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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.

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Betrachtungen zu den deutschen Aaisermanövern

dieser Abteilungen ist ihre Unabhängigkeit von Zeit und Raum, und sie werden
als geradezu ideales Kriegsmittel anzusehen sein, sobald es gelungen ist, ihre
Nachrichten durch Abstimmung der Apparate für den Feind unlesbar, wo¬
möglich unbemerkbar zu machen und absichtliche Störungen auszuschließen.
Die Reichweite jeder Station beträgt jetzt 160 bis 200 Kilometer. Der Auf-
und Abbau dauert je dreiviertel Stunden.

Zu dieser zusammenhängenden Aufzählung der im Kaisermanöver ver¬
wandten technischen Hilfsmittel für das Befehls- und Nachrichtenwesen gehört
der Vollständigkeit halber schließlich noch die optische Telegraphie mit den
bei den Kavalleriedivisionen eingekeilten Feldsignalabteilungen. Diese
Abteilungen sind mit dem großen Signalgerät ausgerüstet, das sich aus einer
Feldsignallampe zusammensetzt, mit der ein Heliograph und ein Nichtfernrohr
verbunden sind. Von Nachteil bei Benutzung der optischen Telegraphie ist
nur, daß sie nicht unabhängig von Witterungseinflüssen ist und deshalb nicht
immer sicher funktioniert. An den schönen hellen Tagen des diesjährigen
Kaisermanövers ist dieser Fall allerdings nicht eingetreten.

Vielseitig sind in diesem Jahre die Versuche gewesen, die auf dem Ge¬
biete des Feldverpflegungswesens gemacht worden sind. Unaufhörlich
arbeitet unsre Heeresverwaltung daran, in dieser Hinsicht Fortschritte zu machen
und Verbesserungen zu schaffen. Denn der Soldat muß mit kräftigem Körper
in den Kampf eintreten, wenn er hier seine Pflicht erfüllen soll. Noch bis
vor kurzer Zeit lag die Hauptsorge um die Sicherstellung und Beschaffung
der Lebensmittel fast ausschließlich in der Hand des Truppenführers. Da
hat das vorige Jahr eine sehr wesentliche Neuerung gebracht in der Ein¬
richtung der Verpflegungsoffiziere, die bestimmt sind, die Truppenbefehls¬
haber zu entlasten, und die mit kommandierten Unteroffizieren und Mannschaften
den Empfang und Ankauf oder die Beitreibung von Vorräten und Biwak¬
bedürfnissen auszuführen hatten. In diesem Jahre ist es noch dazu Sache
dieser Offiziere gewesen, den Schlachtbetrieb zu leiten und den Verkehr zwischen
Truppe und Empfangsstelle sowie die Beladung und Verteilung der Lebens-
mittel zu überwachen; ferner waren sie für den ordnungsmüßigen Gang des
ganzen Verpflegungsdienstes der Truppe und der Tätigkeit der Furiere und
des sonstigen Verpflegungspersonals verantwortlich. Aber nicht nur durch die
Neugestaltung der obersten Leitung der Verpfleguugsvorsorgen haben sich die
Verhältnisse der Truppenverpflegung verändert und verbessert, sondern auch
durch praktische Anschaffungen, die dem körperlichen Wohl der Mannschaft un¬
mittelbar zugute kommen. In die Reihe dieser Neuerungen gehören vor allen
Dingen die fahrbaren Feldküchenwagen. Bisher -- und bei den Truppen¬
teilen, die Feldküchen noch nicht besitzen, noch jetzt -- mußte und muß sich
jeder Soldat sein Essen selber bereiten, d. h. er muß seine Portion Fleisch,
Gemüse usw. roh empfangen, es mußte erst Wasser zum Kochen herbeigeschafft,
die Kochlöcher gegraben, Holz empfangen und zerkleinert werden, und schließlich


Betrachtungen zu den deutschen Aaisermanövern

dieser Abteilungen ist ihre Unabhängigkeit von Zeit und Raum, und sie werden
als geradezu ideales Kriegsmittel anzusehen sein, sobald es gelungen ist, ihre
Nachrichten durch Abstimmung der Apparate für den Feind unlesbar, wo¬
möglich unbemerkbar zu machen und absichtliche Störungen auszuschließen.
Die Reichweite jeder Station beträgt jetzt 160 bis 200 Kilometer. Der Auf-
und Abbau dauert je dreiviertel Stunden.

Zu dieser zusammenhängenden Aufzählung der im Kaisermanöver ver¬
wandten technischen Hilfsmittel für das Befehls- und Nachrichtenwesen gehört
der Vollständigkeit halber schließlich noch die optische Telegraphie mit den
bei den Kavalleriedivisionen eingekeilten Feldsignalabteilungen. Diese
Abteilungen sind mit dem großen Signalgerät ausgerüstet, das sich aus einer
Feldsignallampe zusammensetzt, mit der ein Heliograph und ein Nichtfernrohr
verbunden sind. Von Nachteil bei Benutzung der optischen Telegraphie ist
nur, daß sie nicht unabhängig von Witterungseinflüssen ist und deshalb nicht
immer sicher funktioniert. An den schönen hellen Tagen des diesjährigen
Kaisermanövers ist dieser Fall allerdings nicht eingetreten.

Vielseitig sind in diesem Jahre die Versuche gewesen, die auf dem Ge¬
biete des Feldverpflegungswesens gemacht worden sind. Unaufhörlich
arbeitet unsre Heeresverwaltung daran, in dieser Hinsicht Fortschritte zu machen
und Verbesserungen zu schaffen. Denn der Soldat muß mit kräftigem Körper
in den Kampf eintreten, wenn er hier seine Pflicht erfüllen soll. Noch bis
vor kurzer Zeit lag die Hauptsorge um die Sicherstellung und Beschaffung
der Lebensmittel fast ausschließlich in der Hand des Truppenführers. Da
hat das vorige Jahr eine sehr wesentliche Neuerung gebracht in der Ein¬
richtung der Verpflegungsoffiziere, die bestimmt sind, die Truppenbefehls¬
haber zu entlasten, und die mit kommandierten Unteroffizieren und Mannschaften
den Empfang und Ankauf oder die Beitreibung von Vorräten und Biwak¬
bedürfnissen auszuführen hatten. In diesem Jahre ist es noch dazu Sache
dieser Offiziere gewesen, den Schlachtbetrieb zu leiten und den Verkehr zwischen
Truppe und Empfangsstelle sowie die Beladung und Verteilung der Lebens-
mittel zu überwachen; ferner waren sie für den ordnungsmüßigen Gang des
ganzen Verpflegungsdienstes der Truppe und der Tätigkeit der Furiere und
des sonstigen Verpflegungspersonals verantwortlich. Aber nicht nur durch die
Neugestaltung der obersten Leitung der Verpfleguugsvorsorgen haben sich die
Verhältnisse der Truppenverpflegung verändert und verbessert, sondern auch
durch praktische Anschaffungen, die dem körperlichen Wohl der Mannschaft un¬
mittelbar zugute kommen. In die Reihe dieser Neuerungen gehören vor allen
Dingen die fahrbaren Feldküchenwagen. Bisher — und bei den Truppen¬
teilen, die Feldküchen noch nicht besitzen, noch jetzt — mußte und muß sich
jeder Soldat sein Essen selber bereiten, d. h. er muß seine Portion Fleisch,
Gemüse usw. roh empfangen, es mußte erst Wasser zum Kochen herbeigeschafft,
die Kochlöcher gegraben, Holz empfangen und zerkleinert werden, und schließlich


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[0324] Betrachtungen zu den deutschen Aaisermanövern dieser Abteilungen ist ihre Unabhängigkeit von Zeit und Raum, und sie werden als geradezu ideales Kriegsmittel anzusehen sein, sobald es gelungen ist, ihre Nachrichten durch Abstimmung der Apparate für den Feind unlesbar, wo¬ möglich unbemerkbar zu machen und absichtliche Störungen auszuschließen. Die Reichweite jeder Station beträgt jetzt 160 bis 200 Kilometer. Der Auf- und Abbau dauert je dreiviertel Stunden. Zu dieser zusammenhängenden Aufzählung der im Kaisermanöver ver¬ wandten technischen Hilfsmittel für das Befehls- und Nachrichtenwesen gehört der Vollständigkeit halber schließlich noch die optische Telegraphie mit den bei den Kavalleriedivisionen eingekeilten Feldsignalabteilungen. Diese Abteilungen sind mit dem großen Signalgerät ausgerüstet, das sich aus einer Feldsignallampe zusammensetzt, mit der ein Heliograph und ein Nichtfernrohr verbunden sind. Von Nachteil bei Benutzung der optischen Telegraphie ist nur, daß sie nicht unabhängig von Witterungseinflüssen ist und deshalb nicht immer sicher funktioniert. An den schönen hellen Tagen des diesjährigen Kaisermanövers ist dieser Fall allerdings nicht eingetreten. Vielseitig sind in diesem Jahre die Versuche gewesen, die auf dem Ge¬ biete des Feldverpflegungswesens gemacht worden sind. Unaufhörlich arbeitet unsre Heeresverwaltung daran, in dieser Hinsicht Fortschritte zu machen und Verbesserungen zu schaffen. Denn der Soldat muß mit kräftigem Körper in den Kampf eintreten, wenn er hier seine Pflicht erfüllen soll. Noch bis vor kurzer Zeit lag die Hauptsorge um die Sicherstellung und Beschaffung der Lebensmittel fast ausschließlich in der Hand des Truppenführers. Da hat das vorige Jahr eine sehr wesentliche Neuerung gebracht in der Ein¬ richtung der Verpflegungsoffiziere, die bestimmt sind, die Truppenbefehls¬ haber zu entlasten, und die mit kommandierten Unteroffizieren und Mannschaften den Empfang und Ankauf oder die Beitreibung von Vorräten und Biwak¬ bedürfnissen auszuführen hatten. In diesem Jahre ist es noch dazu Sache dieser Offiziere gewesen, den Schlachtbetrieb zu leiten und den Verkehr zwischen Truppe und Empfangsstelle sowie die Beladung und Verteilung der Lebens- mittel zu überwachen; ferner waren sie für den ordnungsmüßigen Gang des ganzen Verpflegungsdienstes der Truppe und der Tätigkeit der Furiere und des sonstigen Verpflegungspersonals verantwortlich. Aber nicht nur durch die Neugestaltung der obersten Leitung der Verpfleguugsvorsorgen haben sich die Verhältnisse der Truppenverpflegung verändert und verbessert, sondern auch durch praktische Anschaffungen, die dem körperlichen Wohl der Mannschaft un¬ mittelbar zugute kommen. In die Reihe dieser Neuerungen gehören vor allen Dingen die fahrbaren Feldküchenwagen. Bisher — und bei den Truppen¬ teilen, die Feldküchen noch nicht besitzen, noch jetzt — mußte und muß sich jeder Soldat sein Essen selber bereiten, d. h. er muß seine Portion Fleisch, Gemüse usw. roh empfangen, es mußte erst Wasser zum Kochen herbeigeschafft, die Kochlöcher gegraben, Holz empfangen und zerkleinert werden, und schließlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_310410/324>, abgerufen am 25.08.2024.