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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Gbcriehrer Haut

^ Und die kleine Berry auch! Wir müssen ruhig sein und standhalten, wir,
die wir leben. Wenn nun alles vorbei ist --- bald, lieber Freund, dann muß
Julius kommen. Und wer soll den armen Jungen aufrechthalten, wenn du --- '

Ja ja -- ja! Wir wollen still sein, still. Komm, Kind, Doktor Lange
sagt, wir sollen zu Abend essen. Es ist spät, und du mußt dich aufrecht halten,
mein Kind! '

Berry ging hin und schmiegte sich an den Vater. Er umarmte sie und brach
in ein schluchzendes Weinen aus.

Svend Bugge preßte das Taschentuch vor das Gesicht und eilte auf die Diele
hinaus. Hier bekämpfte er sich und ging dann in die Küche.

Jetzt soll gegessen werden. Tragen Sie die Speisen hinein -- still und ruhig!
Kein Geheule, nicht einmal schluchzen dürfen Sie! '

Eins der Mädchen trug das Teegeschirr hinein. Die andre stand am Herd
und briet Spiegeleier.

Machen Sie, daß Sie fertig werden, so schnell Sie können! sagte Svend
Bugge.

Aber Bertina bringt mich noch um Sinn Und Verstand! Sie sagt, sie hat
den Gottseibeiuns vor dem Schlafzimmerfenster gesehen.

Den Gottseibeiuns! ,

Ja, den leibhaftigen Teufel, der will unsre Frau holen, sagt Bertina!

Verbannter Blödsinn!

Und so, wie sie geschrien hat, in einem fort! Und so, wie sie gegen uns
arme Mädchen gewesen ist, und wir haben doch getan, was wir konnten --

Ich glaube, Bertina wird noch viel ärger schreien, wenn sie erst dem Tode
ins Gesicht sieht! Machen Sie jetzt mir, daß Sie die Eier hineinbringen, aber
ein bißchen fix.

Er ging über die Diele durch das Wohnzimmer und betrat lautlos das E߬
zimmer.

Da saßen sie uni den Tisch, der Doktor, der Oberlehrer und Berry.

Setzen Sie sich und essen Sie, Herr Kandidat. Sie sind uns wahrlich eine
gute Hilfe gewesen! ,

Svend Bugge nahm an der andern Seite des Oberlehrers Platz.

Hier, lieber Freund, ein El -- das geht so leicht! Und es kräftigt! sagte
der Doktor. Und der Oberlehrer versorgte sich. Dann legte er Messer und Gabel
hin und strich Svend Bugge über die Wange.

Haben Sie vielen Dank, mein lieber, junger Freund!

Svend Bugge schluckte das Weinen hinunter und schwieg. Und die Mahlzeit
ging ihren kümmerlichen Gang.

Der Oberlehrer sank zusammen.

Du mußt essen, es gilt, die Kräfte aufrecht zu halten!

Da sah der Oberlehrer auf und sagte: Es ist so schrecklich, daß sie keinen
Frieden finden kann!

Mein Freund! Sie hat längst Frieden gefunden! Sie ist schon lange über
alles Bewußtsein hinaus!

Daß sie keinen Frieden finden kann --! wiederholte der Oberlehrer.

Nach einer Weile erhob er sich leise und ging zu der Kranken hinein.

Der Doktor ging ihm nach. Dann erhob sich auch Berry und ging auf die
Tür zu.

Svend Bugge stand auf.

Sie sollten sich ausruhen. Berry!


Gbcriehrer Haut

^ Und die kleine Berry auch! Wir müssen ruhig sein und standhalten, wir,
die wir leben. Wenn nun alles vorbei ist -— bald, lieber Freund, dann muß
Julius kommen. Und wer soll den armen Jungen aufrechthalten, wenn du —- '

Ja ja — ja! Wir wollen still sein, still. Komm, Kind, Doktor Lange
sagt, wir sollen zu Abend essen. Es ist spät, und du mußt dich aufrecht halten,
mein Kind! '

Berry ging hin und schmiegte sich an den Vater. Er umarmte sie und brach
in ein schluchzendes Weinen aus.

Svend Bugge preßte das Taschentuch vor das Gesicht und eilte auf die Diele
hinaus. Hier bekämpfte er sich und ging dann in die Küche.

Jetzt soll gegessen werden. Tragen Sie die Speisen hinein — still und ruhig!
Kein Geheule, nicht einmal schluchzen dürfen Sie! '

Eins der Mädchen trug das Teegeschirr hinein. Die andre stand am Herd
und briet Spiegeleier.

Machen Sie, daß Sie fertig werden, so schnell Sie können! sagte Svend
Bugge.

Aber Bertina bringt mich noch um Sinn Und Verstand! Sie sagt, sie hat
den Gottseibeiuns vor dem Schlafzimmerfenster gesehen.

Den Gottseibeiuns! ,

Ja, den leibhaftigen Teufel, der will unsre Frau holen, sagt Bertina!

Verbannter Blödsinn!

Und so, wie sie geschrien hat, in einem fort! Und so, wie sie gegen uns
arme Mädchen gewesen ist, und wir haben doch getan, was wir konnten —

Ich glaube, Bertina wird noch viel ärger schreien, wenn sie erst dem Tode
ins Gesicht sieht! Machen Sie jetzt mir, daß Sie die Eier hineinbringen, aber
ein bißchen fix.

Er ging über die Diele durch das Wohnzimmer und betrat lautlos das E߬
zimmer.

Da saßen sie uni den Tisch, der Doktor, der Oberlehrer und Berry.

Setzen Sie sich und essen Sie, Herr Kandidat. Sie sind uns wahrlich eine
gute Hilfe gewesen! ,

Svend Bugge nahm an der andern Seite des Oberlehrers Platz.

Hier, lieber Freund, ein El — das geht so leicht! Und es kräftigt! sagte
der Doktor. Und der Oberlehrer versorgte sich. Dann legte er Messer und Gabel
hin und strich Svend Bugge über die Wange.

Haben Sie vielen Dank, mein lieber, junger Freund!

Svend Bugge schluckte das Weinen hinunter und schwieg. Und die Mahlzeit
ging ihren kümmerlichen Gang.

Der Oberlehrer sank zusammen.

Du mußt essen, es gilt, die Kräfte aufrecht zu halten!

Da sah der Oberlehrer auf und sagte: Es ist so schrecklich, daß sie keinen
Frieden finden kann!

Mein Freund! Sie hat längst Frieden gefunden! Sie ist schon lange über
alles Bewußtsein hinaus!

Daß sie keinen Frieden finden kann —! wiederholte der Oberlehrer.

Nach einer Weile erhob er sich leise und ging zu der Kranken hinein.

Der Doktor ging ihm nach. Dann erhob sich auch Berry und ging auf die
Tür zu.

Svend Bugge stand auf.

Sie sollten sich ausruhen. Berry!


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[0356] Gbcriehrer Haut ^ Und die kleine Berry auch! Wir müssen ruhig sein und standhalten, wir, die wir leben. Wenn nun alles vorbei ist -— bald, lieber Freund, dann muß Julius kommen. Und wer soll den armen Jungen aufrechthalten, wenn du —- ' Ja ja — ja! Wir wollen still sein, still. Komm, Kind, Doktor Lange sagt, wir sollen zu Abend essen. Es ist spät, und du mußt dich aufrecht halten, mein Kind! ' Berry ging hin und schmiegte sich an den Vater. Er umarmte sie und brach in ein schluchzendes Weinen aus. Svend Bugge preßte das Taschentuch vor das Gesicht und eilte auf die Diele hinaus. Hier bekämpfte er sich und ging dann in die Küche. Jetzt soll gegessen werden. Tragen Sie die Speisen hinein — still und ruhig! Kein Geheule, nicht einmal schluchzen dürfen Sie! ' Eins der Mädchen trug das Teegeschirr hinein. Die andre stand am Herd und briet Spiegeleier. Machen Sie, daß Sie fertig werden, so schnell Sie können! sagte Svend Bugge. Aber Bertina bringt mich noch um Sinn Und Verstand! Sie sagt, sie hat den Gottseibeiuns vor dem Schlafzimmerfenster gesehen. Den Gottseibeiuns! , Ja, den leibhaftigen Teufel, der will unsre Frau holen, sagt Bertina! Verbannter Blödsinn! Und so, wie sie geschrien hat, in einem fort! Und so, wie sie gegen uns arme Mädchen gewesen ist, und wir haben doch getan, was wir konnten — Ich glaube, Bertina wird noch viel ärger schreien, wenn sie erst dem Tode ins Gesicht sieht! Machen Sie jetzt mir, daß Sie die Eier hineinbringen, aber ein bißchen fix. Er ging über die Diele durch das Wohnzimmer und betrat lautlos das E߬ zimmer. Da saßen sie uni den Tisch, der Doktor, der Oberlehrer und Berry. Setzen Sie sich und essen Sie, Herr Kandidat. Sie sind uns wahrlich eine gute Hilfe gewesen! , Svend Bugge nahm an der andern Seite des Oberlehrers Platz. Hier, lieber Freund, ein El — das geht so leicht! Und es kräftigt! sagte der Doktor. Und der Oberlehrer versorgte sich. Dann legte er Messer und Gabel hin und strich Svend Bugge über die Wange. Haben Sie vielen Dank, mein lieber, junger Freund! Svend Bugge schluckte das Weinen hinunter und schwieg. Und die Mahlzeit ging ihren kümmerlichen Gang. Der Oberlehrer sank zusammen. Du mußt essen, es gilt, die Kräfte aufrecht zu halten! Da sah der Oberlehrer auf und sagte: Es ist so schrecklich, daß sie keinen Frieden finden kann! Mein Freund! Sie hat längst Frieden gefunden! Sie ist schon lange über alles Bewußtsein hinaus! Daß sie keinen Frieden finden kann —! wiederholte der Oberlehrer. Nach einer Weile erhob er sich leise und ging zu der Kranken hinein. Der Doktor ging ihm nach. Dann erhob sich auch Berry und ging auf die Tür zu. Svend Bugge stand auf. Sie sollten sich ausruhen. Berry!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/356>, abgerufen am 22.07.2024.