachzukommen pflegt, weil es wegen solcher Lappalien allein niemand auf
einen Konflikt ankommen lassen will, jede leichtfertige Nichtbeachtung völkerrechtlicher
Grundsätze jedoch jeden Augenblick in einer ernsten Angelegenheit auf den zurückfallen
kann, der sich darüber hinweggesetzt hat. Wenn von der andern Seite ebenfalls
gefehlt worden ist. so muß das von der Erfüllung der soeben erwähnten völker¬
rechtlichen Form getrennt werden. Wenn sich die beiden gegenseitigen Entschuldigungen
auch in der Wirkung gewissermaßen aufheben, da jeder einen Teil der Schuld auf
sich nimmt, so dürfen sie doch nicht formell unterbleiben; denn die eine bezieht sich
auf eine spezielle Verfehlung in einem einzelnen Fall, die andre aber berührt ein
völkerrechtliches Prinzip, das gewahrt werden muß. Die deutsche Regierung hatte
dieses Prinzip von Anfang an vertreten und festgehalten. Damit steht nicht in
Widerspruch, daß sie in entgegenkommender Weise einem Wunsch der französischen Re¬
gierung nachgab, wonach zuerst von beiden Seiten genaue Berichte über den Vor¬
fall eingefordert werden sollten, ehe die Maßregeln zur Erledigung des Falls be¬
raten wurden. Die Sache zog sich nun ziemlich lange hin, bis endlich die
Besprechungen zwischen dem französischen Botschafter in Berlin und dem deutschen
Auswärtigen Amt begannen. Deutschland beharrte auf seiner Auffassung, daß eine
Entschuldigung Frankreichs wegen des Angriffs der französischen Militärpersonen auf
einen deutschen Konsularbeamten notwendig sei. Da aber von beiden Seiten überein¬
stimmend festgestellt worden war. daß der deutsche Konsul in Casablcinca versehentlich
"und österreichische und russische Deserteure aus der Fremdenlegion unter seinen
Schutz gestellt hatte, so war die deutsche Regierung auch ihrerseits bereit, wegen
dieser widerrechtlichen Handlungsweise ihres Konsuls ihr Bedauern auszusprechen.
Was die übrigen Einzelheiten des Vorfalls betraf, so tauchte der Vorschlag einer
schiedsgerichtlichen Entscheidung auf, und dagegen hatte Deutschland grundsätzlich
nichts einzuwenden. So standen die Dinge schon vor Bekanntwerden des Kaiser¬
interviews im Daily Telegraph; man kam aber nicht zu einer Einigung, weil
sich Frankreich weigerte, die von ihm geforderte Entschuldigung auszusprechen; es
bestand darauf, die ganze Frage vor ein Schiedsgericht zu bringen. Trotz dieser


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[0363] Maßgebliches und Unmaßgebliches antwortlich, aber diese Verantwortung darf nicht dahin ausarten, daß der Reichs¬ kanzler dnrch die Sorge, für organisatorische Fehler und gelegentliche Versehen durch die Volksvertretung haftbar gemacht zu werden, mit Geschäften überlastet wird, die den höchsten Reichsbeamten von seinen wichtigen Aufgaben ablenken. Daß das deutsche Volk Gelegenheit erhielt, sich aus seiner Bestürzung und Beschämung wieder zu einer würdigern Haltung zurückzufinden, dafür hat selt¬ samerweise Frankreich gesorgt. Es hieß plötzlich, die Verhandlungen über den Casablnnca-Zwischenfall hatten sich zugespitzt, und es könne vielleicht zu ernsten MißHelligkeiten mit Frankreich kommen. In der Tat war Frankreich plötzlich in dieser Frage mit großer Bestimmtheit aufgetreten und hatte sich geweigert, eme ein¬ fache und selbstverständliche Forderung Deutschlands als berechtigt anzuerkennen. Wir haben schon früher einmal erwähnt, daß man vielleicht über die einzelnen Umstände, die bei dem Zwischenfall in Casabianca eine Rolle gespielt hatten, ver¬ schiedener Meinung sein könne. Aber wenn man auch alle Gründe gelten läßt, die die Franzosen für das Verhalten der Ihrigen anführen, so bleibt immer noch die Verletzung einer der elementarsten Regeln des Völkerrechts von französischer Seite übrig. Ein Angriff auf den konsularischen Vertreter einer andern Macht auf neu¬ tralem Gebiet ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen und zu gestatten. Es ist selbstverständlich, daß sich jede Macht, der so etwas passiert — und es kann jeder passieren, da ihre Organe fehlbare Menschen sind und unter außergewöhn¬ lichen Umständen unberechenbar und falsch handeln können —. ohne weiteres für einen solchen Übergriff entschuldigt. Das ist keine besondre Zumutung, noch weniger eine Demütigung; es ist eine Regel, der jeder schon im eignen Interesse ohne weiteres nachzukommen pflegt, weil es wegen solcher Lappalien allein niemand auf einen Konflikt ankommen lassen will, jede leichtfertige Nichtbeachtung völkerrechtlicher Grundsätze jedoch jeden Augenblick in einer ernsten Angelegenheit auf den zurückfallen kann, der sich darüber hinweggesetzt hat. Wenn von der andern Seite ebenfalls gefehlt worden ist. so muß das von der Erfüllung der soeben erwähnten völker¬ rechtlichen Form getrennt werden. Wenn sich die beiden gegenseitigen Entschuldigungen auch in der Wirkung gewissermaßen aufheben, da jeder einen Teil der Schuld auf sich nimmt, so dürfen sie doch nicht formell unterbleiben; denn die eine bezieht sich auf eine spezielle Verfehlung in einem einzelnen Fall, die andre aber berührt ein völkerrechtliches Prinzip, das gewahrt werden muß. Die deutsche Regierung hatte dieses Prinzip von Anfang an vertreten und festgehalten. Damit steht nicht in Widerspruch, daß sie in entgegenkommender Weise einem Wunsch der französischen Re¬ gierung nachgab, wonach zuerst von beiden Seiten genaue Berichte über den Vor¬ fall eingefordert werden sollten, ehe die Maßregeln zur Erledigung des Falls be¬ raten wurden. Die Sache zog sich nun ziemlich lange hin, bis endlich die Besprechungen zwischen dem französischen Botschafter in Berlin und dem deutschen Auswärtigen Amt begannen. Deutschland beharrte auf seiner Auffassung, daß eine Entschuldigung Frankreichs wegen des Angriffs der französischen Militärpersonen auf einen deutschen Konsularbeamten notwendig sei. Da aber von beiden Seiten überein¬ stimmend festgestellt worden war. daß der deutsche Konsul in Casablcinca versehentlich "und österreichische und russische Deserteure aus der Fremdenlegion unter seinen Schutz gestellt hatte, so war die deutsche Regierung auch ihrerseits bereit, wegen dieser widerrechtlichen Handlungsweise ihres Konsuls ihr Bedauern auszusprechen. Was die übrigen Einzelheiten des Vorfalls betraf, so tauchte der Vorschlag einer schiedsgerichtlichen Entscheidung auf, und dagegen hatte Deutschland grundsätzlich nichts einzuwenden. So standen die Dinge schon vor Bekanntwerden des Kaiser¬ interviews im Daily Telegraph; man kam aber nicht zu einer Einigung, weil sich Frankreich weigerte, die von ihm geforderte Entschuldigung auszusprechen; es bestand darauf, die ganze Frage vor ein Schiedsgericht zu bringen. Trotz dieser

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/363>, abgerufen am 22.07.2024.